Drucksache 18 / 13 336 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 30. Januar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Januar 2018) zum Thema: Wirkungslose Besucherkontrollen, Drogen, kriminelle Clans, Islamisten und Gewalt unter Häftlingen in Berliner Haftanstalten - Gewöhnlicher Alltag? und Antwort vom 19. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Feb. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13336 vom 30. Januar 2018 über Wirkungslose Besucherkontrollen, Drogen, kriminelle Clans, Islamisten und Gewalt unter Häftlingen in Berliner Haftanstalten - Gewöhnlicher Alltag? ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Bezogen auf die Einlasskontrollen für Besucher in den Haftanstalten der JVA Heidering, JVA Tegel, JVA Moabit und der JVA Plötzensee: a) Wie gestaltet sich das generelle Prozedere? Gibt es Dienstanweisungen oder Verwaltungsvorschriften, die den Ablauf regeln? Wenn ja welche? Zu 1. a): In den Berliner Vollzugsgesetzen (§§ 28 ff Berliner Strafvollzugsgesetz, §§ 32 ff Berliner Untersuchungshaftvollzugsgesetz und §§ 26 ff Berliner Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz ) und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften sind die Grundsätze und allgemeine Regelungen für die Durchführung von Besuchen festgelegt. Darüber hinaus haben die Justizvollzugsanstalten für ihre Besuchsbereiche Dienstanweisungen oder Hausverfügungen, z. T. mit Checkliste, erlassen, in der alle Kriterien für die Identitätsfeststellung und Einlasskontrollen der externen Besuchenden aufgeschlüsselt sind. Zunächst findet eine Prüfung der Personaldokumente statt. Sämtliche mitgeführte Gegenstände mit Ausnahme von Münzgeld für den Automatenzug sind von den Besuchenden in den dafür vorgehaltenen Schließfächern einzuschließen. Besucherinnen und Besucher werden grundsätzlich vor dem Betreten der Anstalt durchsucht (Abtasten sowie elektronisches Absonden). Mitgebrachte Wäsche nebst Behältnissen wird ebenfalls kontrolliert . Ist eine Besucherin oder ein Besucher mit einer solchen Kontrolle nicht einverstanden oder werden unerlaubte, sicherheitsrelevante Gegenstände oder Substanzen gefunden, wird der Zutritt zur Anstalt verweigert und die erforderlichen Maßnahmen werden eingeleitet. 2 b) Werden nur stichprobenartige Kontrollen durchgeführt oder wird jeder Besucher und jede Besucherin ausnahmslos kontrolliert? Zu 1. b): Ausnahmslos jede externe Besucherin und jeder externe Besucher werden zur Abwicklung von Gefangenen-Sprechstunden kontrolliert. c) Ist es zutreffend, dass bei Besucherinnen mit religiösen Kopftüchern ein Ablegen des Kopftuchs bei der Einlasskontrolle regelmäßig nicht verlangt wird? Wenn nein, woher hat der Senat die Information darüber, dass dies regelmäßig verlangt wird und wie wird von den Justizvollzugsbeamten verfahren, wenn eine Weigerung diesbezüglich erfolgt? Wenn ja, ist dem Senat bekannt, dass dadurch unerlaubte Gegenstände in größerer Zahl in die Gefängnisse geschleust werden und wie unterbindet der Senat dies? Zu 1. c): Für eine hinreichende Kontrolle sind nach den in den Anstalten geltenden Dienstanweisungen oder Hausverfügungen sämtliche Kopfbedeckungen abzulegen, so auch religiös zu verortende Kopfbedeckungen. Auch bei einer Vollverschleierung muss eine Kontrolle möglich sein. Bei Verweigerung, die Kopfbedeckung kontrollieren zu lassen oder die Verschleierung in einer geeigneten Umgebung abzunehmen, wird ein Besuch nicht gestattet. d) Ist es zutreffend, dass weibliche Besucherinnen unerlaubte Gegenstände durch ihren Intimbereich einschleusen ? Wie ist sichergestellt, dass dies nicht erfolgt? Wie viele Vorfälle sind diesbezüglich in den letzten drei Jahren bekannt geworden? Zu 1. d): Es gibt Hinweise darauf, dass insbesondere Besucherinnen unerlaubte Gegenstände auch über den Intimbereich einschleusen. Da bei Kontrollmaßnahmen von Besuchenden eine Durchsuchung des Intimbereichs bis hin zur Untersuchung von Körperhöhlen und Öffnungen aus strafvollzugsrechtlichen Gründen nicht zulässig ist, werden bei einem eventuellen Aufsuchen der Toiletten im Bereich des Sprechzentrums überwiegend Nachkontrollen der betreffenden Besucherinnen und Besucher oder der besuchten Gefangenen durchgeführt. Bestätigende Erkenntnisse über diesen Einbringungsweg wurden in den letzten drei Jahren nicht gewonnen. e) Verfügen die Haftanstalten über moderne Körperscanner? Wenn nein, warum nicht? Zu 1. e): Nein, denn Körperscanner versprechen keine messbaren Vorteile gegenüber den gegenwärtig schon angewendeten Untersuchungsmethoden. Sie dienen der Detektion potentiell bedrohlicher Gegenstände, die in der Kleidung oder am Körper mitgeführt werden, und nicht etwa dem Aufdecken von versteckten Gegenständen in Körperöffnungen . Hinsichtlich metallischer Gegenstände wird bereits bei jeder Besucherin und jedem Besucher eine Detektion - mindestens mittels Handsonden - durchgeführt. Darüber hinaus werden die Kontrollen insbesondere auch zum Auffinden von verbotenen Substanzen oder verbotener nicht metallischer Gegenstände durch Abtasten ergänzt. f) Ist es zutreffend, dass bei Schuhkontrollen aus Zeitgründen regelmäßig nur das Ausziehen eines Schuhes verlangt wird? Zu 1. f): Sofern die Schuhe von Besuchenden über das Absonden hinaus auch durchsucht werden, schließt das immer beide Schuhe ein. g) Ist dem Senat bekannt, dass in der JVA Heidering eine große Zahl von Häftlingen in ihren Haftzellen unerlaubt über Mobiltelefone und/oder Smartphones verfügen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was unternimmt der Senat dagegen? 3 Zu 1. g): Die Justizvollzugsanstalt Heidering berichtet, wie die übrigen Anstalten, quartalsweise über die aufgefundenen Handys/Smartphones. Es werden alle rechtlich zu Gebote stehenden Mittel genutzt, um das Einbringen und den Besitz von Mobiltelefonen zu unterbinden. Hierzu zählen die Kontrollen von Gefangenen, ihrer Sachen und Hafträume sowie Besucher-, Fahrzeug- und Paketkontrollen. Darüber hinaus werden die Freiflächen abgesucht, um für Gefangene bestimmte Überwürfe sicherzustellen und sogenannte Mobilfinder zum Aufspüren von Handys eingesetzt. h) Wie viele unerlaubte Gegenstände wurden bei Einlasskontrollen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 sichergestellt? Zu 1. h): In der Justizvollzugsanstalt Heidering werden nur Drogenfunde nicht jedoch Funde von unerlaubten Gegenständen im Rahmen der Einlasskontrollen gesondert statistisch erhoben. Die in der Justizvollzugsanstalt Tegel aufgefundenen Gegenstände und Drogen finden Einzug in die Gesamtzahlen sichergestellter Funde und werden nicht separat erfasst. In der Justizvollzugsanstalt Moabit ist folgende Anzahl an Funden von unerlaubten Gegenständen bei Einlasskontrollen erfasst: 2015 = 29, 2016 = 14 und 2017 = 18. In der Justizvollzugsanstalt Plötzensee waren es 2015 = 2, 2016 = 7 und 2017 = 5 Funde . 