Drucksache 18 / 13 508 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sibylle Meister (FDP) vom 16. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Februar 2018) zum Thema: Vorkaufsrechte – Wer kauft was, wann, warum und zu welchem Preis? und Antwort vom 05. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Sibylle Meister (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 508 vom 16. Februar 2018 über Vorkaufsrechte - Wer kauft was, wann, warum und zu welchem Preis? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen haben Senat und Bezirke in den vergangenen drei Jahren ein Vorkaufsrecht für sich oder Dritte in Form von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ausgeübt? In wie vielen Fällen davon handelte es sich um bewohnte oder unbewohnte Mietshäuser? Antwort zu 1: Seit 2015 bis 23.2.2018 wurde von den Bezirken in 19 Fällen für sich oder Dritte (insb. städtische Wohnungsbaugesellschaften) ein Vorkaufsrecht ausgeübt. In allen Ausübungsfällen handelt es sich um bewohnte Mietshäuser. Frage 2: Wie verteilen sich die ausgeübten Vorkaufsrechte auf die einzelnen Bezirke? 2 Antwort zu 2: Ausgeübte Vorkaufsrechte nach Bezirken (nicht aufgeführte Bezirke haben noch nicht von einem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht): Frage 3: Wie viele Wohnungen entfallen auf die jeweiligen Objekte durchschnittlich, in kleinsten Fall und im größten Fall? Antwort zu 3: Durchschnittlich entfallen auf die Objekte, für die ein Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, 23 Wohnungen je Haus (gerundet), im kleinsten Fall waren es 10 und im größten Fall 48 Wohnungen. Frage 4: Wie hoch sind die Quadratmeterpreise der Objekte im Durchschnitt? Wie groß ist die Spanne der Quadratmeterpreise? Antwort zu 4: Im Durchschnitt liegt der Quadratmeterpreis bezüglich der Objekte, für die berlinweit ein Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, bei 2.639,97 €. Die Spanne der Quadratmeterpreise reichte in diesen Fällen von 1.337,09 € bis 4.165,39 €. Frage 5: In wie vielen Fällen wurden die Kaufpreise im Zuge der Ausübung eines Vorkaufsrechts herabgesetzt? Um wie viel Prozent wurde der Kaufpreis im Durchschnitt herabgesetzt? Wie groß war die prozentuale Spanne der Herabsetzung? Was sind die Voraussetzungen für die Herabsetzung des Kaufpreises? Antwort zu 5: In zwei Fällen wurde der zu zahlende Betrag gemäß § 28 Abs. 3 S: 1 BauGB auf den seinerzeit ermittelten Verkehrswert herabgesetzt (jeweils ein Fall in Tempelhof- Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg). In Tempelhof-Schöneberg überschritt der ursprüngliche Kaufpreis den Verkehrswert des Grundstücks um 23,42 % und in Friedrichshain-Kreuzberg um 17,3 % (durchschnittliche Herabsetzung um 20,36 %). Bezirk Ausübungsfälle insgesamt Friedrichshain-Kreuzberg 11 Mitte 1 Neukölln 4 Pankow 1 Tempelhof-Schöneberg 2 GESAMT 19 3 Voraussetzung für die Herabsetzung des Kaufpreises auf den Verkehrswert ist gemäß § 28 Abs. 3 S. 1 BauGB, dass der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet. Es ist höchsrichterlich noch nicht entschieden, ab welchem Prozentsatz von einer deutlichen Überschreitung auszugehen ist. Frage 6: Werden Wirtschaftlichkeitsberechnungen bezüglich Kaufpreis, Jahreskaltmieten und Objektzustand vor der Ausübung von Vorkaufsrechten angestellt? In wie vielen Fällen hat man sich bisher gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts entschieden, weil der Kaufpreis nicht gerechtfertigt schien? Wer trägt die Verluste, sollte ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden bei dem der Kaufpreis nicht durch die Mieteinnahmen erwirtschaftet werden kann? Antwort