Drucksache 18 / 13 733 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Gottfried Ludewig (CDU) vom 08. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2018) zum Thema: Wie gut ist Berlin auf die nächste Grippe-Saison vorbereitet? und Antwort vom 21. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung - I E 4 / I C 1 aP 2 - Telefon: 9028 (928) 1638 / 2893 Herrn Abgeordneten Dr. Gottfried Ludewig (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13733 vom 08. März 2018 über Wie gut ist Berlin auf die nächste Grippe-Saison vorbereitet? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.a) Ist die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung über die von der AOK Nordost und dem Berliner-Apotheker-Verein (BAV) geschlossene Festpreisvereinbarung zur Versorgung mit einem quadrivalenten Influenza-Impfstoff für die nächste Saison 2018/2019 für das Land Berlin in Kenntnis gesetzt worden? Zu 1.a): Nein, der Senat wurde über die genannte Vereinbarung nicht in Kenntnis gesetzt. Es besteht auch keine Pflicht dazu. Die Vereinbarungen über die Versorgung mit Grippeimpfstoffen gem. § 11 Nr. 7 des Arzneimittelversorgungsvertrages Berlin (nach § 129 Abs. 5 Sozialgesetzbuch V (SGB V)) wurden für die Saison 2018/2019 zwischen der AOK Nordost (für die Landesverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)) und dem Berliner Apotheker-Verein geschlossen . Nahezu inhaltsgleiche Vereinbarungen hat die AOK Nordost jeweils mit den Apothekerverbänden der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern getroffen. Geregelt wird darin die Abrechnung von als Sprechstundenbedarf zu Lasten der GKV verordneten Grippeimpfstoffen, mit denen die Apotheken dann die Arztpraxen versorgen. Die Ärztinnen und Ärzte entscheiden durch ihre Verordnungsweise, ob der versorgenden Apotheke die Auswahl des Grippeimpfstoffes überlassen bleibt (Wirkstoffverordnung) oder nicht (namentliche Verordnung). Die Grippeimpfstoffversorgung der Versicherten gesetzlicher Krankenkassen in den Ländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erfolgt seit der Saison 2011/2012 in dieser Weise. 1 b) Wenn nein, wie wird dies vor dem Hintergrund der besonders hohen Krankheitslast, welcher die Berliner Bevölkerung alljährlich durch die Grippe-Epidemie ausgesetzt wird, bewertet? - 2 - 2 Zu 1.b): Die Influenza-Aktivität wird aktuell von der Arbeitsgemeinschaft Influenza beim Robert- Koch-Institut für alle Regionen Deutschlands als stark erhöht angegeben. Hierbei war der wöchentlich ermittelte Praxisindex für Berlin/Brandenburg innerhalb der Bundesländer der Region „Osten“ nicht signifikant erhöht. Der Praxisindex stellt die über alle Praxen gemittelte relative Abweichung der beobachteten akuten respiratorischen Erkrankungen gegenüber einem für jede Praxis ermittelten "Normalniveau" dar. Eine „besonders hohe Krankheitslast “ der Berliner Bevölkerung lässt sich daher aktuell nicht feststellen. Es ist im Übrigen positiv zu bewerten, wenn sich die wesentlichen Akteure des Impfgeschehens (Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte, Apotheken, Impfstoffhersteller) frühzeitig abstimmen, um die Versorgung mit der vorbeugenden Vierfach-Grippeschutzimpfung verlässlich und bedarfsgerecht zu sichern. 2.a) Lässt sich nach Ansicht der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung die ausreichende Belieferung mit geeignetem Influenza-Impfstoff trotz der exklusiven Bindung an einen Hersteller für die Region in der kommenden Grippe-Saison 2018/2019 garantieren? Zu 2.a): Die Vereinbarung zwischen der AOK Nordost und dem Berliner Apotheker-Verein sieht keine „exklusive Bindung an einen Hersteller für die Region“ vor. In der Vereinbarung ist u.a. ein Preis für den Fall geregelt, dass die Ärztin oder der Arzt durch Ausstellen einer Wirkstoffverordnung der Apotheke die Auswahl des Grippeimpfstoffes (Fertigarzneimittel) überlässt. Die Apotheken sind frei, mit einem Anbieter ihrer Wahl Konditionen zur vereinbaren und Grippeimpfstoffe einzukaufen. Ärztlicherseits können zugelassene Grippeimpfstoffe aller Hersteller verordnet werden. Auch die versorgenden Apotheken können Grippeimpfstoff beim Anbieter ihrer Wahl bestellen und sind nicht an einen bestimmten gebunden . Da bei der Versorgung mit Grippeimpfstoffen, die seit der Saison 2010/2011 auf der Grundlage vergleichbarer Vereinbarungen erfolgte, keine Versorgungsengpässe aufgetreten sind, kann davon ausgegangen werden, dass auch für die kommende Saison 2018/2019 ausreichend Grippeimpfstoffe zur Verfügung stehen werden. Bei der Herstellung von Impfstoffen kann es jedoch aufgrund des komplexen Herstellungsprozesses häufiger als bei anderen Arzneimitteln zu Ausfällen einzelner Chargen kommen. Daher ist es sinnvoll, z.B. durch sehr frühzeitige verbindliche Bestellung von Grippeimpfstoff, möglichst optimale Rahmenbedingungen für eine ausreichende Versorgung zu schaffen. Darauf haben sich die Vertragsparteien in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg Vorpommern verständigt. 