Drucksache 18 / 13 244 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger und Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 17. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Januar 2018) zum Thema: Datenerfassung zu Schullaufbahn und Schulleistung in den Berliner Grundschulen und Antwort vom 31. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Feb. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen) und Frau Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13244 vom 17. Januar 2018 über Datenerfassung zu Schullaufbahn und Schulleistung in den Berliner Grundschulen ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Über welche Daten verfügt die Senatsschulverwaltung in ihren Datenbanken zu den Themenfeldern: Schulleistung und Schullaufbahn in den Berliner Grundschulen? Wenn es keine Daten gibt: Hält die Senatsverwaltung diese Themenfelder nicht für relevant für ihre zentrale Steuerung? Zu 1.: Die Berliner Schulstatistik wird als Summensatzerhebung auf Klassenebene geführt. Sie ist keine Individualstatistik, die den Bildungsverlauf einzelner Schülerinnen und Schüler nachvollziehen kann. Insofern liegen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie keine Daten zur Schullaufbahn vor. Einzeldaten zur Schullaufbahn in Verknüpfung mit anderen schulstatistischen Merkmalen werden durchaus als besonders relevant für Erkenntnisse zur Schul- und Unterrichtsentwicklung angesehen. Allerdings legt der Gesetzgeber für die Erhebung, Verarbeitung und Auswertung derartiger Daten besonders hohe Maßstäbe an. Nicht nur in Berlin sind diesbezügliche Versuche der Fachverwaltung bisher u.a. am Widerstand der Datenschutzbeauftragten gescheitert. In Konsequenz ist es bisher nur in wenigen Bundesländern gelungen, die Statistik der Schülerinnen und Schüler und die Statistik der Abgängerinnen und Abgänger und Absolventeninnen und Absolventen auf die Erhebung von Individualdatensätzen umzustellen. Eine gelungene Umsetzung aller Schularten und Träger in Bezug auf die Verknüpfung dieser Einzeldaten über mehrere Schuljahre zur Erstellung von Bildungsverläufen erfolgt zurzeit in keinem Bundesland. 2. Welche dieser Daten sind für die interessierte Öffentlichkeit einsehbar und wo sind sie zu finden? Wenn die Daten vorhanden sind, aber nicht einsehbar: Warum bleiben sie unter Verschluss? - - 2 Zu 2.: Im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie führt das Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg e. V. (ISQ) die Vergleichsarbeiten in der Jahrgangsstufe 3 in Berliner Grundschulen durch. Zentraler Adressat der VERA- Ergebnisrückmeldungen sind die Fachlehrkräfte und Schulleitungen der beteiligten Schulen. Das ISQ stellt den beteiligten Schulen ihre Ergebnisse auf Ebene einzelner Schülerinnen und Schüler, Klassen sowie der Schule insgesamt zur Verfügung. Die verantwortliche Schulaufsicht erhält vom ISQ ausgewählte Ergebnisse über ihre Schulen auf Schulebene. Eltern erhalten über die Rückmeldung zu ihrem Kind ebenfalls Auskunft über das Leistungsniveau in der jeweiligen Klasse. Seit diesem Schuljahr gibt es gemäß der Festlegungen der Kultusministerkonferenz keine öffentliche Berichterstattung von Landesergebnissen , da die Vergleichsarbeiten für das Ziel der innerschulischen Unterrichtsentwicklung konzipiert wurden und nicht für ein externes Monitoring geeignet sind. 3. Welche Daten liegen der Berichtskategorie: „1.1 Schulleistung und Schullaufbahn“ in dem Berichtsbogen der Schulinspektion bei Grundschulen zugrunde? Zu 3.: Das Qualitätsmerkmal „1.1 