Drucksache 18 / 13 785 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) vom 12. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. März 2018) zum Thema: Attraktiver Fahrradverkehr – Parkplatzwegfall kompensieren und Antwort vom 03.04.2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tino Schopf (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13785 vom 12. März 2018 über Attraktiver Fahrradverkehr – Parkplatzwegfall kompensieren Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Hat der Senat einen differenzierten Überblick über die Situation in den einzelnen Stadtbezirken/Kiezen bzgl. Anzahl der Haushalte im Verhältnis zu im Haushalt befindlichen PKW? (Bitte in einer Übersicht pro Bezirk / Kiez darstellen) Antwort zu 1: Nein. Frage 2: Die Projektliste „Verbesserung für die Infrastruktur für den Radverkehr“ Titel 72016 sowie die Projektliste „Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs „Titel 52108 umfassen 109 Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in den Berliner Bezirken. a) Wie viele Parkplätze fallen bei Realisierung der Einzelprojekte in welcher Höhe weg? b) Wie viele Parkplätze bleiben nach Realisierung der Einzelprojekte erhalten? c) Wie viele Parkplätze werden nach Realisierung der Einzelprojekte zusätzlich geschaffen? (Bitte um Darstellung pro Einzelprojekt) Antwort zu 2: In der Regel fallen bei den Vorhaben nur einzelne oder sehr wenige Stellplätze weg, worüber keine Statistik geführt wird. Angesichts der großen Anzahl der parallel verfolgten Vorhaben wäre dies auch nicht leistbar, zumal durch die laufende Anordnungstätigkeit der 2 Straßenverkehrsbehörden ständig kleinere Veränderungen der genauen Stellplatzanzahl zu erwarten wären. Bei den eher wenigen größeren Vorhaben mit erheblichen Stellplatzverlusten werden in aller Regel Stellplatzbilanzen erstellt, wenn dies für die Abwägung verschiedener Planungsvarianten in der öffentlichen Diskussion erforderlich ist und die Varianten genügend konkretisiert worden sind, um entsprechende Berechnungen anstellen zu können. Da die meisten größeren Vorhaben der o.g. Projektlisten noch in einem frühen Abstimmungsstadium sind, lassen sich entsprechende Bilanzen derzeit nur für wenige Vorhaben bzw. Planungsvarianten angeben: Straße Bezirk Stellplätze Bestand Stellplätze Planung aktuell Differenz Helmholtzstraße (Längs- statt Querparken) Charlottenburg- Wilmersdorf 163 67 96 Dovestraße Charlottenburg- Wilmersdorf 8 8 0 Brandenburgische Straße Charlottenburg- Wilmersdorf 44 9 35 Siegfriedstraße Lichtenberg 56 (19-6 Uhr: 58) 0 56 (19-6 Uhr: 58) Neumannstraße Pankow 306 (17-7 Uhr: 317) 268 38 (17-7 Uhr: 49) Marienfelder Allee Tempelhof- Schöneberg 233 (18-6 Uhr: 253) 224 9 (18-6 Uhr: 29) Boelckestraße Tempelhof- Schöneberg 322 258 64 Frage 3: Welche Auswirkungen hat die Reduzierung der Parkplätze auf den entstehenden Parkdruck? Antwort zu 3: Hierzu lassen sich keine pauschalen Angaben machen, da die Auswirkungen je nach Örtlichkeit sehr unterschiedlich sein können. Frage 4: Wie erfolgt eine Harmonisierung der Interessen des Radverkehrs mit den Interessen autofahrender Anlieger? Ist vorgesehen bei erforderlichen Wegfall von Parkplätzen zugunsten der Radverkehrsinfrastruktur Kompensationsmöglichkeiten zu prüfen und zu realisieren? (Bitte die Einzelprojekte und konkrete Maßnahmen darstellen) Antwort zu 4: Der Schaffung von Radverkehrsanlagen zugunsten von Parkplätzen geht immer ein intensiver Abwägungsprozess voraus, der bisher häufig zum Verzicht auf eigentlich erforderliche Radverkehrsanlagen geführt hat. Künftig soll