Drucksache 18 / 13 446 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) vom 07. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Februar 2018) zum Thema: Vortragsveranstaltungen der Jugendclubs »Bunte Kuh« und »JUP« in Berlin und Antwort vom 27. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 446 vom 07. Februar 2018 über Vortragsveranstaltungen der Jugendclubs »Bunte Kuh« und »JuP« in Berlin ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Fragen betreffen Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit beantworten kann. Er hat daher das Bezirksamt Pankow um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Zuständigkeit erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Vorbemerkung des Abgeordneten: In verschiedenen einschlägigen Internet-präsenzen der linksextremen Szene (z.B. »Antifa-Nordost«), wurden jüngst zwei sogenannte »Informationsveranstaltungen« über die AfD in Pankow unter dem Titel »AfD Pankow - Vortrag zu Personal und Strukturen der neurechten Partei« beworben; Veranstaltungsort waren am 17. Januar 2018 das »Bunte Kuh« in der Bernkasteler Straße in Weißensee und am 29. Januar 2018 das »JUP - Unabhängiges Jugend-zentrum Pankow Jup e.V.« in der Florastraße in Pankow. Sowohl der Titel der Veranstaltung (»Personal und Struktur«) als auch die Abbildung auf dem Einladungsflyer (Bildnis der sieben Vorstandsmitglieder der AfD in Pankow, vgl. http://pankow.afd.berlin/page/2/) legen den Schluss nahe, dass eine gewaltaffine linksextreme Szene für Bedrohungs- und Gewaltszenarien in Bezug auf Mitglieder und Funktionäre der AfD Pankow gerüstet werden sollte. Dafür spricht auch, dass zu jeder Zeit explizit ein Dialog und damit die eigentlich politische Auseinandersetzung mit der AfD ausgeschlossen wurde. In beiden Fällen haben die raumgebenden Einrichtungen bzw. deren Trägervereine (»Bunte Kuh« bzw. »JuP e.V.«) die Veranstaltungen nicht nur selbst (z.B. über ihre Facebook-Präsenz) beworben, sondern keinen Zweifel darüber gelassen, dass sie sich als Mitinitiator der beiden Veranstaltungen begreifen. 1. Inwieweit kann der Senat ausschließen, dass bei diesen Veranstaltungen - neben Name und Foto - über weitere personengebundene Daten von Mitgliedern und Funktionären der AfD in Pankow (unter anderem private Wohnanschrift und Name und Anschrift nicht-parlamentarischer Arbeitgeber) Auskunft erteilt wurde? 2. Inwieweit kann der Senat ausschließen, dass bei diesen Veranstaltungen zu Straftaten, Sachbeschädigungen an Wohnungen bzw. Fahrzeugen oder gar Gewalt gegen Mitglieder und Funktionäre der AfD in Pankow aufgerufen wurde? Diese Frage schließt ausdrücklich auch Aufrufe zu »Hausbesuchen«, zu »Verschönerung des Wohnortes«, etc. mit ein, mit denen szenetypisch Straf- und Gewalttaten verharmlost werden . - - 2 3. Falls der Senat nicht ausschließen kann, dass bei den beiden Veranstaltungen zu den weiter oben beispielhaft aufgeführten Straftaten (Fragen 1 und 2) aufgerufen wurde - warum kann er das nicht ausschließen , wo doch beide Einrichtungen aus Steuermitteln finanziert werden? Teilt der Senat in diesem Zusammenhang nicht die Auffassung, dass nur solche Jugendclubs staatlich gefördert werden sollten, für die gesichert und verifiziert solche Aufrufe ausgeschlossen werden können? 