Drucksache 18 / 13 593 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (LINKE) vom 26. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Februar 2018) zum Thema: Hassreden („Hate Speech“) und weitere strafbare Meinungsäußerungen im Internet (II) und Antwort vom 15. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 593 vom 26. Februar 2018 über Hassreden („Hate Speech“) und weitere strafbare Meinungsäußerungen im Internet (II) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zu den bei der Polizei geführten Statistiken kann Folgendes berichtet werden: Angaben zu der Anzahl der natürlichen und juristischen Personen, die seit dem 1. Januar 2016 eine entsprechende Anzeige erstattet haben, können auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht getroffen werden. Taten der Hasskriminalität werden im Kriminalpolizeilichen Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) erfasst. Die Erfassung ist bundeseinheitlich geregelt. Statistische Angaben zu Anzeigenden sind nicht Teil dieser Erhebung. Daher kann eine Beantwortung in Bezug auf die bei der Polizei eingegangenen Anzeigen nicht erfolgen. Zu den bei der Staatsanwaltschaft geführten Statistiken kann Folgendes berichtet werden: In dem von der Staatsanwaltschaft genutzten Aktenverwaltungssystem Mehrländer-Staatsanwalts-Automation (MESTA) wird ebenfalls nicht die Anzahl der natürlichen und juristischen Personen, die Anzeige erstattet haben, erfasst . Daher ist es nicht möglich, die Anzahl der Verfahren, auf welche die vom Fragesteller genannten Kriterien zutreffen, zu ermitteln. 2 Eine Teilmenge derjenigen Verfahren, auf welche die vom Fragesteller genannten Kriterien zutreffen, werden jedoch von einer bestimmten Nebenverfahrensklasse erfasst. Im MESTA-System ist mit Beginn des Jahres 2015 zur Erstellung der Statistik "Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer /fremdenfeindlicher Straftaten" die Nebenverfahrensklasse „03.WEB“ eingeführt worden. Diese umfasst Äußerungsdelikte im weiteren Sinne (neben den eigentlichen Äußerungsdelikten wie Beleidigung oder üble Nachrede, auch Volksverhetzung, § 130 Strafgesetzbuch (StGB), und Bedrohung, § 241 StGB, die nach der Systematik des Strafgesetzbuches nicht den Äußerungsdelikten zuzuordnen sind) unter Nutzung des Internets mit rechtsextremem und/oder fremdenfeindlichem Bezug. Hingegen werden Beleidigungen zum Beispiel mit sexuellem Bezug oder im Hinblick auf die sexuelle Orientierung durch das Internet über die Nebenverfahrensklasse „03.WEB“ nicht abgebildet. Diesbezüglich erfolgt keine gesonderte Erfassung in MESTA. 1. Wie viele Personen haben seit dem 1.1.2016 aufgrund von menschenfeindlichen, beleidigenden, rassistischen, rechtsextremen, diskriminierenden oder ähnlichen Kommentaren im Internet (z.B. in sozialen Netzwerken, Kommentarforen auf Websites etc.) Strafanzeige bei den zuständigen Stellen im Land Berlin gestellt? Zu 1.: Wie in der Vorbemerkung dargestellt, können dazu keine Aussagen getroffen werden. 2. Wie viele der vorbezeichneten Verfahren führten zu Verurteilungen bzw. wurden aus welchem Grund und nach welcher Rechtsgrundlage eingestellt? Zu 2.: Wie in der Vorbemerkung dargestellt, beziehen sich die nachstehenden Zahlen nur auf Verfahren bei der Staatsanwaltschaft, welche in der Nebenverfahrensklasse „03.WEB“ registriert wurden und decken daher nur Verfahren bezüglich eines Teils der vom Fragesteller benannten Arten von Kommentaren ab. Eine genauere Untergliederung nach der Art des Kommentars ist nicht möglich. Die Anzahl der Verfahren, der Einstellungen und der Verurteilungen, welche die vom Fragesteller genannten Kriterien erfüllen, sind wesentlich größer. Die im Berichtszeitraum eingeleiteten Verfahren korrespondieren regelmäßig nicht mit den Verfahren, die im Berichtszeitraum ihre endgültige Erledigung finden. Die folgenden Angaben beziehen sich daher auf diejenigen Verfahren, die im Berichtszeitraum ihre endgültige Erledigung gefunden haben. Im Jahr 2016 hat es in insgesamt 28 Verfahren Verurteilungen gegeben. Es sind in 119 Verfahren gegen einen bekannten Tatverdächtigen Einstellungen nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) erfolgt, in zwei Verfahren ist nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und auf den Privatklageweg verwiesen worden, in drei Verfahren ist wegen § 20 StGB i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO (Schuldunfähigkeit) eingestellt