Drucksache 18 / 13 126 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hakan Taş und Niklas Schrader (LINKE) vom 12. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Januar 2018) zum Thema: Angriffe auf Parteibüros und ihre Dokumentation im Jahr 2017 und Antwort vom 24. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Jan. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) und Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13126 vom 12. Januar 2018 über Angriffe auf Parteibüros und ihre Dokumentation im Jahr 2017 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Straftaten auf und im Zusammenhang mit Partei- und Abgeordnetenbüros wurden im Jahr 2017 gezählt und um welche Fälle handelt es sich hierbei im Einzelnen? (bitte aufschlüsseln nach Verwaltungsbezirk, Tatort, Datum, Uhrzeit, Straftatbestand, Tatmotiv, Tathergang, betroffene Partei, Anzahl der Geschädigten, Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen)? Zu 1.: Grundlage für die Beantwortung der Anfrage bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fallzahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Abschluss der Ermittlungen - gegebenenfalls bis zum rechtskräftigen Gerichtsurteil - einer Bewertung gemäß der angenommenen Tatmotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Es werden nur die Fälle gezählt, die gemäß den bundesweit verbindlichen Verfahrensregeln zur Erhebung von Fallzahlen im Rahmen des KPMD-PMK für Berlin statistisch zu zählen sind. Als Abfrageparameter wurden bei der Recherche im KPMD-PMK diejenigen Sachverhalte der PMK zugrunde gelegt, denen das Unterthema „gegen Parteieinrichtungen/-repräsentanten“ zugeordnet wurde. Eine detaillierte Erfassung, ob es sich um ein Partei- oder Abgeordnetenbüro handelt, erfolgt im KPMD-PMK nicht. Einziges Unterscheidungskriterium ist die geschädigte Partei. Zur Beantwortung der Anfrage wurden die Daten aus dem Zeitraum Januar bis Dezember 2017 (Tag der Erhebung: 16. Januar 2018) aller Phänomenbereiche zugrunde gelegt. Für das Jahr 2017 sind noch nicht alle relevanten Straftaten im Rahmen des KPMD- PMK erfasst und bewertet worden, da der bundesweit verbindliche Statistikschluss erst am 31. Januar 2018 erreicht sein wird. Aus diesem Grund liegen noch keine endgültigen Fallzahlen vor. Bislang wurden 14 Fälle im Zusammenhang mit Parteigebäuden für 2017 registriert. Diese sind nachfolgend aufgeführt, die Sortierung erfolgt nach Tatzeit. Tatverdächtige wurden bisher in keinem Fall ermittelt. Die Legende für die Abkürzungen in der Spalte „Thema“ befindet sich darunter. Zähldelikt Phänomen Tatzeit Sachverhalt Straße Ortsteil Partei Thema Presse § 303 StGB PMK - links 24.02.2017 20:30:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschädigten oberflächlich mit einem Wurfgegenstand diverse Fensterscheiben an einem Parteibüro der SPD. Weiterhin wurden am gegenüberliegenden Gebäude die Schriftzüge " SPD Verdränger" und "ACAB" (Anmerkung: All Cops Are Bastards) aufgesprüht. Ein Bekennerschreiben wurde auf "linksunten.indymedia.org" veröffentlicht. Bartningallee Hansaviertel SPD polGeg; Pol; PR nein § 303 StGB PMK - links 24.03.2017 05:26:00 Auf die Fenster des Parteibüros Bündnis 90/ Die Grünen wurde mit roter Farbe der Schriftzug "Räumungs-Stopp" angebracht. An der Eingangstür wurde eine braune, klebrige Masse festgestellt, die als bitumenähnliche Isoliermasse beschrieben wurde. Bereits einen Tag zuvor wurde eine Liegenschaft des BA Reinickendorf großflächig beschädigt. Zu beiden Taten bekannte sich