Drucksache 18 / 13 617 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) vom 23. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Februar 2018) zum Thema: Stickoxidbelastung entlang der Stadtautobahn und Antwort vom 15. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tino Schopf (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13617 vom 23.02.2018 über Stickoxidbelastung entlang der Stadtautobahn Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: In der aktuellen Antwort der Senatsverwaltung Umwelt Verkehr und Klimaschutz (SenUKV) auf die schriftliche Anfrage Drs. 18/13 308 zu Stickoxidbelastungen an der Stadtautobahn wird festgestellt (Antwort zu Frage 3), dass 2004 die einzige Luftgütemessstelle an der Stadtautobahn (BAB 100) abgebaut wurde. Seitdem werden die Stickoxidbelastungen (NOx) durch „Modellrechnungen“ ermittelt, die nur an kurzen Abschnitten (z.B. zwischen Kaiserdamm und Kantstraße) Grenzwertüberschreitungen ergeben. Frage 1: Teilen die Bezirksämter Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln die Auffassung des Senats, dass Stickoxid-Messungen im unmittelbaren Umfeld der Stadtautobahn unterbleiben können, weil sich dort Menschen nicht über einen relevanten Zeitraum aufhalten? Frage 10: Welche Kosten würden aus Sicht des Senates für die betroffenen Bezirksämter anfallen, wenn die Bezirke im Rahmen ihrer Vorsorgepflichten zumindest punktuell (z.B. 40 Passivsammler-Beprobungen) entlang der Stadtautobahn im jeweiligen Bezirk durchführen lassen? Antwort zu 1 und zu 10: Dem Senat liegen hinsichtlich der Auffassung der genannten Bezirke zu gegebenenfalls notwendigen zusätzlichen Stickstoffdioxidmessungen im unmittelbaren Umfeld der Stadtautobahn keine Erkenntnisse vor. Von den Bezirken wurden auch keine diesbezüglichen Anfragen an den Senat herangetragen. Die Bezirke sind nicht für die Messung und Beurteilung der Luftqualität in Berlin zuständig. Die Zuständigkeit liegt vielmehr bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, denn nur dort sind die für Luftgütemessungen notwendigen Fachkompetenzen und Laborkapazitäten vorhanden. 2 Frage 2: Ist den betroffenen Bezirksämtern bekannt gegeben worden, wie hoch die von SenUVK berechneten Belastungen entlang der Stadtautobahnstrecke durch die Bezirke sind? Wenn ja, wann und in welcher Form erfolgte die Information? Antwort zu 2: Die von der zuständigen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz durchgeführten Luftgütemessungen werden regelmäßig in Monats- und Jahresberichten im Internet veröffentlicht. Auch die Ergebnisse der seit mehr als zwei Jahrzehnten in regelmäßigen Abständen auf jeweils neuester Datengrundlage durchgeführten Modellrechnungen der Luftschadstoffbelastung in allen Hauptverkehrsstraßen einschließlich der Stadtautobahn sind im Umweltatlas der Senatsverwaltung im Internet verfügbar. Beide Informationsquellen sind auch den Bezirksämtern zugänglich. Frage 3: Wie hoch sind die vom Senat ermittelten Grenzwertüberschreitungen in den Abschnitten des Stadtautobahnbereichs in den Bezirken Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln? Antwort zu 3: Wie Messungen des Senats und Untersuchungen mit hoch aufgelösten Messungen der Stickstoffdioxidbelastung im Umfeld der sehr stark belasteten Landshuter Allee in München gezeigt haben, nimmt die NO2-Belastung schon in wenigen Dekametern Entfernung von Hauptverkehrsstraßen schnell auf ein Niveau unterhalb der Grenzwerte ab. Das gilt umso mehr für die Berliner Stadtautobahn, die insbesondere in den genannten Bezirken in erhöhter Lage und in merklicher Entfernung von höheren Gebäuden verläuft, so dass der Wind aufgrund der fehlenden Barrierewirkung von Gebäuden die durch den starken Kfz-Verkehr auf der Stadtautobahn erzeugten Schadstoffemissionen sehr schnell verdünnt. Das vom Senat angewandte Simulationsmodell für die Luftschadstoffbelastung berücksichtigt diesen Umstand. In den Bezirken Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln wird deshalb der NO2- Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ nur am Abschnitt zwischen Rohdestraße und Anschlussstelle Gradestraße im Bezirk Tempelhof-Schöneberg mit 43,2 µg/m³ überschritten. Die Ergebnisse der Modellrechnung, deren Zuverlässigkeit regelmäßig durch Vergleiche mit den Messdaten gewährleistet ist, sind im Internetangebot der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/ke311.htm veröffentlicht. Frage 4: Wie viele Wohnungen sind wo in den 3 benannten Bezirken insbesondere mit Fenstern, Türen und/oder Balkonen weniger als 100m Luftlinie von der Trasse der Stadtautobahn entfernt (bitte betroffene Bereiche grafisch auf einer Karte darstellen)? Frage 5: Wie viele dieser Wohnungen haben einen ungehinderten/barrierefreien Luft- und damit auch Schadstoffaustausch mit der Stadtautobahn und würden damit Messungen gemäß Anlage 3 der 39. BImSchV erfordern (vgl. Senatsantwort)? 