Drucksache 18 / 12 736 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 20. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. November 2017) zum Thema: Förderung von Wohneigentum durch das Land Berlin und Antwort vom 06. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12736 vom 20. November 2017 über Förderung von Wohneigentum durch das Land Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum hat sich das Land Berlin als einziges Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland mit Art. 28 Abs. 1 der Berliner Landesverfassung zu einer Förderung „der Bildung von Wohnungseigentum“ als Staatsziel verpflichtet? Antwort zu 1: Die gegenwärtige Fassung von Artikel 28 Absatz 1 der Verfassung von Berlin (VvB) ist das Ergebnis der parlamentarischen Beratungen über das Achtunzwanzigste Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin im Jahr 1995, mit dem die Verfassung von Berlin aus dem Jahr 1950 abgelöst wurde. Die Staatszielbestimmung zu Wohnraum in Artikel 19 Absatz 1 der Verfassung von Berlin von 1950 enthielt keine Aussage zur Bildung von Wohnungseigentum. Die zur Vorbereitung der Überarbeitung dieser Verfassung eingesetzte Enquete-Kommission „Verfassungs- und Parlamentsreform“ schlug in ihrem Schlussbericht (Drucksache 12/4376) im Jahr 1994 folgende Fassung einer wohnraumbezogenen Staatszielbestimmung vor: „Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Es ist durch die Bau- und Wohnungspolitik des Landes zu sichern, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen durch öffentlich geförderten Wohnungsbau.“ Diese Formulierung mündete nach eigehenden Beratungen im Gesetzgebungsverfahren über das Achtunzwanzigste Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin in die gegenwärtige Fassung von Artikel 28 Absatz 1 VvB. Im Übrigen ist es nicht Sache des Senats, die Verfassungsrechtslage in den anderen Bundesländern zu kommentieren. 2 Frage 2: Welche konkreten Fördermaßnahmen des Landes Berlin entsprechen dem in Art. 28 Abs. 1 der Berliner Landesverfassung gesetzten Staatsziels zu Förderung „der Bildung von Wohnungseigentum“. Frage 3: Inwieweit entsprechen die stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen und Handlungen des Senats dem in Art. 28 Abs. 1 der Berliner Landesverfassung verankerten Staatsziel? Antwort zu 2 und 3.: Das Land Berlin hat in den vergangenen Jahren die Erweiterung der Wohnungsangebots durch umfangreiche stadtentwicklungspolitische Maßnahmen der Baulandausweisung und Infrastrukturentwicklung in neuen oder stark wachsenden Quartieren sowie durch Verbesserung der Baugenehmigungsverfahren (Vereinbarungen mit Bezirken, Prämien für Baugenehmigungen) stark unterstützt und wird dies auch in Zukunft tun. Von den genehmigten neuen Wohnungen entfielen auf Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser in den Jahren 2012 bis 2014 die große Mehrheit der genehmigten Wohnungen (57 % bis 66 %) und in den Jahren 2015 und 2016 lag deren Anteil mit 42 % bzw. 32 % der genehmigten Wohnungen deutlich über dem Anteil der Wohneigentümerhaushalte in Berlin (14 % gemäß Mikrozensus Wohnsituation 2014). Die vom Land unterstützte Erweiterung des Wohnungsangebots kam und kommt damit auch dem Wohneigentumssegment zu Gute. Zur Förderung der Wohneigentumsbildung gehört auch die Unterstützung von genossenschaftlichem Wohneigentum. Mit einer neuen Förderung für Genossenschaften sollen Berliner Wohnungsbaugenossenschaften unterstützt werden, die - neu gegründet oder eigenkapitalschwach sind und in Berlin neuen Wohnraum schaffen und dafür Neubauförderung in Anspruch nehmen (Neubau), - sich in einem Zusammenschluss aus Mieterinnen und Mietern selbst gründen und das von ihnen bewohnte Bestandsobjekt erwerben möchten (Bestandserwerb) oder - bereits etabliert sind und ihren Bestand erweitern möchten. Vorbehaltlich des Beschlusses des Haushalts durch das Berliner Abgeordnetenhaus sind für die Genossenschaftsförderung 2018/2019 20 Mio. € vorgesehen, darunter 10 Mio. € für die Förderung neuer Genossenschaften und 10 Mio. € für bestehende wachsende Genossenschaften. Frage 4: Wie definiert der Senat seine stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen für im Hinblick auf das in Art. 28 Abs. 1 der Berliner Landesverfassung verankerte Staatsziel? Antwort zu 4: Artikel 28 Absatz 1 Verfassung von Berlin formuliert das Recht auf angemessenen Wohnraum (Satz 1) sowie die Förderung in verschiedenen Bereichen des Wohnens. Gemäß Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 Verfassung von Berlin fördert das Land die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum. 3 Die stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen und Handlungen für das Wohnen und damit für die in Art. 28 Abs. 1 Verfassung von Berlin benannten Staatsziele werden derzeit vom Senat durch den in der Erstellung befindlichen Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 (StEP Wohnen 2030) definiert. Es ist beabsichtigt, den StEP Wohnen 2030 zum Jahresende 2018 mit einem Senatsbeschluss zu verabschieden. Frage 5: Welchen konkreten politischen Gründen und Erwägungen folgend wird einer Verknappung im preisgünstigeren Bestandsbereich für Haushalte mit niedrigen und niedrigeren Einkommen im Zuge der derzeitigen Niedrigzinsphase nicht entgegengewirkt? Antwort zu 5: Das Angebot an Wohnraum zur Eigennutzung bzw. Eigentumsbildung ist wegen der hohen Anteile dieses Segments am durch Berlin unterstützten Neubau überproportional gewachsen (siehe oben zu Frage 2/3). Einer Verknappung des Angebots wird insoweit entgegengewirkt. Das Angebot an Eigentumswohnungen hat sich zusätzlich zum Neubau auch durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erweitert. Trotz der überproportionalen Erweiterung des Angebots an Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäusern stiegen die Preise für Wohneigentum in Berlin stark an (Anstieg der Angebotskaufpreise Ende 2016 gegenüber Ende 2009 + 101 % für Eigentumswohnungen und + 51 % für Ein-/Zweifamilienhäuser; IBB- Wohnungsmarktbericht 2016, S. 49, 52 und Tabellenband). Zugleich reduzierten sich im gleichen Zeitraum die Zinsen für Wohnungsbaukredite an private Haushalte auf weniger als die Hälfte (gemäß Bundesbank z. B. bei einer anfänglichen Zinsbindung über 10 Jahre von durchschnittlich 4,38 % im Dezember 2009 auf 1,73 % im Dezember 2016 (Zinsentwicklung - 60%)). Durch die Zinsentwicklung ergibt sich für die Bildung von Wohneigentum (anders als beim starken Mietpreisanstieg im Mietsegment) für die Bürgerinnen und Bürger eine finanzielle Entlastung bzw. Kompensation zur Preisentwicklung. Auch unter Berücksichtigung gestiegener Tilgungsanforderungen zeigen Auswertungen der Deutschen Bundesbank zur Annuitätsbelastung, also dem Verhältnis der Finanzierungsannuität zum Haushaltseinkommen, eine im Jahr 2017 etwa um ein Viertel niedrigere Belastung als am Ende des letzten Jahrzehnts (siehe Standardindikatoren zur Beurteilung von Wohnimmobilienpreisen vom 07.09.2017; https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Unternehmen_und_private_Hausha lte/Indikatorensystem_Wohnimmobilienmarkt/indikatorensystem_wohnimmobilienmarkt.ht ml). Die (im Vergleich zum Mietwohnungssegment) relativ günstigen Marktbedingungen begründen aktuell keine weitere zusätzliche Förderung der individuellen Wohneigentumsbildung durch finanzielle Maßnahmen. Es soll aber die Bildung von genossenschaftlichem Wohneigentum unterstützt werden (siehe Antwort zu Frage 3). Frage 6: Inwieweit dienen Vorkaufsrechte und Millieuschutzgebiete dem Staatsziel des Landes Berlin zur Förderung von Wohneigentum? 4 Antwort zu 6: Die Sozialen Erhaltungsgebiete nach § 172 Baugesetzbuch bzw. sog. Milieuschutzgebiete und die dort möglichen Vorkaufsrechte dürfen nur zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (§ 172 Absatz 3 Baugesetzbuch), zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (§ 172 Absatz 4 Baugesetzbuch) oder bei städtebaulichen Umstrukturierungen (§ 172 Absatz 5 Baugesetzbuch) festgesetzt werden. Sie dienen daher vorrangig dem in Art. 28 Abs. 1 Verfassung von Berlin benannten Zielen des Rechts auf angemessenen Wohnraum sowie der Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen. Berlin, den 06.12.17 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12736 S18-12736