Drucksache 18 / 13 686 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 05. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2018) zum Thema: Sexuelle Gewalt an Menschen mit Behinderung und Antwort vom 22. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13686 vom 05.März 2018 über Sexuelle Gewalt an Menschen mit Behinderung ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele sexuelle Missbrauchsfälle bei Frauen bzw. bei Männern mit Behinderung sind dem Senat aus Berlin bekannt? Zu 1.: Dem Senat liegen keine Daten zur Anzahl sexueller Missbrauchsfälle bei Frauen bzw. bei Männern mit Behinderung vor. 2. Welche Anlaufstellen stehen weiblichen bzw. männlichen Opfern mit Behinderung bei sexuellem Missbrauch in Berlin zur Verfügung? Bitte aufgeteilt nach Art der Anlaufstelle und Bezirk. 3. Welche dieser Anlaufstellen ist jeweils vollumfänglich behindertengerecht ausgestattet, sowohl hinsichtlich der Zugangsmöglichkeiten als auch hinsichtlich der Unterbringung? Bitte aufgeteilt nach Art der Anlaufstelle und Bezirk. Zu 2. und 3.: Die „Beschwerde- und Informationsstelle Psychiatrie (BIP) Berlin“ ist eine berlinweite und unabhängige Anlaufstelle bei Beschwerden zur psychiatrischen Versorgung und richtet sich an Psychiatriebetroffene und Psychiatrieerfahrene, Angehörige und Professionelle. Von 2011 bis 2015 sind dort insgesamt 2.205 Beschwerden eingegangen. Dabei bezog sich das Beschwerdeanliegen in 92 Fällen auf gewaltförmige Übergriffe bzw. sexuelle Übergriffe. Eine genauere Ausdifferenzierung ist dem Jahresbericht der BIP nicht zu entnehmen. Darüber hinaus stehen in allen 12 Bezirken die bezirklichen Psychiatriekoordinatorinnen und Psychiatriekoordinatoren als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zur Verfügung. Die Räume der BIP in der Grunewaldstr. 82, 10823 Berlin sind barrierefrei zugänglich. Weiblichen Opfern sexualisierter Gewalt steht das Beratungsangebot von LARA, der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen, im Bezirk Schöneberg zur 2 Verfügung. Darüber hinaus bietet das Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V. Frauen mit Behinderungen nach sexualisierter Gewalt Beratung und Unterstützung an. LARA und das Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V. werden von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziell gefördert. Die Räumlichkeiten des Netzwerks behinderter Frauen Berlin e.V. sind vollständig barrierefrei. Die Räume von LARA sind teilweise barrierefrei. Für Frauen und Männer mit kognitiven Beeinträchtigungen bietet die MUT-Stelle Berlin seit Juni 2014, einem Projekt der Lebenshilfe Berlin, Beratung und Unterstützung bei sexualisierter Gewalt an. Die Beratungsangebote stehen Opfern, Angehörigen aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtungen der Behindertenhilfe zur Verfügung. Die MUT-Stelle ist konzeptionell dem Opferschutz verpflichtet. Seit diesem Jahr wird die MUT-Stelle mit Haushaltsmitteln der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziell gefördert sowie mit Mitteln aus dem Integrierten Sozialprogramm (ISP) der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Die Räumlichkeiten der MUT-Stelle sind barrierefrei. Der Träger Wildwasser Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V. bietet im Bezirk Kreuzberg mit seinen Angeboten im Bereich Selbsthilfe und Beratung ein spezielles Beratungs- und Unterstützungsangebot für Frauen an, die in ihrer Kindheit/Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben. Zum Teil sind die Frauen auch als Erwachsene weiterhin Opfer sexualisierter Gewalt. Zudem führt Wildwasser im Bezirk Neukölln das FrauenNachtCafé, eine nächtliche Anlaufstelle für Frauen, die sich auf Grund sexualisierter Gewalt in einer Krise befinden. Für Männer, die sexuelle Gewalt erlebt haben, besteht ebenfalls in Berlin Kreuzberg ein Beratungsangebot beim Träger Tauwetter e.V.. Hinsichtlich der Barrierefreiheit liegen dem Senat hierzu keine Angaben vor. Die Beratungsstelle Kind im Zentrum des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerkes befindet sich im Bezirk Wedding und ist barrierefrei. Diese Beratungsangebote stehen Menschen bis 26 Jahren zur Verfügung. Darüber hinaus stehen Betroffenen beim Beratungszentrum von pro familia in Schöneberg sowie beim Familienplanungszentrum Balance in Lichtenberg Beratung barrierefreie Anlaufstellen zur Verfügung. 