Drucksache 18 / 13 438 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 07. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2018) zum Thema: Leiharbeit in der Pflege und Antwort vom 21. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Feb. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Danny Freymark (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13438 vom 07.02.2018 über Leiharbeit in der Pflege ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist der Einsatz von Leiharbeitskräften (AÜG) in der Pflege in Berlin? (Aufstellung der Anzahl von Mitarbeitern in der Pflege mit Zeitdauer der Tätigkeit und Tätigkeitsbereich) Zu 1.: Dem Senat liegen keine eigenen Erkenntnisse dazu vor, wie hoch der Einsatz von Leiharbeitskräften in der Pflege in Berlin ist. Er verfügt demzufolge auch nicht über eine Aufstellung der Anzahl von Leiharbeitskräften in der Pflege mit Zeitdauer der Tätigkeit und Tätigkeitsbereich . Nach Angaben der BA waren jedoch zum Stichtag 30.06.2017 in Berlin insgesamt 4.520 Personen in der Arbeitnehmerüberlassung mit Tätigkeiten in der Pflege beschäftigt. Weitere Daten können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung mit Tätigkeiten in der Pflege1): Anforderungsniveau Berlin Beschäftigte insgesamt davon sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ausschließlich geringfügig Beschäftigte 4 5 6 Insgesamt 4.520 4.053 467 Helfer 2.112 1.920 192 Fachkraft 2.135 1.900 235 Spezialist 140 108 32 Experte 133 125 8 Quelle: Bundesagentur für Arbeit - 2 - 2 1) Ausgehend von der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) umfasst Tätigkeit „Pflege “ vorliegend (nach Kundedefinition) Folgendes: 81301 Gesundheits-, Krankenpflege (oS)-Helfer 81302 Gesundheits-,Krankenpflege(oS)-Fachkraft 81313 Fachkrankenpflege - Spezialist 81323 Fachkinderkrankenpflege - Spezialist 81382 Gesundheits,Krankenpflege(ssT)-Fachkraft 81383 Gesundheits-,Krankenpfl.(ssT)-Spezialist 81393 Aufsicht-Krankenpfl.,Rettungsd.,Geburtsh. 81394 Führung-Krankenpfl.,Rettungsd.,Geburtsh. 82101 Altenpflege (o.S.) - Helfer 82102 Altenpflege (o.S.) - Fachkraft 82103 Altenpflege (o.S.) - Spezialist 82182 Altenpflege (s.s.T.) - Fachkraft 82183 Altenpflege (s.s.T.) - Spezialist 82194 Führung - Altenpflege 83111 Kinderbetreuung, -erziehung - Helfer 83112 Kinderbetreuung, -erziehung - Fachkraft 83123 Sozialarbeit, Sozialpädagogik-Spezialist 83124 Sozialarbeit, Sozialpädagogik - Experte 83131 Heilerziehungspflege, Sonderpäd. -Helfer 83132 Heilerziehungspflege,Sonderpäd.-Fachkraft 83133 Heilerziehungspfl.,Sonderpäd.-Spezialist 83142 Haus- und Familienpflege - Fachkraft 83143 Haus- und Familienpflege - Spezialist Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2.a. Welche Lohnkosten pro Leiharbeitskraft bestehen und welche Auswirkungen hinsichtlich der Personalkosten auf den jeweiligen Arbeitgeber hat dies? (Aufstellung im Vergleich mit „Regelpersonal“) Zu 2.a.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse dazu vor, welche Lohnkosten pro Leiharbeitskraft bestehen und welche Auswirkungen dies hinsichtlich der Personalkosten auf den jeweiligen Arbeitgeber hat. Nach Angaben der BA können keine pauschalen Aussagen zu den Lohnkosten pro Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin getroffen werden. Allerdings basiert die Bezahlung von Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung – so die BA – überwiegend auf Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche; rund drei Viertel aller Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung arbeiten nach einem DGB-Tarif. Seit dem 01.04.2017 gilt zudem der Anspruch auf Equal Pay. Werden bei der Arbeitnehmerüberlassung Zeitarbeitstarifverträge angewendet, hat der Beschäftigte nach neun Monaten ununterbrochener Überlassung an denselben Kunden einen gesetzlichen Equal Pay-Anspruch. - 3 - 3 2.b. Ist dem Senat