Drucksache 18 / 13 422 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 06. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2018) zum Thema: Steigende Jugendgewalt – wie reagiert der Senat? und Antwort vom 26. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13422 vom 06. Februar 2018 über Steigende Jugendgewalt – wie reagiert der Senat? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Welche Konsequenzen zieht der Berliner Senat aus dem Jahresbericht 2016 der Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention insbesondere im Hinblick auf folgende Empfehlungen? 1. Wurde das Meldesystem für Gewaltvorfälle an Schulen überarbeitet? Und wenn ja, wie? Zu 1.: Derzeit wird das Hilfe- und Unterstützungsverfahren für Gewaltvorfälle, Krisen und Notfälle evaluiert. Nach Abschluss der Evaluation ist eine Überarbeitung des Verfahrens geplant. 2. Ist die Zielsetzung, dass jede Schule in Berlin mit mindestens einer Sozialarbeiterstelle ausgestattet werden soll, umgesetzt? Wenn nein, an welchen Schulen wurden bisher keine Sozialarbeiter angestellt und warum? Zu 2.: Die derzeitige Ausstattung der Schulen in Berlin mit Sozialarbeiterinnenstellen /Sozialarbeiterstellen im Rahmen des Landesprogramms "Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. - - 2 Tabelle: Ausstattung Landesprogramm Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen Berlinweit bestehen an ca. 70 Grundschulen, 5 ISS und einem Gymnasium bezirklich finanzierte „Schulstationen“ mit unterschiedlicher Ausstattung. Außerdem werden 16 Vollzeiteinheiten (VZE) Schulsozialarbeit durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie an beruflichen Schulen umgesetzt. Im Doppelhaushalt 2018/2019 erfolgt eine Erweiterung des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ um 1,2 Mio. € bzw. 20 Stellen. Das Ziel, jede Schule mit mindestens einer Sozialarbeiterinnenstelle bzw. Sozialarbeiterstelle auszustatten, ist in den Richtlinien der Regierungspolitik enthalten. Für den Doppelhaushalt 2020/2021 wird daher ein weiterer Ausbau des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ angestrebt. 3. Wird die Gewaltbelastung – gemessen anhand der polizeilichen Statistik oder des Notfallmeldesystems der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – mittlerweile beim Auswahlprozess des Bonusprogramms für Schulen als zusätzliches Kriterium berücksichtigt? Wenn nein, warum? Zu 3.: Das einzige Kriterium für die Aufnahme einer Schule in das Bonus-Programm ist ein sozioökonomischer Faktor, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die von der Zuzahlung zu den Lernmitteln befreit sind (Lmb-Faktor). Ziel des Programmes ist, Bildungsbenachteiligung für diese Schülergruppe abzubauen. Im Zielvereinbarungsprozess, der datengestützt erfolgt, wird allerdings bei Abschluss- und Bilanzgespräch darauf geachtet, dass bei hoher Gewaltbelastung der Schule entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Die Schulen haben das Programm dazu genutzt, breite Beteiligungsprozesse mit Eltern, Schülerinnen und Schülern in Gang zu setzen, Klassenräte gebildet, Schülerinnen und Schülern durch die unterschiedlichsten Angebote gestärkt, Konflikte friedlich lösen gelernt und Angebote zur Elternbeteiligung gemacht. 96 Schulen haben beispielsweise den Schwerpunkt „friedliche Konfliktlösung“ mit den unterschiedlichsten Maßnahmen in ihren Zielstellungen benannt und umgesetzt. Schulart Anzahl Schulen Anzahl Stellen (VZE) Gesamtanzahl öffentlicher Schulen1 Grundschulen 137 133 367 Integrierte Sekundarschulen 61 61 136 Schulen mit sonderpäd. Förderschwerpunkt 28 21,5 77 Berufliche Schulen 22 19 193 Gymnasien 10 10 91 Inklusive Schwerpunktschulen 11 11 11 Gesamt 269 255,5 875 1 Quelle: „Blickpunkt Schule – Schuljahr 2017/2018“ - - 3 Ergreift eine Schule mit auffallender Gewaltbelastung im Bonus-Programm keine Maßnahmen und findet das auch an anderer Stelle im Schulprogramm keinen Niederschlag, besteht über den Zielvereinbarungsprozess die Möglichkeit der Nachsteuerung durch die Schulaufsicht. 