Drucksache 18 / 13 019 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Kössler (GRÜNE) vom 20. Dezember 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Januar 2018) zum Thema: Nutzung von Abwasserwärme und Antwort vom 19. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Jan. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Georg Kössler (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13019 vom 20.Dezember 2017 über Nutzung von Abwasserwärme Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Beantwortung der Anfrage ist in enger Vernetzung mit der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/12620 vom 1.11.2017 über Dezentrales Energie- und Wasserrecycling in Berlin zu sehen. Ziel der Planung ist es, im Rahmen der Erstellung von ökologischen Gesamtkonzepten für Projekte die Wärmerückgewinnung z.B. aus dem Abluftstrom und/oder aus dem Abwasser als Energiequelle zu untersuchen. Die Wärme kann für die Raumheizung und zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Die einzelnen Praxisbeispiele unterscheiden sich hinsichtlich der Lokalisierung der Abwärmenutzung. Beispiele aus dem Abwasser: Dezentral: im Gebäude, in welchem das Abwasser anfällt Semizentral: im Abwasserkanal Zentral: im Klärwerk Frage 1: Hat der Senat Kenntnis darüber, in welchem Umfang Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus Abwasser in Neubauten (errichtet in den letzten fünf Jahren) installiert wurden? Antwort zu 1: Siehe hierzu auch Schriftliche Anfrage Nr. 18/12620 vom 1.11.2017. Im Umweltentlastungsprogramm II (UEP II), einem Umweltförderprogramm Berlins im Rahmen der EFRE-Strukturfondsförderung 2007-2015, wurden zwei Vorhaben mit Maßnahmen zur Abwasserwärmenutzung gefördert und erfolgreich realisiert. 2 1) Vorhaben „Abwasserwärmerückgewinnungsanlage für die Sporthalle (Neubau) und Jugendfreizeiteinrichtung (Altbau) in der Oderstraße“, Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg von Berlin. (Siehe auch unten stehende Tabelle der BWB). 2) Vorhaben „Errichtung einer Anlage zur Abwasserwärmenutzung für die Schwimmhalle am Sachsendamm“, Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin. Eine Übersicht zu Wärme-aus-Abwasser-Anlagen (WAA) der Berliner Wasserbetriebe bietet die folgende Tabelle. Zusätzlich zum Errichtungsjahr ist auch die prozentuelle Abdeckung des Gesamtheizenergiebedarfs der Gebäude durch die Wärmegewinnung aus Abwasser angegeben (sofern bekannt). (Siehe auch unten stehende Tabelle der BWB). Projektbezeichnung Errichtungsjah r Abdeckung Heizenergiebedarf in % Projekte im Betrieb WAA Schwimmhalle Sachsendamm 2012 100 (Beckenwassererwärmung) WAA IKEA Lichtenberg 2010 100 WAA Hellweg Baumarkt 2014 100 WAA Pumpwerk Schenkendorf des Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverband 2011 nicht bekannt WAA Sporthalle Oderstraße 2011 nicht bekannt WAA Vattenfall Pilotanlage Baerwaldstraße 2006 nicht bekannt WAA BMU Stresemannstraße 2011/2012 nicht bekannt WAA Erbverein Moabit Dorotheastraße 2015 100 WAA Flexim GmbH Boxbergerstraße 2014 100 Projekte in Planung WAA Abwasserpumpwerk Rudolfstraße 2013 Nutzung für Museumsbau geplant, derzeit noch nicht in Betrieb WAA Tempelhofer Damm 2022 WAA Buckower Felder 2020 WAA Alte Post, Spandauer Ufer 2019 WAA Koppenstraße 2018 WAA Grüne Aue 2018 Frage 2: Hat der Senat Kenntnis darüber, wie viel Prozent des Berliner Gebäudebestands über Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus Abwasser verfügen? Antwort zu 2: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 3 Frage 3: Hat der Senat Kenntnis darüber, wie viel Prozent ihres Wärmebedarfs die Berliner Gebäude, die über eine Wärmerückgewinnung aus Abwasser verfügen damit decken können? Antwort zu 3: - Vorhaben „Abwasserwärmerückgewinnungsanlage für die Sporthalle (Neubau) und Jugendfreizeiteinrichtung (Altbau) in der Oderstraße“, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin. Mit Hilfe der Maßnahme werden durchschnittlich ca. 30 % des Wärmebedarfs eingespart. - Vorhaben „Errichtung einer Anlage zur Abwasserwärmenutzung für die Schwimmhalle am Sachsendamm“, Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin Mit Hilfe der Maßnahme werden durchschnittlich ca. 65 % des Wärmebedarfs eingespart. Ansonsten wird auf die Antwort zu 1 verwiesen.. Frage 4: Welche Bedeutung haben Technologien zur Wärmerückgewinnung aus Abwasser bei der Erschließung neuer Stadtquartiere? Wird ihr Einbau gefordert und wenn nein, warum nicht? Antwort zu 4: Die Möglichkeit der Wärmerückgewinnung aus Abwasser soll im Rahmen der Erstellung Ökologischer Gesamtkonzepte geprüft werden. Ob die neuen Stadtquartiere hierfür die Schwerpunkte der Umsetzung sind, muss entsprechend der örtlichen Gegebenheiten / Rahmenbedingungen