Drucksache 18 / 13 651 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) vom 26. Februar 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. März 2018) zum Thema: Italienische Mafia-Clans in Berlin und Antwort vom 10. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Peter Trapp (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13651 vom 26. Februar 2018 über Italienische Mafia-Clans in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Beantwortung der nachfolgenden Fragen erfolgt ausschließlich auf Grundlage der durch die Polizei Berlin gewonnenen Erkenntnisse, bearbeiteten Verdachtsanzeigen sowie Strafermittlungsverfahren und damit zum sogenannten Hellfeld dieses Kriminalitätsbereiches. Da keine validen Einschätzungen zu Art und Umfang des möglichen Dunkelfeldes möglich sind, werden dazu keine Aussagen getroffen. 1. Welche Bedeutung hat die organisierte Kriminalität (OK) sowie die italienisch organisierte Kriminalität(IOK) bzw. Mafiakriminalität nach Kenntnis des Senats in Berlin? 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Aktivitäten italienischer Mafiagruppen in Berlin (bitte nach Kriminalitätsfeld und Gruppe aufschlüsseln)? 3. In welchen Bezirken Berlins ist nach Kenntnis des Senats die IOK aktiv? Zu 1. bis 3.: Die Bezeichnung „Organisierte Kriminalität“ (OK) ist bundeseinheitlich definiert und dient als Grundlage für die einheitliche Einstufung von polizeilichen Ermittlungskomplexen sowie zur Erstellung des Bundeslagebildes zur OK: „Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“ Seite 2 von 4 Im Jahr 2016 wurden insgesamt 51 Ermittlungskomplexe durch die Polizei Berlin und zehn Komplexe durch die Bundesbehörden in Berlin (Zoll, Bundespolizei, BKA) geführt, die der Organisierten Kriminalität (OK) zugerechnet werden. In einem dieser Komplexe war die dominierende Staatsangehörigkeit der Tatverdächtigen italienisch. Der Verfahrenskomplex ist jedoch nicht der Italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) zuzurechnen. Dieser werden Verfahren nur dann zugeordnet, wenn die definierten Merkmale der OK vorliegen und die Tätergruppe den italienischen Mafia-Gruppierungen ´Ndrangheta, Cosa Nostra, Camorra, Stidda, Apulische OK oder deren Umfeld zugerechnet wird. Die IOK hat gemäß der in den vergangenen Jahren registrierten Straftaten und allgemeinpolizeilichen Erkenntnisse kaum Bedeutung in Berlin. Daher erfolgen bei der Polizei Berlin zur IOK weder eine Schwerpunktsetzung innerhalb der Kriminalitätsbekämpfung, noch eigenständige statistische Erhebungen. 4. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie viele Mitglieder den Gruppierungen der IOK in Berlin zugerechnet werden und wie hat sich deren Anzahl in den letzten zehn Jahren entwickelt? Wie viele Gruppierungen gibt es? Zu 4.: Den Erkenntnissen der Polizei Berlin zufolge sind in Berlin derzeit vier Personen, die der Camorra zugerechnet werden und eine Person, die der Cosa Nostra zugeordnet wird, melderechtlich erfasst. Zur Entwicklung in den letzten zehn Jahren können keine Angaben gemacht werden, da dazu keine statistische Erhebung erfolgt. 5. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie hoch die durch IOK erzielten jährlichen Umsätze in Berlin geschätzt werden und wie haben sich diese in den letzten zehn Jahren entwickelt? 6. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie hoch das Immobilienvermögen in Berlin geschätzt wird, das mit Gewinnen aus Aktivitäten der IOK erworben wurde, beziehungsweise der wirtschaftlichen Kontrolle der IOK unterliegt? Zu 5. und 6.: Nein, siehe Vorbemerkung. 7. Welche Fälle von Einschüchterungen und Bedrohungen durch Mitglieder der IOK gegenüber Presseorganen, Politik, Polizei oder Gewerbetreibenden sind dem Senat in den letzten zehn Jahren in Berlin bekannt? 8. Welche Fälle von Korruption in Berlin im Zusammenhang mit der IOK sind dem Senat in den letzten zehn Jahren bekannt? Zu 7. und 8.: Keine. 9. Wie viele Ermittlerinnen und Ermittler werden im Bereich der IOK aktuell eingesetzt (bitte nach Behörde aufschlüsseln) und wie hat sich deren Anzahl in den letzten 15 Jahren entwickelt? 10. Inwiefern wurden Ermittlerinnen und Ermittler des Landeskriminalamts oder anderer Dienststellen in den letzten 15 Jahren aus dem Bereich der IOK und für die Terrorismusbekämpfung eingesetzt? 