eine Organisation "Autonomen Gruppen" in einem am 26.03.2017 veröffentlichten SBS auf Indymedia unter der Überschrift "Gegen ihre Ordnung". Darin wird dargestellt, dass die beiden beschriebenen Taten in den aufeinander folgenden Nächten verübt worden seien, da der grüne Bezirksbürgermeisters von Mitte seine Politik gegen Flüchtlinge und für den Kapitalismus sowie die Gentrifizierung gerichtet habe. Die Malplaquetstr . Wedding Bündnis 90/Die Grünen AK;Glo WWG;SB ;PR ja Zähldelikt Phänomen Tatzeit Sachverhalt Straße Ortsteil Partei Thema Presse Tat könnte zudem Bezüge zum G20-Gipfel haben. § 303 StGB PMK - sonstige/ nicht zuzuordnen 24.03.2017 07:00:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschädigten die Schaufensterscheibe sowie die Eingangstür einer Geschäftsstelle der Partei "Die Grünen" durch Werfen mit unbekannten Gegenständen. Allee der Kosmonauten Mahlsdorf Bündnis 90/Die Grünen polGeg; PR nein § 303 StGB PMK - links 06.05.2017 05:30:00 Durch unbekannte Täterinnen oder Täter wurden drei Rollläden der NPD- Parteizentrale durch Steinhiebe funktionsunfähig gemacht sowie mit schwarzer Farbe der Schriftzug "KEINER FCK NPD" an der Eingangstür aufgebracht. Seelenbinderstr . Köpenick NPD Antifa; ggre; PR nein § 303 StGB PMK - links 17.05.2017 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschmierten die Hausfassade eines Wahlkreisbüros der Partei "Bündnis 90/Die Grünen" mit den Schriftzügen "Grün ist das neue schwarz" und "FCK Y ALL". Weiterhin wurde ein Anarchie-Zeichen angebracht. Raumerstr . Prenzlauer Berg Bündnis 90/Die Grünen polGeg; PR nein § 303 StGB PMK - rechts 26.05.2017 12:30:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beklebten die Scheibe der Eingangstür des Wahlkreisbüros mit fünf Aufklebern folgenden Inhaltes: "GEGEN ABTREIBUNGEN KINDER SIND UNSERE ZUKUNFT", "Kapitalismus vernichtet unsere Identität SEI DAGEGEN!", "KOMM ZU UNS! ZUR NATIONALISTISCHEN JUGENDBEWEGUNG", "FOTZEN“ mit Berliner Bär im Buchstaben O. Die Gestaltung des Aufklebers war an das Buggenhagenstr . Fennpfuhl Die Linke Berlin AK; AuNa; PR nein Zähldelikt Phänomen Tatzeit Sachverhalt Straße Ortsteil Partei Thema Presse Vereinsemblem des 1. FC Union angelehnt. Die ersten drei Aufkleber enthielten zudem die Internetadresse: „www.AKTION- WIDERSTAND.de“. § 303 StGB PMK - links 28.06.2017 09:00:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter besprühten den Rollladen eines Parteibüros der SPD mit Bauschaum. Es wurde ein Plakat mit der Aufschrift "Wegen Räumung geschlossen" angebracht. Weiterhin waren zwei DIN A4 Schreiben angeklebt, welche nach amtlichem Charakter aussahen. Aus dem Schreiben geht hervor, dass das Büro in der Kranoldstr. geräumt werden muss und an das Kollektiv aus der F 54 übergeben werden soll. Unter dem Plakat waren zwei rotweiße Absperrbänder in X-Form ebenfalls auf den Rollladen angebracht. Zusammenhang mit der Räumung Friedelstr. 54. Kranoldstr. Neukölln SPD AK;UM;P R ja § 303 StGB PMK - rechts 29.06.2017 23:59:00 Das Wahlkreisbüro eines SPD Abgeordneten hatte einen Aufkleber "Kein Platz für Nazis" in eigener Sache an der Eingangstür befestigt. Dieser wurde nun durch unbekannte Täterinnen oder Täter entfernt und die Farbe der Tür stellenweise abgelöst. Man hatte in letzter Zeit Ärger mit einem vermutlich rechtsorientierten Nachbarn. Wendenschloßstr . Köpenick SPD ggli; PR nein § 303 StGB PMK - sonstige/ 07.07.2017 09:30:00 Ein Plakat am Wahlkampfbüro der Linken mit dem Bild des Mitgliedes des Buggenhagenstr . Fennpfuhl