geprüft und bewertet werden. Dezentral: im Gebäude in welchem das Abwasser anfällt Die Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt energetische Anforderungen an Gebäude vor, die vom Bauherren einzuhalten sind. Der Bauherr kann geeignete Maßnahmen zur Verfolgung der Einsparziele der EnEV für das jeweilige Vorhaben selbst bestimmen. Für eine Verpflichtung explizit zur Anwendung eines Wärmeübertragers im Gebäude, um dem Abwasser Wärme zu entziehen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Semizentral: im Abwasserkanal Die Abwasserwärmenutzung stellt eine zukunftsfähige und nachhaltige energetische Quartierslösung mit großem Stellenwert als Ersatzmaßnahme im Sinne des EEWärmeG dar. Daher wird für jedes neue Stadtquartier in einem Energiekonzept geprüft, ob die Nutzung von Abwasserwärme technisch und stadtwirtschaftlich möglicht ist. Beispielsweise wird beim Projekt Buckower Felder (einem der neuen Stadtquartiere) durch die Stadt und Land eine Wärmeversorgung aus semizentraler Abwasserwärmenutzung (Kanal im Buckower Damm) bewusst ermöglicht. Zentral: im Klärwerk Für eine energetische Quartierslösung spielt die Abwasserwärmenutzung aus dem Klärwerk für neue Stadtquartiere in der Regel eine untergeordnete Rolle, da die Abwasserwärme am Standort der Gewinnung eingesetzt werden muss, um Effizienzanforderungen zu genügen. 4 Die Berliner Wasserbetriebe haben das Geschäftsfeld zur Nutzung von Wärme aus Abwasser professionell und kontinuierlich innerhalb der letzten sechs Jahre ausgebaut. Die BWB können Anfragen zu Standortnutzung im ersten Prüfungsschritt zeitnah beantworten. Weitere Prüfungen finden dann bei Eignung kurzfristig statt. Ausführliche Informationen hierzu können auch im Internet auf der Homepage der BWB unter: http://www.bwb.de/content/language1/html/14317.php eingesehen werden. In Berlin ist eine Bekanntheit zur Nutzung von Wärme aus Abwasser vorhanden. Energieberatungsbüros im Auftrag von Investoren und Energie-Kontraktoren, wie z.B. Vattenfall, E.ON, GETEC, BTB und die Berliner Stadtwerke, kommen von selbst mit Projektprüfungsanfragen auf die BWB zu. Zudem treten über die Umweltbeauftragten der Bezirke und des Senats Firmen, wie z.B. die Tempelhof Projekt GmbH als öffentliche Partner zu neuen Bauvorhaben in der Stadt an die BWB heran. Die Tempelhof Projekt GmbH verfügt über eine Kooperationsvereinbarung mit den BWB zur Nutzung der Abwasserwärme aus der Abwasserdruckleitung (ADL) am Tempelhofer Damm für das Flughafengebäude. Der vorgesehene Start der Baumaßnahme zur Erneuerung der ADL für diese semizentrale, im Abwasserkanal gelegene, Maßnahme liegt in 2021.“ Abwasserwärme ist eine regenerative Energiequelle. Ihre Nutzung ist nachhaltig, ressourcenschonend und umweltfreundlich. Sie kann durch den Einsatz von Wärmepumpen nutzbar gemacht werden, um auf diese Weise Primärenergie bei der Wärmebereitstellung einzusparen. Die Eignung eines Standortes für Abwasserwärmenutzung muss in jedem Einzelfall im Rahmen der technischen Varianten untersucht werden. Kriterien sind dabei die Lage des neuen Stadtquartiers zum Abwasserkanal, die Menge und das Temperaturniveau der verfügbaren Abwasserwärme, der Wärmebedarf des Quartiers bzw. der Gebäude u.a. Eine verbindliche Vorgabe zur Verwendung ist nicht zweckmäßig. Frage 5: Plant der Senat eine Förderung des Baus von Anlagen zur Rückgewinnung von Abwasserwärme im Neubau? Wenn ja, in welcher Form und Höhe? Wenn nein, wie stellt er den vermehrten Einsatz dieser Technologie dann sicher? Antwort zu 5: Interessenten an Abwasserwärmenutzung können sich um eine Förderung im Rahmen des Marktanreizprogramm (MAP) des Bundes oder des im Rahmen von EFRE geförderten Berliner Programms für Nachhaltige Entwicklung (BENE) der SenUVK bewerben. Außerdem gibt es Möglichkeiten, energieeffiziente Gebäude im Rahmen der KfW-Förderung des Bundes zu unterstützen (KfW-Effizienzhäuser), die die Möglichkeit der Abwasserwärmenutzung mit einschließen. Darüber hinausgehende Landesförderungen werden nicht für erforderlich gehalten. Frage 6: Für welche öffentlichen Gebäude und Infrastrukturen plant der Senat in dieser Legislatur den Einbau von Anlagen zur Rückgewinnung von Abwasserwärme? Wo hat der Einbau bereits stattgefunden? 5 Antwort zu 6: Siehe auch Beantwortung der Fragen 1 und 4. Im Rahmen der Nachnutzungsplanung für den Flughafen Tegel wurde für die Urban Tech Republic ein Energiekonzept entwickelt, welches auch auf das geplante Wohnquartier ausgedehnt wurde. Das Konzept beinhaltet eine Niedrigenergieversorgung, die neben vielen Komponenten (z.B. Einspeisung von Prozessabwärme) auch die Nutzung von Abwasserwärme umfasst. Berlin, den 19.01.18 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-13019 S18-13019