Drucksache 18 / 13 093 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 10. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Januar 2018) zum Thema: Städteagenda für die Europäische Union (III) – Integration von Migranten und Flüchtlingen und Antwort vom 25. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Jan. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Stefan Evers (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13093 vom 10.01.18 über Städteagenda für die Europäische Union (III) - Integration von Migranten und Flüchtlingen ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Themen werden von der Partnerschaft „Integration von Migranten und Flüchtlingen“ bearbeitet und wie gestaltet sich der weitere Arbeitsplan bis Ende des Jahres? Zu 1.: Im Juni 2016 hat der Rat der Europäischen Union unter niederländischer Ratspräsidentschaft die „Städteagenda für die EU“ verabschiedet. Grundlage für die EU-Städteagenda ist der „Pakt von Amsterdam“, auf den sich im Mai 2016 die 28 Mitgliedstaaten, EU-Institutionen und Städteverbände nach einem mehrjährigen Diskussionsprozess geeinigt haben. Ziel der EU-Städteagenda ist es, die städtische Dimension sowie den integrierten Ansatz in den EU-Politiken zu stärken. Mit diesem Ziel führt die EU-Städteagenda ein neues Governance-Modell in die europäische Politik ein. Erstmalig arbeiten EU- Institutionen (Europäische Kommission / KOM), Ausschuss der Regionen (AdR), Europäische Investitionsbank (EIB), Mitgliedstaaten, vertreten durch ihre nationalen Ministerien, Städte und Zivilgesellschaft gleichberechtigt zusammen. Unter dem Dach der EU-Städteagenda wurden zwölf Schwerpunktthemen definiert. Zu jedem Schwerpunktthema haben sich Arbeitsgruppen („Partnerschaften“) bestehend aus 15-20 Akteuren gebildet. Die Senatsverwaltungen für Integration, Arbeit und Soziales und für Kultur und Europa sind in der Partnerschaft für Inklusion von Migranten und Flüchtlinge engagiert. 2 Die Partnerschaft „Inklusion von Migranten und Flüchtlingen“ bearbeitet die folgenden vier Themenbereiche: - Die Einbeziehung von kommunalen Akteuren in Prozesse der Aufnahme von Geflüchteten und Migranten, - Unterbringung von Geflüchteten, - Zugang zum Arbeitsmarkt, - Bildung, Aus- und Weiterbildung für Kinder und Jugendliche. Als Querschnittsthema beschäftigt sich die Partnerschaft mit der Situation besonders schutzbedürftiger Gruppen wie Kinder, Frauen, Alte, Behinderte und Kranke sowie lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/transgender und intersexuelle Flüchtlinge. Im Prozess der Erarbeitung des Aktionsplans, der im November 2017 verabschiedet wurde, einigte man sich auf acht Maßnahmen, die sich den Oberzielen der gesamten Urbanen Agenda - bessere Rechtsetzung, bessere Finanzierung und besserer Wissenstransfer - zuordnen lassen: Bessere Rechtsetzung: 1. Erarbeitung von Empfehlungen zum Reformpaket des Gemeinsamen Asylsystems der EU (Fokus auf unbegleitete Minderjährige); 2. Entwicklung von Maßnahmen gegen Ausgrenzung von Kindern mit Migrationshintergrund in der Bildung. Bessere Finanzierung: 3. Einrichtung von kreditbasierten Finanzierungsinstrumenten für Städte und kleine und mittlere Unternehmen (KMU); 4. Stärkung der Rolle von Mikrofinanzierung, z. B. durch Kredite; 5. Verbesserung des Zugangs der Städte zu EU-Integrationsfördermitteln. Besserer Wissenstransfer: 6. Gründung einer „Urban Academy“ zu Integrationsstrategien; 7. Einrichtung eines Europäischen Beirats für Integrationsfragen; 8. Auf dem Weg zu einer stärker evidenzbasierten Integrationspolitik in den Städten: Festlegung der Agenda, Erforschung vergleichbarer Indikatoren und Entwicklung eines Instrumentariums für den Transfer bewährter Verfahren. Die Partnerschaft plant 2018 vier weitere Treffen, in denen die genannten Maßnahmen weiter verfolgt werden. 2. In welcher Weise bringt sich Berlin in die Arbeit der Partnerschaft ein, wie gestaltet sich insbesondere die Mitgliedschaft Berlins in der Partnerschaft und welche Aktivitäten hat der Senat in diesem Zusammenhang ergriffen? Zu 2.: Im Februar 2017 richtete Berlin im Rahmen der Partnerschaft eine Konferenz zum Thema Arbeit und Bildung in Berlin aus. Die Senatsverwaltungen für Integration, Arbeit und Soziales und für Kultur und Europa arbeiten an der Umsetzung der Maßnahmen der Partnerschaft mit. Berlin hat im Mai 2017 gemeinsam mit 10 Expertinnen und Experten mit Migrationshintergrund aus Berlin an der Konferenz zur Inklusion von Migranten und Flüchtlingen zum Thema Partizipation in Amsterdam teilgenommen, auf dem der Entwurf eines Aktionsplans zur Diskussion gestellt wurde. 3 3. Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt der Senat im Rahmen seines Engagements für die Partnerschaft? Zu 3.: Der Senat ist insbesondere bei Maßnahme 1 (Erarbeitung von Empfehlungen zum Reformpaket des Gemeinsamen Asylsystems der EU (Fokus auf unbegleitete Minderjährige)) und Maßnahme 7 (Einrichtung eines Europäischen Beirats für Integrationsfragen) beteiligt. 