2. Bezogen auf Betäubungsmittel in den Haftanstalten der JVA Heidering, JVA Tegel, JVA Moabit und der JVA Plötzensee und die parlamentarische Anfrage Ds 18 / 11 732 des Abgeordneten Rissmann (CDU): a) Wie viele Betäubungsmittel in Bezug auf Cannabis, Heroin, Kokain und Subutex konnten im Jahr 2017 sichergestellt werden(Bitte einzeln nach JVA aufschlüsseln)? Zu 2. a): Im Jahr 2017 sichergestellte Substanzen, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen (Bestimmung überwiegend nach Schnelltest): JVA Cannabis Heroin Kokain Subutex Heidering 1.299,37 g 2,38 g 5,88 g 241,1 g Tegel 2.379,41 g 46,78 g 28,7 g 84,82 g Moabit 817,67 g 1,0 g 2,0 g 13 Tabletten Plötzensee 619,31 g 2,3 g 23,09 g 1,5 Tabletten b) Wie viele der gefunden Betäubungsmittel wurden bei Besucherkontrollen am Einlass festgestellt? Zu 2. b): In den Justizvollzugsanstalten Moabit, Plötzensee und Heidering (bzgl. JVA Tegel s. 1. h) wurden in 21 Fällen Betäubungsmittel bei Besuchern sichergestellt. Von den in der Tabelle zu 2. a) aufgelisteten Substanzen waren dies 188,72 g Cannabis, 0,10 g Heroin, 5,4 g Kokain und 33,61 g Subutex. 3. Bezogen auf Clans in den Haftanstalten JVA Heidering, JVA Tegel, JVA Moabit und der JVA Plötzensee a) Wie viele Häftlinge können prozentual zu bestimmten Clans, Gangs oder anderen kriminellen Vereinigungen zugerechnet werden (Bitte nach Möglichkeit auflisten, arabische, libanesische, albanische, russische , Rocker, italienische Mafia, türkische, kurdische, marokkanisch, ect.)? Zu 3. a): Gemäß der „Gemeinsamen Richtlinie der Senatsverwaltungen für Inneres und Sport sowie der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten Kri- 4 minalität“ liegt für sogenannte OK-Gefangene eine eindeutige Definition vor. Danach befinden sich derzeit insgesamt 185 Gefangene in den genannten Vollzugsanstalten, die diesem Personenkreis zuzuordnen sind. Bei Clans oder Gangs handelt es sich um eher unspezifische Bezeichnungen für Vereinigungen , in denen für Außenstehende schwer zu überblickende hochkomplexe verwandtschaftliche Beziehungsgeflechte und Unterstützernetzwerke existieren und somit auch wegen starker Abschottungstendenzen von einem Dunkelfeld auszugehen ist. Nach Schätzungen sind weniger als 5 Prozent der Gefangenen hierunter subsumiert. Hierzu gehören libanesische Großfamilien, türkisch mafiöse Gruppen, italienisch mafiöse Organisationen , russischen kriminelle Vereinigungen sowie die Rockerszene. b) Wenn dem Senat die Zahlen nicht bekannt sind oder eine genaue Listung nicht möglich ist, warum ist dies nicht möglich? Wie verhindert der Senat, dass Clan oder Gangmitglieder nicht im selben Zellenblock untergebracht werden? Zu 3. b): Da es sich wie dargelegt um reine Schätzungen handelt, ist eine genaue Listung nicht möglich. In Abhängigkeit von der jeweiligen Haftart (Untersuchungshaft oder Strafhaft) sowie der kapazitären Gegebenheiten der einzelnen Vollzugsanstalten werden im Bedarfsfall Mitglieder aus ein und derselben kriminellen Vereinigung getrennt voneinander untergebracht. c) Wie viele Gefangene verfügen über eine fremde Staatsbürgerschaft (Bitte nach Staatsbürgerschaften und Haftanstalten getrennt auflisten)? Zu 3. c): Eine Beantwortung der Frage ist nur hinsichtlich aller Gefangenen einer Justizvollzugsanstalt , die an einem Stichtag keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, möglich. Am Stichtag 31. Januar 2018 befanden sich in den genannten Justizvollzugsanstalten: JVA Heidering JVA Tegel JVA Moabit JVA Plötzensee Anzahl aller Gefangenen am Stichtag, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen 350 357 688 178 davon nach Staatsangehörigkeit … afghanisch 1 1 - 1 ägyptisch 5 4 7 4 albanisch 2 1 2 3 algerisch 2 4 10 2 US-amerikanisch 1 2 4 - angolanisch - - 1 1 argentinisch - - 2 1 armenisch 1 1 - - aserbaidschanisch 2 1 1 - belarussisch 1 2 4 1 belgisch - 