Drucksache 18 / 12 962 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD) vom 14. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Dezember 2017) zum Thema: Berlinpass-BuT und Antwort vom 21. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Dez. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Ülker Radziwill (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/12962 vom 14. Dezember 2017 über Berlinpass-BuT ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass Schülerinnen und Schüler, die Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII erhalten, keinen Anspruch auf einen Berlinpass-BuT haben? 3. Sieht der Senat eine Ungerechtigkeit darin, dass jene Schülerinnen und Schüler keine Möglichkeit haben, den Berlinpass-BuT zu bekommen? 4. Sieht der Senat Handlungsbedarf, jenen Schülerinnen und Schülern den Zugang zum Berlinpass-BuT zu ermöglichen? Zu 1., 3. und 4.: Der berlinpass-BuT dient als Berechtigungsnachweis für bestimmte Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT). Schülerinnen und Schüler erhalten mit dem berlinpass -BuT Zuschüsse zum Mittagessen in der Schule, Kostenübernahmen für Schulausflüge und zusätzliche Lernförderung und unter bestimmten Voraussetzungen ein ermäßigtes Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr. Einen Anspruch auf BuT-Leistungen haben Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Familien, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Der Personenkreis der Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) gehört nicht zu den Anspruchsberechtigten auf BuT-Leistungen. Der Bundesgesetzgeber hat in § 10 Abs. 3 und 4 SGB VIII festgelegt, dass Jugendhilfeleistungen einen Vorrang vor Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) oder dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) haben, zu denen auch die Bildungs- und Teilhabeleistungen gehören. - - 2 Die Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der Hilfe zur Erziehung hat primär einen pädagogischen bzw. therapeutischen Auftrag. Bei Leistungen mit stationärer Unterbringung im Rahmen der Jugendhilfe ist der notwendige Unterhaltsbedarf als Annexleistung vom Jugendamt sicherzustellen (§ 39 SGB VIII). Somit wird der Lebensunterhalt einschließlich eventueller Bildungs- und Teilhabeansprüche dem Grunde nach im Rahmen der Leistungssicherstellung durch die Kinder- und Jugendhilfe abgedeckt. Dabei sind zwei Personengruppen zu unterscheiden: Junge Empfängerinnen und Empfänger von stationären Hilfen nach dem SGB VIII (in der Regel jünger als 16) erhalten in Berlin einen sogenannten Naturalunterhalt. Der örtlich zuständige Träger der Jugendhilfe bestreitet den kompletten Unterhalt, das Kind bzw. der Jugendliche erhält ein Taschengeld zur freien Verfügung. Die Einrichtungsträger erhalten dabei Entgelte, in denen auch regelmäßig wiederkehrende Bedarfe über einen Nebenkostenkatalog enthalten sind (vgl. Berliner Rahmenvertrag für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe nebst Anlage F – Nebenkostenkatalog). Aus den Entgelten sind die betreuten Kinder und Jugendlichen bedarfsgerecht zu unterstützen. Bei Bedarf können die Jugendämter im Rahmen der Hilfeplanung bei den im Nebenkostenkatalog aufgeführten Leistungen über den vorgegebenen Rahmen hinaus unter Ausübung ihres Ermessens Bewilligungen erteilen. Zudem sind Leistungen, die nicht im Nebenkostenkatalog aufgeführt sind, zulässig. Alle Leistungen des berlinpass-BuT sind damit auch auf diesem Wege abgedeckt. Davon zu unterscheiden sind die jungen Menschen (in der Regel ab 16 Jahren), bei denen der Unterhalt durch die Gewährung von Jugendhilfeunterhalt als Barleistung sichergestellt wird. Der gewährte Unterhaltsbetrag orientiert sich am Regelsatz eines Haushaltsvorstandes nach SGB II/ SGB XII (im Jahr 2017: 409 € monatlich). Mit diesen Mitteln sowie ggf. durch Kostenübernahme des Jugendamtes im Einzelfall (z. B. bei Lernförderung) sind auch Bildungs- und Teilhabebedarfe gedeckt. Die Leistungen auf Grundlage des Berliner Rahmenvertrages für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe sind als gleichwertig und höher zu bewerten . Da keine Schlechterstellung der in Jugendhilfeeinrichtungen untergebrachten jungen Menschen festgestellt werden kann, wird kein Handlungsbedarf für die Änderung des bisherigen Verfahrens gesehen. Die Gewährung der Leistungen zusätzlich über BuT würde eine Doppelfinanzierung darstellen, die nicht zulässig wäre. Es besteht somit kein Anspruch und auch keine Notwendigkeit für die Erteilung eines berlinpass-BuT für den genannten Personenkreis. 2. Liegen dem Senat Kenntnisse darüber vor, dass jenen Schülerinnen und Schülern, die davon betroffen sind, teilweise von ihren Trägern der Kinder- und Jugendhilfe keine ausreichenden Gelder für ein Schulessen oder Zuschüsse zu Theater- oder Kinobesuchen erhalten? Zu 2.: Es liegen dem Berliner Senat keine Erkenntnisse von Betroffenen vor. Interessenvertretungen haben im Einzelfall beklagt, dass das gemeinsame Schulessen nicht ausreichend finanziert sei. Hier ist, wie oben beschrieben, zu differenzieren. Bei jungen Menschen mit Naturalunterhalt werden die Kosten für die Teilnahme an der gemeinsamen Schulverpflegung durch die Hilfe erbringenden Träger getragen. Dies ist den Trägern bekannt. - - 3 Junge Menschen, deren Unterhalt durch die Gewährung von Jugendhilfeunterhalt sichergestellt wird, entscheiden als Selbstzahler in eigener Verantwortung, ob sie am Schulessen teilnehmen. Die Essensversorgung ist im Jugendhilfeunterhalt berücksichtigt. Sie sind auch im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern mit einem berlinpass-BuT nicht benachteiligt . So betragen die Kosten des Schulessens im Höchstfall aktuell 3,25 € pro Mahlzeit, im Monat rd. 65 €. Der Eigenanteil für Inhaber eines berlinpass-BuT beträgt etwa 20 € im Monat, die Differenz somit rd. 45 €. Dieser (Mehr-)Aufwand ist aus dem Jugendhilfeunterhalt zu tragen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Empfängerinnen und Empfänger von Jugendhilfeunterhalt im Vergleich zu gleichaltrigen Leistungsbezieherinnen und Leistungsbeziehern in familiärer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II einen deutlich höheren Unterhalt bekommen (SGB II: Regelsatz 2017 im Alter 15 bis unter 18 Jahre = 311 €, ab 18 Jahre = 327 €, Jugendhilfeunterhalt = 409 €). Aus der Differenz des höheren Unterhalts in Höhe von 98 € bzw. 82 € lässt sich der rechnerische Mehraufwand der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Höhe von rd. 45 € tragen. Für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ist der Tatbestand der Hilfebedürftigkeit nicht erfüllt, da die betreffenden Personen entstehende Mehraufwendungen durch die Höhe des Jugendhilfeunterhalts selbst decken können. Bei den in stationärer Jugendhilfe betreuten Kindern und Jugendlichen sind individuelle Theater- und Kinobesuche aus dem Taschengeld bzw. dem Jugendhilfeunterhalt zu bestreiten . Sofern es sich dabei um Schulausflüge handelt, tragen die Leistung erbringenden Träger dies aus dem Entgelt. Bei den betreuten jungen Menschen, die Jugendhilfeunterhalt beziehen, sind Schulausflüge auf Antrag vom Jugendamt zu tragen. Auch für Inhaber des berlinpass-BuT sind Theater- und Kinobesuche im Rahmen der BuT-Leistungen nicht förderfähig, sofern es sich nicht um Schulausflüge handelt. Darüber hinaus sind oftmals bei Vorlage des Schülerausweises I bzw. II Ermäßigungen bei Eintrittsgeldern möglich. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat die bezirklichen Jugendämter bezüglich der Kostenübernahme von Bedarfen für Bildung und Teilhabe für den Personenkreis der Leistungsempfänger nach SGB VIII zuletzt im Oktober 2017 informiert. Berlin, den 21. Dezember 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-12962 S18-12962