4. Wo sieht der Senat Änderungsbedarf hinsichtlich europäischer Rechtsetzung beim Thema „Integration von Migranten und Flüchtlingen“? Zu 4.: Der Senat unterstützt die Bestrebungen der EU, mit dem „Aktionsplan für die Integration von Drittstaatsangehörigen“ (Europäische Kommission 2016, 377) die Mitgliedstaaten aufzufordern und dabei unter anderem durch die EU-Förderpolitik zu unterstützen, Maßnahmen in den wesentlichen Bereichen der Integrationspolitik durchzuführen. Die Zuständigkeit für die Integrationspolitik von Drittstaatsangehörigen und damit auch für die entsprechende Rechtssetzung liegt in erster Linie bei den Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission nimmt ihre Aufgabe der Förderung, Anregung und Koordinierung politischer Maßnahmen diesbezüglich wahr. Im Bereich der EU-Flüchtlingspolitik liegen mit den Reformbestrebungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, insbesondere zur Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie Vorschläge vor, die weitgehende Auswirkungen auf die Integration von Geflüchteten in den Mitgliedstaaten haben würden. Der Senat begleitet die Reformbestrebungen kritisch und setzt sich dafür ein, dass bestehende Rechte nicht eingeschränkt und die Grundrechte für Geflüchtete in allen EU-Mitgliedstaaten abgesichert werden. 5. Wo sieht der Senat Veränderungsbedarf hinsichtlich europäischer Förderkulissen beim Thema „Integration von Migranten und Flüchtlingen“? Zu 5.: Die EU sollte ermuntert werden, ihr integrationspolitisches Engagement für Migrantinnen und Migranten (einschließlich Geflüchtete) substantiell zu erhöhen. Der Senat hat ein großes Interesse daran, integrationspolitische Projekte durch das Einwerben von EU-Mitteln zusätzlich zu unterstützen. Genutzt werden neben den großen Strukturfonds Europäischer Sozialfonds (ESF) und Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) insbesondere der Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) und der einschlägige Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF). Die Mittelausstattung des EHAP und des AMIF ist allerdings begrenzt und dient in der Regel der Kofinanzierung von Maßnahmen mit dem Senat bzw. mit Bezirken. ESF und EFRE sind nur in begrenztem Umfang für integrationspolitische Projekte nutzbar. Ein besonderes Problem ergibt sich daraus, dass Letztbegünstigte des AMIF nur Drittstaatsangehörige nicht aber auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sein dürfen. Manche flüchtlingspolitische sowie viele Migrantenorganisationen haben Schwierigkeiten, die Projektgröße (teilweise besteht eine jährliche Mindestantragssumme von 100.0000 €), die anspruchsvolle Mittelbewirtschaftung und das kleinteilige Berichtswesen zu gewährleisten. Daher fördert der Senat ein 4 entsprechendes Qualifizierungsprojekt, welches von Migrantenorganisationen durchgeführt wird: Interkulturelles Kompetenzzentrum für Migrantenorganisationen Berlin (IKMO) http://www.via-in-berlin.de/projekte/projekt-ikmo/. Probleme, die erforderlichen Kofinanzierungsanteile beim AMIF aufzubringen, konnten durch landeseitige Unterstützung weitgehend gelöst werden. Da im AMIF-Förderjahr 2017/2018 bundesweit ca. 32 Mio. € für Projekte in den spezifischen Zielen Asyl, Integration / legale Zuwanderung und Rückkehr zur Verfügung stehen und eine Zunahme von Berliner Projektanträgen im Vergleich zu den Vorjahren auf Grund des starken Anstiegs der Zahl von Geflüchteten erfolgt ist, wurden im Doppelhaushalt 2018 / 2019 im Kapitel 1120 - Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales - Beauftragter für Integration und Migration – Titel 68410 Mittel i.H.v. 458 T € im HHJ 2018 und 466 T € im HHJ 2019 für die AMIF-Kofinanzierung veranschlagt. 6. Welche weiteren Verbesserungen oder zusätzliche Unterstützung durch die Europäische Union und ihre Institutionen hält der Senat darüber hinaus bei diesem Thema im Rahmen eines späteren Aktionsprogramms für erstrebenswert? Zu 6.: Nach Einschätzung des Senats bringt sich die Europäische Kommission bereits aktuell in die Partnerschaft ein. Vertreterinnen und Vertreter der Generaldirektion Migration und Inneres, der Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung und der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration arbeiten konstruktiv mit den anderen Mitgliedern der Partnerschaft zusammen. Zwar sind die Aktionspläne der Urbanen Partnerschaft nicht verbindlich – die Kommission hat allerdings ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, auf der Grundlage der Maßnahmen der Aktionspläne neue Rechtsetzungsinitiativen zu erwägen und sie zur Konzeption von Förderprogrammen zu nutzen. 7. Welche Aktionen könnten und sollten die Partner nach der Auffassung des Senats aufgrund eigener Kompetenzen bzw. in eigener Regie umsetzen? Zu 7.: Die einzelnen Partner (Mitgliedstaaten, Länder, Städte) werden die im Rahmen des Aktionsplans festgelegten Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen umsetzen. Ob es darüber hinaus zur Umsetzung weiterer, mit den Aktionen der Partnerschaft zusammenhängender Maßnahmen kommt, wird sich nach Abschluss der Partnerschaft zeigen. Berlin, den 25. Januar 2018 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-13093 S18-13093