4. Wie viele sexuelle Missbrauchsfälle bei Frauen bzw. bei Männern mit Behinderung, die in Heimen untergebracht sind, sind dem Senat bekannt? Bitte aufgeteilt nach Heim, Art der Trägerschaft und Bezirk. Zu 4.: Zur Anzahl sexueller Missbrauchsfälle liegen dem Senat keine Daten vor. 5. Was wird in den Berliner Heimen getan, um sexuelle Missbrauchsfälle bei Frauen bzw. bei Männern mit Behinderung zu verhindern? Bitte aufgeteilt nach Heim, Art der Trägerschaft und Bezirk. 6. Wie viele Heime in Berlin haben ein Konzept zum Schutz vor sexueller Gewalt gemäß den Anforderungen des Wohnteilhabegesetzes? Bitte aufgeteilt nach Heim, Art der Trägerschaft und Bezirk. 8. Am 01.02.2018 ist die Istanbul-Konvention für Deutschland in Kraft getreten. Wie gedenkt der Senat mit der Implementierung der Istanbul-Konvention für das Land Berlin weiter umzugehen? Welche Maßnahmen wurden von wem bereits ergriffen bzw. werden noch bis wann von wem folgen? 3 Zu 5. ,6. und 8.: In den Leistungsbeschreibungen zum Berliner Rahmenvertrag (die Grundlage der einrichtungsbezogenen Vereinbarungen nach §75 (3) SGB XII sind) ist die Entwicklung von Grundsätzen und Standards zur Gewaltprävention und zum Schutz vor sexuellen Übergriffen, insbesondere gegenüber Frauen, verankert. Der Senat hat gemeinsam mit der LIGA der Spitzenverbände durch Beschluss der Kommission 75 eine Unterarbeitsgruppe gegen Gewalt und Missbrauch initiiert. Ziel der Unterarbeitsgruppe ist es, eine Anlage zum Berliner Rahmenvertrag (BRV) zu erarbeiten. Die Anlage wird die Erstellung von Schutzkonzepten für alle (Wohn-) Einrichtungen der Eingliederungshilfe, die themenspezifische Qualifizierung von Personal, die Einrichtung eines Beschwerdemanagements, die Durchführung von Risikoanalysen, die Vorhaltung eines Konzeptes zur Personaleinstellung, sowie die regelmäßige interne Evaluation der Konzepte verbindlich regeln. Die Anlage zum BRV wird in einigen Punkten über die Empfehlungen der Monitoring Stelle UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hinausgehen und wurde schon vor dem 01.02.2018 (Inkrafttreten des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt -Istanbul-Konvention-) in die Wege geleitet. Nach aktuellem Sachstand geht der Senat von einer Verabschiedung der Anlage zum BRV im Mai dieses Jahres aus. Mit dem Inkrafttreten der Istanbul-Konvention in Deutschland am 1. Februar 2018 hat die Istanbul-Konvention nunmehr den Rang eines Bundesgesetzes (BGBl. II 2017, S. 1026), welches Landesrecht vorgeht. Ziel der Istanbul-Konvention ist es, Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen. Frauen mit Behinderungen sind in besonderem Ausmaß von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt betroffen. Der Berliner Senat betrachtet es als seine Aufgabe, die sich aus der Istanbul-Konvention ergebenden Verpflichtungen im Land Berlin umzusetzen. 7. Wie sieht die Ausstattung dieser Heime hinsichtlich Sonderpädagogen und Gebärdendolmetscher aus? Bitte aufgeteilt nach Heim, Art der Trägerschaft und Bezirk. Zu 7.: Zur Ausstattung der Einrichtungen mit Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen und Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern für die der Umsetzung der Konzepte gegen Gewalt und Missbrauch werden keine gesonderten Daten vorgehalten. Berlin, den 22. März 2018 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-13686 S18-13686