Drucksache 18 / 12 887 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 06. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2017) zum Thema: Heimaufsicht Teil 2 und Antwort vom 20. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12887 vom 06. Dezember über Heimaufsicht Teil 2 ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die nachfolgenden Antworten erfolgen in Abstimmung mit dem für die Durchführung des Wohnteilhabegesetzes (WTG) zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo). 1. Was hat der Senat bisher konkret unternommen, um die im Bericht des Landesrechnungshofes dargestellten Mängel zu beheben? Was soll dazu bis wann unternommen werden, und welche Zielvorgaben sollen damit jeweils erreicht werden? Zu 1.: Der Senat hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um im Jahresbericht 2017 des Rechnungshofes von Berlin aufgeführte Kritikpunkte bzw. Mängel zu beheben. Da ein wesentlicher Teil der Kritikpunkte bzw. Mängel bereits in den Fragen 2. bis 8 aufgeführt ist, beschränkt sich die weiterführende Antwort zu 1. nur auf darüber hinausgehende Punkte. a) Überbelegung in Tagespflegeeinrichtungen Der Rechnungshof von Berlin (RH) hat beanstandet, dass es in Tagespflegeeinrichtungen (TAP) zu Überbelegungen gekommen und die Heimaufsicht untätig geblieben sei. Der RH erwartet, dass die Heimaufsicht Hinweisen auf Überbelegungen in Tagespflegeeinrichtungen künftig nachgeht. - 2 - 2 Hierzu ist anzumerken, dass die Feststellungen des Rechnungshofes zu den Überbelegungen lediglich in einem Fall zutreffend waren. In diesem Fall hatte die Heimaufsicht die Hinweise des MDK versehentlich übersehen, wonach sich an einigen Tagen mehr Gäste in einer TAP aufhielten als nach den vertraglichen Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) vorgesehen. Die Beanstandungen des RH zu etwaigen Überbelegungen in TAP wurden von der Heimaufsicht zum Anlass genommen, unangemeldete Regelprüfungen in allen Tagespflegeeinrichtungen vorzunehmen. Die vom RH behauptete regelmäßig auftretende Überbelegung in TAP hat sich dabei nicht bestätigt. Ein generelles Defizit bei der Überwachung eventueller Überbelegungen in TAP ist nicht gegeben. Dieser Kritikpunkt wird somit als erledigt angesehen. b) Tätigkeitsberichte der Heimaufsicht nach dem Wohnteilhabegesetz (WTG) Der Rechnungshof von Berlin hat die fehlende Veröffentlichung von Tätigkeitsberichten beanstandet. Er erwartet, dass die Heimaufsicht jährlich einen Tätigkeitsbericht veröffentlicht . Die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts 2016 auf der Internetseite der Heimaufsicht (Landesamt für Gesundheit und Soziales - LAGeSo) wird noch im Dezember 2017 erfolgen . Ferner ist geplant, den Tätigkeitsbericht 2017 im 1. Halbjahr 2018 zu veröffentlichen. Die Arbeiten hierzu beginnen, sobald der Tätigkeitsbericht 2016 veröffentlicht ist. 2. Wie viel mehr unangemeldete Kontrollen im Vergleich zu den im Landesrechnungshof geschilderten Verhältnissen sollen künftig zusätzlich durchgeführt werden? Ist geplant, dafür zusätzlich Personal einzustellen? Wenn ja, wann, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und welche Ziele sollen damit jeweils erreicht werden ? Zu 2.: Der Senat hatte gegenüber dem RH in Aussicht gestellt, dass es künftig mehr unangemeldete Prüfungen als bisher geben wird. Hier zeigen sich in der Praxis erste Änderungen: Während in 2016 lediglich 30 unangemeldete Prüfungen von der Heimaufsicht durchgeführt wurden (5,62 % sämtlicher Prüfungen), ist die Zahl in 2017 bereits auf 79 gestiegen (Stand: 10.12.2017). Damit wurden in 2017 bereits 16,56 % der Prüfungen unangemeldet durchgeführt. Weitere Steigerungen sind geplant. Dafür müssen noch die zusätzlich geplanten Stellen besetzt werden. 3. Was hat der Senat unternommen, um zu verhindern, dass ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin immer wieder die gleichen Einrichtungen kontrolliert? Zu 3.: Künftig wird eine Rotation von Prüferinnen und Prüfern der Heimaufsicht realisiert. - 3 - 3 4. Der Landesrechnungshof schreibt: "Die Vereinbarungen, die das Land mit den Einrichtungsträgern schließt, sind als Maßstab für die heimaufsichtsrechtliche Überprüfung der Personalausstattung weitgehend ungeeignet,…“ Was hat der Senat unternommen bzw. was will er unternehmen, um diesen Missstand zu beseitigen? 5. Der Landesrechnungshof schreibt: "Das LAGeSo als nachgeordnete Ordnungsbehörde (§ 2 Abs. 3 ASOG) hätte die fachaufsichtführende Senatsverwaltung offiziell und ausdrücklich in Kenntnis setzen müssen , dass ihr somit nicht nur die ordnungsrechtlich gebotene Prüfung zur Gefahrenabwehr nach §§ 17 Abs. 1 i. V. m. 11 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 und 10 WTG, § 8 WTG-PersV im Regelfall unmöglich ist. Das Fehlen geeigneter Prüfungsmaßstäbe hat auch zur Folge, dass die Heimaufsicht keine Ordnungswidrigkeiten- Verfahren einleiten kann wegen des Verstoßes gegen die Pflicht, das vertraglich vorgeschrieben Personal einzusetzen.