4. Hält die Senatsverwaltung den rechtlichen Handlungsrahmen der Schulen in Form der Ausführungsvorschriften über die Beurlaubung und Befreiung vom Unterricht für ausreichend? Wenn nein, welche zusätzlichen Maßnahmen hält der Senat für angezeigt? Zu 4.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hält die Ausführungsvorschriften über Beurlaubung und Befreiung vom Unterricht (AV Schulbesuchspflicht) grundsätzlich für geeignet, dem Problem der Schuldistanz in Berlin gezielt entgegenzuwirken. Die Vorschrift sieht unter anderem vor, dass nach fünf nicht zusammenhängenden unentschuldigten Fehltagen im Schulhalbjahr eine Schulversäumnisanzeige beim Schulamt zu erfolgen hat. Da sich in der Praxis gezeigt hat, dass auch häufiges unentschuldigtes Fehlen in einzelnen Unterrichtsstunden ein Einstieg in verfestigte Schuldistanz sein kann, wurde die Vorschrift entsprechend angepasst. Künftig wird nun stundenweises Fehlen bei Schulversäumnisanzeigen ebenfalls berücksichtigt (6 Stunden = 1 Tag). Die Änderungen treten am 1. August 2018 in Kraft. 5. Wurde die zentrale Erfassung von Fehlzeiten auf Grundschulen ausgeweitet? Zu 5.: In den Grundschulen werden die Fehlzeiten der Jahrgangsstufen 5 und 6 seit dem Schuljahr 2015/2016 zentral erfasst. 6. Welche Maßnahmen hat der Senat gegen Gewalt an Schulen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 finanziell unterstützt (aufgeschlüsselt nach Bezirken und Nennung der Maßnahme)? Zu 6.: Der Senat unterstützte in den vergangenen Jahren folgende Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen: - BIG e. V. Prävention - Präventionsarbeit zum Thema häusliche Gewalt an Grundschulen für Kinder, deren Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen (2014 - 2017), - EducationY e.V. - gegen Bildungsbenachteiligung und gegen Ausgrenzung (2014 - 2017), - Alpha Team Berlin Brandenburg - Selbstverteidigung, Gefahrenerkennung und -vermeidung (2016 - 2017), - Camp Stahl - „Mit Respekt, Mut und Toleranz, gegen Mobbing, Gewalt, Drogen und Vorurteile!“ (2017). Eine bezirkliche Zuordnung der Maßnahmen gibt es nicht. 7. Inwiefern sind die Schulen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf von Jugendgewalt betroffen (aufgeschlüsselt nach Schule, Häufigkeitszahlen für die Jahre 2014, 2015, 2016)? - - 4 Zu 7.: Bis zur Überarbeitung des Meldeverfahrens (siehe hierzu Antwort zu Frage 1.) werden keine Zahlen von Einzelschulen veröffentlicht. Die Statistiken zur polizeilich registrierten Jugendgewalt an den Schulen in den Regionen können den Berichten zum Berliner Monitoring Jugendgewaltdelinquenz der Landeskommission Berlin gegen Gewalt entnommen werden, die bislang jährlich veröffentlicht wurden . 8. Gibt es Angebote für besonders dissoziale, auffällige Jugendliche und Kinder, die schon verschiedene Maßnahmen durchlaufen haben, bei denen dennoch keine Stabilisierung erreicht werden konnte und die weiterhin durch Delinquenz auffallen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum? Zu 8.: Der Träger „JF Jugendförderung Berlin gGmbH“ hält seit dem Jahr 2012 fünf Plätze für junge Menschen vor, die aufgrund erheblicher Fremd- und Selbstgefährdung im Rahmen einer Inobhutnahme einer zeitlich befristeten Krisenintervention verbunden mit freiheitsentziehenden Maßnahmen (FM) bedürfen. Hierzu können auch besonders dissoziale, auffällige junge Menschen gehören. Die Unterbringung in diesem Rahmen ist auf höchstens drei Monate beschränkt und kann nur auf Grundlage einer entsprechenden richterlichen Genehmigung erfolgen. Darüber hinaus wurde durch denselben Träger zum 15.02.2018 eine intensivpädagogische Wohngruppe mit sechs Plätzen ohne die Möglichkeit der Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen eröffnet. Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche mit sehr komplexen Hilfebedarfen, die im Rahmen der bisherigen Jugendhilfeangebote nicht im notwendigen Maße erfolgreich in verbindliche pädagogische Verläufe eingebunden werden konnten und deren häufig einschlägige Erfahrungen mit der Kinder- und Jugendhilfe und auch mit Psychiatrie und Justiz zu tiefgreifendem Abwehrverhalten gegenüber Hilfen der öffentlichen Erziehung geführt haben. Im Laufe des Jahres 2018 soll eine zweite Wohngruppe (mit weiteren sechs Plätzen) für die beschriebene Zielgruppe eingerichtet und eröffnet werden. Im Rahmen der Hilfen zur Erziehung werden für die beschriebene Zielgruppe auch Plätze bzw. Angebote außerhalb von Berlin im gesamten Bundesgebiet in Anspruch genommen, sofern diese dem individuellen Bedarf des jungen Menschen entsprechen und innerhalb von Berlin keine adäquaten Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Zudem wird derzeit im Land Berlin ein vorerst auf zwei Jahre befristetes Modellprojekt einer „Berliner Koordinierungsstelle“ zur Entwicklung flexibler (stationärer) Hilfesettings für Kinder und Jugendliche mit komplexen Hilfebedarfen (z. B. schwer dissoziale Kinder und Jugendliche) umgesetzt. Durch die Koordinierungsstelle, an der Jugendämter und freie Träger der Jugendhilfe beteiligt sind, sollen Kinder und Jugendlichen (auch begleitete und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) erreicht werden, die aufgrund ihres Verhaltensbildes in Folge von psychischen Beeinträchtigungen, Traumatisierungen und/oder einem extrem hohen Aggressionspotential nicht ausreichend und passgenau in bestehenden überwiegend gruppenbezogenen Jugendhilfeangeboten betreut werden können. Über die Koordinierungsstelle werden in einem definierten Trägernetzwerk vorhandene Ressourcen in Einrichtungen mit möglichen Zusatzleistungen, erlebnispädagogischen Angeboten, Angeboten der Flüchtlings- und Migrationsarbeit und Angeboten der Jugendsozialarbeit gebündelt und für den Einzelfall organisiert und zur Verfügung gestellt. Ziel der Koordinierungsstelle ist es, sich wiederholende Verfahrensmuster zu durchbrechen und auch für Kinder - - 5 und Jugendliche mit sehr schwierigen Verhaltensweisen ein bedarfsgerechtes, auf den individuellen Bedarf des Kindes/Jugendlichen zugeschnittenes und tragfähiges Hilfeangebot im Rahmen flexibler Hilfen zu erarbeiten. Ferner sollen diese Erfahrungen gebündelt und für die weitere Angebotsentwicklung einzelfallübergreifend genutzt werden. Für Jugendliche und junge Volljährige, die mehrfach erfolglos Jugendhilfemaßnahmen abgebrochen haben und ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße suchen, besteht die Möglichkeit , sich an die Kontakt- und Beratungsstelle (KuB) sowie die Notübernachtungsstätte „Sleep In“ des Berliner Notdienst Kinderschutz (BNK) zu wenden. Die KuB bietet niedrigschwellige Hilfen über Streetwork (Alexanderplatz, Breitscheidplatz, Bahnhof Zoo) und über einen offenen Freizeitbereich an, um Straßenjugendliche anzusprechen und wenn möglich wieder in das Regelsystem zu integrieren. Für Jugendliche und Heranwachsende, die bereits straffällig geworden sind, stehen darüber hinaus die vielfältigen Angebote verschiedener Träger im Rahmen der ambulanten Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz, die Betreuung durch die Bewährungshilfe für Jugendliche und Heranwachsende sowie Spezialprojekte im Rahmen der Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz zur Verfügung. In diesem Zusammenhang wird zudem auf die vorliegenden