Drucksache 18 / 12 779 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) vom 23. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. November 2017) zum Thema: Bearbeitung von Anträgen auf Unterhaltsleistungen nach der Reform des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder –ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) zum 1. Juli 2017 und Antwort vom 08. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12779 vom 23. November 2017 über Bearbeitung von Anträgen auf Unterhaltsleistungen nach der Reform des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder – ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) zum 01. Juli 2017 ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf staatliche Unterhaltsleistungen sind seit 2015 bis heute in den bezirklichen Jugendämtern eingegangen? (Bitte nach Jahren und, sofern möglich, nach Bezirken aufschlüsseln.) 2. Wie viele Anträge auf Unterhaltsleistungen für Kinder, die das 12. Lebensjahr vollendet oder bereits 72 Monate bezogen haben, sind seit dem 01.07.2017 (= Anspruchsbeginn) in den bezirklichen Jugendämtern eingegangen? 3. Mit wie vielen zusätzlichen Anträgen auf Unterhaltsleistungen rechnet der Senat jährlich aufgrund der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes? Zu 1. bis 3.: Eine Erhebung jährlich gestellter Anträge ist in der Geschäftsstatistik zum UVG nicht vorgesehen . Im angefragten Zeitraum wurden im Land Berlin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) wie folgt gewährt: Kinder im Bezug von Unterhaltsvorschuss /Jahr 2015 2016 01. Januar bis 30. Juni 2017 Charlottenburg-Wilmersdorf 1.527 1.610 1.316 Friedrichshain-Kreuzberg 1.655 1.587 1.408 Lichtenberg 3.312 3.044 2.809 Marzahn-Hellersdorf 4.206 4.215 3.724 Mitte 2.159 2.013 1.939 - - 2 Neukölln 2.298 2.097 1.990 Pankow 2.158 2.076 1.930 Reinickendorf 2.354 2.230 2.212 Spandau 2.474 2.601 2.317 Steglitz-Zehlendorf 1.356 1.353 1.251 Treptow-Köpenick 1.704 1.647 1.431 Tempelhof-Schöneberg 2.125 2.158 2.121 Berlin gesamt 27.328 26.631 24.448 (Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, UVG-Fallzahlenstatistik 2015, 2016 und 01. Januar - 30. Juni 2017) Die für Familie zuständige Senatsverwaltung geht weiterhin von der in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11535 dargestellten Prognose aus. Danach kann für 2017 eine Steigerung um etwa 17.200 Fälle und im Ergebnis damit eine jährliche Gesamtfallzahl von rund 44.200 anspruchsberechtigten Kindern angenommen werden. Dies entspräche einer Steigerung um 64 Prozent. In 2016 haben rund 27.000 Kinder in Berlin jährlich Vorschussleistungen bezogen. Nach Auswertung der Jahresstatistiken zum UVG käme es in der ersten Altersstufe (Geburt bis vollendetes sechstes Lebensjahr) zu keinem, allein in der zweiten Altersstufe (sechstes bis Vollendung zwölftes Lebensjahr) jedoch zu einem Fallzahlenanstieg von rund 9.000 Fällen . Hier wirkt sich der Wegfall der bisherigen Höchstbezugsdauer von sechs Jahren unmittelbar aus. Die ab dem zweiten Halbjahr 2011 eingestellten Fälle könnten dann durch erneute Antragstellung wieder aufleben. In den Jahren 2011 bis 2016 wurden jährlich rund 3.000 Fälle wegen Erreichens der derzeitigen Höchstbezugsdauer eingestellt. Bei Annahme einer gleichmäßigen Verteilung dieser Fälle auf die Altersgruppen sechs, sieben, acht, neun, zehn und elf Jahre und Halbjahr ergäben sich 250 Fälle pro Halbjahr und Altersgruppe . Im Ergebnis könnten mit rund 36.000 anspruchsberechtigten Kindern in der ersten und zweiten Altersstufe gerechnet werden. Bis 30. Juni 2017 konnten ab dem zwölften Lebensjahr keine Leistungen mehr gewährt werden. Mit der Ausweitung des UVG wird nun ein Bezug bis zum Erreichen der Volljährigkeit ermöglicht. Da diese neue dritte Altersstufe statistisch bisher nicht erfasst wurde, können nur hilfsweise Daten für eine Schätzung der möglichen Fallzahlensteigerung herangezogen werden. Prognostisch könnte hier (Stand Ende Mai 2017) mit rund 8.200 anspruchsberechtigten Kindern ab dem zwölften Lebensjahr gerechnet werden. Dies entspräche in der Gesamtsumme der oben genannten Fallzahlensteigerung. 