1 2 - beninisch - 1 - - bosnisch-herzegowinisch 8 9 13 2 brasilianisch - 1 1 - 5 britisch 1 1 2 - bulgarisch 18 18 32 8 burkinisch - - 2 - chilenisch 3 - 4 - chinesisch - - 1 - dominikanisch - - 1 - eritreisch 1 - - - estnisch 2 1 3 - französisch - 1 4 2 gambisch 6 1 6 4 georgisch 1 1 5 - ghanaisch - 1 1 1 griechisch 3 2 2 1 guatemaltekisch 1 1 - - guinea-bissauisch - - 6 2 guineisch 2 1 5 - irakisch 4 3 8 2 iranisch 2 6 8 2 irisch - - - 1 israelisch 3 1 1 1 italienisch 3 2 1 3 ivorisch - - 1 - japanisch - - 1 - jordanisch 1 - - 1 kamerunisch 1 - 4 4 kasachisch 1 1 - - kenianisch 1 - 1 1 kolumbianisch - - 1 - kongolesisch - - 1 - kosovarisch 5 4 8 2 kroatisch - 3 2 1 kubanisch - 1 1 2 lettisch 12 10 26 8 libanesisch 19 18 30 2 liberianisch - 1 - - libysch 3 3 15 1 litauisch 21 11 20 7 malisch - 3 1 - marokkanisch 8 8 16 - mauretanisch - - 1 - mazedonisch 4 2 11 - mexikanisch - 1 - - moldawisch 6 5 10 5 mogolisch - - 1 - montenegrinisch 1 - 1 - nicaraguanisch - 1 - - niederländisch 1 - - 2 nigerianisch - 1 7 - nigrisch - - 1 - 6 österreichisch - 3 - - ohne (palästinensisch) 1 - 1 - pakistanisch - 1 3 1 peruanisch - - 3 - philippinisch - - - 1 polnisch 42 38 75 36 portugiesisch - - 1 - rumänisch 25 14 83 8 russisch 4 19 17 1 senegalesisch - 1 2 - serbisch 18 14 32 8 serbisch und montenegrinisch 4 1 4 - sierra-leonisch - - 3 1 slowakisch 4 2 2 - slowenisch - 1 - - somalisch 1 - - - spanisch - - 1 - staatenlos 4 6 5 1 syrisch 8 5 22 - togoisch - - - 1 tschadisch - 1 - - tschechisch - - 1 1 tunesisch 4 7 16 2 türkisch 37 62 69 25 turkmenisch - 3 2 1 ukrainisch 4 5 8 3 ungarisch - 2 3 1 ungeklärt 28 21 29 4 vietnamesisch 9 10 7 5 d) Werden Häftlinge mit Clan, Gang oder als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung anders behandelt als Häftlinge ohne diesen Hintergrund (höhere Kontrolldichte, besondere Unterbringung, Trennung von anderen Häftlingsgruppen, ect.)? Zu 3. d): Für alle Gefangenen gilt grundsätzlich der Gleichbehandlungsgrundsatz. Grundlage aller Entscheidungen ist die Bewertung des vollzuglichen Verhaltens und insbesondere die diesbezügliche Entwicklung. Im Falle sicherheitsproblematischer Gefangener können entsprechend den gesetzlichen Regelungen u. a. besondere Sicherungsmaßnahmen oder im Verfehlungsfall auch Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden. Die Kontrolldichte wird stets einzelfallbezogen angepasst. 4. Islamistischer Hintergrund von Häftlingen und deren religiöse Betreuung, in den Haftanstalten JVA Heidering , JVA Tegel, JVA Moabit und der JVA Plötzensee, in Bezugnahme auf die parlamentarische Anfrage des Unterzeichners Ds 18 / 10 397: a) Wie Häftlinge in den jeweiligen Haftanstalten verfügen über einen islamistischen Hintergrund? Zu 4. a): In der folgenden Übersicht ist die Anzahl der aktuell (12. Februar 2018) untergebrachten Gefangenen der Gruppe I und II in den angefragten Justizvollzugsanstalten aufgeführt. Bei Gefangenen der Gruppe I handelt es sich um Gefangene mit erkannter radikal-islamistischer Gesinnung und Gewaltbereitschaft. Bei Gefangenen der Gruppe II 7 handelt es sich um Gefangene, die erkennbar aktiv mit dem gewaltbereiten extremistischen Islamismus sympathisieren. Justizvollzugsanstalt Anzahl Gefangene Gruppe I Anzahl Gefangene Gruppe II JVA Heidering 1 0 JVA Tegel 7 19 JVA Moabit 11 2 JVA Plötzensee 1 0 b) Dürfen islamistische Häftlinge religiös betreut werden? Wenn ja, werden sie durch die „Berliner Beirat für die religiöse Betreuung muslimischer Inhaftierter“ bestätigten Imame betreut? Zu 4. b): Gefangene der Gruppen I und II können an den