Drucksache 18 / 13 430 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) vom 07. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2018) zum Thema: Abschiebehaft für islamistischen Gefährder ist notwendig – ihre Verweigerung unverantwortlich und Antwort vom 23. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13430 vom 7. Februar 2018 über Abschiebehaft für islamistischen Gefährder ist notwendig – ihre Verweigerung unverantwortlich ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zur Klarstellung sei vorangestellt, dass der im Nachfolgenden benannte tunesische Staatsbürger den gegenwärtig vorliegenden Informationen folgend kein Gefährder war und ist. Nach dem Anschlag auf den Breitscheidplatz wurde er vorsorglich im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) behandelt, weil er im Drogenmilieu Kontakt zu Anis Amri hatte. Ab diesem Zeitpunkt wurden im GTAZ grundsätzlich Personen besprochen, die Kontakt zu Anis Amri hatten, losgelöst von einem terroristischen Bezug. Bereits in der ersten Behandlung wurde festgestellt, dass es keine Hinweise auf eine Verbindung in die islamistische Szene gibt. 1. Trifft es zu, dass das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der sächsischen Polizei mit Beschluss vom 26.01.2018 zum Aktenzeichen 302 XIV 9/18 B gegen einen tunesischen Staatsangehörigen mit Aufenthalt in Berlin per einstweiliger Anordnung die Haft zur Sicherung der Abschiebung und die Vorführung angeordnet hat? Zu 1.: Nein. Zutreffend ist, dass das Amtsgericht Tiergarten mit Beschluss vom 26. Januar 2018 im Weg der einstweiligen Anordnung die Haft zur Sicherung der Abschiebung und die Vorführung gegen einen tunesischen Staatsangehörigen angeordnet hat. Jedoch handelte es sich bei dem Antragsteller nicht um die sächsische Polizei, sondern die Landesdirektion Sachsen, zentrale Ausländerbehörde (ZAB). Das Aktenzeichen lautet nicht 302 XIV 9/18 B, sondern 382 XIV 9/18 B. Das Amtsgericht Tiergarten ging davon aus, dass der tunesische Staatsangehörige ohne festen Wohnsitz war. Seite 2 von 4 2. Trifft es zu, dass dieser betreffende tunesische Staatsangehörige als islamistischer Gefährder einzustufen ist und welche Erkenntnisse hat der Senat hierzu? Zu 2.: Nein. Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. 3. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, dass dieser islamistische Gefährder seit 2014 untergetaucht war und es den Sicherheitsbehörden bis Dezember 2017 nicht möglich war seinen Aufenthalt zu ermitteln? 4. Trifft es zu, dass bereits am 20.09.2017, 08.11.2017 und 13.12.2017 bereits geplante Abschiebungen scheiterten, weil der islamistische Gefährder untergetaucht war? Zu 3. und 4.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Mangels ausländerrechtlicher Zuständigkeit hat der Senat keine eigenen Erkenntnisse zu den ausländerrechtlichen Tatsachen. Die ausländerrechtliche Zuständigkeit lag und liegt allein bei dem Land Sachsen. Daher war und ist es die Aufgabe des Landes Sachsen, alle Voraussetzungen für eine Abschiebung herbeizuführen, wovon auch die Erwirkung eines Haftbeschlusses zur Vorbereitung einer Abschiebung und die Eintragung und Verknüpfung aller notwendigen Informationen in den polizeilichen Informationssystemen umfasst sind. Ausweislich des Haftantrags aus Sachsen war die Person seit Januar 2016 unbekannt verzogen. 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, dass der islamistische Gefährder 18 Aliasidentitäten verwendet hat? Zu 5.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Dem Senat sind aktuell 23 im Ausländerzentralregister verzeichnete Aliaspersonalien zu dieser Person bekannt. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand hat die Person unter diesen Personalien weder bei der Ausländerbehörde Berlin noch beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten vorgesprochen. Der Polizei Berlin lagen zum Zeitpunkt des Festnahmeersuchens der ZAB Chemnitz vom 29. Januar 2018 nach Ausstellung eines für den Abflugtag 31. Januar 2018 gültigen Passersatzpapiers durch die tunesischen Behörden und nach Erlass einer einstweiligen Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung keine Hinweise auf die im Sinne der Fragestellung angefragten Aliasidentitäten vor. Es ergaben sich aus INPOL lediglich Angaben zu einer Führungs- und sechs Aliaspersonalien. Keine der Personalien wies auf die tatsächlichen Personalien hin, zu denen die tunesischen Behörden das Passersatzpapier ausgestellt hatten. Im elektronisch abrufbaren Ausländerzentralregister waren eine Führungs- und vier Aliaspersonalien erfasst. Erst am 7. Februar 2018 wurden im Zuge der dann erfolgten Fahndungsausschreibung der Landesdirektion Sachsen (Chemnitz) alle bekannten Aliaspersonalien über die Informationssysteme der Polizei mit der tatsächlichen Personalie der Person verknüpft und somit für die Dienstkräfte der Polizei Berlin und der Bundespolizei erkennbar. Seite 3 von 4 6. Trifft es zu, dass die tunesischen Behörden seine Identität bestätigt und am 02.11.2017 ein Passersatzdokument erteilt haben, das bis zum 30.01.2018 Gültigkeit hatte und welche Erkenntnisse hat der Senat hierzu? Zu 6.: Eigene Erkenntnisse hierzu liegen dem Senat mangels eigener ausländerrechtlicher Zuständigkeit nicht vor. Das Vorliegen eines tunesischen Passersatzdokumentes seit dem 2. November 2017 war der Polizei Berlin erst seit dem 6./7. Dezember 2017 bekannt. 