4. Welche Möglichkeiten haben Eltern, sich bei den jeweiligen bezirklichen Jugendämtern über die Dauer der Bearbeitungszeit vor und nach der Beantragung von Unterhaltsleistungen zu informieren? 5. Was ist nach Ermessen des Senats eine zumutbare Wartezeit von der Beantragung bis zur Auszahlung der Unterhaltsleistungen? 6. Wie lange war die jeweilige Wartezeit von der Beantragung bis zur Auszahlung von Unterhaltsleistungen - - 3 in den Jahren 2015 bis heute? (Bitte nach Jahren und, sofern möglich, nach Bezirken aufschlüsseln.) 7. Ist der Senat der Auffassung, dass sich die Wartezeit von der Beantragung bis zur Auszahlung von Unterhaltsleistungen mit der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes verlängert? a) Wenn ja, um welche Dauer? Zu 4. bis 7.: Antragstellerinnen und Antragsteller haben die Möglichkeit sich persönlich vor Ort, telefonisch oder schriftlich bei der zuständigen Unterhaltsvorschuss-Stelle über die Dauer der aktuellen Bearbeitungszeit zu informieren. Die Jugendämter weisen sie teilweise auch auf ihren jeweiligen Internetseiten aus. Die Bearbeitungszeiten der Jugendämter werden in der Geschäftsstatistik zum UVG nicht erhoben. Sie sind auch von einer Vielzahl von Faktoren abhängig wie z.B. von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles, dem Zeitpunkt des Eingangs und dem Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen sowie des aktuellen Personalstandes (einschließlich des Krankenstandes ) in der Unterhaltsvorschuss-Stelle. Verallgemeinernde Aussagen über eine angemessene Bearbeitungszeit sind daher nicht möglich. Es kann jedoch konstatiert werden , dass sie vor dem Inkrafttreten der Ausweitung des UVG im Land Berlin im Regelfall durchschnittlich acht bis zwölf Wochen betrug. Der prognostizierte sprunghafte Anstieg im Antragsaufkommen führt in der Regel zu einer Verlängerung der Bearbeitungszeiten in den bezirklichen Unterhaltsvorschuss-Stellen. Wenn es im Übergangszeitraum hierzu kommt, sind bestehende Ansprüche auf Leistungen nach dem UVG mit dem Tag des Antragseinganges sichergestellt. Aufgrund einer zwischen Bund und Ländern getroffenen Vereinbarung genießen Antragstellerinnen und Antragsteller, die von der Ausweitung des UVG ab dem 01. Juli profitieren, hierbei den Vorrang. Soweit für das Kind bisher Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährt wurden, werden diese bis zur Entscheidung über den vorrangigen Anspruch auf Leistungen nach dem UVG entsprechend einer von der für Familie zuständigen Senatsverwaltung mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg und den Berliner Job- Centern im Vorfeld getroffenen Vereinbarung vorgeleistet. Mit der Ausweitung des UVG und der damit einhergehenden Steigerung des Fallaufkommens war eine Verlängerung der durchschnittlichen Bearbeitungszeiten trotz erfolgter Vorbereitungsmaßnahmen (siehe insbesondere Antwort zu Frage 8 und 9) nicht auszuschließen . Die für Familie zuständige Senatsverwaltung erwartet jedoch, dass es insbesondere durch die zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Besetzung zusätzlicher Stellen und nach der erforderlichen Einarbeitung der neuen Dienstkräfte zu einem zügigen Rückgang der Bearbeitungszeiten kommen wird. 8. Welche Maßnahmen sind seitens des Senats und der bezirklichen Jugendämter vorgesehen, um die Bearbeitung von Anträgen auf Unterhaltsleistungen zu beschleunigen? 