Drucksache 18 / 12 720 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Gottwald (LINKE) vom 16. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. November 2017) zum Thema: Bedrohen Verwertungskündigungen die soziale Wohnraumversorgung Berlins? und Antwort vom 04. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Gabriele Gottwald (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12720 vom 16. November 2017 über Bedrohen Verwertungskündigungen die soziale Wohnraumversorgung Berlins? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Zur Beantwortung wurden die Bau- und Wohnungsämter der Bezirke gefragt. Frage 1: Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, wie viele Kündigungen von Wohnmietverhältnissen unter Berufung auf die Hinderung an angemessener wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks gemäß §573 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Berlin jährlich seit 2011 erfolgten (bitte aufschlüsseln nach Jahren)? Frage 2: Wie viele Rechtsstreitigkeiten um Kündigungen von Wohnraummietverhältnissen nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind derzeit an Berliner Amts-, Landes-, und Oberlandesgerichten anhängig? Frage 3. Wie viele Rechtsstreitigkeiten, in denen sich Vermieter*innen auf ihr Kündigungsrecht nach §573 Abs. 2 Nr. 3 BGB beriefen, gab es in Berlin seit 2011 und in wie vielen Fällen wurde dabei zugunsten von Vermieter*innen, in wie vielen Fällen zugunsten von Mieter*innen entschieden (bitte aufschlüsseln nach Jahren, entscheidender Gerichtsinstanz und Rechtsspruch)? Antwort zu 1 bis 3: Hinsichtlich der Fragen zu 1. bis 3. liegen keine statistischen Angaben vor. Frage 4. In wie vielen Fällen wurden seit 2011 in Berlin Abrisse von Wohngebäuden den Bauaufsichtsbehörden angezeigt bzw. von diesen genehmigt, in denen eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorausgegangen war und in wie vielen Fällen wurden Abrissgenehmigungen versagt (bitte aufschlüsseln nach Jahren und Genehmigung/Genehmigungsversagung bzw. Genehmigungsfreiheit)? Antwort zu 4: In den bauaufsichtlichen Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren ist die Vorlage von Verwertungsankündigungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht gefordert. Aus diesen Gründen konnten die bezirklichen Behörden keine Antworten im Sinne der Fragestellung abgeben. 2 Frage 5 In wie vielen Fällen wurden seit 2011 in Berlin grundlegende Renovierungsmaßnahmen von Wohngebäuden den Bauaufsichtsbehörden angezeigt oder genehmigt, in denen eine Verwertungskündigung nach §573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorausgegangen war und in wie vielen Fällen wurde die Genehmigung von Maßnahmen versagt (bitte aufschlüsseln nach Jahren und Genehmigung/Genehmigungsversagung bzw. Genehmigungsfreiheit)? Antwort zu 5: Renovierungsmaßnahmen in Wohngebäuden sind bauordnungsrechtlich verfahrensfrei und bedürfen daher keiner Baugenehmigung. Diese Maßnahmen sind auch nicht bauordnungsrechtlich anzeigepflichtig. Darüber hinaus ist die Vorlage von Verwertungsankündigungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht gefordert. Aus diesen Gründen konnten die bezirklichen Behörden keine Antworten im Sinne der Fragestellung abgeben. Frage 6. Sieht der Senat Zusammenhänge zwischen der Preisentwicklung auf dem Berliner Grundstücksmarkt und der Entwicklung der Anzahl von Verwertungskündigungen und wenn ja, wie bewertet er diese? Antwort zu 6: Die Preisentwicklung auf dem Berliner Grundstücksmarkt wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Kenntnisse über die Entwicklung der Anzahl von Verwertungskündigungen in Berlin liegen nicht vor, weil eine Kündigung nicht angezeigt werden muss. Es können daher keine Aussagen getroffen werden, ob ein Zusammenhang zwischen beiden Entwicklungen vorliegt. Frage 7 Teilt der Senat die Auffassung, dass im Sinne einer sozialen Wohnraumversorgung der Abbruch von Wohngebäuden (sofern dieser nicht durch bspw. akute Einsturzgefahr zu rechtfertigen ist) zugunsten einer Sanierung oder anderweitigen Wiedernutzbarmachung verhindert werden muss? Antwort zu 7: Es kommt auf den Einzelfall an. Es ist sicherlich schädlich, wenn Bestandswohnraum ohne gleichzeitige Kompensation von Wohnraum im selben Umfang zu entsprechend verträglichen Mieten abgerissen wird. Wird hingegen maroder Wohnraum auf einem nicht voll ausgenutzten Grundstück abgerissen in dessen Folge auf dem Grundstück deutlich mehr Wohnraum zu preisgünstigen Mieten für breite Schichten der Bevölkerung geschaffen, dürfte dies nicht schädlich sein. Auf diesem Wege könnten die Belange der dort Wohnenden mit den im Land Berlin Wohnungssuchenden verbunden werden. Frage 8 Welche ordnungsrechtlichen oder sonstigen Möglichkeiten sieht der Senat, um der von Renditeinteressen bzw. spekulativer Bodenverwertung getriebenen Entmietung und dem Abriss von Wohngebäuden entgegenzuwirken? Antwort zu 8: Die Instrumente des besonderen Städtebaurechts, gesetzlich verankert im Baugesetzbuch, sichern in festgelegten Sanierungs- und sozialen Erhaltungsgebieten eine an den entsprechenden Sanierungs- und Erhaltungszielen orientierte Entwicklung ab. Die Abwendung von spekulativen Vorhaben ist in diesen Gebieten über die bestehenden besonderen Genehmigungsvorbehalte möglich. 3 Die Entwicklung oder der Erhalt von Wohnraum, abgeleitet aus den gebietlichen Erfordernissen, können konsequent abgesichert werden, da Rückbau, Umnutzungen und Aufwertungen genehmigungspflichtig sind. In Sanierungsgebieten im umfassenden bzw. klassischen Verfahren bietet das Instrument der Kaufpreisprüfung - die Prüfung ist am Verkehrswert orientiert - zudem die Möglichkeit, Verkäufe zu spekulativen Preisen zu untersagen. In sozialen Erhaltungsgebieten ist zudem die Begründung von Wohnungsoder Teileigentum an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken dienen, genehmigungspflichtig. In sozialen Erhaltungsgebieten wirkt zudem das Vorkaufsrecht flankierend, um die Erhaltungsziele umzusetzen. Durch das im August 2017 veröffentlichte Konzept für die Nutzung von Vorkaufsrechten im Land Berlin wurden die Rahmenbedingungen für die Anwendung deutlich verbessert. Derzeit gibt es in Berlin neun Sanierungs- und 39 soziale Erhaltungsbiete. Die Kulissen werden regelmäßig überprüft und weiterentwickelt. So sollen am 01.12.2017 drei neue soziale Erhaltungsgebiete und zwei Erweiterungen im Bezirk Pankow in Kraft treten. Berlin, den 04.12.17 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12720 S18-12720