Drucksache 18 / 13 764 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Kössler (GRÜNE) vom 09. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2018) zum Thema: Fair Play: Faire Bälle für ein faires Spiel und Antwort vom 26. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Georg Kössler (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13764 vom 09. März 2018 über Fair Play: Faire Bälle für ein faires Spiel ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche öffentlichen Einrichtungen in Berlin sollen nach Kenntnis des Senats ihren Bedarf an Hand- und Fußbällen über Sammelbestellverfahren (SBV) beim Landesverwaltungsamt (LvWA) abrufen? Welches Beschaffungsvolumen wurde in den HHJ 2015-2017 tatsächlich über SBV abgerufen ? Von welchen Einrichtungen? Wie ist dies erfasst? Zu 1.: Nach den Ausführungsvorschriften (AV LHO) Nr. 6 zu § 55 Landeshaushaltsordnung Berlin (LHO) soll in mehreren Verwaltungszweigen auftretender gleichartiger Bedarf in Sammelbestellungen zusammengefasst werden, die grundsätzlich das Landesverwaltungsamt (LVwA) durchführt. Eine explizite Verpflichtung der Dienststellen zur Teilnahme am Sammelbestellverfahren gibt es nicht. Der jeweilige Abruf durch die einzelnen Dienststellen aus dem ausgeschriebenen und vergebenen Rahmenvertrag erfolgt direkt bei dem durch Ausschreibung ermittelten Auftragnehmer. Nach Einschätzung des Senats beziehen die Schulen zu 80 % ihre Bälle über das Sammelbestellverfahren . 20 % der Bälle erwerben die Schulen über ihre Kooperationspartner (Sportfachverbände). Vom über das Sammelbestellverfahren beauftragten Lieferanten werden dem LVwA lediglich die Umsatzzahlen zur Verfügung gestellt. Die vorliegenden Zahlen können der nachfolgenden Übersicht entnommen werden. Jahr Anzahl Fußbälle Summe netto Anzahl Handbälle Summe netto Summe netto gesamt 2014-2015 1855 19.344,24 € 734 7.355,14 € 26.699,38 € 2015-2016 1702 17.091,01 € 577 6.792,00 € 23.883,01 € 2016-2017 2287 23.371,30 € 1077 11.020,80 € 34.392,10 € Seite 2 von 4 2. Sofern Schulen ihren Bedarf an Hand- und Fußbällen über SBV beim LvWA abrufen, wie erfolgt dann nach Kenntnis des Senats die Zuweisung und Abrechnung der dafür eingesetzten Mittel? Auf welche Weise sind die bezirklichen Schulämter in den Zuweisungs- und Abrechnungsprozess eingebunden ? (Bitte Zuständigkeiten und Verfahren beschreiben.) 3. Wie erfolgt die Beschaffung von Hand- und Fußbällen von öffentlichen Einrichtungen, inkl. Schulen, wenn sie sich NICHT an den SBV beteiligen? Wie erfolgt dann nach Kenntnis des Senats die Zuweisung und Abrechnung der finanziellen Mittel? (Bitte Zuständigkeiten und Verfahren beschreiben .) 4. Hat der Senat Kenntnis darüber, bei welchen Herstellern öffentliche Einrichtungen, inkl. Schulen , ihre Hand- und Fußbälle beschaffen, wenn sie sich nicht an den SBV beteiligen? Und wie hoch ist das entsprechende Beschaffungsvolumen? 5. Welche Einrichtungen, inkl. Schulen, beschaffen nach Kenntnis des Senats jetzt schon Bälle, die unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen hergestellt worden sind? Welche Balltypen werden beschafft? (Bitte auflisten nach Einrichtung und Ballart.) Zu 2. bis 5.: Hierzu liegen dem Senat wegen der dezentralen Bestellung und Mittelverwaltung keine Erkenntnisse vor. 6. Gibt es nach Kenntnis des Senats die Möglichkeit, Schulen durch eine Vorgabe des Senats und/oder der bezirklichen Schulämter zu einer Beschaffung von Hand- und Fußbällen zu verpflichten , die nachweislich (also keine Eigenerklärungen) unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen hergestellt worden sind? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche? Zu 6.: Der überwiegende Teil der Sportgerätebeschaffungen erfolgt über das unter 1. dargelegte Sammelbestellverfahren (SBV). Dieses Vorgehen birgt für die Schulen den Vorteil, dass notwendige Beschaffungen (also auch Hand- und Fußbälle) über einen Abrufschein direkt abgefordert werden können, ohne dass Vergleichsangebote erforderlich sind bzw. ohne dass der jeweilige Lieferant von den Schulen überprüft werden muss. In den Fällen, in denen nicht über das SBV-Verfahren Beschaffungen durchgeführt werden, erfolgt eine Überprüfung des Lieferanten über die vorgegebenen Verfahren, zu denen auch die Eigenerklärung zählt. Zu den Vorhaben des Senats siehe unter 10. 7. Wer sind die aktuellen Rahmenvertragspartner des Landes Berlin für Sportartikel? Welche dieser Rahmenvertragspartner bieten nach Kenntnis des Senats auch Hand- und Fußbälle an, die unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen mit Bezug zur Lieferkette produziert worden sind ? (Bitte auflisten.) Zu 7.: Bei den aktuellen Rahmenvertragspartnern sind keine (Sportco GmbH) bzw. nur im geringen Umfang (SPORT-THIEME GmbH) zertifizierten Produkte im Bereich der Bälle im Sortiment enthalten. 8. Wird der Senat im Rahmen der nächsten Ausschreibung von Hand- und Fußbällen durch eine Integration der ILO-Kernarbeitsnormen als technische Spezifikationen ins Leistungsverzeichnis auf die Beschaffung von ausschließlich fair gehandelten Bällen über das LvWA hinwirken, und ausschließlich unabhängige Nachweise (also keine Eigenerklärungen) von den Bietern akzeptieren? Zu 8.: Das LVwA beschafft im Auftrag der teilnehmenden Bedarfsstellen die von ihnen benötigten Produkte in der gewünschten Produktqualität hinsichtlich Material und Verarbeitung . Dabei ist das LVwA verpflichtet, im Rahmen des Sammelbestellverfahrens Seite 3 von 4 die verbindlichen Regelungen zur Nachhaltigen Beschaffung, die durch das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) vorgegeben sind, sowie die Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) einzuhalten. Es besteht keine Möglichkeit seitens des LVwA die Bedarfsstellen zu verpflichten, Produkte mit Eigenschaften zu beschaffen, die über die gesetzlichen Vorgaben und geltenden Verwaltungsvorschriften hinausgehen. Inwieweit die Schulen bereit sind, Bälle mit nachhaltigen sozialen Kriterien tatsächlich abzunehmen, wird im Rahmen eines Pilotprojekts durch Vertreter der Bezirke ermittelt und dokumentiert. Bei bestehender tatsächlicher Bereitschaft der Bedarfsstellen zur Abnahme werden diese Kriterien in den Ausschreibungsunterlagen aufgenommen und über unabhängige Nachweise geprüft. 9. Wird der Senat entsprechende Rechtsberatung sowie Beratung durch Expert*innen aus Bezirken und Zivilgesellschaft einholen und einen Dialog mit den Bietern durchführen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht (rechtliche Begründung aufführen)? Zu 9.: Bei entsprechender Notwendigkeit greift das LVwA grundsätzlich zur Vorbereitung von Vergabeverfahren auf Rechtsberatung sowie auf fachliche Unterstützung bei den jeweils in Frage kommenden Institutionen zurück. Dies beinhaltet auch die in der Frage angesprochene Beratung. Für das anstehende Vergabeverfahren ist eine Zusammenarbeit vereinbart und konkrete Schritte sind ab Jahresmitte geplant. 