9. Wie viel Personal (Vollzeitäquivalente) steht den jeweiligen bezirklichen Jugendämtern zur Bearbeitung von Unterhaltsleistungen zur Verfügung? a) Ist geplant, die Zahl der in den bezirklichen Jugendämtern besetzten Stellen zu erhöhen? b) Wenn ja, zu wann und in welcher Höhe? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) Zu 8. und 9.: - - 4 Die Wahrnehmung der Aufgaben bei der Durchführung und dem Vollzug des UVG in den Unterhaltsvorschuss-Stellen und dem Bereich der Kosteneinziehung obliegt der Verantwortung der Bezirke. Um die Bearbeitung des zu erwartenden Fallzahlenaufwuchses sicherstellen zu können, konnten sie im Vorgriff auf die Ausweitung des Gesetzes seit Februar zunächst drei Vollzeitäquivalente mit der Wertigkeit E 9 für das Aufgabenfeld Unterhaltsvorschuss ausschreiben und unbefristet besetzen. Im Anschluss sind drei weitere wertgleiche Vollzeitäquivalente je Bezirk freigegeben worden. Darüber hinaus können sie eigeninitiativ weitere Stellen ausschreiben und besetzen, soweit dies nach ihrer Bewertung zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung der Anträge nach dem UVG erforderlich ist. Regelhafte Erhebungen zum Personalbestand der Unterhaltsvorschuss-Stellen werden von der für Familie zuständigen Senatsverwaltung nicht durchgeführt. Die nachfolgenden Angaben zur aktuellen Personalausstattung nach besetzten Vollzeitäquivalenten (VZÄ) wurden von den Bezirken mitgeteilt: Bezirk VZÄ Charlottenburg-Wilmersdorf 8,77 Friedrichshain-Kreuzberg 9,77 Lichtenberg 23,00 Marzahn-Hellersdorf 18,00 Mitte 19,50 Neukölln 23,00 Pankow 18,25 Reinickendorf 14,87 Spandau 15,87 Steglitz-Zehlendorf 12,61 Treptow-Köpenick 14,00 Tempelhof-Schöneberg 14,50 - - 5 Zusätzlich befindet sich nach Angaben der Bezirke die nachfolgende Stellenanzahl für die Aufgabe Unterhaltsvorschuss im Besetzungsverfahren: Bezirk Besetzungsverfahren (in VZÄ) Charlottenburg-Wilmersdorf 7,00 Friedrichshain-Kreuzberg keine Angaben Lichtenberg 5,00 Marzahn-Hellersdorf 3,00 Mitte 6,00 Neukölln 0,00 Pankow 2,00 Reinickendorf 3,00 Spandau 4,00 Steglitz-Zehlendorf 3,00 Treptow-Köpenick 3,00 Tempelhof-Schöneberg 6,00 Alle Stellenbesetzungen sollen berlinweit zum schnellstmöglichen Zeitpunkt erfolgen. Die für Familie zuständige Senatsverwaltung befindet sich gegenwärtig mit Blick auf das Jahr 2018 in enger Abstimmung mit den Bezirken zur Gestaltung und Auswertung einer umfassenden Abfrage zur Erhebung belastbarer Daten für das mit der Ausweitung des UVG im Zusammenhang stehende dauerhaft gewachsene Aufgabenvolumen. - - 6 10. Wie bewertet der Senat die Schließung der Unterhaltsvorschussstelle im Bezirksamt Mitte vom 06.11. bis 30.11.2017 (Pressemitteilung Nr. 491/2017 vom 03.11.2017) aufgrund der hohen Antragszahlen? Welche Maßnahmen sind hier zur Bewältigung des erhöhten Antragsaufkommens geplant? Zu 10.: Mit der vorübergehenden Schließung der Unterhaltsvorschuss-Stelle konnte nach Aussagen des Bezirksamtes Mitte von Berlin im Ergebnis eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten erreicht werden. Die Einarbeitung neuer Dienstkräfte, die bis zum 01. Oktober ihre Tätigkeit aufgenommen haben, sei dadurch unterbrechungsfreier vertieft und damit auch eine spürbare Entlastung des Stammpersonals herbeigeführt worden. Die Annahme von Anträgen auf Leistungen nach dem UVG sei in der Schließzeit uneingeschränkt möglich gewesen . Berlin, den 08. Dezember 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-12779 S18-12779