Informationen und Handreichungen zum Thema hingewiesen, wie z. B.: Schul- und Jugend-Rundschreiben 1/2006 vom 16.12.2005 (Zusammenarbeit und Datenaustausch zwischen Schule und Jugendamt), Handlungsempfehlung „Kooperation von Schule und Jugendhilfe zum Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Schwierigkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung“ (2. Aufl., Dezember 2008), Handlungsleitfaden „Zusammenarbeit zwischen Schulen und bezirklichem Jugendamt im Kinderschutz“ (2. Aufl., Oktober 2009), Jugend-Rundschreiben 5/2011 vom 20.09.2011 (Verbesserung der interdisziplinären, ressortübergreifenden Zusammenarbeit im Umgang mit Mehrfach- und Intensivtätern) und Jugend-Rundschreiben Nr. 2/2013 vom 19.03.2013 (Inobhutnahme von massiv gefährdeten/straffälligen Minderjährigen gemäß § 42 Abs. 5 SGB VIII). 9. In welchen Polizeiabschnitten wurden die polizeilichen Teams aus Präventions- und Sicherheitsbeauftragten verstärkt? Inwieweit wurden hierbei Gebiete mit einem erhöhtem Präventionsbedarf berücksichtigt? Zu 9.: Eine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Auf Grundlage der aktuellen Lagebeurteilung werden nach Maßgabe der Abschnittsleitungen die Präventionsbeauftragten temporär von weiteren Mitarbeitenden unterstützt. 10. Welche Projekte im Rahmen der Täterorientierten Intervention (TOI), der frühen Intervention bei tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen, gibt es im Land Berlin? Gibt es eine Evaluation der Maßnahmen? Wie schätzt der Senat deren Wirksamkeit ein? Zu 10.: Innerhalb des polizeilichen Pilotprojekts TOI gibt es keine weiteren eigenständigen Projekte . Zur Evaluation und deren Ergebnissen siehe Antwort zu Frage 1. der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/12532. 11. Wie bewertet der Senat das Pilotvorhaben „Staatsanwaltschaft für den Ort“, das seit dem 01.07.2015 in Neukölln umgesetzt wird, und bei dem sich drei Staatsanwält/innen ausschließlich um jugendliche Straftä- - - 6 ter/innen aus Neukölln, also entgegen dem üblichen Prozedere wohnortbezogen, kümmern? Ist eine Ausweitung auf andere Bezirke geplant? Wenn ja, auf welche Bezirke in welchem zeitlichen Rahmen? Wenn nein, warum nicht? Gibt es bereits eine Einschätzung bzw. eine Zwischeneinschätzung, ob die Ausweitung auf andere Bezirke sinnvoll ist (in Ergänzung zur Anfrage von Joschka Langenbrinck, DS 18/12532)? Zu 11.: Zum organisatorischen Stand des Pilotvorhabens wird auf die Antwort zu Frage 6. der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/12532 Bezug genommen. Der Verlauf war von Beginn an geprägt von einem erheblichen Engagement der beteiligten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte . Neben einer zügigen Bearbeitung der eingehenden Ermittlungsverfahren wurden in erheblichem Umfang Zusatzaufgaben mit dem Ziel übernommen, durch ein verstärktes Engagement bei der Zusammenarbeit mit den übrigen Beteiligten eine qualitative Steigerung der Bearbeitung der Jugendstrafverfahren zu erreichen. Auf dieser Grundlage konnte insbesondere eine merkliche Verbesserung der Zusammenarbeit der Verfahrensbeteiligten erreicht werden. So hat die personelle Kontinuität zu einer Steigerung der persönlichen Kontakte zwischen den Ressorts und damit insbesondere zu einem beschleunigten Informationsfluss beigetragen. Bei den beteiligten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten hat sich darüber hinaus auch die Arbeitszufriedenheit erhöht. So wurde die ortsbezogene Tätigkeit von den Beteiligten grundsätzlich als spannend und motivationsfördernd empfunden. Das Vorhaben hat sich mithin erfreulich entwickelt. Angesichts dessen ist eine Ausweitung der Regionalisierung der staatsanwaltschaftlichen Jugendsachbearbeitung vorgesehen, mit der Planung des weiteren Vorgehens wird noch vor Ablauf des Pilotvorhabens zum 30. Juni 2018 begonnen. 