4. Falls der Senat - was der unterzeichnende Fragesteller hofft - ausschließen kann, dass bei den benannten Veranstaltungen zu Gewalt gegen Personen oder Sachen aufgerufen wurde, aufgrund welcher Informationen oder Belege kann er dies ausschließen? Zu 1. bis 4.: Die Jugendfreizeiteinrichtungen „Bunte Kuh“ und „JUP“ haben einen bezirklichen Wirkungskreis und werden durch das zuständige Jugendamt Pankow für Angebote der Jugendarbeit nach § 11 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gefördert. Das Bezirksamt Pankow teilt mit, dass beide Einrichtungen u.a. für außerschulische, insbesondere für politische Jugendbildung, gefördert werden. Es legt dar, dass die Veranstaltungen von „JUP“ und „Bunte Kuh“ der Aufklärung und der Information dienten. Die Träger beider Jugendfreizeiteinrichtungen sind anerkannte Träger der Jugendhilfe. Förderfähig sind freie Träger , die gemäß § 75 SGB VIII als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt sind. Bedingung für die Anerkennung ist u.a., dass die Träger die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten. Daraus folgt, dass aus solchen Einrichtungen keine Aufrufe zu Straftaten erfolgen dürfen. Nach Angaben des Bezirks waren alle Inhalte der Veranstaltung öffentlich im Internet zugänglich, es wurden weder Privatadressen noch Informationen zu Fahrzeugen genannt und es wurde nicht zu Straftaten, weder zu Sachbeschädigungen noch zu Gewalt gegen Personen aufgerufen. 5. Der Abgeordnete Herbert Mohr hatte im Vorfeld der Veranstaltung am 29. Januar 2018 gegenüber dem Trägerverein »JuP e.V. angeboten, nicht übereinander, sondern miteinander zu reden. Dieses Angebot wurde abgelehnt und der Abgeordnete Mohr erhielt darüber hinaus eine Warnung des LKA, wonach in der Veranstaltung gewaltbereite Personen anwesend sein würden und dort tätliche Angriffe gegen ihn oder andere Sympathisanten der AfD zu erwarten sind. Inwieweit hat der Senat von dieser Einschätzung des LKA Kenntnis ; ist dem Senat mithin bekannt, dass sich im Jugendzentrum JUP gewaltbereites Publikum der linken Szene versammelt? 6. Das »JUP« wird aus Steuermitteln finanziert und gleichzeitig kommt das LKA zur Einschätzung, dass sich dort potentielle Gewalt- und Straftäter einfinden. Um den Verein möglicherweise von diesem Verdacht zu entlasten und gleichzeitig seiner parlamentarischen Kontrollaufgabe hinsichtlich der vernünftigen Verwendung von Steuermitteln nachzugehen, wollte der Abgeordnete Mohr sich persönlich ein Bild machen; jedoch wurde ihm der Zutritt verweigert. Ein Vorgehen, welches vom JUP e.V. unter anderem in seiner Facebookpräsenz gerechtfertigt wurde. Ist der Senat nicht auch der Auffassung, dass einem Abgeordneten dieses Hauses jederzeit die Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung in einer öffentlich finanzierten Einrichtung ermöglicht sein sollte? Wie wird der Senat darauf hinwirken, dass ein solcher Vorfall sich nicht wiederholt ? - - 3 Zu 5. und 6.: Zur Teilnahme an der Veranstaltung des JUP e.V. am 29. Januar 2018 hatte u.a. die Gruppierung North East Antifascists (NEA) über soziale Netzwerke aufgerufen, woraufhin auch die AfD Pankow über Twitter die Teilnahme an der Veranstaltung ankündigte. Die NEA ist dem Senat gemäß Verfassungsschutzbericht Berlin 2016 als autonome antifaschistische Gruppierung bekannt. Da es in der Vergangenheit zu Störungen von Veranstaltungen der AfD sowie vereinzelt zu Straftaten gegenüber Mitgliedern der AfD aus dem Umfeld der NEA kam, wurde durch die Polizei Berlin eine Gefahrenprognose für das eventuelle Aufeinandertreffen erstellt. Herr Mohr wurde in diesem Zusammenhang jedoch nicht durch Dienstkräfte des Landeskriminalamtes Berlin kontaktiert. Kinder und Jugendliche erhalten in Projekten und Einrichtungen der Jugendarbeit einen Rahmen, der ihnen u.a. die Entwicklung von Urteilsfähigkeit ermöglicht. Jugendarbeit ermutigt junge Menschen, Meinungen zu äußern und zu vertreten, Positionen zu beziehen und Entscheidungen zu treffen. Die demokratische Struktur und die Selbstorganisation von Projekten soll Jugendliche darin unterstützen. Grundsätzlich soll hierfür die Bandbreite unterschiedlicher politischer Orientierungen berücksichtigt werden. Entsprechende Veranstaltungen sollen jedoch nicht als Plattform für Parteien dienen. 