Drucksache 18 / 12 735 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 20. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. November 2017) zum Thema: „Share Deals“ und „Paradise Papers“ – Schlussfolgerungen und Konsequenzen und Antwort vom 30. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12 735 vom 20. November 2017 über „Share Deals“ und „Paradise Papers“ – Schlussfolgerungen und Konsequenzen Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Welche Erkenntnisse hat der Senat durch die jüngst veröffentlichten „Paradies Papers“ über Berliner Unternehmen und sowie in Berlin mit Hauptwohnsitz gemeldete Personen gewinnen können? Zu 1.: Die Berliner Steuerverwaltung geht grundsätzlich sämtlichen Hinweisen nach, die auf ein steuerliches Vergehen hindeuten. Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, ist sie verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten. Gleiches gilt auch für Quellen wie z.B. den sog. „Paradise Papers“. Soweit die Steuerverwaltung Zugang zu den Daten bekommt , werden auch diese konsequent aufbereitet und ausgewertet. Dabei arbeiten die Steuerverwaltungen der Länder, des Bundes und der EU eng zusammen und Erkenntnisse in diesem Bereich werden regelmäßig ausgetauscht. Bisher hat das International Consortium of Investigative Journalists die Daten der sog. „Paradise Papers “ der Verwaltung noch nicht zur Verfügung gestellt. 2) Welche politischen Konsequenzen zieht der Senat aus den jüngsten Enthüllungen a) für eine Änderung im Land Berlin sowie b) für Initiativen im Bundesrat? Zu 2.: Besondere Konsequenzen ergeben sich für die Berliner Steuerverwaltung nicht. Unter dem Stichwort Paradise Papers wird neben der steuerstrafrechtlich relevanten Steuerhinterziehung, die nach den unlängst erfolgten Einschränkungen bei der Selbstanzeige noch konsequenter verfolgt wird, auch die aus staatlicher Sicht unerwünschte, aber legale Steuergestaltung diskutiert. Seite 2 von 3 Bei Steuergestaltungen, die zumeist bei international agierenden Unternehmen oder Personen anzutreffen sind, wird durch gezieltes Ausnutzen der jeweiligen nationalen (Steuer)Rechtsordnungen eine Minimierung der Steuerbelastung erreicht (z.B. durch Gewinnverlagerungen in sog. Steueroasen). Die Tendenz zu einer immer aggressiveren Ausnutzung hat im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen. Dies war auch Anlass für die Arbeiten gegen die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung (sog. Base Erosion and Profit Shifting-Projekt) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Auch der Bundesgesetzgeber hat auf die Veröffentlichung der sog. Panama-Papers gesetzgeberisch reagiert . Berlin beteiligt sich dabei sowohl auf Fachebene im Rahmen der Bund/Länder-Zusammenarbeit bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen als auch politisch durch Unterstützung derartiger Gesetzesinitiativen im Bundesrat. 3) Wie hoch beziffert der Senat konkret die jährlichen Verluste für das Land Berlin bei Steuereinnahmen durch sogenannte „Share Deals”? Zu 3.: Der Erwerb von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften ist nicht zu versteuern , wenn er nicht zu einer Beteiligung von mindestens 95 Prozent an der Gesellschaft führt. Mangels Rechtsträgerwechsels am Grundstück sind derartige Share Deals keine Erwerbsvorgänge im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes. Ein Großteil der Share Deals bei grundstücksbesitzenden Gesellschaften ist daher nicht anzeigepflichtig . Auch kann die Bemessungsgrundlage für nicht steuerbare Share Deals nicht ermittelt werden, da keine Feststellung der Grundbesitzwerte erfolgt. Der Senat hat demzufolge keine konkreten Kenntnisse über die Höhe der entgangenen Steuereinnahmen durch Share Deals. 4) Wie teilen sich jeweils die Bestands- und Neubauankäufe der kommunalen Wohnungsunternehmen (degewo, GESOBAU, Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND, WBM) auf sogenannte a) „Asset Deals“ und b) „Share Deals“ im Jahr 2017 bisher auf. 5) Welche Grunderwerbssteuer wurde dabei gezahlt bzw. wird voraussichtlich gezahlt? Zu 4. und 5.: Asset Deal Share Deal Bestandsankäufe 191 Wohnungen - Neubauankäufe 578 Wohnungen - Grunderwerbsteuer 6.031.031,00 € - Bestandsankäufe 165 Wohnungen - Neubauankäufe - - Grunderwerbsteuer 964.440,00 € - Bestandsankäufe 326 Wohnungen 579 Wohnungen Neubauankäufe 71 Wohnungen 200 Wohnungen Grunderwerbsteuer 4.369.459,00 € 3.529.227,36 € Bestandsankäufe - - Neubauankäufe 456 Wohnungen - Grunderwerbsteuer 4.690.000,00 € - Bestandsankäufe 281 Wohnungen - Neubauankäufe 499 Wohnungen - Grunderwerbsteuer 7.614.662,00 € - Bestandsankäufe 225 Wohnungen - Neubauankäufe 159 Wohnungen - Grunderwerbsteuer 4.436.463,00 € - WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH degewo AG GESOBAU AG GEWOBAG Wohnungsbau-AG HOWOGE Wohnungsbau- GmbH Stadt und Land Wohnbauten GmbH Seite 3 von 3 6) Wurden Share Deal Konstruktionen bei den kommunalen Wohnungsunternehmen gewählt, bei denen dauerhaft keine Grunderwerbssteuer gezahlt wurde bzw. wird? Zu 6.: Bei keinem kommunalen Wohnungsunternehmen wurden Share Deal Konstruktionen gewählt, bei denen dauerhaft keine Grunderwerbsteuer gezahlt wurde bzw. wird. 7) Gab es im Jahr 2017 auch Konstruktionen, aus denen mehrfache Zahlungen von Grunderwerbssteuer resultieren? Zu 7.: Bei der degewo AG wurden durch Ausnutzung eines landeseigenen, vertraglich vereinbarten Vorkaufsrechtes für ein Erbbaurecht und dessen Weiterverkauf zwei grunderwerbsteuerpflichtige Rechtsgeschäfte begründet. Bei den anderen kommunalen Wohnungsunternehmen gab es keine Konstruktionen, aus denen mehrfache Zahlungen von Grunderwerbsteuer resultieren. 8) Wie bewertet der Senat die Nutzung sogenannter „Share deals“ durch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen ? 9) Welche Konsequenzen zieht der Senat aus einer Nutzung sogenannter „Share deals“ durch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen? Zu 8. und 9.: Grundsätzlich lehnt der Senat die Nutzung sogenannter Share Deals durch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen ab. Sollte die Verkäuferin bzw. der Verkäufer auf einen Share Deal bestehen, wird in Zusammenarbeit mit dem Wohnungsbauunternehmen nach einer Konstruktion gesucht, die letztlich dazu führt, dass das Wohnungsunternehmen die volle Grunderwerbsteuer zu entrichten hat. Berlin, den 30. November 2017 In Vertretung Dr. Magaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen S18-12735 S18-12735