Drucksache 18 / 12 783 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tobias Schulze (LINKE) vom 21. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. November 2017) zum Thema: Open-Source-Software in der Berliner Verwaltung und Antwort vom 05. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tobias Schulze (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 12 783 vom 21. November 2017 über Open-Source-Software in der Berliner Verwaltung ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Bereichen der öffentlichen Verwaltung im Land Berlin werden Open-Source- Anwendungen bislang eingesetzt und um welche Anwendungen handelt es sich? Zu 1.: Die IT-Bestands- und Planungsübersicht erfasst die eingesetzten Softwareprodukte im Bereich der IKT-Arbeitsplätze sowie der Server. Mit den Angaben zu den eingesetzten IT-Verfahren wird ein Rückschluss auf die Verwendung von OpenSource-Produkten gezogen. a) IKT-Arbeitsplätze - Betriebssysteme Der Windows7-Arbeitsplatz ist der Normalfall. Offene Betriebssysteme werden in keiner Behörde flächendeckend eingesetzt (270 von 85.226 Betriebssystemen). Die größte zusammenhängende Anzahl an Linux-Distributionen (140 von 2.289 Betriebssystemen) meldet lediglich die Berliner Feuerwehr. b) IKT-Arbeitsplätze - Büroanwendungen (Office-Produkte) In der Berliner Verwaltung werden weiterhin weit überwiegend Büro- Softwareprodukte der Fa. Microsoft eingesetzt (78.542 von 90.645 Office- Anwendungen). In größerem Maß wird lediglich in vier Verwaltungen ein quelloffenes und weitestgehend kostenfreies Produkt zusätzlich eingesetzt und den Dienstkräften zur Nutzung angeboten: BA Tempelhof-Schöneberg 1.611 x Apache Office, BA Charlottenburg-Wilmersdorf 1.409 x Apache Office, Senatsverwaltung für Finanzen 2.132 x Apache Office, Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Familie 6.355 x Libre Office. Zusammen mit weiteren einzelnen Installation in mehreren Behörden sind insgesamt 12.103 Open-Source Office-Anwendungen im Einsatz. c) Server Bei den im Serverbereich eingesetzten Betriebssystemen wird nach wie vor ein großer Anteil an Open Source-Produkten in nahezu allen Behörden eingesetzt (1.341 von 5.656 Server-Betriebssystemen). Das ITDZ meldet für den Bereich der für die Berliner Verwaltung bereitgestellten Server 886 OpenSource-Serverbetriebssysteme von insgesamt 2.705 Installationen. Die Anwendungen teilen sich wie folgt auf: RedHat Linux 199 (zzgl. ITDZ 882), SuSe Linux 949 (zzgl. ITDZ 8), Debian GNU Linux 111, UBUNTU Linux 65, Univention Corporate Server (UCS) 17. d) Fachverfahren Mit Stand 31.03.2017 sind in der Berliner Verwaltung insgesamt 316 IT-Verfahren eingesetzt. Bei 74 IT-Verfahren wird ein offener Quellcode verwendet. Somit werden Open-Source-Anwendungen nahezu in jeder Behörde der unmittelbaren Berliner Verwaltung genutzt. 2. Wie hat sich das prozentuale Verhältnis von Open-Source-Fachanwendungen zu proprietären Fachanwendungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? Zu 2.: Die Datenqualität ist erst seit dem Jahresbericht 2016 zur IT-Bestands- und Planungsübersicht geeignet, so dass hier Rückschlüsse gezogen werden können. Festzustellen ist, dass sich in der Relation keine gravierenden Änderungen ergeben haben. Phase Betrieb Art 2013 2014 2015 2016 2017 IT-Verfahren 330 320 328 310 316 davon Quellcode Nicht verfügbar 104 / 31% 118 / 37% 136 / 41% 159 / 51% 164 / 52% Verfügbar 49 / 15% 78 / 24% 105 / 32% 128 / 41% 133 / 42% Keine Angabe 177 / 54% 124 / 39% 87 / 27% 23 / 7% 19 / 6% Davon Quellcode Nicht offen 132 / 40% 154 / 48% 183 / 56% 216 / 70% 223 / 71% Offen 21 / 6% 42 / 13% 58 / 18 % 71 / 23% 74 / 23% Keine Angabe 177 / 54% 124 / 39% 87 / 27% 23 / 7% 19 / 6% 3. In welchen Berliner Verwaltungen werden offene Standards für Schnittstellen- und Kommunikationsbereiche genutzt? Zu 3.: 185 in der Berliner Verwaltung eingesetzte IT-Verfahren nutzen offene Standards für Schnittstellen und Kommunikation. Somit werden diese Standards in nahezu jeder Behörde der unmittelbaren Berliner Verwaltung genutzt. 