7. Inwieweit teilt der Senat ganz generell die Auffassung, wonach Veranstaltungen, bei welchen zu tätlichen Angriffen auf Personen, auf Wohnungen von Abgeordneten bzw. einfachen Mitgliedern der AfD, auf Kraftfahrzeuge von Abgeordneten bzw. einfachen Mitgliedern der AfD und auf Bürgerbüros von AfD- Abgeordneten aufgerufen wird, zumindest nicht mit Steuermittel finanziert werden sollten? 8. Inwieweit teilt der Senat ferner generell die Auffassung, wonach Jugendclubs, welche Veranstaltungen organisieren, an denen zu tätlichen Angriffen auf Personen (Körperverletzung), auf Wohnungen von Abgeordneten bzw. einfachen Mitgliedern der AfD, auf Kraftfahrzeuge von Abgeordneten bzw. einfachen Mitgliedern der AfD und auf Bürgerbüros von AfD-Abgeordneten (Sachbeschädigung) aufgerufen wird, zumindest nicht mit Steuermittel finanziert werden sollten? Zu 7. und 8.: Der Senat und das Bezirksamt Pankow lehnen Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung in jeder Form ab und fördern keine Einrichtungen, die hierzu aufrufen. Entsprechend setzt das Land Berlin auf die Prävention von Gewalt und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, u.a. durch die politische Bildung von Kindern und Jugendlichen. 9. Kommt der Senat in den konkreten Fällen »Bunte Kuh« und »JUP e.V.« weiterhin zur Auffassung, daß die öffentliche Finanzierung dieser beiden Institutionen einen vernünftigen Umgang mit Steuermitteln darstellt? In diesem Zusammenhang wird außerdem nach Art und Weise der Mittelverwendungskontrolle durch den Senat bei beiden Institutionen gefragt (immerhin verfügt allein das »JUP« über ein Budget von ca. € 100.000 EUR jährlich). Zu 9.: Die Entscheidung über die Förderung freier Träger der Jugendhilfe für Jugendarbeit mit bezirklichem Wirkungskreis obliegt der Bezirksverordnetenversammlung Pankow auf Vorschlag des bezirklichen Jugendhilfeausschuss. Die Kontrolle der sachgerechten Verwendung der Mittel erfolgt gemäß Verwendungsnachweis auf Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften. - - 4 10. Es ist ferner derzeit die Stelle eines Sozialarbeiters in Teilzeit für das Jugendzentrum Pankow JUP ab dem 1. Februar 2018 ausgeschrieben, wobei die Entlohnung den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst der Länder [TV-L] angelehnt ist; Bewerber sollen mindestens über einen Abschluss als Erzieher verfügen. Inwieweit ist der Senat oder der Bezirk in Bezug auf Mitarbeiteranstellungen bei den beiden Institutionen »Bunte Kuh« und »JUP« eingebunden? Wie ist die arbeitsrechtliche Gestaltung der Beschäftigungsverhältnisse bei beiden Institutionen; wer ist arbeitgeberseitig Vertragspartner? Wie viele Mitarbeiter sind jeweils zu welchen Gehältern bei beiden Einrichtungen derzeit beschäftigt? Zu 10.: Das „JUP“ beschäftigt nach Mitteilung des Jugendamtes Pankow derzeit drei, die Jugendfreizeiteinrichtung „Bunte Kuh“ zwei pädagogische Fachkräfte (Erzieher bzw. Sozialarbeiter ). Anstellungsträger ist der jeweilige Träger der Einrichtung. Im Zuwendungsverfahren legen die Träger dem bezirklichen Jugendamt Stellenpläne und Personalbögen zur Prüfung vor. Der Senat hat hierbei keine Zuständigkeit und ist nicht eingebunden. 