Drucksache 18 / 13 381 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 02. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Februar 2018) zum Thema: Lehrermangel I: Zumessung von Lehrkräften und Lehrkräfteausstattung und Antwort vom 20. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13381 vom 02. Februar 2018 über Lehrermangel I: Zumessung von Lehrkräften und Lehrkräfteausstattung ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.) Der Unterrichtsstundenbedarf einer Schule richtet sich durch die „Verwaltungsvorschriften für die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen ab Schuljahr 2017/18“ nicht mehr nach Klasseneinheiten , sondern nach Schülerzahl und weiteren Faktoren. a.) Wodurch war die Veränderung der Zumessungskriterien geboten? b.) Welchen Vorteil bietet die Veränderung der Zumessungskriterien für Kinder mit besonderem Förderbedarf ? c.) Waren vor der Veränderung der Zumessungskriterien zu viele Klassen als unterfrequentiert einzustufen? Ab wann gilt eine Klasse als unterfrequentiert? 2.) Welche praktische Veränderung hat sich durch die neuen Richtlinien ergeben? a.) Kann hinsichtlich der Umstellung der Faktoren eine schulscharfe Auswertung über Bedarfsveränderungen erbracht werden? b.) Werden durch die Veränderung mehr oder weniger Lehrer benötigt? Zu 1. und 2.: Die Zumessung von Lehrkräftestunden erfolgt schülerbezogen und basiert auf den geltenden gesetzlichen Regelungen und Verordnungen der Berliner Schule. Sie bildet die idealtypische Bemessungsgrundlage der Versorgung mit Lehrkräften, die in der Verantwortung der einzelnen Schule organisatorisch umgesetzt wird. Bei neu einzurichtenden Klassen ist die Schülerzahl so zu bemessen, dass auf Basis der verfügbaren personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Ausstattung die Unterrichts- und Erziehungsarbeit gesichert ist. Es ist darauf zu achten, dass auch mittelfristig im Durchlauf der Klasse innerhalb einer Schulart keine unterfrequenten Lerngruppen entstehen. Einzelnen Schulen, die kleine Klassen eingerichtet haben, wird auf Antrag ein Frequenzausgleich gewährt. Der Frequenzausgleich erfolgt automatisch und ist für jede Schule im Portal der Unterrichtsversorgung einsehbar. Auf Antrag der Schulaufsicht kann der Fre- - - 2 quenzausgleich noch erhöht werden. Das war auch so, als es noch Schülerfaktoren an der Grundschule gab (bis zum Schuljahr 2007/2008). Die Zumessung für eine Schule kann aus bis zu fünf Komponenten bestehen: • Zumessung nach der Stundentafel • Zumessung für Teilungsstunden/Förderunterricht • Zumessung für strukturelle Unterstützung • Zumessung aus dem Dispositionspool • Zumessung für Profile der Schulen Mit Beginn des Schuljahres 2017/2018 trat die Neufassung der Verwaltungsvorschrift (VV) Zumessung Lehrkräfte in Kraft. Mit der neuen VV erfolgt grundsätzlich die Zumessung von Lehrkräftestunden in allen Schularten (jetzt auch im Grundschulbereich) nicht mehr klassenbezogen , sondern schülerbezogen. Damit erhalten die Schulen jetzt erstmals seit 2008 eine verlässliche Ausstattung für die Stundentafel, die Förderstunden und die Teilungsstunden für jeden zusätzlichen Schüler. Dies ist besonders bei wachsenden Schülerzahlen und den zunehmenden Übergängen aus