Schulleistungsdaten und Schullaufbahn“ der Schulinspektion beinhaltete in der zweiten Runde zwei Kriterien: 1. Ergebnisse bei Prüfungen/Teilnahme an Wettbewerben und 2. Auswertung der Ergebnisse von Vergleichsarbeiten sowie der Schulleistungs- und Schullaufbahndaten. Da in Grundschulen keine Prüfungen absolviert werden, liegt der Fokus hier auf dem Umgang der Schulen mit den Ergebnissen aus der Analyse der Lernausgangslage (LAUBE) und der Ergebnisse von VERA 3. Die Schulinspektion bewertet, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule daraus Ziele und Maßnahmen ableiten. Die Schulinspektion bewertet nicht das Erreichen von Kompetenzstufen bei VERA 3. Folgende Indikatoren werden an Grundschulen bewertet: „1.1.1.4: Die Schule verständigt sich über die Teilnahme der Schülerinnen/Schüler an Wettbewerben.“ „1.1.2.1: Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Schule analysieren regelmäßig die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten sowie der Schulleistungsdaten.“ „1.1.2.2.1: Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter leiten Ziele und Maßnahmen ab aus der Analyse der Lernausgangslage (LAUBE, LAL).“ „1.1.2.2.2: Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter leiten Ziele und Maßnahmen ab aus der Analyse der Vergleichsarbeiten (VERA 3).“ „1.1.2.3: Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Schule analysieren regelmäßig die Schullaufbahndaten .“ „1.1.2.4.: Die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter entwickeln Ziele und Maßnahmen zur Optimierung der individuellen Schullaufbahn bezogen auf die Verringerung der Schuldistanz .“ Als Grundlage jeder Inspektion dienen zunächst die schulspezifischen Daten aus dem internen Portal der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Referat für Bildungsstatistik und Prognose) wie z. B. die Schülerzahl, Fehlzeiten, Anzahl der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache sowie mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Anzahl an Willkommensklassen. Sie geben zunächst einmal Aufschluss zur Zusammen- - - 3 setzung der Schülerschaft und zu den Bedingungen, unter denen die jeweilige Schule hinsichtlich des Qualitätsmerkmals arbeitet. Daten zur Bewertung der Indikatoren ergeben sich dann aus den durch die Schule im Rahmen der Inspektion eingereichten Dokumenten: Schulprogramm, Schulinternes Curriculum , Sprachbildungs-, Differenzierungs- und Förderkonzepte, individuelle Förderpläne und nicht zuletzt die Gremienprotokolle der Schule (hier vor allem Schul-, Gesamt- und Fachkonferenzprotokolle). Diese geben dabei Einblick in den Umgang mit Schulleistungsund Schullaufbahndaten der Schülerinnen und Schüler und die vereinbarten schulspezifischen Maßnahmen. Die Rückmeldungen des ISQ zu den Ergebnissen von VERA 3 werden ebenfalls eingesehen, sie erlauben Entwicklungen oder Auffälligkeiten im Hinblick auf einen Jahrgang bzw. auf Klassenebene innerhalb der Schule zu erkennen. Die schulinternen Statistiken zu den Empfehlungen für die weiterführende Schule nach Klasse 4 bzw. 6 dienen zudem vorrangig als Grundlage für die in der Grundschule zu analysierenden Schullaufbahndaten und werden ebenfalls berücksichtigt. Insgesamt wird von der Schulinspektion also der Umgang der Grundschulen mit den Schulleistungen und den Schullaufbahndaten ihrer Schülerschaft bewertet, die absoluten Leistungen der Schülerinnen und Schüler sind kein Kriterium für die Bewertung des angefragten Merkmals an den Schulen. 