3 Frage 6: Wie viele Menschen sind in den in Frage 4. + 5. betroffenen Wohnungen jeweils gemeldet? Antwort zu 4, zu 5 und zu 6: Der erwähnte Abschnitt mit Grenzwertüberschreitungen liegt inmitten eines Gewerbegebietes (siehe beiliegende Karte). Wohnungen gibt es dort keine. Kurz vor Einfahrt in den Bezirken von Westen her gibt es im Zuge der Schaffhausener Straße zwei Wohngebäude in weniger als 100 m Entfernung von der Stadtautobahn, wo aber aufgrund der guten Luftaustauschbedingungen keine Grenzwertüberschreitung zu erwarten ist. Frage 7: Gibt es auch Kindergärten, Schulen, Jugend- oder Senioreneinrichtungen oder Gewerbe, Betriebe, u.ä. in den 3 benannten Bezirken, auf die die Kriterien aus Frage 4. + 5. zutreffen (bitte mit Adresse tabellarisch auflisten)? Antwort zu 7: Nördlich und südlich des Autobahnabschnittes zwischen Rohdestraße und Anschlussstelle Gradestraße sind verschiedene Gewerbebetriebe angesiedelt, unter anderem Procter & Gamble Manufacturing Berlin, Oberlandstraße 75-84, 12099 Berlin, Bahlsen KG, Oberlandstraße 91, 12099 Berlin, Robusta-Gaukel GmbH & Co.KG, Rohdestraße 19, 12099 Berlin, EFA Autoteilewelt Vertriebs GmbH, Teilestraße 26, 12099 Berlin. Bei den von Luftqualitätsgrenzwert Überschreitungen Betroffenen Flächen handelt es sich also ausschließlich um Betriebsgelände, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Für die dort arbeitenden Personen sind im Rahmen des Arbeitsschutzes „maximale Arbeitsplatzkonzentrationen“ für die Luftbelastung am Arbeitsplatz maßgebend, die dort aber nicht überschritten werden. Die wesentlich niedrigeren, zum Schutz der allgemeinen Wohnbevölkerung, einschließlich besonders empfindlicher Personen festgelegten Luftqualitätsgrenzwerte gelten dort nicht. Frage 8: Welche Möglichkeiten sieht der Senat in Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Bezirken, die offenbar bestehenden Erkenntnislücken bezüglich der NOx-Belastung entlang der Stadtautobahn zu schließen, um die Gesundheit der Bürger zu schützen? Welche Rolle nehmen hierbei die Bezirke ein? Antwort zu 8: Mit den in der Antwort auf die Frage 2 in Ihrer Anfrage in Drucksache 18/13308 bereits skizzierten umfangreichen Messungen der Luftqualität und den stadtweiten Modellsimulationen der Luftbelastung in Hauptverkehrsstraßen, einschließlich der Berliner Stadtautobahn, liegen bereits ausreichende Erkenntnisse über die Luftbelastung Anwohnern und über die Zahl der von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Anwohnerinnen auch in unmittelbarer Nähe der Stadtautobahn vor. Hinsichtlich der Zuständigkeit und Rolle der Bezirke wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4 Frage 9: Haben sich Senat und Bezirksämter im Rahmen der Gesundheitsvorsorge bereits bezüglich notwendiger Ergänzungsmessungen an andere in der NOx-Problematik Aktive, wie z.B. die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die TU-Berlin etc. gewandt, die z.T. kostenlose Stickoxidmessungen anbieten? Wenn nein, warum ist dies bisher nicht erfolgt? Antwort zu 9: Nein. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 Ihrer Anfrage 18/13308 verwiesen. Frage 11: Welche Möglichkeiten sieht der Senat für die Bezirke (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen etc.), ohne Fahrverbote für Dieselfahrzeuge die Stickoxidbelastungen im unmittelbaren Umfeld der Stadtautobahn in den Bezirken unter die EU-Grenzwerte zu senken? Frage 12: Was tun, aus Kenntnis des Senats heraus, derzeit die genannten Bezirke, um die Gesundheit der Bürger in den Bezirke zu schützen, wenn die EU-Stickoxidgrenzwerte in der Nähe der Stadtautobahn nicht eingehalten werden? Antwort zu 11 und zu 12: Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 11 und 12 gemeinsam beantwortet. Die Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung und damit für die Bewertung und Auswahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität liegt bei der zuständigen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Sie erarbeitet den Luftreinhalteplan. Der Senat nimmt den Schutz der Wohnbevölkerung vor gesundheitsschädlichen Luftschadstoffen, die mit Blick auf Stickstoffdioxid überwiegend aus dem Straßenverkehr stammen, sehr ernst. Der Luftreinhalteplan wird deshalb mit dem Fokus auf Maßnahmen zur Minderung der NO2-Belastung aus dem Straßenverkehr fortgeschrieben. Darin werden neben den einzelnen Maßnahmen auch die für deren Umsetzung zuständigen Stellen genannt, zu denen auch die Bezirke gehören können und die deshalb bei der Auswahl solcher Maßnahmen beteiligt werden. Hinsichtlich des möglichen, im Rahmen der Luftreinhalteplanfortschreibung geprüften Maßnahmenportfolios wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 4, 10 und 11 Ihrer Anfrage 18/13308 verwiesen. Schon jetzt ist festzustellen, dass im Gegensatz zu Tempo 30 auf Stadtstraßen, eine mögliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Stadtautobahn auf beispielsweise 60 km/h keine Minderungswirkung auf die Stickoxidemissionen hat. Berlin, den 15.03.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ff fi fl ffi ffi !"# $ #%&' ()* +! ##! ", -./-0/.-12 3 4 3 fi5 6 S18-13617 S18-13617 Anlage-luftbild_NO2_Umweltatlas-fin