Drucksache 18 / 13 722 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 05. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2018) zum Thema: Ausreichend geschützt? – Berliner Verfahren bei Anträgen zur Melderegisterauskunftssperre und Antwort vom 23. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 13 722 vom 05. März 2018 über Ausreichend geschützt? – Berliner Verfahren bei Anträgen zur Melderegisterauskunftssperre ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen haben Personen in der Zeit von 2013 bis heute einen Antrag auf Melderegisterauskunftssperre gestellt? (Aufstellung nach Jahren, Art und Hintergrund erbeten.) 2. In wie vielen Fällen waren in dieser Zeit Bedrohungen mit politischem Hintergrund Gegenstand von Anträgen auf Erteilung einer Melderegisterauskunftssperre? (Aufstellung nach Phänomenbereich erbeten.) 3. In wie vielen Fällen wurde in dieser Zeit diesen Anträgen auf Melderegisterauskunftssperre stattgegeben? (Aufstellung nach Jahren Art und Hintergrund der Bedrohung erbeten.) Zu 1.-3.: Eine nach geltend gemachten Gefährdungsgründen gegliederte Statistik wird im Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten nicht geführt. Zudem ist anhand der Fallzahlenstatistik nicht der konkrete Ausgang eines Antrags erfasst, sondern es sind lediglich absolute Fallzahlen dargestellt, da Antragsbearbeitungen auch jahresübergreifend stattfinden können. Jahr beantragt bewilligt abgelehnt zurückgezogen 2013 4.778 3.461 147 2.107 2014 5.005 3.390 157 1.835 2015 5.034 2.668 152 1.314 2016 5.270 3.758 242 1.119 2017 4.923 3.888 250 1.422 4. In wie vielen Fällen erfolgte in dieser Zeit eine Rücksprache des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin (LABO) mit der Polizei Berlin und/oder dem Landeskriminalamt Berlin zur Prüfung dieser Anträge? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 4.: Die Kontakte des LABO mit der Polizei bzw. dem Landeskriminalamt werden nicht statistisch erfasst. Seite 2 von 4 5. Wie sind der Austausch und das weitere Vorgehen zwischen dem LABO und der Polizei Berlin und/oder dem Landeskriminalamt Berlin im Hinblick auf Anträge zur Melderegisterauskunftssperre im Detail geregelt? (Aufstellung erbeten.) Zu 5.: Es gibt keine Detailregelungen. Es handelt sich bei sämtlichen Verfahren um Einzelfallentscheidungen, die keinem standardisierten Prozess unterliegen. 6. Besteht seitens des LABO bei Anträgen auf Melderegisterauskunftssperre die Pflicht, Kontakt zur Polizei Berlin und/oder dem Landeskriminalamt Berlin aufzunehmen um die dortige Einschätzung der Gefährdung einzuholen und wenn ja, inwieweit ist die Einschätzung des LKA Berlin für die Entscheidung des LABO verbindlich? (Falls nicht, warum nicht?) Zu 6.: Nein. In Fällen, in denen dem LABO eine Gefährdungseinschätzung durch die Polizei, das LKA oder von anderen Sicherheitsbehörden (z.B. Verfassungsschutz, BKA) vorliegt, wird dieser Beurteilung regelmäßig gefolgt, d.h. eine Auskunftssperre wird im Melderegister erfasst. 7. Welche Gültigkeitsdauer hat eine bewilligte Melderegisterauskunftssperre? Zu 7.: Nach § 51 Abs. 4 Satz 1 Bundesmeldegesetz (BMG) wird eine Auskunftssperre auf zwei Jahre befristet. 8. Werden Betroffene rechtzeitig durch das LABO Berlin über den Ablauf der eingerichteten Melderegisterauskunftssperre informiert? (Wenn ja, wie? Wenn nicht, warum nicht?) Zu 8.: Eine Aufhebung der Auskunftssperre erfolgt erst nach Unterrichtung der betroffenen Person (§ 51 Abs. 4 Satz 3 BMG). 9. Welche Gültigkeitsdauer hat eine verlängerte Melderegisterauskunftssperre? Zu 9.: Die Gültigkeit ist im Falle der Verlängerung ebenfalls auf zwei Jahre befristet. 10. Welche Kriterien müssen für eine positive Entscheidung des LABO zur Gewährung einer Melderegisterauskunftssperre hinsichtlich der Bedrohungslage konkret erfüllt sein und wo sowie durch wen werden diese Kriterien definiert und sichergestellt, dass diese eingehalten werden? Zu 10.: Es gibt keinen Kriterienkatalog. Vielmehr wird im Wege der Einzelfallprüfung jede geltend gemachte Gefährdung individuell geprüft und über die Eintragung einer Auskunftssperre entschieden. Zudem wird die zu Auskunftssperren ergangene Rechtsprechung beachtet. 