10. Wird der Senat die Liste der sensiblen Produkte, bei denen die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen berücksichtigt werden soll, auf Hand- und Fußbälle aus Kunstleder ausweiten und eine Nachweisführung durch Eigenerklärungen ausschließen? Wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Der Senat arbeitet gegenwärtig an einer Novelle des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes. Im Rahmen der Novellierung des Gesetzes ist auch eine Reform der Maßnahmen zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen vorgesehen. Unter anderem soll im Gesetz eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift über Ausführungsbestimmungen zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen , insbesondere zur Bestimmung der Waren und Warengruppen sowie der erforderlichen Nachweise geschaffen werden. In diesem Zusammenhang werden die sensiblen Waren und Warengruppen, bei denen eine Gewinnung oder Herstellung unter Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen in Betracht kommt, überprüft und aktualisiert und klare Regelungen zur Nachweisführung eingeführt. 11. Welche weiteren Maßnahmen ergreift der Senat, um den Anteil von Hand- und Fußbällen in öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin, inkl. Schulen, zu erhöhen, die unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und weiterer relevanter Sozialstandards produziert worden sind? Zu 11.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie wirkt an Maßnahmen des Senats zur Unterstützung der Aktion „Faire Bälle für ein faires Spiel“ aktiv mit, indem sie besonders Schulen für dieses Thema sensibilisiert. Hierzu sollen die Schulsportberaterinnen und Schulsportberater in den Bezirken mit einbezogen werden. Zudem wurden aus Mitteln zur Förderung der "Sportmetropole" Fair-Trade-Bälle zum Testen beschafft. Neben Sportvereinen wurde ein Teil der Bälle auch Schulen zur Verfügung gestellt. Insbesondere wurden dabei die Schulen berücksichtigt, die sich bereits im Unterricht mit dem Thema Fair Trade intensiv beschäftigt haben. Seite 4 von 4 12. Wie plant der Senat die Verausgabung der Mittel, die im Haushalt 2018/2019 zur Förderung fair gehandelter Sportausstattung eingestellt wurden? Zu 12.: Die Mittel für Fair-Trade-Sportausstattung werden im Rahmen eines Förderverfahrens durch den Landessportbund weitergeleitet. Sportorganisationen erhalten 50 % der Beschaffungssumme für Fair-Trade-Sportartikel auf Antrag erstattet. Neben der Förderung ist eine Veranstaltung geplant, an der Sportvereine verschiedene Bälle und Textilien aus Fair-Trade-Produktion testen können. Die Maßnahmen finden in Abstimmung mit dem Steuerungskreis „Fairtrade Town Berlin“ statt. 13. Achtet der Senat bei der Übernahme von Schirmherrschaften bei Sportveranstaltungen darauf, dass dort Bälle zum Einsatz kommen, die nachweislich (also keine Eigenerklärung) unter Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen hergestellt worden sind? Wenn nein, warum nicht? Zu 13.: Bei der Übernahme von Schirmherrschaften bei Sportveranstaltungen handelt es sich um eine rein ideelle Unterstützung der jeweiligen Veranstaltung durch die Hausleitung . 14. Teilt der Senat die Auffassung des Fragestellers, dass bei der Beschaffung von Sportartikeln im Berliner Sport produktübergreifend die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und weiterer relevanter Sozialstandards mit Bezug zur Lieferkette gefordert und unabhängig nachgewiesen werden sollte und dies ein wichtiger Bestandteil der Initiativen „Fair-Trade-Town“ und „Berliner Sport – Rund um Fair“ ist? Wenn ja, wie wirkt er darauf hin? Wenn nein, warum nicht? Zu 14.: Der Senat teilt grundsätzlich diese Auffassung. Er setzt aber im Hinblick auf die Autonomie des Sports auf dessen Eigenverantwortung. Der Senat wirbt entsprechend dafür und führt auch entsprechende Informationsveranstaltungen durch. Berlin, den 26. März 2018 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13764 S18-13764a