Die Linke ggli; PR nein Zähldelikt Phänomen Tatzeit Sachverhalt Straße Ortsteil Partei Thema Presse nicht zuzuordnen Abgeordnetenhauses wurde durch einen schwarzen Faserstift mit einem Oberlippenbart beschmiert. Bundes verband § 303 StGB PMK - sonstige/ nicht zuzuordnen 10.07.2017 09:00:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschmierten die Außenwerbung auf der Eingangstür zum Wahlkreisbüro des Abgeordneten mit einem "Hitlerbart" und "Seitenscheitel". Hierbei handelt es sich um ein Büro der Partei Die Linke. Buggenhagenstr . Fennpfuhl Die Linke Bundes verband ggli; PR nein § 303 StGB PMK - sonstige/ nicht zuzuordnen 23.07.2017 09:15:00 Zum wiederholten Male wurden die Portraitbilder des Geschädigten durch einen aufgemalten Oberlippenbart und markanten schwarzen Seitenscheitel beschmiert. Hierbei handelt es sich um das Wahlkreisbüro eines MdA der Partei Die Linke. Buggenhagenstr . Fennpfuhl Die Linke Bundes verband ggli; PR nein § 303 StGB PMK - links 22.08.2017 19:21:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschädigten den Briefkasten am Parteibüro eines Abgeordneten der AfD. Jungfernsteig Lichterfelde AfD Antifa; BuWa; ggre; PR nein § 303 StGB PMK - rechts 25.08.2017 23:59:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter besprühten die Hauswand des Kreisverbandbüros der Partei Bündnis 90/Die Grünen mit dem Zeichen der Identitären Bewegung. Fritz- Reuter- Str. Schöneberg Bündnis 90/Die Grünen polGeg; VöNa; PR nein § 303 StGB PMK - sonstige/ nicht zuzuordnen 20.10.2017 13:30:00 Unbekannte Täterinnen oder Täter beschmierten ein Wahlkreisbüro der Partei Bündnis 90/Die Grünen mit dem schwarzen Schriftzug: "HÄNGT ALLE GRÜNEN SOLANGE ES NOCH BÄUME GIBT". Friedelstr. Neukölln Bündnis 90/Die Grünen polGeg; PR nein Legende: Abkürzung Bezeichnung AK Antikapitalismus Antifa Antifaschismus AuNa Autonomer Nationalismus BA Bezirksamt BuWa Bundestagswahlen ggre gegen rechts Glo Globalisierung Pol Polizei polGeg gegen sonstige politische Gegner PR Parteieinrichtungen/-repräsentanten Um Umstrukturierung SB Sicherheitsbehörden SBS Selbstbezichtigungsschreiben StGB Strafgesetzbuch VöNa Völkischer Nationalismus WWG WWG (G20 Gipfel) Seite 8 von 8 2. Wie viele Personen wurden im Zusammenhang mit den unter Frage 1 genannten Straftaten insgesamt geschädigt? (bitte aufschlüsseln nach Alter, Geschlecht)? Zu 2.: Im Rahmen des KPMD-PMK werden nur Opfer statistisch gezählt. Opfer sind natürliche Personen, die durch eine strafbare Handlung körperlich geschädigt wurden oder geschädigt werden sollten. Personen, die durch eine Straftat auf andere Weise (zum Beispiel materiell) geschädigt wurden, werden statistisch nicht gezählt. Fälle im Zusammenhang mit Parteigebäuden, bei denen Personen Opfer wurden, sind im Berichtszeitraum nicht bekannt geworden. 3. Wie viele Tatverdächtige hat die Polizei im Zusammenhang mit den unter Frage 1 genannten Straftaten insgesamt ermittelt? (bitte aufschlüsseln nach Alter, Geschlecht) 4. Über wie viele der Tatverdächtigten lagen polizeiliche Vorerkenntnisse aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität vor? Zu 3. und 4.: Zu den in 2017 registrierten Fällen zum Nachteil von Parteigebäuden konnten bisher keine Tatverdächtigen bekannt gemacht werden. 5. Zu welchen der in Frage 1 genannten Delikte erschien eine Pressemeldung der Polizei? Zu 5.: Auf die Beantwortung der Frage 1 (siehe Tabelle, letzte Spalte) wird verwiesen. Berlin, den 24. Januar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13126 S18-13126