Drucksache 18 / 12 826 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) vom 27. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. November 2017) zum Thema: Festnahme und Auslieferung spanischer Staatsangehöriger wegen ETA- Verdachts am 27.10.2017 und Antwort vom 11. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (Die Linke) und Herrn Abgeordneten Hakan Taş (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12 826 vom 27. November 2017 über Festnahme und Auslieferung spanischer Staatsangehöriger wegen ETA-Verdachts am 27.10.2017 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann und auf welche Weise wurden die zuständigen Berliner Behörden vom spanischen oder französischen Staat darüber unterrichtet, dass sich zwei mit europäischem Haftbefehl gesuchte spanische Staatsangehörige in Berlin aufhalten? Zu 1.: Seitens des spanischen oder französischen Staates erfolgte keine direkte Unterrichtung der zuständigen Berliner Behörden. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wurde mit E-Mail vom 7. August 2017 durch den Polizeipräsidenten in Berlin in Kenntnis gesetzt . 2. Von welchen spanischen, französischen oder bundesdeutschen Stellen erfolgte dieser Hinweis? Zu 2.: Der Hinweis erfolgte durch die Guardia Civil an das Bundeskriminalamt, das sodann die zuständigen Berliner Behörden mittels formeller Nachricht am 4. August 2017 über den möglichen Aufenthalt zweier mit europäischem Haftbefehl gesuchter Mitglieder der spanischen ETA in Berlin informierte. 3. In welchen Fahndungssystemen (etwa dem Schengener Informationssystem oder den „Rotecken“ bei Interpol) waren die beiden ausgeschrieben? Zu 3.: Bezüglich beider Personen existiert zu dem jeweiligen Europäischen Haftbefehl sowohl der französischen als auch der spanischen Behörden eine Fahndung im Schengener Informationssystem. 4. Inwiefern und mit welchem Ergebnis hat die Berliner Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Ausschreibung bzw. Festhalte-Anordnung durch die spanischen und französischen Behörden geprüft, ob es sich dabei um eine Verfolgung aufgrund politischer Anschauungen handeln könnte (zumal als belastende „Beweise“ bei einer Hausdurchsuchung gefundene Literatur dienen sollen) oder ihnen nach einer Auslieferung die politische Verfolgung droht? 2 Zu 4.: Die Festhalteanordnungen wurden durch den zuständigen Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht Tiergarten erlassen. Es bestanden dabei keine Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung, so dass eine entsprechende Prüfung nicht geboten war. Die Auswertung der Beweismittel ist dem ausländischen Verfahren überlassen; einer - nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen vorzunehmenden - Tatverdachtsprüfung nach § 10 Abs. 2 Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) bedurfte es nicht. Insoweit wird auch auf die Antwort zu Frage 11. verwiesen. 5. Welche Ermittlungsanordnungen bzw. -anfragen sind in der Angelegenheit von welchen spanischen oder französischen Behörden ergangen und inwiefern wurden diese von den zuständigen Berliner Behörden umgesetzt oder zurückgewiesen? Zu 5.: Ein justizielles Rechtshilfeersuchen spanischer oder französischer Behörden zur Durchführung von - offenen oder verdeckten - Ermittlungen im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Auslieferungsersuchen ist weder bei der Generalstaatsanwaltschaft noch bei der Staatsanwaltschaft Berlin bekannt. 