11. In der Stellenausschreibung des JUP wird im Unterschied zu anderen derzeit in Berlin ausgeschriebenen Sozialarbeiterpositionen »Veranstaltungen im Bereich der politischen Bildung« als Aufgabengebiet angegeben . Was genau ist damit gemeint? Kommt der Senat zur Auffassung, dass die Veranstaltung vom 29. Januar 2018 genau eine solche »Veranstaltung im Bereich der politischen Bildung« war? Zu 11.: Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit nach § 11 Abs. 3 SGB VIII gehört außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung. Die politische Jugendbildung ist Teil der Erziehung junger Menschen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§ 1 SGB VIII), sie soll zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen (§ 11 Abs. 1 SGB VIII). Hierzu veranstalten Träger der Jugendhilfe u.a. Projekte, Workshops und Seminare zu relevanten gesellschaftlichen Themen, die junge Menschen betreffen. Aufgrund der Erläuterungen des Trägers und des Jugendamtes Pankow wird davon ausgegangen, dass es sich bei der angesprochenen Veranstaltung um eine Veranstaltung der politischen Jugendbildung handelte. 12. Vom Bewerber erwartete Kenntnisse/ Fähigkeiten sind laut der Stellenausschreibung unter anderem »Methoden und Inhalte der kritischen außerschulischen Bildungsarbeit«. In diesem Zusammenhang wird der Senat gefragt, was denn unter »kritischer außerschulischer Bildungsarbeit« zu verstehen ist? Entspricht nach Auffassung des Senates die »kritische außerschulische Bildungsarbeit« des JUP dem »innerschulischen « Bildungsauftrag des Landes Berlin und wie stellt der Senat sicher, dass hier keine Widersprüche bestehen? Zu 12.: Die außerschulische politische Jugendbildung hat einen eigenständigen gesetzlichen Auftrag nach § 11 SGB VIII. Außerschulische und schulische Bildung ergänzen sich und sind vielfach miteinander verknüpft. Die schulische Bildung hat ihren Schwerpunkt in unterrichtlichen Zusammenhängen, wohingegen außerschulische Bildung insbesondere durch die Freiwilligkeit der Teilnahme und Orientierung an den Interessen der jungen Menschen geprägt ist. Außerschulische Jugendbildung hat häufig einen kritischen Charakter, indem bestehende Verhältnisse hinterfragt werden und Vorstellungen zur möglichen Weiterentwicklung der Gesellschaft artikuliert und entwickelt werden. - - 5 13. Unter welcher Maßgabe und mit welchen Vorgaben und für welche Zielgruppe betreibt das JUP überhaupt politische Bildungsarbeit? Sind der Senat oder der Bezirk bei der Formulierung dieser Maß- und Vorgaben bzw. bei der Bestimmung der Zielgruppen eingebunden bzw. beteiligt? Ist dem Senat bekannt, dass politische Bildungsarbeit laut Satzung des Vereins »Unabhängiges Jugendzentrum Pankow – JUP e.V.« eben nicht Vereinszweck ist? Knüpft der Senat in diesem Zusammenhang seine finanziellen Zuwendungen an die Beschränkung des Begünstigten auf den satzungsgemäßen Vereinszweck? Zu 13.: Die Satzung des Unabhängigen Jugendzentrums Pankow JUP e.V. legt in Nr. 2.1 u.a. fest, dass Jugendlichen und jungen Erwachsenen Angebote der außerschulischen Jugendbildung unterbreitet werden sollen. Die Konzeption und die Jahresplanung der Einrichtung werden nach Aussage des Jugendamtes Pankow mindestens jährlich vorgelegt und dort geprüft. 14. In der vorbenannten Stellenausschreibung wird weiterhin als einstellungsförderndes Kriterium für die Position des Sozialarbeiters ein »großes Interesse an der inhaltlichen Ausrichtung des Hauses« aufgeführt. Ist dem Senat diese inhaltliche Ausrichtung (i.e. des JUP e.V.) bekannt, falls ja, welches ist die genaue Ausrichtung des Hauses und deckt sich diese mit der inhaltlichen Ausrichtung des Senates? Zu 14.: Die Zuständigkeit für die fachliche Bewertung der inhaltlichen Ausrichtung und der Konzeption der Jugendfreizeiteinrichtung „JUP“ obliegt dem Jugendamt Pankow. Die Förderung u.a. von Selbstorganisation und außerschulischer Bildung von Kindern und Jugendlichen sind zentrale Aufgaben der Jugendarbeit, denen das Land Berlin große Bedeutung beimisst. Das Anliegen des „JUP“, „auf eine bunte, gerechte diskriminierungsfreie Welt“ hinzuarbeiten, entspricht den jugendpolitischen Leitlinien des Senats. Berlin, den 27. Februar 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-13446 S18-13446