Angeboten der religiösen Betreuung teilnehmen. Die Angebote werden ausschließlich durch religiöse Betreuer umgesetzt , die durch den „Berliner Beirat für die religiöse Betreuung muslimischer Inhaftierter“ benannt wurden. c) Welchen Einfluss hat der Senat auf den Inhalt der religiösen Betreuung? Werden Predigen innerhalb der Gefängnisse auf ihre Inhalte von staatlichen Stellen kontrolliert? Wenn nein, warum nicht? Zu 4. c): Der Berliner Senat stimmt die Umsetzung der religiösen Betreuung in den Berliner Justizvollzugsanstalten mit den im „Berliner Beirat für die religiöse Betreuung muslimischer Inhaftierter“ vertretenen muslimischen Vereinen und Verbänden ab, nimmt aber keinen Einfluss auf theologische Inhalte. Die Predigten werden in deutscher Sprache und in Anwesenheit von Mitarbeitenden der jeweiligen Justizvollzugsanstalt gehalten, so dass die Inhalte verstanden werden können. d) Werden Häftlinge mit islamistischem Hintergrund anders behandelt als Häftlinge ohne diesen Hintergrund (höhere Kontrolldichte, besondere Unterbringung, Trennung von anderen Häftlingsgruppen, ect.)? e) Welches Resozialisierungskonzept verfolgt der Senat um islamistische Häftlinge am Ende ihrer Haftzeit wieder in die Gesellschaft zu integrieren? Zu 4. d) und e): Gefangene der Gruppen I und II unterliegen den gleichen Sicherheits- Behandlungs- und Betreuungsgrundsätzen der Berliner Strafvollzugsgesetze sowie den Maßnahmen einer aussichtsreichen Resozialisierung, welche auf die besonderen Bedingungen des Einzelfalls anzuwenden sind. Eine gesonderte Unterbringung dieser Gefangenen erfolgt nicht. Zusätzlich zu den, für alle Gefangenen geltenden Grundsätzen, ist bei den Gefangenen der Gruppen I und II Folgendes durch den Justizvollzug sicherzustellen : - Intensive Kooperation mit den Sicherheitsbehörden, - Verhinderung der Radikalisierung anderer Gefangener, - Bereitstellung besonderer Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen zur Deradikalisierung , - Veranlassung besonderer Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung und zur Übergabe an Verantwortliche außerhalb des Justizvollzuges (Sicherheitsbehörden, Soziale Dienste, Führungsaufsichtsstelle, Bewährungshilfe u. a.). 5. Bezogen auf Gewalt unter Häftlingen in den Haftanstalten JVA Heidering, JVA Tegel, JVA Moabit und der JVA Plötzensee in den vergangenen 3 Jahren (2015, 2016, 2017): a) Wie viele Strafanzeigen wurden in den vergangenen drei Jahren unter den Häftlingen untereinander gestellt? 8 Zu 5. a): Die Zahl der von Häftlingen gegen andere Häftlinge erstatteten Strafanzeigen wird im Land Berlin nicht statistisch erfasst. b) Wie viele Häftlinge wurden innerhalb der vergangenen drei Jahren Opfer eines Gewaltdelikts während der Haft (nach Möglichkeit aufschlüsseln in Mord, Totschlag, gefährliche Körperverletzung, schwere Körperverletzung und einfache Körperverletzung, ebenfalls Versuchstaten)? Zu 5. b): Die statistische Erfassung erfolgt unabhängig von der Einleitung staatsanwaltlicher Ermittlungsverfahren und einer etwaigen Berichtspflicht gegenüber der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Eine Unterteilung nach den einzelnen Delikten findet nicht statt, jedoch waren keine Tötungsdelikte zu verzeichnen . In ihrer Gesamtheit ergab sich jeweils die folgende Anzahl: Jahr JVA Heidering JVA Tegel JVA Moabit JVA Plötzensee 2015 42 43 5 (nur berichtspflichtige Ereignisse 12 2016 69 50 60 12 2017 96 62 42 13 c) Wie viele Häftlinge wurden innerhalb der vergangenen drei Jahren Opfer eines Diebstahls, einer Bedrohung oder einer Beleidigung? Zu 5. c): Zu