bekannt, dass Arbeitnehmer in Leiharbeitsfirmen mehr verdienen als Arbeitnehmer in Festanstellung? Wenn ja, bitte Aufstellung der Daten. Zu 2.b.: Dem Senat liegen hierzu keine Daten vor. Dem Senat ist jedoch bekannt, dass z.T. von einer besseren Bezahlung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Arbeitnehmerüberlassung berichtet wird. Nach Angaben der BA hängt es vom Qualifikationsniveau ab, wieviel Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Leiharbeitsfirmen verdienen. Die Erfahrungen hätten allerdings gezeigt , dass sich die Beschäftigungsstruktur in der Arbeitnehmerüberlassung allgemein grundsätzlich stark von der der regulär Beschäftigten unterscheidet. So werden in der Arbeitnehmerüberlassung häufig Helfertätigkeiten ausgeübt, die im Vergleich zu Tätigkeiten auf Fachkraftebene niedriger entlohnt sind. In Berlin ist das Verhältnis zwischen Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung in der Pflege auf Fachkraft- und Helferebene in etwa gleich. 3. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Abwanderung der Fach– und Hilfskräfte in Leiharbeitsfirmen für den „Pflegenotstand“? Zu 3.: Dem Senat liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. Im Rahmen der Fachkräftesicherung wird der Senat das Feld näher beleuchten. 4. Welche Maßnahmen mit welcher zeitlichen Perspektive will der Senat ergreifen, um die Abwanderung von Fachkräften zu Leiharbeitsfirmen einzudämmen? Zu 4.: Derzeit werden die Rahmenverträge nach Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) in der vollstationären und ambulanten Pflege im Land Berlin zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen, den Verbänden der Leistungserbringer und dem Land Berlin als Sozialhilfeträger verhandelt. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auch die Thematik „Leiharbeit“ besprochen. Politisches Ziel ist die Begrenzung der Leiharbeit. 5.a. Welche Konsequenzen hinsichtlich der Qualität der erbrachten Pflegeleistungen ergeben sich aus dem Anstieg der Leiharbeitskräfte? Zu 5.a.: Die Leistungserbringer haben sicherzustellen, dass alle zur Leistungserbringung eingesetzten Personen (Festangestellte und Leiharbeitskräfte) die erforderliche persönliche und fachliche Eignung zur Tätigkeitsausübung aufweisen. Daher müssen Leiharbeitskräfte grundsätzlich die gleichen Anforderungen nach dem Wohnteilhabegesetz (WTG) und der Wohnteilhabe-Personalverordnung (WTG-PersV) erfüllen wie fest angestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. - 4 - 4 Stellt die Heimaufsicht einen Verstoß gegen Anforderungen nach dem WTG bzw. der WTG-PersV fest, ergreift sie die nach § 20 f. WTG vorgesehenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Hierzu gehören insbesondere die Beratung bei Mängeln (§ 21 WTG), Anordnungen zur Mängelbeseitigung (§ 22 WTG) und das Beschäftigungsverbot (§ 23 Abs. 1 WTG). Ein zwingender Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Leiharbeitskräften und festgestellten Mängeln bei der Qualität der Leistungserbringung wurde bislang nicht festgestellt . 5.b. Wie werden Fort– und Weiterbildungen der Fachkräfte in Leiharbeitsfirmen überprüft? Zu 5.b.: Nach § 12 Abs. 4 des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 und 2 SGB XI zur vollstationären Pflege im Land Berlin sind Kooperationen mit Kooperationspartnern möglich, die im Besitz einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) für den Pflegebereich durch die Bundesagentur für Arbeit sind. Die Kooperationen im Bereich der pflegerischen Versorgung sind nur zulässig, wenn die fachliche Verantwortung für die übertragene Leistung beim Träger der Einrichtung bestehen bleibt und die Kooperation den Pflegekassen angezeigt und diesen angezeigten Kooperationen nach Prüfung nicht widersprochen wurde. Ein Kooperationsvertrag zur pflegerischen Versorgung muss mindestens - das Direktionsrecht sowie