Willkommensklassen unbedingt notwendig. Gleichzeitig entfällt bei Schulen die „Kürzung der Förder- und Teilungsstunden wg. Unterfrequenzen “. Es wird zukünftig also keine Reduzierung der berechneten Stunden vorgenommen . Im Schuljahr 2016/2017 gab es in den öffentlichen Berliner Grundschulen eine Durchschnittsfrequenz von 22,0 Schülerinnen und Schülern pro Klasse. Die Zumessungsfrequenz liegt unverändert bei 24 Schülerinnen und Schülern pro Klasse. Eine Auswertung über Bedarfsveränderungen aus der Umstellung des Berechnungsmodells kann nicht erbracht werden, da hierzu die Schülerinnen- und Schülerzahlentwicklung fiktiv in jeder einzelnen Schule herausgerechnet werden müsste und die Organisationsentscheidungen in den Schulen qualifiziert werden müssten. Auch für eine einzelne Schule ist dies nur fiktiv möglich; eine schulscharfe Auswertung hierzu ist deshalb nicht darstellbar . 3.) Wie war die Lehrkräfteausstattung aufgeschlüsselt nach Bedarf und Bestand an Berliner Schulen in den letzten zehn Jahren? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) Zu 3.: Die Lehrkräfteausstattung aufgeschlüsselt nach Bedarf und Bestand an Berliner Schulen liegt historisiert nach Schularten ab 2011 vor und stellt sich wie folgt dar: 2017/2018 Schulart Bedarf Bestand Förderzentren 1.309,40 1.288,90 Grundschulen 9.301,90 9.059,80 Gymnasien, Kollegs 4.434,30 4.517,90 Sekundarschulen, Volkhochschule (VHS) 6.085,30 5.949,10 Zentral verwaltete Schulen 412,9 421,9 Berufliche Schulen 3.226,00 3.211,00 Gesamtsumme 24.769,8 24.448,6 - - 3 2016/2017 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 9.002,40 9.022,40 Gymnasien, Kollegs 4.549,80 4.524,40 Sekundarschulen, VHS 5.843,70 5.770,80 Sonderschulen 1.322,90 1.304,80 Zentral verwaltete Schulen 418,6 405,8 Berufliche Schulen 3.291,00 3.316,70 Gesamtsumme 24.428,4 24.344,9 2015/2016 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 8.547,60 8.430,00 Gymnasien, Kollegs 4.405,90 4.423,30 Sekundarschulen, VHS 5.579,80 5.565,60 Sonderschulen 1.309,20 1.294,50 Zentral verwaltete Schulen 417 415,7 Berufliche Schulen 3.086,00 3.061,80 Gesamtsumme 23.345,5 23.190,9 2014/2015 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 8.095,80 8.072,10 Gymnasien, Kollegs 4.305,10 4.362,60 Sekundarschulen, VHS 5.380,50 5.363,30 Sonderschulen 1.353,90 1.337,10 Zentral verwaltete Schulen 406,1 416 Berufliche Schulen 3.051,80 3.074,10 Gesamtsumme 22.593,2 22.625,2 2013/2014 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 7.834,8 7.742,0 Gymnasien, Kollegs 4.261,9 4.258,9 Sekundarschulen, VHS 5.364,4 5.340,6 Sonderschulen 1.433,6 1.445,4 Zentral verwaltete Schulen 314,4 313,8 Berufliche Schulen 3.063,6 3.098,6 Gesamtsumme 22.272,7 22.199,3 2012/2013 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 7.560,7 7.600,3 Gymnasien, Kollegs 4.250,9 4.322,6 Sekundarschulen, VHS 5.301,1 5.239,4 Sonderschulen 1.503,2 1.502,5 Zentralverwaltete Schulen 321,4 323,4 Berufliche Schulen 3.096,0 3.123,8 Gesamtsumme 22.033,3 22.112,0 - - 4 2011/2012 Schulart Bedarf Bestand Grundschulen 7368 7448,3 Sekundarschulen 4876 4869,8 Gymnasien 4170 4130,6 Sonderschulen 1565 1572,8 Zweiter Bildungsweg 231,5 224 Zentral verwaltete Schulen 322,4 317,8 berufliche Schulen 3115 3141,1 Gesamtsumme 21648 21704 4.) Wie viele Lehrer wurden in Berlin in den letzten zehn Jahren neu eingestellt? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) Wie viele dieser Lehrer waren a.) vollqualifizierte Lehrer mit Zweiter Staatsprüfung? b.) Personen ohne Lehrbefähigung? Zu 4.: Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Eine Aufteilung nach Schularten liegt nicht für alle Jahre vor, daher wurde auf diese Auswertung verzichtet : Jahr Anzahl Einstellungen insgesamt* (Personen) Anzahl mit Lehramtsbefähigung Anzahl ohne Lehramtsbefähigung 2007 459 430 29 2008 715 670 45 2009 447 398 49 2010 1.100 1.037 63 2011 1.307 1.231 76 2012 1.119 1.030 89 2013 1.536 1.380 156 2014 2.851 2.375 476 2015 2.391 1.922 469 2016 3.000 2.136 864 2017 3.047 1.800 1.247 * befristete und unbefristete Einstellungen Bei den eingestellten Lehrkräften mit Lehramtsbefähigung sind auch Lehrkräfte mit einer anerkannten ausländischen Lehramtsausbildung sowie Lehrkräfte für Fachpraxis enthalten . Die eingestellten Lehrkräfte ohne Lehramtsbefähigung erwerben diese grundsätzlich durch berufsbegleitende Qualifizierung (Quereinstieg in den Schuldienst). 5.) Wie viele Lehrer wurden in Berlin in den letzten zehn Jahren auf Antrag aus dem Schuldienst entlassen? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) 6.) Wie viele Lehrer wurden in Berlin in den letzten zehn Jahren a. auf Antrag aus dem Schuldienst entlassen? b. wegen dienstlicher Schlechtleistung aus dem Schuldienst entlassen? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln ) - - 5 Zu 5. und 6.: Lehrkräfte, die die Berliner Schule verlassen, werden nach Abgangsgründen im Lehrer- Informations- und Verwaltungssystem geschlüsselt (siehe auch Schriftliche Anfrage Nr. 18/13382). Der Schlüssel „Auf Antrag aus dem Schuldienst entlassen“ existiert dabei nicht und kann auch nicht ausgewertet werden. 7.) Bei welcher Art oder welchem Grad von Schlechterfüllung der Arbeit liegt ein Dienstvergehen vor? 8.) Ist Unfähigkeit ein Dienstvergehen? Zu 7. und 8.: Nicht jede Art von Schlechtleistung ist ein Dienstvergehen; um den Grad eines Dienstvergehens zu rechtfertigen, muss es sich um besonders schwerwiegende Verfehlungen handeln . Die Beamtin bzw. der Beamte ist Schwankungen ihrer/seiner Arbeitskraft unterworfen und macht gelegentlich Fehler, die eine Verwaltung vernünftigerweise in Kauf nehmen muss. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausübung des Dienstes hat deshalb regelmäßig nur eine im Ganzen durchschnittliche Leistung zum Gegenstand. Um ein nachlässiges Gesamtverhalten als in disziplinarrechtlicher Hinsicht pflichtwidrig zu kennzeichnen, bedarf es des Nachweises einigermaßen gewichtiger Mängel der Arbeitsweise, die insgesamt über das in Einzelfällen bei einer durchschnittlichen Beamtin bzw. einem durchschnittlichen Beamten noch tolerierbare Versagen eindeutig hinausgehen und sich als echte Schuld von bloßem Unvermögen abgrenzen lassen. Dies muss wiederum von Fall zu Fall entschieden werden. In Anknüpfung an die Beantwortung der vorbenannten Frage ist Unfähigkeit per se kein Dienstvergehen. Jede Beamtin bzw. jeder Beamte ist aber verpflichtet, sich um eine ordnungsgemäße Dienstausübung zu bemühen, also gegebenenfalls notwendige, ihm aber fehlende Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. So ist die Beamtin bzw. der Beamte insbesondere verpflichtet, sich fachlich beraten zu lassen und die Hilfestellungen (Weisungen ) seiner Vorgesetzten umzusetzen, soweit ihm dies möglich ist. 9.) Wie viele Planstellen konnten an den Grund-, Sekundarschulen und Gymnasien in den letzten zehn Jahren nicht besetzt werden? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) Zu 9.: Eine entsprechende Auswertung ist nicht möglich. Grundsätzlich konnten die vorhandenen Einstellungsbedarfe eines jeweiligen Jahres bis auf wenige Ausnahmen abgedeckt werden . 10.) Wie hat sich die Gesamtzahl an Lehrern in Berlin in den letzten zehn Jahren entwickelt? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) - - 6 Zu 10.: Die Entwicklung an Lehrkräften in den letzten zehn Jahren stellt sich wie folgt dar: Berliner aktive Lehrkräfte 1) (Personen) nach Schulart 2) und Geschlecht Schulart Geschlecht 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Grundschulen 3) männlich 1.445 1.455 1.402 1.422 1.394 1.392 1.359 1.577 1.803 2.019 Grundschulen 3) weiblich 8.577 8.636 8.446 8.605 8.580 8.747 8.757 9.177 9.592 10.362 Sekundarschulen 4), 5) männlich 2.214 2.130 2.188 2.007 2.102 2.146 2.146 2.307 2.343 2.406 Sekundarschulen 4), 5) weiblich 3.902 3.790 3.974 3.741 3.991 4.129 4.132 4.303 4.294 4.398 Gymnasien männlich 2.026 1.980 1.963 1.983 2.101 1.963 1.881 1.970 1.999 2.068 Gymnasien weiblich 3.245 3.236 3.242 3.299 3.550 3.344 3.302 3.473 3.522 3.628 Sonderschulen 6) männlich 391 378 384 342 342 298 292 306 305 305 Sonderschulen 6) weiblich 1.737 1.710 1.829 1.629 1.645 1.490 1.408 1.333 1.288 1.229 Berufliche Schulen männlich 2.162 2.092 1.917 1.930 1.873 1.806 1.765 1.778 1.739 1.789 Berufliche Schulen weiblich 2.064 2.060 1.961 2.074 2.086 2.094 2.116 2.175 2.201 2.406 Zweiter Bildungsweg männlich 124 132 121 115 117 122 125 123 117 112 Zweiter Bildungsweg weiblich 216 234 214 223 220 228 232 229 227 216 Insgesamt 28.103 27.833 27.641 27.370 28.001 27.759 27.515 28.751 29.430 30.938 1) Ohne Vorklassenleiter/innen, ohne Studienreferendare/innen, Lehreranwärter/innen 2) Zuordung nach dem überwiegend erteilten Unterricht 3) Veröffentlichte Daten (Lehrkräftebedarfsfeststellung) 4) inkl. Grundstufen an Gesamtschulen und Integrierten Sekundarschulen (ISS) 5) bis 2009 Haupt-, Real- und Gesamtschulen ohne Grundstufe, ab 2010 ISS 6) Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt 11.) Wie viele Stunden wurden seit 2011 von Personen ohne Zweite Staatsprüfung unterrichtet? (Bitte nach Jahr und Schulform aufschlüsseln) Wie viele Stunden davon werden a. von Lehrkräften mit Erster Staatsprüfung unterrichtet, die sich im Vorbereitungsdienst befinden? b. von Lehrkräften mit Erster Staatsprüfung unterrichtet, die sich nicht im Vorbereitungsdienst befinden? c. von Personen unterrichtet, die als Quereinsteiger ins Lehramt streben? d. von Personen ohne weitere Lehrerausbildung unterrichtet? Zu 11.: Es kann mit dem vorhandenen Datenmaterial nicht beantwortet werden, wie viele Stunden von Personen ohne Zweite Staatsprüfung unterrichtet werden. Berlin, den 20. Februar 2018 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-13381 S18-13381a