Drucksache 18 / 12 712 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 12. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2017) zum Thema: „Details“ zu Optionen der Umsetzung der Schulbauoffensive? - Was gehört noch zum Sektor Staat? und Antwort vom 29. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Dr. Kristin Brinker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12712 vom 12. November 2017 über „Details“ zu Optionen der Umsetzung der Schulbauoffensive? - Was gehört noch zum Sektor Staat? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass die nachfolgenden Fragen, denen einen hypothetische „Infrastrukturgesellschaft Schule“ zugrunde liegt (vgl. Frage 1), mit seinen eigenen Überlegungen nur bedingt übereinstimmen. Zudem weist der Senat darauf hin, dass die Abgrenzungen nach dem Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) auf europäischer Ebene nicht deckungsgleich mit denen aus der nationalen Schuldenbremse sind. 1. Würde eine im Eigentum des Staates befindliche bzw. unter herrschendem Einfluss des Staates stehende privatrechtliche „Infrastrukturgesellschaft Schule“, also eine Gesellschaft (z.B. in der Rechtsform GmbH), deren einziger Unternehmenszweck darin besteht, Schulen im Auftrag des Senats oder der Bezirke zu sanieren und/oder zu bauen und ggf. im Rahmen eines Mieter-Vermieter-Modells zu betreiben, dem Sektor Staat gemäß ESVG 2010 zugeordnet werden? Zu 1.: Beim oben beschriebenen Fall handelte es sich um eine Gesellschaft, die ausschließlich für den Staat baut, saniert und bewirtschaftet. Eine solche Gesellschaft wäre kein Marktanbieter im Sinne des ESVG 2010, da der Anteil des Umsatzes mit dem Staat dieser öffentlich kontrollierten Einheit höher als 80 % ihres Gesamtumsatzes läge. Daher würde diese Einheit als Hilfsbetrieb des Staates angesehen und im Sektor Staat klassifiziert. Sofern die oben beschriebene Gesellschaft Schulen baute und diese ausschließlich oder überwiegend an freie/private Träger vermieten würden, könnte die oben beschriebene Gesellschaft als ein Marktproduzent klassifiziert werden. 2. Wäre das unter Ziffer 1.78 im ESVG 2010 dargelegte Kriterium, dass wenn der Haupttransaktionspartner eines FEUs („Sonstigen öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen“) eine staatliche Einheit ist, dieses FEU - also in hiesigem Fall die „Infrastrukturgesellschaft Schule“ – dem Sektor Staat zugeordnet wird 1 , erfüllt 2 ? Zu 2.: Ja, siehe Antwort zu Frage 1. 3. Würde eine dem Sektor Staat zugeordnete „Infrastrukturgesellschaft Schule“ a) der grundgesetzlichen Schuldenbremse unterliegen? b) den Schuldenbegrenzungen des Europäischen Fiskalpaktes unterliegen? 1 Vgl. ESVG 2010, S.17 (PDF-S. 49), https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Service/Meldewesen/Bankenstatistik/Kundensystematik/esvg_2010.pdf?__blob=publ icationFile 2 Vgl. hierzu auch Drs. 18/11347, Kleine Anfrage von Dr. Kristin Brinker (AfD), Statistische Zuordnung der Schulden der „Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft der BVG, für die der Senat laut Plan ab 2020 Zinsen und Abschreibungen rückwirkend erstatten wird“ Zu 3.: Der Begriff Sektor "Staat" wird in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen verwendet. In den Finanzstatistiken spricht man vom "Öffentlichen Gesamthaushalt", dieser umfasst alle Kern- und Extrahaushalte. Für die Datenlieferung an Eurostat, die Grundlage u.a. für die Überwachung des Fiskalpakts und des sog. "Maastricht-Schuldenstands" sind, werden noch Zu- bzw. Absetzungen an den Daten der Finanzstatistik vorgenommen. So werden dem Land Berlin auch die Schulden von "Sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen" zugesetzt, die dem Land Berlin zugeordnet werden. 4. Ab welchem Verhältnis von Transaktionen mit staatlichen und nicht-staatlichen Einheiten würde ein öffentliches Unternehmen - wie z.B. die Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE, die auch für Berlin Schulen sanieren und neu bauen soll – dem Sektor Staat zugeordnet werden? Zu 4.: Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Was würde passieren, wenn eine dem Sektor Staat zugeordnete „Infrastrukturgesellschaft Schule“ von einem (bis dahin) nur dem öffentlichen Bereich, also der dritten Schale gemäß Schalenkonzept, zugeordneten öffentlichen Unternehmen oder anderem FEU erworben würde? 6. Gäbe es eine Neuqualifizierung der Sektor-Zuordnung des erwerbenden FEU? Zu 5. und 6.: In einem solchen Fall hingen die Konsequenzen ab (i) von der Konstruktion der Unternehmensakquisition ; (ii) dem Geschäftsmodell des erworbenen Unternehmens nach der Akquisition sowie (iii) der Größe des erwerbenden Unternehmens relativ zu jener des erworbenen Unternehmens . Sofern die angenommene „Infrastrukturgesellschaft Schule“ als eigenständige institutionelle Einheit (z.B. in Form einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft) bestehen bleibt und ihr Geschäftsmodell nicht ändert, würde die „Infrastrukturgesellschaft Schule“ vermutlich weiterhin als Extrahaushalt klassifiziert. Wird das erworbene Unternehmen hingegen in das erwerbende Unternehmen eingegliedert und ist der Umsatzanteil des erworbenen Unternehmens relativ zu jenem der erwerbenden Unternehmens so gering, dass das kombinierte Unternehmen seinen Umsatz nicht weit überwiegend mit dem Staat tätigt (vgl. Antwort zu Frage 1), würde das neue Unternehmen vermutlich weiterhin als sonstige öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) der äußeren Schale zugeordnet. 7. Falls das FEU nach dem Erwerb nicht auch dem Sektor Staat zugeordnet werden würde, würden dann die Schulden der erworbenen „Infrastrukturgesellschaft Schule“ aus der Berechnung des Schuldenstandes, der für die Bestimmung der Einhaltung der Schuldenbremse maßgeblich ist, herausgenommen? Zu 7.: Ja. 8. Was würde geschehen, wenn die „Infrastrukturgesellschaft Schule“ an eine nicht-staatliche Einheit - bspw. eine in- oder ausländische finanzielle Kapitalgesellschaft - veräußert werden würde? Zu 8.: Dann wäre die Einheit nicht mehr Teil des Schalenkonzepts (ESVG 2010). Somit wäre die „Infrastrukturgesellschaft Schule“ auch kein Hilfsbetrieb mehr, sondern ein privates Unternehmen. Berlin, den 29. November 2017 In Vertretung K l a u s F e i l e r Senatsverwaltung für Finanzen S18-12712 S18-12712a