12. Welche Maßnahmen hat der Senat bisher ergriffen, um das Programm für Schul- und Ausbildungsabschlüsse für jugendliche Straftäter auszubauen und zu stärken und dabei das Übergangsmanagement für die Zeit nach der Haft unter Einbeziehung der Jugendberufsagenturen zu verbessern? Welche zusätzlichen Maßnahmen sind geplant? Zu 12.: In der Jugendstrafanstalt Berlin (JSA) wurde dauerhaft das Beratungszentrum JSA Berlin als Schnittstelle zwischen den vollzugsinternen und -externen Akteurinnen und Akteuren im Rahmen der Entlassungsvorbereitung eingerichtet. Es bündelt und zentralisiert die verschiedenen fachlichen Kompetenzen der internen und externen Beraterinnen und Berater. Das Beratungszentrum hält ein transparentes und verbindliches Angebot vor und organisiert dessen Realisierung. Die Angebote richten sich an alle Inhaftierten der JSA mit entsprechenden fachspezifischen Beratungs- und Vermittlungsbedarfen. Dazu gehört auch eine Berufsberatung mit Darstellung von Vermittlungsangeboten in Ausbildung und/oder Qualifizierungsmöglichkeiten durch die Bundesagentur für Arbeit. Hierfür ist dauerhaft eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit eingesetzt. Die sog. Reso-Beraterin berät an vier Tagen die Woche (Mo, Di, Do, Fr) inhaftierte Jugendliche ganztägig von 09.00 bis 17.00 Uhr vor Ort im Beratungszentrum und stellt bei Bedarf auch den Kontakt zu den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jugendberufsagenturen her. Ausgehend von zwei vergleichenden Populationsuntersuchungen in 2013 und 2016 konnten Bedarfe und Defizite der Inhaftierten bei der schulischen und beruflichen Qualifizierung in der JSA identifiziert werden. Im Ergebnis ist insbesondere der Bedarf an verstärkten Maßnahmen im niedrigschwelligen Qualifizierungsbereich festgestellt worden. Daher ist ein erweitertes Angebot von Arbeitstraining und arbeitstherapeutischen Maßnahmen, Deutschkursen als Zweit- und Fremdsprache und Alphabetisierungs-/Grundbildungskursen geplant. Letztere sollen insbesondere als arbeits- und ausbildungsplatzorientierte - - 7 Angebote konzipiert werden und so als begleitender Förderunterricht nah an der aktuellen Lebenswirklichkeit sein. Die erforderlichen zusätzlichen Mittel wurden im Doppelhaushalt 2018/2019 verankert. 13. Inwieweit plant der Senat das bestehende niedrigschwellige Angebot für Opfer von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt stärker sozialräumlich auf Gebiete mit besonderem Handlungsbedarf zu fokussieren, beispielsweise durch die Errichtung weiterer Gewaltschutzambulanzen oder durch die Kooperation mit anderen Trägern in hochbelasteten Sozialräumen? Sind die Angebote aus Sicht des Senats bereits ausreichend auf die spezifische Situation jugendlicher und heranwachsender Opfer zugeschnitten? Zu 13.: Der Senat hat die Kiezorientierte Gewalt- und Kriminalitätsprävention als Themenschwerpunkt benannt und damit den sozialräumlichen Aspekt in den Blick genommen. Sozialräumliche Gewalt- und Kriminalitätsprävention hat die Nachbarschaft und den Stadtteil zum Ausgangspunkt, um lokale Kräfte zu mobilisieren und sie in die Problembearbeitung einzubeziehen. Mit Unterstützung der Landeskommission Berlin gegen Gewalt werden den Bezirken jährlich Mittel zur Verfügung gestellt, in diesem Jahr 150.000 Euro für jeden Bezirk, um die lokal bestehenden Probleme mit geeigneten präventiven Projekten zielgerecht und adressatengerecht zu lösen. Auf der Grundlage des „Berliner Monitoring Jugendgewaltdelinquenz “ kann der Bezirk eine quartiersspezifische Erfassung, Beschreibung und Analyse von Gewalt- und Kriminalitätsproblemen und ihrer Prävention gewährleisten , die die jugendlichen und heranwachsenden Opfer