Drucksache 18 / 13 429 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 06. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2018) zum Thema: Überlastung der Berliner Gerichte 2017: Kann Sinn und Zweck der U-Haft noch erreicht werden? und Antwort vom 23. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Feb. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 429 vom 6. Februar 2018 über Überlastung der Berliner Gerichte 2017: Kann Sinn und Zweck der U-Haft noch erreicht werden? --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Bei wie vielen Beschuldigten konnte in Berlin im Jahr 2017 wegen des Ablaufs der 6-Monats-Frist des § 121 StPO der Vollzug der Untersuchungshaft nicht aufrechterhalten werden? Um welche konkreten Delikte handelte es sich dabei (bitte nach den einzelnen Jahren gesondert darstellen)? Zu 1.: Im Jahr 2017 konnte in Berlin anlässlich der Überprüfung von insgesamt 118 Verfahren bei insgesamt sechs Beschuldigten in vier verschiedenen Verfahren (2015: 7 Beschuldigte , 2016: 7 Beschuldigte) als Vergleich wegen des Ablaufs der 6-Monats-Frist der Vollzug der Untersuchungshaft nicht aufrecht erhalten werden, wobei lediglich vier Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. Für zwei der Beschuldigten war aufgrund eines weiteren Haftbefehls in anderer Sache Überhaft notiert, so dass sie inhaftiert blieben. Den Freigelassenen wurden folgende Delikte zur Last gelegt: 1. Schwerer Raub in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlicher Körperverletzung, 2. Computerbetrugstaten, 3. Betrugstaten (mit Vermögensverlust großen Ausmaßes) und 4. bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. 2. Was waren jeweils konkret die Gründe für den Fristablauf? Zu 2.: In zwei Verfahren wurde durch das Kammergericht festgestellt, dass aufgrund des Ermittlungsergebnisses eine Anklageerhebung bereits zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Die darüber hinaus durchgeführten Ermittlungen seien keine notwendige Voraussetzung für die Anklageerhebung gewesen. In einem weiteren Verfahren wurde festgestellt, dass die polizeiliche Vernehmung des Angeklagten erst vier Wochen nach der Festnahme erfolgte. Es wurde auch festgestellt, dass die Anklageschrift zunächst in die arabische Sprache übersetzt wurde und dann noch in die persische Sprache übersetzt werden musste, weil der Angeklagte nur diese beherrschte. In dem vierten Verfahren wurde festgestellt, dass die Abfassung der Anklageschrift zu lange gedauert habe. 3. Wie gedenkt der Senat dafür Sorge zu tragen, dass es grundsätzlich nicht zu Aufhebungen des Vollzugs der Untersuchungshaft allein wegen des Fristablaufs nach § 121 StPO kommt? Zu 3.: Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung holt in jedem Fall einer Haftentlassung nach Vorlage gem. §§ 121, 122 StPO hin eine Stellungnahme des Generalstaatsanwalts in Berlin bzw. des Präsidenten des Kammergerichts ein - je nachdem, ob der Grund für die Entlassung im Bereich der Strafverfolgungsbehörden oder der Strafgerichte lag - und überprüft die Eignung der zum Zweck der zukünftigen Vermeidung von weiteren Haftentlassungen getroffenen Maßnahmen. 4. In wie vielen der unter Frage 1.) genannten Fälle a. wurde Anklage erhoben und b. konnte eine Hauptverhandlung gegen die Beschuldigten wegen der die Untersuchungshaft begründenden Delikte mit welchem Ergebnis durchgeführt werden (erbitte gesonderte Darstellung)? Zu 4.: In dem ersten der vier genannten Verfahren wurde Anklage erhoben und die Hauptverhandlung durchgeführt. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In dem zweiten Verfahren wurde die bereits erhobene Anklage auf die Haftbefehlsaufhebung hin zurückgenommen; die Staatsanwaltschaft unternimmt derzeit weitere Ermittlungen mit dem Ziel einer neuen Anklage. In dem dritten Verfahren wurde Anklage erhoben. Die Hauptverhandlung findet derzeit statt. Ein Urteil ist noch nicht ergangen. In dem vierten Verfahren wurde Anklage erhoben, die Hauptverhandlung durchgeführt und der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. 5. Sind dem Senat seit dem Jahr 2015 Fälle bekannt, in denen die aus der Untersuchungshaft Entlassenen ihre Entlassung zur Flucht und/oder Straftatenbegehung oder dazu genutzt haben, die mutmaßliche Tat zu verdunkeln bzw. Zeugen zu beeinflussen (erbitte gesonderte Darstellung)? Zu 5.: Es handelt sich hierbei um Umstände, die nicht statistisch erfasst oder gesondert dokumentiert werden, so dass eine Beantwortung nicht möglich ist. Berlin, den 23. Februar 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-13429 S18-13429