worden. Neun Verfahren sind nach dem Opportunitätsprinzip (§§ 153 Abs. 1, 153a, 153c, 154 StPO und § 45 Jugendgerichtsgesetz (JGG)) und drei Verfahren nach § 154f StPO eingestellt worden. Ein Verfahren wurde aufgrund des Ablebens des Tatverdächtigten eingestellt. Im Jahr 2016 sind 177 Verfahren gegen einen unbekannten Tatverdächtigen eingestellt worden. Im Jahr 2017 kam es in 27 Verfahren zu Verurteilungen. In 68 Verfahren gegen einen bekannten Tatverdächtigen erfolgten Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, in drei Verfahren ist wegen § 20 StGB i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Sechs Verfahren sind nach dem Opportunitätsprinzip (§§ 153 Absatz 1, 153a, 153c, 154 StPO und § 45 JGG) und vier Verfahren nach § 154f StPO eingestellt worden. Im Jahr 2017 sind 230 Verfahren gegen einen unbekannten Tatverdächtigen eingestellt worden. 3 In dem Zeitraum 1. Januar 2018 bis einschließlich 28. Februar 2018 kam es zu sieben Verurteilungen. In vierzehn Verfahren gegen einen bekannten Tatverdächtigen sind Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgt , und ein Verfahren ist wegen § 20 StGB i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Zwei Verfahren sind nach dem Opportunitätsprinzip (§§ 153 Absatz 1, 153a, 153c, 154 StPO und § 45 JGG) und zwei Verfahren nach § 154f StPO eingestellt worden. In dem Zeitraum 1. Januar 2018 bis einschließlich 28. Februar 2018 sind acht Verfahren gegen einen unbekannten Tatverdächtigen eingestellt worden. 3. Wie lange betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den vorbezeichneten Verfahren von der Anzeige bis zur Einstellung bzw. Verurteilung und wie hoch sind die durchschnittlich anfallenden Verfahrenskosten, einschließlich der Personalkosten? Zu 3: Eine statistische Erhebung zur polizeilichen Bearbeitungsdauer von Verfahren, die Hasskriminalität im Internet zum Gegenstand haben, erfolgt nicht. Hinsichtlich der bei der Staatsanwaltschaft seit dem 1. Januar 2016 bis zum 28. Februar 2018 eingegangen Verfahren, welche in der Nebenverfahrensklasse „03.WEB“ registriert wurden und sich gegen einen bekannten Tatverdächtigen richteten, hat die Verfahrensdauer vom Erfassungsdatum bis zum Erledigungsdatum im Ermittlungsverfahren im Mittel 54 Tage betragen, und vom Erledigungsdatum im Ermittlungsverfahren bis zum Entscheidungsdatum in der Hauptverhandlung durchschnittlich 75 Tage. Der Mittelwert der Verfahrensdauer vom Erfassungsdatum bis zum Erledigungsdatum im Ermittlungsverfahren, der bei der Staatsanwaltschaft geführten entsprechenden Verfahren gegen einen unbekannten Tatverdächtigen hat sich im Mittel auf 33 Tage belaufen. Eine zuverlässige Aussage über die Kosten pro Strafverfahren ist nicht möglich, da diese von vielfältigen, statistisch nicht erfassten, Faktoren abhängen. 4. Auf welchen Plattformen oder Social-Media-Accounts, die vom Land Berlin selbst oder von mehrheitlich vom Land Berlin beherrschten Unternehmen betrieben werden, ist es im Berichtszeitraum zu wie vielen gemeldeten Hate Speech -Anzeigen bzw. Meldungen gekommen? Zu 4.: Eine statistische Erfassung von Strafanzeigen und Meldungen in dem entsprechenden Bereich erfolgt nicht, und es ist weder im KPMD-PMK noch in MESTA recherchierbar, auf welchen Plattformen des Landes Berlin oder von mehrheitlich beherrschten Unternehmen des Landes Berlin Anzeigen wegen „Hate Speech“ erstattet werden. In Bezug auf die vom Land Berlin selbst oder von mehrheitlich vom Land Berlin beherrschten Unternehmen betriebenen Social-Media-Accounts kann Folgendes berichtet werden: Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa meldet für das Jahr 2017 verschiedentliche beleidigende oder verletzende Posts bei twitter und facebook. Eine Statistik hierüber wird nicht geführt. Ebenso hat es auf den Benutzerprofilen des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten auf facebook und twitter einige Beiträge gegeben, die gegen das angemessene, respektvolle Benehmen in der elektronischen Kommunikation verstoßen; diese Beiträge sind deaktiviert worden, so dass sie nicht mehr sichtbar sind. 4 Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe melden, dass sie bei gelegentlich vorgekommenen unflätigen, im Ton nicht akzeptablen Posts oder Tweets, diese gesperrt und das auch gegenüber den Absendern begründet haben. Berlin, den 15. März 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-13593 S18-13593