die Dienst- und Fachaufsicht der Pflegedienstleitung über die Pflegekräfte des Kooperationspartners, - die Einweisung der Pflegekräfte des Kooperationspartners in die Betriebsabläufe der Pflegeeinrichtung sowie - die Qualifikation und fachliche Fortbildung der Pflegekräfte des Kooperationspartners entsprechend den für die Pflegeeinrichtung geltenden Bestimmungen beinhalten. Die Arbeitnehmerüberlassung darf dementsprechend nur dann erfolgen, wenn die Pflegekräfte die fachliche Fortbildung und die Qualifikation nach den in der Pflegeeinrichtung geltenden Bestimmungen erfüllen. Dass die Pflegekräfte die entsprechen erforderlichen Fortbildungen und Qualifikationen haben, liegt in der Verantwortung der jeweiligen Pflegedienstleitung bei der Einrichtung/beim Leistungserbringer vor Ort. Für die Durchführung von ggf. erforderlichen Fort- und Weiterbildungen der (Fach-)Kräfte in Leiharbeitsfirmen sind die Leiharbeitsfirmen verantwortlich. Die Leistungserbringer müssen sich daher von der Leiharbeitsfirma die persönliche und fachliche Eignung der entsandten Leiharbeitskräfte einschließlich ggf. notwendiger Fort- und Weiterbildungen nachweisen lassen. Unterlagen über die Durchführung notwendiger Fort- und Weiterbildungen von Leiharbeitskräften befinden sich im Regelfall nicht beim Leistungserbringer, sondern bei der personalaktenführenden Leiharbeitsfirma. Bei einer Prüfung muss die Pflegedienstleitung der Einrichtung/des Leistungsbringers dann jedoch zumindest die fachliche Eignung der Leiharbeitskräfte durch entsprechende Kopien nachweisen können. Sofern im Einzelfall Unklarheiten zu Fort- und Weiterbildungen von Leiharbeitskräften bestehen sollten, ist die Pflegedienstleitung der Einrichtung/des Leistungserbringers aufgefordert, entsprechende Nachweise von der Leiharbeitsfirma abzufordern . - 5 - 5 6. Trifft es zu, dass Leiharbeiter das Unternehmen, für das sie die Tätigkeit verrichten, nach 9 Monaten verlassen müssen? Zu 6.: Kraft Gesetzes muss keine Leiharbeitskraft das Unternehmen, für das sie die Tätigkeit verrichtet, nach neun Monaten verlassen. Gemäß § 1 Absatz 1b Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG) darf die einzelne Leiharbeitskraft grundsätzlich maximal 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Entleiher arbeiten. Nach den §§ 9 Absatz 1 Nummer 1b, 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG entsteht bei Überschreiten dieser Überlassungshöchstgrenze von Gesetzes wegen ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitskraft. Tarifverträge oder auch Betriebsvereinbarungen können gegebenenfalls Abweichungen vorsehen, die einen – gegenüber den 18 Monaten – (deutlich) längeren Einsatz von Leiharbeitskräften ermöglichen . Gemäß § 8 Absatz 4 Satz 1 AÜG endet nach den ersten neun Monaten einer Überlassung an einen Entleiher lediglich der Regelzeitraum, in dem durch einen Tarifvertrag vom Equal-Pay-Grundsatz („gleicher Lohn für gleiche Arbeit“) abgewichen werden kann (unter bestimmten tariflichen Voraussetzungen, sog. Branchen-Zuschlagstarifverträgen, gilt eine Grenze von 15 Monaten). 7. Wie will der Senat den daraus resultierenden psychischen Belastungen der Arbeitnehmer im Unternehmen entgegenwirken? Zu 7.: Gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen sind eine wichtige Voraussetzung dafür, die Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in der Pflege zu erhalten. Die Einhaltung der gesetzlichen Normen liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin. 8. Trifft es zu, dass Pflegeeinrichtungen hohe „Ablösesummen“ zahlen, wenn die Leiharbeiter in entsprechende Einrichtungen wechseln wollen? Wenn ja, welche Zahlen sind dem Senat hier bekannt? Zu 8.: Dem Senat liegen hierzu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Berlin, den 21. Februar 2018 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung S18-13438 S18-13438