und deren Umfeld berücksichtigt . Die Erfahrungen werden im Anschluss evaluiert und bieten so die Grundlage für die Fortentwicklung weiterer geeigneter Maßnahmen. Die Errichtung weiterer Gewaltschutzambulanzen wird hier noch nicht diskutiert. Über die genannten Möglichkeiten hinaus halten die Bezirke ein spezifisches Angebot in den Jugendämtern vor, um Jugendliche und ihre Familien bei Problemen aktiv zu unterstützen. Im Zuständigkeitsbereich der für Jugend und Familie zuständigen Senatsverwaltung gibt es zahlreiche weitere sozialräumlich ausgerichtete niedrigschwellige Beratungsangebote für Opfer von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt, die auf die spezifische Situation jugendlicher und heranwachsender Opfer zugeschnitten sind. 14. Gibt es Schulungen und/oder Trainingsprogramme im Bereich Deeskalation, Umgang mit auffälligen Kindern und Jugendlichen für Lehrer und Erzieher? Zu 14.: Es gibt verschiedene Angebote der Regionalen Fortbildung zu diesem Themengebiet, die sich sowohl auf das Verhalten der Schülerinnen und Schüler untereinander, als auch gegenüber dem pädagogischen Personal beziehen. Neben Fortbildungen zur Reaktion auf konkrete Situationen werden zahlreiche weitere zur Gewaltprävention und zum Sozialen Lernen angeboten, um auffälligem bzw. gewalttätigem Verhalten nachhaltig entgegenzuwirken , z.B.: - Umgang mit herausforderndem, aggressivem, auffälligem Verhalten, herausfordernden Unterrichtssituationen und Mobbing, Deeskalation - Soziales Lernen, Diversity, Demokratiebildung und Gewaltprävention - Schulungen und Netzwerktreffen für Kontaktlehrerinnen und Kontaktlehrer und Krisenteams - Gewaltfreie Kommunikation, zielorientierte Gesprächsführung. - - 8 In den Fortbildungsverbünden sind Schulberaterinnen und Schulberater für Gewaltprävention benannt. An einigen Schulen existieren bereits Krisenteams zur Gewaltprävention, welche regelmäßig fortgebildet werden. 15. Welche Maßnahmen nach §14 SGB VIII gab es in den Bezirken in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017, wie hoch waren die Investitionen in den einzelnen Bezirken im Rahmen dieser Maßnahmen und wie viele Angebotsstunden wurden jeweils geleistet? (Bitte aufschlüsseln, nach Bezirk, Maßnahme, Investitionen pro Maßnahme, Angebotsstunde pro Maßnahme für das jeweilige Jahr) Zu 15.: Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes stellen eine Querschnittsaufgabe der Kinder- und Jugendhilfe dar. Sie sind damit integraler Bestandteil der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, wie der Kindertagesbetreuung, der Familienbildung, der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder der Jugendverbandsarbeit, aber auch der Hilfen zur Erziehung. Daher sind diese Querschnittsangebote keine Einzelmaßnahmen, die einer finanziellen Untersetzung im Sinne von Produktbildung oder Budgetierung unterliegen. 16. Gibt es der Beantwortung dieser Anfrage von Seiten des Senats zum befragten Thema noch etwas hinzuzufügen ? Zu 16.: Hinsichtlich der Entwicklung der Jugendgewalt in Berlin kommen die Autoren des vierten Berliner Monitorings Jugendgewaltdelinquenz zu folgendem Schluss: „Das Monitoring Jugendgewaltdelinquenz zeigt für das Jahr 2016 erstmals einen leichten Anstieg. Die Jugendgewalt in Berlin schwankt somit - nach jahrelangen Rückgängen – um einen im Vergleich der letzten zehn Jahre niedrigen Wert.(S. 10, Abs.1)“. Diese seit 2007 positive Entwicklung konnte durch die enge Zusammenarbeit der Ressorts Polizei, Schule und Jugend erzielt werden. Um diese Erfolge weiterhin zu verstetigen und präventiv wirksam zu werden, wurde vom Senat das Berliner Programm gegen Gewalt an Schulen beschlossen. Berlin, den 26. Februar 2018 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-13422 S18-13422