7. Trifft es zu, dass dieser islamistische Gefährder im Dezember 2017 Gegenstand einer polizeilichen Maßnahme der Berliner Polizei war und dabei mittels Fast-ID-Verfahren zweifelsfrei als der gesuchte Gefährder identifiziert worden ist für den Passersatzpapiere vorliegen? Zu 7.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Auch darüber hinaus trifft der in der Frage vermutete Sachverhalt nicht zu: In der Nacht vom 2. zum 3. Dezember 2017 versahen Dienstkräfte einer Einsatzhundertschaft der Polizei Berlin ihren Dienst in bürgerlicher Kleidung im Bereich der Direktion 5. Dabei wurde die Person als Verdächtiger zu einem unerlaubten Handel mit Rauschgift festgestellt. Bei der Durchsuchung des Verdächtigen wurden rauschgiftsuspekte Substanzen aufgefunden. Da die Personalien des Verdächtigen am Einsatzort nicht eindeutig festgestellt werden konnten, wurde er zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen. Trotz diverser Aliaspersonalien wurde mit der sogenannten Fast-ID Behandlung ein Datensatz ermittelt. Die Person wurde hierbei der Identität eines 42-jährigen Libyers zugeordnet, zu dem keine Fahndungsausschreibung zur Festnahme und auch kein Hinweis auf eine mögliche Verbindung in die islamistische Szene Deutschlands in den Informationssystemen der Polizei Berlin erkennbar war. Gleichfalls war für die eingesetzten Dienstkräfte nicht erkennbar, dass zur Person Passersatzpapiere vorliegen. 8. Trifft es zu, dass dieser islamistische Gefährder sodann auf freien Fuß gesetzt worden ist, ohne dass ein Antrag auf Abschiebehaft gestellt worden ist und ggfs. warum wurde kein Abschiebehaftantrag gestellt? Zu 8.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Die Person wurde am benannten Tag nach der Feststellung der Identität mittels Fast- ID entlassen. Ein Antrag auf Abschiebungshaft wurde durch die zuständige ZAB Chemnitz nicht gestellt. Die eingesetzten Dienstkräfte der Polizei Berlin traten mit der ZAB Chemnitz nicht in Kontakt, da mangels Fahndungsausschreibung durch die zuständige ZAB Chemnitz ein Informationsaustausch mit dieser nicht in Betracht zu ziehen war. Nach Angaben der ZAB Chemnitz lagen die Voraussetzungen zur Beantragung eines Abschiebehaftbeschlusses aufgrund der noch fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft auch noch nicht vor. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat dazu, dass und wo sich dieser islamistische Gefährder seit Dezember 2017 in Berlin aufgehalten hat? Seite 4 von 4 Zu 9.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Die Person verfügte nicht über eine Meldeanschrift in Berlin. Wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Zeit von Dezember 2017 bis zur Festnahme am 10. Februar 2018 hatte, konnte die Polizei Berlin im Rahmen der Maßnahmen vom 3. Dezember 2017 und 10. bis 12. Februar 2018 nicht ermitteln. 10. Trifft es zu, dass die sächsische Polizei am 26.01.2018 um Festnahme des islamistischen Gefährders in Berlin im Wege der Amtshilfe zum Zwecke der Abschiebungshaft gebeten hat? 11. Ist der islamistische Gefährder auf das Amtshilfebegehren aus Sachsen hin in Berlin festgenommen und in Abschiebungshaft genommen worden und wenn nein, warum nicht? Zu 10. und 11.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Am 26. Januar 2018 übermittelte die zuständige ZAB Chemnitz ein Ersuchen zur Festnahme in Amtshilfe durch die Polizei Berlin und kündigte die Übersendung eines Beschlusses zum Erlass einer einstweiligen Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung an. Dem Beschluss vom 29. Januar 2018 war dann das Fehlen eines für den Abflugtag gültigen Passersatzpapieres zu entnehmen. Nachdem dieses am 30. Januar 2018 durch die ZAB Chemnitz nachgereicht wurde und diese Information bei der zuständigen Dienststelle der Polizei Berlin vorlag, wurde ein Festnahmeersuchen an die Dienststellen übermittelt, in deren Zuständigkeitsbereich die Person hätte angetroffen werden können. Dem Festnahmeersuchen waren das o. a. Erst- und Nachtragsersuchen der ZAB Chemnitz, das aktuellste Lichtbild und die Strafanzeige vom 3. Dezember 2017 beigefügt. Im Ergebnis wurde die Person jedoch nicht angetroffen. 12. Ist der Aufenthalt dieses islamistischen Gefährders den Sicherheitsbehörden bekannt oder ist er wieder untergetaucht? Zu 12.: Es handelt sich bei dem benannten tunesischen Staatsbürger nicht um einen Gefährder, siehe Vorbemerkung oben. Die Person konnte am 10. Februar 2018 durch Dienstkräfte der Polizei Berlin festgenommen und aufgrund der nunmehr in INPOL erkennbaren Fahndung zur Festnahme der ZAB Chemnitz in das Polizeigewahrsam Tempelhofer Damm eingeliefert werden. Auf Antrag der Landesdirektion Sachsen, ZAB Chemnitz, ordnete das Amtsgericht Tiergarten am 10. und 12. Februar 2018 die Haft zur Sicherung der Abschiebung an. Die weiteren Maßnahmen zur Rückführung der Person in das Herkunftsland erfolgen damit in Verantwortung der ZAB Chemnitz. Berlin, den 23. Februar 2018 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13430 S18-13430