11. Welche Schwerpunktsetzung erfolgt beim Landeskriminalamt oder andere Dienststellen hinsichtlich der Strafverfolgung von IOK? Zu 9. bis 11.: Für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist bei der Polizei Berlin das Dezernat 41 des Landeskriminalamtes (LKA) zuständig. Aufgrund der geringen Relevanz der IOK in Berlin gibt es keine eigenständige Dienststelle, welche Ermittlungen ausschließlich oder schwerpunktartig in diesem Bereich führt. Seite 3 von 4 Alle Aufgaben im Zusammenhang mit der IOK nimmt die Koordinierungsstelle Italienische OK (KoSt IOK) wahr, welche dem für Falschgelddelikte zuständigen Kommissariat LKA 413 angegliedert ist. Die KoSt IOK fungiert als Ansprechpartner der Polizei Berlin für diese Thematik und als Beratungsstelle im Zusammenhang mit Schutzgelderpressungen. Zu den Aufgaben gehört zudem die regelmäßige Teilnahme an nationalen und internationalen IOK-Arbeitstagungen. Neben der Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Behörden steht das LKA 413 (KoSt IOK) auch seit 2007 im Austausch mit dem Verein „Mafia? Nein Danke! e. V.“, der sich als Nichtregierungsorganisation international für die Bekämpfung der IOK engagiert. 12. Wie viele Ermittlungsverfahren gab es in den vergangenen zehn Jahren gegen Mitglieder der IOK in Berlin (bitte nach Strafbeständen aufschlüsseln)? Zu 12.: Im LKA 4 gab es in den letzten zehn Jahren insgesamt neun Ermittlungsverfahren gegen Personen, die mutmaßlich der IOK zugerechnet werden. Die Mehrzahl der Verfahren wurde im Zusammenhang mit hochwertigen italienischen Druckfälschungen im Bereich der Falschgeldkriminalität geführt. Auf diesen Deliktsbereich entfallen sechs Verfahren. Zudem wurden zwei Verfahren wegen Betruges und ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt. 13. Bei wie vielen Ermittlungsverfahren in den letzten zehn Jahren wurden Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der IOK in Berlin erlassen? Zu 13.: In den letzten zehn Jahren wurden insgesamt vier Haftbefehle gegen Personen erlassen, die der IOK zuzurechnen waren. 14. Liegen nicht vollstreckte Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der IOK in Berlin vor und wenn ja, wie viele? Zu 14.: Nein. 15. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Tätigkeiten und Investitionen in legale Wirtschaftsbereiche (insbesondere Baugewerbe, Dienstleistung, Gastronomie und Hotellerie, Handel und Tourismus) durch die IOK? 16. Welche Fälle von öffentlichen Auftragsvergaben an Unternehmen in Berlin, die der IOK zugerechnet werden können, sind dem Senat bekannt? 17. Welche Kenntnisse hat der Senat über Geldwäschetätigkeiten der IOK in Berlin? 18. In welcher Höhe wurden nach Kenntnis des Senats Vermögenswerte der IOK in Berlin in den letzten zehn Jahren beschlagnahmt (bitte nach Jahr aufschlüsseln)? 19. Welche Rolle nimmt die IOK im Bereich des illegalen Handels mit Rauschgift nach Erkenntnissen des Senats in Berlin ein (bitte nach Betäubungsmittel gesondert darstellen)? 20. Für wie hoch schätzt der Senat die durch den illegalen Rauschgifthandel erzielten jährlichen Umsätze der IOK in Berlin und wie haben sich diese in den letzten zehn Jahren entwickelt? 21. Welche Erkenntnisse hat der Senat über wirtschaftliche Aktivitäten der IOK in Berlin wie z.B. aus den Panama Papers und weiteren Offshore Leaks gewonnen? Zu 15. bis 21.: Dazu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor, siehe Vorbemerkung. Seite 4 von 4 22. Gibt es gemeinsame Ermittlungsgruppen von italienischen und deutschen Strafverfolgungsbehörden, die die Bekämpfung der IOK zum Ziel haben und inwiefern arbeiten diese zusammen? 23. Wie viele Personen arbeiten in den gemeinsamen deutsch-italienischen Ermittlungsgruppen zusammen? Zu 22. und 23.: Bei der Polizei Berlin gibt es keine gemeinsamen Ermittlungsgruppen mit italienischen Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung der IOK. 24. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der IOK zugerechnet werden und anderen OK-Gruppierungen? Zu 24.: Keine. 25. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der IOK zugerechnet werden und der russisch-eurasischen organisierten Kriminalität? Zu 25.: Im Rahmen der nationalen und internationalen polizeilichen Erkenntnisgewinnung wurden vereinzelt Anhaltspunkte für Kontakte zwischen Personen, die der russischeurasischen OK (REOK) zugerechnet werden und solchen, die zum Umfeld der IOK gehören, gewonnen. Valide Aussage können dazu nicht getroffen werden. Ein Bezug nach Berlin lässt sich aus diesen Erkenntnissen nicht ableiten. 26. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der IOK zugerechnet werden und sogenannten Rockerclubs/Motorradclubs? Zu 26.: Keine. Berlin, den 10. März 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13651 S18-13651