Drucksache 18 / 12 847 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 28. November 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Dezember 2017) zum Thema: Unklare Vorgaben für EU-weite Vergabeverfahren – Kommt der Senat seiner Gesamtstädtischen Steuerungsaufgabe nach? und Antwort vom 18. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Dr. Kristin Brinker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 12847 vom 28. November 2017 über Unklare Vorgaben für EU-weite Vergabeverfahren – Kommt der Senat seiner Gesamtstädtischen Steuerungsaufgabe nach? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 15.03.2012 mit Aktenzeichen C-574/10 sollen sämtliche Planungsleistungen eines Bauvorhabens für die Bestimmung des Auftragswertes zusammengerechnet werden. 1 Das Oberlandesgericht München schloss sich mit Urteil vom 13.03.2017 der Lesart der EU-Kommission und des EuGHs an. 2 Frage 1: Wie haben der Senat und die Bezirke darauf reagiert? Frage 2: Wurde dieses Thema im Senat oder den Bezirken thematisiert? Frage 3: Welche Rechtsauffassung vertritt der Senat? Frage 4: Gibt es in Berlin konkrete Handlungsanweisungen und/ oder -empfehlungen zu dieser Vergabe-Problematik bzw. zu der besagten EUGH/ OLG-Rechtsprechung, z.B. in Form eines HTR oder Anpassungen der deutschen gesetzlichen Grundlagen 3 ? 1 Vgl. dejure.org, EuGH, 15.03.2012 - C-574/10; unter https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EuGH&Datum=15.03.2012&Aktenzeichen=C-574/10 2 Vgl. dejure.org, OLG München, 13.03.2017 - Verg 15/16; unter https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OLG%20M%FCnchen&Datum=13.03.2017&Akte nzeichen=Verg% 2015%2F16 3 Vgl. TU-Berlin, Der Weg und das Verfahren bei Beschaffungen in der TU Berlin, Kapitel „Gesetzliche Grundlagen“ S.1; https://www.haushalt.tuberlin .de/fileadmin/abt3/IVH/E_Vergabe/Vordrucke/Der_Weg_einer_Beschaffung_Stand_Mai_2017.pdf 2 Frage 5: Wenn ja, welche Handlungsempfehlungen gibt der Senat entsprechend an die Senats- und Bezirksverwaltungen sowie die Öffentlichen Anstalten und Beteiligungsunternehmen? Antwort zu 1-5: Die bisherige Praxis, die verschiedenen Leistungsbilder der HOAI als vergaberechtlich unterschiedliche Leistungen einzustufen und deswegen bei der Auftragswertberechnung nicht zu addieren, war schon vor der Entscheidung des OLG München europarechtlich umstritten. Auch das vom OLG herangezogene Urteil des EuGH C-574/10 vom 15. März 2012 macht deutlich, dass für die Ermittlung des Auftragswerts bei Planungsleistungen deren funktionaler Zusammenhang zu berücksichtigen wäre. Mit Umsetzung der EU-Vergabe-Richtlinien im Rahmen der Vergabe-Novelle im April 2016 wurden das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB und die Vergabeverordnung VgV auf nationaler Ebene novelliert. In § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV wurde verankert, dass ausschließlich die Auftragswerte „gleichartiger“ Planungsleistungen zusammenzurechnen sind. Bis Ende des Jahres 2016 wurden die notwendigen Änderungen in der Verwaltungsvorschrift „Anweisung Bau (ABau): Allgemeine Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Baumaßnahmen des Landes Berlin“ vorgenommen. Die Verwaltungsvorschrift ABau gilt für alle Baudienststellen der unmittelbaren Landesverwaltung: hierzu gehören die Hauptverwaltung mit den ihr nachgeordneten Behörden / Sonderbehörden / nicht rechtsfähigen Anstalten und die Bezirke. Trotz der eindeutigen Vorschrift in der Vergabeverordnung VgV (siehe oben), wurde die ABau-Richtlinie IV 140 mit einem dringlichen Hinweis versehen: Es wird empfohlen, bei Baumaßnahmen mit EU-Fördermitteln eine Addition aller funktional abhängigen Planungsleistungen vorzunehmen, um das Rückfordern von europäischen Fördergeldern zu vermeiden. Per ABau-Newsletter vom 07.09.2017 wurde diese Empfehlung auf Baumaßnahmen anderer Fördermittelgeber erweitert, sofern diese entsprechende Klauseln in ihren Förderrichtlinien oder -bedingungen verankert haben. Frage 6: Welche Auswirkungen hatte bzw. hat die besagte Rechtsprechung auf die Notwendigkeit und das Ausmaß von externer Rechtsberatung? Antwort zu 6: Durch die rechtzeitige Bereitstellung qualifizierter Handlungsempfehlungen in der ABau- Richtlinie IV 140 wurde Rechtsunsicherheit vermieden. Ein erhöhter Bedarf an externer Rechtsberatung wurde nicht gemeldet und ist somit nicht bekannt. Frage 7: Wie viele Vergaben gab es in den letzten zwei Jahren, die ohne diese Rechtsprechung nicht Europaweit ausgeschrieben worden wären bzw. die Frage der Europaweiten Vergabe nicht strittig gewesen wäre? 3 Antwort zu 7: Auf Grundlage von § 8 Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) sind derzeit – bis zur Sicherstellung der Voraussetzungen für eine elektronische Datenübermittlung – lediglich Anzahl und Wert von den Aufträgen an das Bundesministerium für Wirtschaft zu übermitteln, die europaweit ausgeschrieben wurden. Für Aufträge, die nicht europaweit ausgeschrieben werden, besteht diese Verpflichtung gemäß VergStatVO bisher nicht. Berlin, den 18.12.17 In Vertretung Regula Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-12847 S18-12847 S18-12847