4. Wie ist das prozentuale Verhältnis von offenen Dokumenten- und Schnittstellenstandards zu proprietären in der Berliner Verwaltung? Zu 4.: IT-Verfahren Phase Betrieb Art 2017 IT-Verfahren 316 davon Ja nein keine Angabe Offene Dokumentenformate 207 / 66 % 90 / 28 % 19 / 6 % Offene Schnittstellen 185 / 59 % 112 / 35 % 19 / 6 % 5. Wie viele in der Berliner Verwaltung eingesetzte Fachverfahren sind unter freien Betriebssystemen lauffähig? 6. Was ist der Anteil von nicht unter freien Betriebssystemen lauffähigen Fachverfahren und wie hat sich dieser in den letzten fünf Jahren entwickelt? Zu 5. und 6.: Die Daten können aktuell nicht vollständig aufgeliefert werden. Nach dem abgelaufenen Erhebungszeitraum zur IT-Bestands- und Planungsübersicht für den Jahresbericht 2017 wurde die Abfragestruktur u.a. auch in diesem Bereich verändert. Während zuvor allgemein die Plattformneutralität eines IT- Fachverfahrens abgefragt wurde, wird künftig nach der Abhängigkeit in den Bereichen Client-Betriebssystem, Server-Betriebssystem sowie Datenbanksystem differenziert. 7. Wie bewertet der Senat die Möglichkeiten des Einsatzes von Open-Source-Software in der Umsetzung des E-Government-Gesetzes? Zu 7.: Das E-Government Gesetz Berlin strebt die Verringerung von IT-Komplexitäten durch Standardisierung, Vereinheitlichung und Reduzierung von Schnittstellen an. Dies führt zwangsläufig auch dazu, dass die bestehende Produktvielfalt durch konkrete Festlegungen der einzusetzenden Softwareprodukte reduziert wird. Dabei prüft das bei der IKT-Steuerung angesiedelte IKT-Architekturboard Berlin bei der Festlegung von IKT-Standards im Rahmen der geltenden Vorgaben regelmäßig auch den Einsatz freier Software. Entscheidend für die Festlegungen des Architekturboards bei der Auswahl von Komponenten-Typen und Komponenten für die IKT-Architekturliste ist es, ob die geforderten Fähigkeiten im Gesamtzusammenhang erreicht werden können. Dabei werden auch die Kriterien Funktionalität, Interoperabilität, Sicherheit, der Realisierungs-, Pflege- und Ausbildungsaufwand, die Verfügbarkeit von und Lauffähigkeit mit Fachanwendungen sowie die Benutzbarkeit berücksichtigt. Zudem ist für bestimmte Komponenten die Nutzung professionell unterstützter Produkte zwingend erforderlich, weil nur auf dieser Basis Service Level im professionellen Betrieb eingehalten und Supportleistungen des Herstellers bedarfsgerecht abgerufen werden können. In der Expertenanhörung zur IKT-Sicherheit im Ausschuss für Kommunikationstechnologie und Datenschutz des Abgeordnetenhauses am 13.11.2017 wurde zudem verdeutlicht, dass Open Source nicht wesentlich zur Verbesserung der IKT- Sicherheit beiträgt. Open Source ist zwar eine Entwicklungsmethodik, bei der Dritte den Quelltext von Software öffentlich einsehen und von Dritten geändert und genutzt werden kann. Sicherheitsmängel würden jedoch kaum behoben. Wegen der hohen Verbreitung bei Bürgern und Wirtschaft, sowie aus Kompatibilitätsund Akzeptanzgründen, werden bei der funktionsübergreifenden Standardsoftware Microsoftprodukte eingesetzt. Die Verbreitung der Microsoftprodukte ist besonders stark im Clientumfeld, der Bürokommunikation und Nutzerverwaltung. Der Anteil der Microsoftprodukte gemäß Standardisierungskatalog des Landes beträgt knapp ein Viertel der Gesamtheit aller eingesetzten Produkte. Ein weiteres Viertel wird durch Open Source Produkte abgedeckt. Abhängigkeiten zu Herstellern sind nicht prinzipiell zu vermeiden und nicht per Definition schlecht. Betriebskosten werden nicht nur durch Lizenzkosten verursacht. Wesentliche Potenziale zum wirtschaftlichen Einsatz von IT-Infrastruktur liegen in der Senkung von Betriebs-, Schulungs- und Bereitstellungskosten. Einsparungen lassen sich durch Standardisierung von IT Produkten aber auch auf der Ebene der Arbeitsund Betriebsprozesse realisieren. Zudem bedarf die angestrebte umfassende Betriebssicherheit einer planbaren Produktsicherheit. Hierzu gehören u.a. der Produkt-Lifecycle, sowie das Release- und Patchmanagement. Die „Entweder-oder-Diskussion“ bei der Frage „Open-Source oder proprietäre Software“ ist nach Auffassung des Senats nicht sachgerecht und muss abgelöst werden durch Ansätze, die nach Möglichkeit von einer Koexistenz und Zusammenarbeit unterschiedlicher Produkte zur Erfüllung verschiedener Aufgaben ausgehen. Berlin, den 05. Dezember 2017 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-12783 S18-12783