Diebstählen, Bedrohungen und Beleidigungen liegen keine Erhebungen vor. d) Welche Möglichkeiten haben Häftlinge innerhalb der Haft sich an „Vertrauenspersonen“ zu wenden, wenn sie von Mithäftlingen gemobbt schikaniert, oder Opfer einer Straftat werden? Zu 5. d): Die überwiegende Betreuungsarbeit an Gefangenen erfolgt in den Haftanstalten durch Gruppenbetreuerinnen und Gruppenbetreuer (Mitarbeitende des allgemeinen Vollzugsdienstes ) sowie Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter (Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und/oder Psychologinnen/Psychologen). Diese Mitarbeitenden werden i. d. R. in festgelegten Zuständigkeitsbereichen eingesetzt, so dass sich unter Wahrung des erforderlichen Nähe-/Distanzverhältnisses eine Vertrauensbasis entwickeln kann. Zusätzlich werden die Gefangenen auch in den Beschäftigungs- und Qualifizierungsbereichen, den Arztgeschäftsstellen, während strukturierter Freizeitmaßnahmen und durch Seelsorger betreut und können sich jederzeit bei Bedarf offenbaren. Ergänzend können auch die (Teil-)Anstaltsleitungen und Anstaltsbeiräte kontaktiert werden. Zusätzlich sind die Insassenvertretungen als Anlaufstelle verfügbar. e) Wie reagiert die Anstaltsleitung, wenn Mobbingverdachtsfälle oder Straftaten ggü. Mithäftlingen bekannt werden? Zu 5. e): Die Anstaltsleitungen reagieren bei Bekanntwerden von und/oder dem Verdacht auf begangene Straftaten unter Gefangenen mit Strafanzeige und dem Hinzuziehen der Strafverfolgungs-/Ermittlungsbehörden. Des Weiteren werden auch verwaltungsinterne und/oder disziplinarische Ermittlungen eingeleitet. Bei Mobbing- und anderen Verdachtsfällen wird regelmäßig die Trennung der Beteiligten, gegebenenfalls auch mit Verlegung eines beteiligten Inhaftierten in eine andere Berliner Justizvollzugsanstalt, reagiert. f) Wie viele Suizide und Suizidversuche von Häftlingen in den Vergangenen drei Jahren konnten Aufgrund von Mobbing oder kriminellen Handlungen (Gewalt, Bedrohung, Diebstahl usw.) einzelner Häftlinge zurückgeführt werden, welche daraufhin Suzidgedanken entwickelten? 9 Zu 5. f): Im Falle eines Suizides werden häufig keine Hinweise auf allein maßgebliche Gründe für diese Ausnahmehandlung hinterlassen. Bei Suizidversuchen gab es im Zuge der betreuerischen Aufarbeitung vereinzelt Hinweise, dass Gefangene - zumeist wegen einer Verschuldung - von Mitinhaftierten unter Druck gesetzt bzw. erpresst worden sind. Ein solches Motiv wird bei zwei Suizidversuchen im Jahr 2015 angenommen. Bei einem Suizidversuch im Jahr 2016 wird es ebenfalls vermutet und bei einem weiteren im Jahr 2016 könnte die Angst vor einem Gefangenen in der JVA Tegel bzw. die Verlegung dorthin ursächlich gewesen sein. Zwei Suizidversuche im Jahr 2017 könnten ebenfalls mit subkulturellen Handlungen in Zusammenhang stehen und bei einem Suizid im Jahr 2017 gibt es Mutmaßungen, dass dieser Gefangene von einem Mitgefangenen unter Druck gesetzt worden ist. g) Wenn zu den oben unter 5. a)-f) genannten Fragen keine validen Daten vorliegen oder erfasst werden, warum nicht? Wie hat der Senat überhaupt einen Überblick über das, was sich in seinen Gefängnissen abspielt? Zu 5. g): Über ein etabliertes und institutionalisiertes Berichts- und Besprechungswesen in Ergänzung zu den berichteten Datenerhebungen sowie einzelfallbezogenen Aufarbeitungen ergibt sich jederzeit ein Bild, welche Entwicklungen schwerpunktmäßig bearbeitet werden müssen oder welche Verfahrensweisen neu zu etablieren sind. Berlin, den 19. Februar 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-13336 S18-13336