11. Wie ist der Begriff der „individuellen aktuellen Gefährdung“ im Sinne des Melderechts definiert? Zu 11.: Bei dem Begriff der „individuellen aktuellen Gefährdung“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung bedarf, welche im Einzelfall erfolgt und der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Seite 3 von 4 12. Welche Nachweise müssen für die Bewilligung einer Melderegisterauskunftssperre und welche für eine Verlängerung erbracht werden? (Aufstellung nach Antragsart erbeten.) 13. Wie können Betroffene die „Glaubhaftmachung einer Gefährdung“ erfüllen und welche Maßstäbe werden seitens des LABO bei der Entscheidung über die Glaubwürdigkeit zugrunde gelegt? (Aufstellung erbeten.) 14. Inwieweit werden eingereichte Einschätzungen zivilgesellschaftlicher Institutionen in die Entscheidung des LABO einbezogen und wie werden diese gewichtet? Zu 12.- 14.: Im Wege der Einzelfallprüfung werden jeder individuell vorgebrachte Sachvortrag und die zur Glaubhaftmachung ggf. vorgelegten Unterlagen hinsichtlich ihrer Geeignetheit im Rahmen des Verfahrens geprüft. Generelle Vorgaben zur Nachweiserbringung existieren nicht. 15. Wie wird im Falle von Widersprüchen, Beschwerden, etc. im LABO verfahren und wer überprüft bzw. revidiert ggf. Entscheidungen? Zu 15.: Wegen der Brisanz derartiger Fälle erfolgt eine freiwillige Überprüfung durch die Abteilungsleiterin der Abt. II, den Direktor des LABO oder auch in Einzelfällen durch die Fachaufsicht. In den Fällen von Widersprüchen erfolgt die Entscheidung grundsätzlich durch die Referatsleitung und in Klageverfahren ergibt sich eine Prüfung der Entscheidung des LABO durch das Verwaltungsgericht. 16. Wie ist dahingehend das Beschwerdemanagement im LABO geregelt? Zu 16.: Es ist kein Beschwerdemanagement etabliert. Es erfolgt eine Selbstkontrolle in den unter 15. beschriebenen Fällen. 17. Ist das LABO unabhängig entscheidungsbefugt? (Falls nicht, welches Amt kann Auskunftssperren anweisen?) Zu 17.: Nach Nr. 33 Abs. 1 Buchstabe b) zu § 2 Absatz 4 Satz 1 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) ist das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten für die Errichtung, Überwachung und Ablehnung von Auskunftssperren nach § 28 Abs. 5 und 6 des Meldegesetzes (Anm.: jetzt § 51 BMG) zuständig. Im Rahmen der Fachaufsicht kann die Senatsverwaltung für Inneres und Sport Weisungen erteilen. 18. Welche Qualifikationen müssen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter des LABO vor- und nachweisen um bei einem Antrag auf Melderegisterauskunftssperre „pauschale Behauptungen“ von konkreter Gefährdung unterscheiden zu können? (Aufstellung der nachzuweisenden Qualifikationen für Sachbearbeiter/innen erbeten.) Zu 18.: Es gelten die Anforderungen für eine Tätigkeit im allgemeinen nichttechnischen Verwaltungsdienst. Durch regelmäßigen persönlichen Austausch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet zudem eine kollegiale Beratung hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilungen statt. Seite 4 von 4 19. Welche „weitreichenden Konsequenzen“ bringt eine Melderegisterauskunftssperre neben der ausbleibenden Mitteilung der Meldeadresse außerdem mit sich? Zu 19.: Eine Auskunftssperre wegen Gefährdung sperrt den Datensatz des Betroffenen insgesamt. Damit wird zunächst einmal jegliche Melderegisterauskunft unmöglich. Erst nach einer Anhörung ändert sich das möglicherweise. Eine Auskunftssperre wegen Gefährdung wirkt also generell. Sogar Datenübermittlungen an Behörden werden durch sie zumindest verzögert. Durch diese weitreichende Konsequenz ist es nicht möglich, geschützten Rechten und Rechtsgütern Dritter durch eine Melderegisterauskunft unverzüglich entsprechen zu können. Berlin, den 23. März 2018 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13722 S18-13722