zu 6: Die Bezirke geben bei den Vermessungsämtern amtliche Verkehrswertgutachten zu den einzelnen Objekten in Auftrag, wenn ein Vorkaufsrecht in Betracht kommt. Wird das Vorkaufsrecht zugunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft als Drittem ausgeübt, dann nimmt die jeweilige Gesellschaft eine Wirtschaftlichkeitsberechnung bezogen auf das jeweilige Grundstück vor. Warum von der Ausübung des Vorkaufsrechts Abstand genommen wird, hat meist vielfältige Gründe. Gemäß Mitteilung der einzelnen Bezirke gab es keinen einzigen Fall, in dem das Vorkaufsrecht nur deshalb nicht ausgeübt worden ist, weil der Kaufpreis nicht gerechtfertigt schien. Grundsätzlich ist derjenige, zu dessen Gunsten ein Vorkaufsrecht ausgeübt wird, allein für die Finanzierung des Kaufpreises, aller Nebenkosten und der Folgekosten verantwortlich. Wird das Vorkaufsrecht zugunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft ausgeübt, dann kann über den Spezialhaushaltstitel 1 von SIWANA (Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Errichtung eines Nachhaltigkeitsfonds) im Einzelfall eine Eigenkapitalzuführung an die Wohnungsbaugesellschaften nachlaufend und nur nach Bedarf erfolgen. Kann der Kaufpreis nicht durch die Mieteinnahmen erwirtschaftet werden, so kann durch die genannte Kapitalzuführung an die Gesellschaft das Delta zwischen tatsächlichem Kaufpreis und der Wirtschaftlichkeitsberechnung überbrückt werden. Frage 7: In wie vielen Fällen einer angedrohten Ausübung eines Vorkaufsrechts konnte bisher eine sogenannte Abwendungsvereinbarung geschlossen werden? Antwort zu 7: Seit 2015 wurde in 16 potentiellen Vorkaufsfällen eine Abwendungsvereinbarung geschlossen. 4 Frage 8: Was sind die wesentlichen Kriterien einer solchen Abwendungsvereinbarung? Wie lange gelten Abwendungsvereinbarungen? Wer kontrolliert die Einhaltung von Abwendungsvereinbarungen? Welche Konsequenzen ergeben sich für den Unterzeichner bei Nichteinhaltung der Abwendungsvereinbarung? Antwort zu 8: Durch die Abwendungsvereinbarung wird sichergestellt, dass der Käufer das Grundstück entsprechend den Erhaltungszielen des jeweiligen sozialen Erhaltungsgebietes nutzt. Zentrale Kriterien sind u.a. Unterlassungsverpflichtungen, insbesondere das Verbot der Aufteilung des Objektes in Wohnungs- und Teileigentum und der Rückbau der Baulichkeit(en), sowie Vertragsstrafen für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vereinbarten Unterlassungsverpflichtungen. Die Abwendungsvereinbarung gilt, so lange die jeweilige Erhaltungsverordnung in Kraft ist, längstens jedoch für 20 Jahre ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Einhaltung einer Abwendungsvereinbarung kontrolliert der jeweils zuständige Bezirk. Über die allgemeinen gesetzlichen Ansprüche hinaus, die in jedem Fall der vertraglichen Zuwiderhandlung bestehen können, sieht die Abwendungsvereinbarung Vertragsstrafen für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vereinbarten Unterlassungspflichten vor. Frage 9: Wie viele Gerichtsverfahren wurden bisher von ursprünglichen Käufern gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts angestrebt? Wie viele Verfahren sind bereits abgeschlossen? Und wie oft unterlag das Land Berlin gegen den Kläger? Antwort zu 9: Gemäß Mitteilung der Bezirke wurden insgesamt 7 Gerichtsverfahren angestrengt, wovon eine Klage zurück gezogen wurde. Es gibt noch keine rechtskäftigen Urteile, sodass noch kein einziges Gerichtsverfahren abgeschlossen und daher das Land Berlin auch in keinem Fall endgültig unterlegen ist. Berlin, den 05.03.2018 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-13508 S18-13508