6. Vertreter welcher spanischen oder französischen Behörden haben in welchen Zeiträumen selbst in Berlin ermittelt und welche Amtshandlungen haben diese dabei vorgenommen? Zu 6.: Der Polizei Berlin liegen keine Informationen darüber vor, dass Vertreter der französischen Behörden in Berlin waren und selbst ermittelt haben. Seitens der spanischen Behörden waren Vertreter der Guardia Civil am 4. und 11. September 2017 sowie 27. Oktober 2017 zwecks polizeilichen Informationsaustausches in Berlin. Am 27. Oktober 2017 wohnten diese den Durchsuchungsmaßnahmen des Landeskriminalamtes 524 in Berlin, Ortsteil Gesundbrunnen, bei. Eigenständige Ermittlungen /Amtshandlungen wurden durch die Vertreter der Guardia Civil nach Kenntnisstand der Polizei Berlin zu keinem Zeitpunkt durchgeführt. 7. Auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgten etwaige Ermittlungsmaßnahmen spanischer oder französischer Behörden in Berlin? Zu 7.: Es sind keine solchen Ermittlungsmaßnahmen bekannt, siehe Antwort zu 5. 8. Inwiefern wurden in der Angelegenheit auch verdeckte Ermittler eingesetzt? Zu 8.: Es ist kein Einsatz verdeckter Ermittler bekannt, siehe Antwort zu 5. 9. Welche spanischen oder französischen Behörden waren bei der Festnahme der beiden Gesuchten am 27. Oktober 2017 zugegen? Zu 9.: Über die Anwesenheit von Mitarbeitenden spanischer oder französischer Behörden bei der Festnahme der Verfolgten am 27. Oktober 2017 ist hier nichts bekannt. 10. Was ist dem Berliner Senat darüber bekannt, auf welchen Annahmen oder Beweisen der Vorwurf der spanischen und französischen Regierung beruht, die Festgenommenen seien Mitglieder der baskischen Untergrundorganisation ETA? Zu 10.: In dem europäischen Haftbefehl der spanischen Behörden werden als Beweismittel im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnung des Verfolgten sichergestellte Gegenstände benannt, während sich die französischen Behörden auf Angaben zu sichergestellten Fingerabdruckspuren des Verfolgten beziehen. 3 11. Welche Erkenntnisse haben die Berliner Behörden darüber, ob die vorgelegten Beweise (etwa Geständnisse und belastende Aussagen von Dritten) unter Folter zustande gekommen sind, und inwiefern wurde dies überhaupt geprüft? Zu 11.: Seitens des Beistands jenes Verfolgten, der an die spanischen Behörden ausgeliefert werden soll, wurde der Vorwurf erhoben, er sei nach seiner Festnahme in Spanien im November 2007 gefoltert worden. Hierzu ist zu bemerken, dass die Prüfung des Tatverdachts im vertraglichen Auslieferungsverkehr dem ausländischen Verfahren überlassen ist. Im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zur Strafverfolgung erfolgt grundsätzlich nur die Prüfung der in den Auslieferungsbestimmungen geschaffenen - formellen - Sicherungen gegen eine unzulässige Unterstützung des ausländischen Verfahrens. Eine Veranlassung zu einer - nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen vorzunehmenden - Tatverdachtsprüfung nach § 10 Abs. 2 IRG bestand - auch nach Auffassung des mit dem Auslieferungsverfahren befassten 4. Strafsenats des Kammergerichts - nicht. Der Verfolgte hat die Möglichkeit, ein aus etwaigen unlauteren Vernehmungsmethoden resultierendes Verwertungsverbot in Bezug auf sein eigenes Geständnis sowie auf ihn belastende Aussagen Dritter im ersuchenden Staat geltend zu machen. Es ist davon auszugehen, dass seitens der spanischen Justiz der Schutz vor einer Verurteilung aufgrund abgenötigter Aussagen gewährleistet ist, so dass der Verfolgte nicht der Gefahr ausgesetzt ist, dass eine solche Aussage rechtsstaatswidrig gegen ihn verwendet wird. 12. Wann soll die Prüfung über eine Auslieferung der beiden an die spanischen und französischen Behörden durch die Staatsanwaltschaft abgeschlossen sein? Zu 12.: Ein konkretes Datum für den Abschluss der beiden Auslieferungsverfahren lässt sich derzeit nicht benennen. Berlin, den 11. Dezember 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-12826 S18-12826