Drucksache 18 / 12 777 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) vom 23. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. November 2017) zum Thema: Verwehrter Schulbesuch einer schwangeren Schülerin im Bezirk Reinickendorf und Antwort vom 12. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen – A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12777 vom 23. November 2017 über Verwehrter Schulbesuch einer schwangeren Schülerin im Bezirk Reinickendorf ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Hintergrund ist die Berichterstattung in der Presse über eine schwangere Schülerin im Bezirk Reinickendorf , die die Stötzner-Schule in Wittenau besucht. Ihr wird zur Zeit der Schulbesuch verwehrt, da sie einen erweiterten Bluttest noch nicht beigebracht hat. 1. Auf welcher Rechtsgrundlage beruht die Forderung der Schule, dass die Schülerin zunächst einen Fragebogen zur „Beurteilung der Immunlage der werdenden Mutter bei beruflichem Umgang mit Kindern und Jugendlichen“ ausfüllen musste? Es handelt sich hier schließlich um einen Bogen, den eigentlich nur schwangere angestellte Pädagoginnen ausfüllen müssen. 2. Aus welchem Grund soll eine schwangere Schülerin den Bogen ausfüllen? Aus welchem Grund gibt es keinen eigenen Bogen für Schülerinnen? 3. Auf welcher Rechtsgrundlage darf die Schule zusätzlich einen erweiterten Bluttest verlangen? 4. Aus welchem medizinischen Grund ist der Bluttest erforderlich? 5. Entspricht die Abfrage des Bluttestergebnisses durch die Schule den datenschutzrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Schülerin? Gibt es hierzu eine Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin. Wenn ja, mit welchem Inhalt? 6. Wie wird der erweiterte Bluttest in diesem Fall finanziert? 7. Wie bewertet der Senat die Forderung der Schule nach einem erweiterten Bluttest? 2 8. Aus welchem Grund handelt der Senat nicht, damit die Schülerin wieder zur Schule gehen kann? Welchen überwiegenden Grund gegen die Beschulung des Mädchens in der Schule und damit die Nichtgefährdung ihres Abschlusses sieht der Senat vorliegend? 9. Aus welchem Grund überlässt der Senat die hier vorliegende Frage der Schule? 10. Ist es richtig, dass das oben skizzierte Vorgehen im Bezirksamt Reinickendorf besprochen wurde? Wenn ja, wann hat der Senat hiervon erfahren? Und aus welchem Grund schreitet er nicht ein? Zu 1. bis 10.: Die Schule hat in ihrem Handeln ausschließlich den Schutz der werdenden Mutter und des Fötus in den Vordergrund gestellt. Schulen gehören zu den Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne von § 33 des Infektionsschutzgesetzes. Hier besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Da es im Umgang mit schwangeren, minderjährigen Schülerinnen keine Ausführungsbestimmungen bezüglich des Immunschutzes gibt, hat sich die Schulleitung an der Vorgehensweise orientiert, die bei schwangeren Lehrerinnen vorgegeben ist. Dies entspricht der im Mutterschutzgesetz geregelten Pflicht des Arbeitgebers zur Beurteilung besonderer Gefährdungen für Schwangere am Arbeitsplatz. Ab dem 1. Januar 2018 gilt das Mutterschutzgesetz weitgehend (bis auf die Vorschriften zum Kündigungsschutz und zur Entgeltfortzahlung) auch für Studentinnen und Schülerinnen . Ab diesem Zeitpunkt ist das Land Berlin als Schulträger hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung auch im Verhältnis zu Schülerinnen rechtlich einem Arbeitgeber gleichgestellt. Praktisch musste in dem hier betroffenen Einzelfall aber schon vorher gehandelt werden. Wichtig war der Schule dabei der Nachweis eines erweiterten Immunschutzes, insbesondere der Schutz vor Ringelröteln, da darauf auch bei schwangeren Lehrerinnen ein besonderer Fokus liegt. Schülerinnen und Schüler sind Schutzbefohlene der Schule und ihnen gegenüber hat die Schule eine besondere Fürsorgepflicht und Verantwortung. Dieser Fürsorgepflicht und Verantwortung, zum Wohl der werdenden Mutter und des Fötus, hat die Schule mit ihrem Handeln entsprochen. Die Mutter der minderjährigen, schwangeren Schülerin hat in einem Gespräch mit der Schulleitung die Sinnhaftigkeit des Immunschutzes verstanden und einem Nachweis zugestimmt. Um für die Schülerin keine großen Lernrückstände entstehen zu lassen, wurde im Einvernehmen mit der Mutter Hausunterricht angesetzt, wie es §15 Sonderpädagogikverordnung bei langfristig erkrankten Schülerinnen und Schülern vorsieht. Am 29.11.2017 fand ein Gespräch mit der Mutter der Schülerin und dem Schulleiter statt. Die Mutter legte dem Schulleiter einen Nachweis des ausreichenden Immunschutzes vor. Mutter und Schulleitung haben daraufhin einvernehmlich vereinbart, dass die Tochter ab sofort wieder die Schule besuchen kann. Die Kosten der ärztlichen Untersuchung und der Laboruntersuchung trägt die Krankenkasse gemäß ihrer geltenden Gebührenordnung. 3 Sollte die ärztliche Rechnung höher ausfallen als die von der Krankenkasse getragene Kostenerstattung, hat die Schule bzw. der Förderverein der Mutter eine Kostenübernahme zugesichert. Berlin, den 12. Dezember 2017 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-12777 S18-12777