“ Was hat der Senat unternommen bzw. was will er unternehmen, um diese Missstände zu beseitigen? 6. Der Landesrechnungshof schreibt: "Die fehlende Vergleichbarkeit der jeweiligen Systeme erschwert den korrekten Austausch der prüfungserheblichen Datensätze. Zudem existiert zwischen dem IT-System der Heimaufsicht und der Einrichtungs- und Vertragsdatenbank der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung keine Schnittstelle; ein automatisierter bzw. IT-gestützter Datenabgleich auf Basis identischer Einrichtungskennzahlen ist nicht möglich.“ Was hat der Senat unternommen bzw. was will er unternehmen, um diesen Missstand zu beseitigen? Zu 4., 5. und 6.: Die Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofes berücksichtigen weder den Prozess der Hilfebedarfsfeststellungen noch der Hilfebedarfsdeckung im sog. stationären Bereich der Eingliederungshilfe. Aufgrund der Komplexität dieser ineinander greifenden Systeme werden bundesweit die neuen gesetzlichen Anforderungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) geprüft und in neue Verfahren und Strukturen übertragen. Da es nach den Bestimmungen des BTHG zukünftig keine Differenzierung nach stationär, teilstationär und ambulant mehr geben wird, sind die neuen Strukturen auch danach auszurichten. Die Definition von Personal-Ist zum Personal-Soll wird dabei im Sinne einer vereinfachenden Dokumentation ebenfalls berücksichtigt werden. Zwischenzeitliche Veränderungen der Verfahren oder Strukturen sind aufgrund der Regelungen des § 139 Abs. 3 SGB XII bis zum 31.12.2019 nicht möglich. Die unterschiedlichen IT-Systeme bedürfen in der Folge ebenfalls der Anpassung und werden hinsichtlich ihrer Kompatibilität geprüft. 7. "Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Heimaufsicht keine Arbeitsgemeinschaft für den Bereich Eingliederungshilfe gebildet hat. Damit hat die Heimaufsicht gegen die gesetzliche Regelung des § 28 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 WTG verstoßen.“ Was hat der Senat unternommen bzw. was will er unternehmen, um diesen Missstand zu beseitigen? Zu 7.: Die Heimaufsicht hat im November 2017 Kontakt mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales aufgenommen. Die konstituierende Sitzung soll im Januar 2018 stattfinden . - 4 - 4 8. Der Landesrechnungshof sieht in der selten unangemeldeten Kontrolle der Heimaufsicht einen Verstoß gegen Sozialgesetzbuch XI, § 114a, Abs. 1, Zitat: „Prüfungen in stationären Einrichtungen sind grundsätzlich unangemeldet durchzuführen.“ Welche Folgen hätte ein solcher Verstoß gegen Bundesrecht, wenn die Heimaufsicht Berlin nicht bald zu einem Anteil von unangekündigten Kontrollen kommt, der deutlich über 50 Prozent liegt? Zu 8.: Ein möglicher Verstoß gegen § 114a Abs. 1 Satz 2 SGB XI hätte für die Heimaufsicht in Bezug auf stationäre Pflegeeinrichtungen keinerlei Folgen. Nach der Föderalisierung des Bundesheimrechts ist der Berliner Landesgesetzgeber zuständig für die Regelung des ordnungsrechtlichen Teils des Nachfolgerechtes; er hat davon mit Verabschiedung des Wohnteilhabegesetzes (WTG) im Jahre 2010 Gebrauch gemacht. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für das Handeln der Heimaufsicht ist damit allein das landesordnungsrechtliche WTG. Die Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) wenden sich dagegen an die Pflegekassen als Träger der sozialen Pflegeversicherung und an die Private Pflegeversicherung ; ferner regelt das SGB XI den Aufgabenbereich des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung , die u. a. für die Durchführung der Qualitätsprüfungen nach dem SGB XI verantwortlich sind. Anders als § 114a Abs. 1 Satz 2 SGB XI sieht § 17 Absatz 5 Satz 1 WTG vor, dass Prüfungen jederzeit angemeldet oder unangemeldet durchgeführt werden können. Im Berliner WTG wurde bewusst eine andere Regelung als im SGB XI getroffen, weil der Landesgesetzgeber beiden Prüfformen eine eigenständige Bedeutung beigemessen und daher in Fortführung der Regelungen des alten Heimgesetzes des Bundes unverändert an einem Nebeneinander der beiden Varianten festgehalten hat. Im Übrigen hat der Rechnungshof von Berlin in seinem Jahresbericht der Heimaufsicht keinen Verstoß gegen § 114a Abs. 1 SGB XI vorgeworfen. Der Rechnungshof hatte den Bezug zum SGB XI nur hergestellt, um seiner Forderung nach mehr unangemeldeten Aufsichtsprüfungen nach dem WTG mehr Nachdruck zu verleihen. Berlin, den 20. Dezember 2017 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung S18-12887 S18-12887