4. Wer liefert die Daten für den Bericht zu diesem Punkt? Zu 4.: Neben den zu 3. angeführten Dokumenten geben vor allem die Ergebnisse der im Vorlauf der Inspektion durchgeführten Online-Befragungen (Befragungsgruppen: Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Schülerinnen und Schüler und Eltern) sowie die Interviews im Verlauf der Inspektionstage (Gruppeninterviews mit Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften ; Erzieherinnen und Erziehern und Eltern, Einzelinterviews mit Schulleiterin bzw. Schulleiter, stellvertretender Schulleiterin bzw. stellvertretendem Schulleiter und koordinierender Erzieherin/koordinierendem Erzieher) Aufschluss über die von der Schule entwickelten Ziele und Maßnahmen. 5. Welche Werte müssen die Daten erreichen, damit als Bewertung ein A, B, C oder D angekreuzt werden kann? Zu 5.: Die oben angeführten Indikatoren werden von den Inspektionsteams auf einer Viererskala von „++“ („trifft zu“) bis „- -„ („trifft nicht zu“) bewertet. Dabei greift die Schulinspektion auf mehrere Informationsquellen zurück (Prinzip der Triangulation). Es werden keine schematischen Rechenoperationen im Sinne einer Mittelwertbildung durchgeführt. Die abschließende Bewertung folgt nach folgender Normierung: A (stark ausgeprägt) Die Schule erfüllt alle oder nahezu alle Teilkriterien eines Qualitätsmerkmals. Norm: Ca. 80 % der Indikatoren des Qualitätsmerkmals wurden positiv bewertet, davon die Hälfte mit „trifft zu“. B (eher stark ausgeprägt) Die Schule erfüllt die wichtigsten Teilkriterien. Sie kann die Qualität der Arbeit bzgl. einiger Teilkriterien aber noch weiter verbessern. - - 4 Norm: Ca. 60 % der Indikatoren des Qualitätsmerkmals wurden positiv bewertet. C (eher schwach ausgeprägt) Die Schule weist hier Stärken und Entwicklungsbedarf auf; wichtige Teilkriterien werden jedoch nicht erfüllt. Norm: Ca. 40 % der Indikatoren des Qualitätsmerkmals wurden positiv bewertet. D (schwach ausgeprägt) Bei den meisten Kriterien eines Qualitätsmerkmals sind deutliche Verbesserungen erforderlich. Norm: Weniger als 40 % der Indikatoren des Qualitätsmerkmals wurden positiv bewertet. In begründeten Einzelfällen kann das Inspektionsteam von dieser Normierung abweichen. In diesem Fall erfolgt ein entsprechender Hinweis im Bericht. 6. Gab es in dem zweiten Durchgang der Inspektion Grundschulen, die bei dieser Kategorie mit D bewertet wurden? Welche Grundschulen sind es? Zu 6.: Anbei die Auswertung des Qualitätsmerkmals „1.1 Schulleistungsdaten und Schullaufbahn “ an 353 Grundschulen. Merkmal A B C D 1.1 Schulleistungsdaten und Schullaufbahn 60,5 % 30,5 % 7,9 % 1,1 % 1.1 Schulleistungsdaten und Schullaufbahn Häufigkeit Gültige Prozent Gültig stark ausgeprägt 214 60,5 eher stark ausgeprägt 107 30,5 eher schwach ausgeprägt 28 7,9 schwach ausgeprägt 4 1,1 Gesamtsumme 353 100,0 Indikatoren 1.1 für Grundschulen 1.1.1.4 Die Schule verständigt sich über die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an Wettbewerben. Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 293 83,2 trifft eher zu 50 14,2 trifft eher nicht zu 9 2,3 trifft nicht zu 1 0,3 Gesamtsumme 353 100,0 1.1.2.1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule analysieren regelmäßig die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten sowie die Schulleistungsdaten. Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 147 41,6 trifft eher zu 131 37,1 trifft eher nicht zu 69 19,5 trifft nicht zu 6 1,7 Gesamtsumme 353 100,0 - - 5 1.1.2.2.1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule leiten Ziele und Maßnahmen ab aus der Analyse der Lernausgangslage (LAUBE, LAL), Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 195 55,2 trifft eher zu 113 32,0 trifft eher nicht zu 40 11,3 trifft nicht zu 5 1,4 Gesamtsumme 353 100,0 1.1.2.2.2 der Vergleichsarbeiten (VERA 3). Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 62 17,5 trifft eher zu 89 25,4 trifft eher nicht zu 156 44,1 trifft nicht zu 46 13,0 Gesamtsumme 353 100,0 1.1.2.3 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule analysieren regelmäßig die Schullaufbahndaten (an kombinierten Schulen Grundschule-Förderzentrum # = ohne Bewertung). Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 196 56,5 trifft eher zu 115 33,1 trifft eher nicht zu 34 9,8 trifft nicht zu 2 0,6 Gesamtsumme 347 100,0 1.1.2.4 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln Ziele und Maßnahmen zur Optimierung der individuellen Schullaufbahn bezogen auf die Verringerung der Schuldistanz (an Schulen ohne Schuldistanz #). Häufigkeit Gültige Prozent Gültig trifft zu 172 85,1 trifft eher zu 25 12,4 trifft eher nicht zu 5 2,5 trifft nicht zu / / Gesamtsumme 202 100,0 Auf der Ebene der einzelnen Indikatoren wird deutlich, dass es den Schulen offensichtlich gelingt, Ziele und Maßnahmen aus der Analyse der Lernausgangslage abzuleiten (nur 45 Schulen mit „trifft eher nicht zu“ und „trifft nicht zu“), weniger aus den Ergebnissen von VERA 3 (202 Schulen mit „trifft eher nicht zu“ und „trifft nicht zu“). 7. Wenn in den Inspektionsberichten so viele Grundschulen bei der Kategorie: Schulleistung und Schullaufbahn mit A bewertet werden, warum schneidet dann die Berliner Grundschule in aktuellen Vergleichsstudien so schlecht ab? Zu 7.: Um u. a. die Komplexität einer Schule besser erfassen zu können, sind sowohl im Handlungsrahmen Schulqualität als auch im Handbuch Schulinspektion Qualitätsbereiche und darunter Qualitätsmerkmale gebündelt, die mit einer unterschiedlichen Anzahl an Indikatoren gefüllt sind. Die Merkmale stehen selbstverständlich nicht nebeneinander, sondern es gibt viele Bezüge untereinander. So haben beispielsweise Schulen durchaus Ziele und Maßnahmen aus den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten entwickelt. Die konkrete Umsetzung wird von den Inspektionsteams im Unterricht bzw. im Ganztag beobachtet oder auch nicht. Die Ergebnisse der Schulinspektion machen seit Jahren deutlich, dass die Unterrichtsentwicklung, vor allem die Gestaltung individueller Lernprozesse und die Sprachbildung, notwendige Handlungsfelder sind. - - 6 Wie ausführlich dargestellt, bewertet die Schulinspektion das von den Schülerinnen und Schülern gezeigte Leistungsniveau innerhalb der Vergleichsarbeiten nicht, da die Vergleichsarbeiten für das Ziel der innerschulischen Unterrichtsentwicklung konzipiert wurden und nicht für ein externes Monitoring geeignet sind (s. Schriftliche Anfrage Nr. 18/12982 vom 14. Dezember 2017: Ergebnisse des Vergleichstests der Drittklässler/innen (VERA 3) 2017). Der aktuelle IQB-Bildungstrend 2016 prüft dagegen ausschließlich das Leistungsniveau von Viertklässlern in Deutschland. Das Leistungsniveau der Berliner Grundschülerinnen und Schüler in Deutsch und Mathematik ist in den letzten fünf Jahren stabil geblieben. Da in beiden Verfahren jeweils unterschiedliche Ausschnitte schulischer Realität gemessen werden (Schulinspektion: Umgang mit Leistungsdaten; IQB-Bildungstrend: Leistungsniveau ), gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den Ergebnissen. Berlin, den 31. Januar 2018 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-13244 S18-13244a