2 b) Wie beurteilt die Senatsverwaltung dabei den Umstand, dass der Bundesgesetzgeber in der Vergangenheit bei exklusiven Rabattverträgen immer die Belieferung durch mindestens zwei Hersteller zur Sicherstellung der Versorgung vorgesehen hatte und die Grundlage für eine exklusive Bindung an einen oder mehrere Anbieter in 2017 vollständig gestrichen hat? - 3 - 3 Zu 2.b): Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) hat der Gesetzgeber 2011 ausweislich der Gesetzesbegründung klargestellt, dass Krankenkassen auch für Impfstoffe mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) vereinbaren können. Mit der jetzt vorgenommenen Streichung des § 132e Abs. 2 SGB V entfällt nicht die Möglichkeit , Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V zwischen Krankenkasse und Impfstoffhersteller abzuschließen, denn § 130a Abs. 8 SGB V bezieht sich unverändert auf Arzneimittel . Davon sind somit nach wie vor auch die Impfstoffe erfasst. Der Gesetzesbegründung zufolge hat der Gesetzgeber mit der Streichung des § 132e Abs. 2 SGB V folgende Ziele verfolgt: 1. Wegfall der Grundlage für die exklusive Versorgung mit Impfstoffen, 2. Impfstoffe aller Hersteller sollen künftig für die Versorgung zur Verfügung stehen. Die Gesetzesbegründung schließt somit lediglich solche Rabattverträge für die Zukunft aus, die zu einem Ausschluss von Impfstoffen bestimmter Hersteller von der Versorgung führen würden. Die zwischen der AOK Nordost und dem Berliner Apotheker-Verein geschlossene Vereinbarung über die Versorgung mit Grippeimpfstoffen legt einen Abrechnungspreis für Grippeimpfstoff fest, wenn die Ärztin oder der Arzt eine Wirkstoffverordnung ausstellt und damit der Apotheke die Auswahl des Impfstoffes überlässt. Die Ärztin oder der Arzt kann jedoch auch einen von allen im Handel befindlichen Grippeimpfstoffen namentlich verordnen . Die Apotheken sind frei, mit einem Anbieter ihrer Wahl Konditionen zur vereinbaren und Grippeimpfstoffe einzukaufen. Eine exklusive Bindung an einen oder mehrere Hersteller ist nicht gegeben. 3. In welcher Form könnte eine Absicherung gegen Lieferausfälle des gewählten Herstellers erfolgen? Zu 3.: Die Vereinbarungen über die Versorgung mit Grippeimpfstoffen zwischen den Krankenkassenverbänden und den Apothekerverbänden sind herstellerneutral ausgestaltet, so dass alle am Markt befindlichen Impfstoffe abgegeben werden können. Darüber hinaus sind öffentliche Apotheken nach § 15 Apothekenbetriebsordnung verpflichtet , die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung notwendigen Arzneimittel, darunter fallen prinzipiell auch Impfstoffe, in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht. Vollversorgende Arzneimittelgroßhandlungen sind gemäß § 52b Arzneimittelgesetz (AMG) verpflichtet, einen Arzneimittelvorrat von zwei Wochen vorzuhalten, der mindestens dem durchschnittlichen Zweiwochenbedarf der belieferten Apotheken entspricht. Weiterhin besteht nach § 52b AMG für die Pharmazeutischen Unternehmer im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit die Verpflichtung zur bedarfsgerechten und kontinuierlichen Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen. Wegen der Saisonabhängigkeit und der langen Produktionsvorlaufzeiten bei den Grippeimpfstoffen, aufgrund des schwer planbaren tatsächlichen Bedarfs , weiterer Handelsstrategien der Hersteller sowie Abrechnungs- und Erstattungsmo- - 4 - 4 dalitäten der gesetzlichen Krankenkassen greifen diese Vorgaben hier jedoch nicht verlässlich . Eine vollständige Absicherung gegen Lieferausfälle ist generell nicht möglich (s. Antwort zu Frage 2a). 4. In der Schutzimpfungsrichtlinie vom G-BA werden Grippe-Impfungen explizit auch für Menschen unter 18 Jahren (Kinder und Jugendliche) mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens wie COPD, Asthma, Diabetes etc. empfohlen. Zu 4.: Diese Feststellung kann bestätigt werden. 5. Könnte die Gefahr bestehen, dass durch den separaten Bestellweg, der mit zusätzlichen Hürden wie Kostenvoranschlägen etc. verbunden ist, Kindern- und Jugendlichen der Zugang zur Grippe-Impfung erschwert wird? Zu 5.: Nein, das ist nicht zu erwarten. Grippeimpfstoff für Kinder wird über die für Apotheken üblichen Bestellwege (Pharmazeutischer Großhandel, Direktbestellung) beschafft. Das Kostenvoranschlagsverfahren für namentlich verordneten Grippeimpfstoff ist seit Jahren bei allen Beteiligten bekannt und fest etabliert, und stellt insoweit keine zusätzliche Hürde oder Erschwernis dar. Durch die sehr frühzeitige, verbindliche Bestellung aller Grippeimpfstoffe ist gewährleistet, dass den Herstellern bei maximaler Planungssicherheit ausreichend Zeit für die Produktion der erforderlichen Mengen zur Verfügung steht. Berlin, den 21. März 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung S18-13733 S18-13733a