die Schaffung von Radverkehrsanlagen jedoch einen größeren Stellenwert erhalten, so dass bei diesen Abwägungsprozessen in größerem Maße als bisher auf Parkplätze verzichtet werden muss. Kompensationsmöglichkeiten werden dennoch auch weiterhin regelmäßig geprüft 3 und dann realisiert werden, wenn ortsnah entsprechende Flächen zur Verfügung stehen und der Aufwand in einem vertretbarem Verhältnis zum Nutzen steht. Vorrang vor den Bedürfnissen des gewöhnlichen Dauerparkverkehrs müssen allerdings auch bei der Schaffung von Ersatzangeboten besondere Park- und Haltebedürfnisse wie die von Behinderten, Lieferanten oder ähnlichen für die Versorgung der Randbebauung relevanten Gruppen haben: Die Priorität liegt daher darauf, die Verfügbarkeit von Behindertenparkplätzen, Lade- und Lieferstellplätzen oder ähnlichen Kurzzeit- Abstellmöglichkeiten für besondere Berufsgruppen oder Gewerbetreibende zu gewährleisten. Frage 5: Inwieweit wurden Maßnahmen wie z. B. Parkplatzgewinn durch Querparken, Nutzungsverträge mit Parkhausbetreibern oder Supermarktketten, Kooperation mit ansässigen Firmen (Firmenparkplätze) in den betroffenen Wohngebieten geprüft? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5: Grundsätzlich werden auch diese Optionen im Rahmen des Abwägungsprozesses geprüft. Allerdings sind hier auch die Nachteile und die Grenzen dieser Möglichkeiten der Vermehrung von Parkraum zu beachten: Querparken kommt in der Regel nur in Nebenstraßen in Frage, da es in Hauptstraßen aus Verkehrssicherheitsgründen und zur Gewährleistung des Verkehrsflusses meist keine akzeptable Alternative darstellt. Die stärkere Nutzung privaten Parkraums ist selbstverständlich immer erwünscht, scheitert aber oft an nicht übereinstimmenden Preisvorstellungen von Anbietern und potenziell Nutzenden. Frage 6: Inwieweit wurde bei separaten Richtungsfahrbahnen untersucht, den Radstreifen auf die äußerste, linke Fahrbahnseite anzulegen? Wurde dieses als Alternative geprüft um den Parkplatzverlust zu reduzieren? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 6: Die äußerste linke Fahrbahnseite bei separaten Richtungsfahrbahnen wird üblicherweise vom fließenden Kfz-Verkehr genutzt, so dass dieser nach rechts verdrängt würde und dadurch der ruhende Verkehr in ähnlichem Maße Platz verlieren würde wie bei einem Radfahrstreifen am rechten Fahrbahnrand oder in der Fahrbahnmitte. Um solche ungewöhnlichen Radverkehrsanlagen für den Radverkehr verkehrssicher zu machen, müsste man zudem im Interesse der subjektiven und objektiven Sicherheit einen besonders breiten, möglichst durch Sperrpfosten gesicherten Sicherheitstrennstreifen markieren und an allen Querungsmöglichkeiten, wo Autofahrer den Mittelstreifen queren können, eine signaltechnische Trennung dieser beiden Verkehrsströme vornehmen, da der Kfz-Verkehr aufgrund des in Deutschland herrschenden Rechtsverkehrs nicht mit Radverkehr am linken Rand der Richtungsfahrbahn rechnet. Dies wäre auch am Anfang und am Ende der Regelung erforderlich, weil der Radverkehr am Anfang einer solchen Regelung unvermittelt von rechts kommend den Kfz-Verkehr kreuzen würde sowie am Ende wieder sicher an den rechten Fahrbahnrand zurückgeführt werden müsste. Solche Signalisierungen sind in der ggf. erforderlichen Anzahl nicht praktikabel. 4 Zudem befinden sich die Quellen und Ziele des Radverkehrs üblicherweise nicht auf dem Mittelstreifen, sondern am rechten Fahrbahnrand; um diese Ziele zu erreichen, würde der Radverkehr im Streckenverlauf unkontrolliert den parallelen Kfz-Verkehr queren, der aus den vorgenannten Gründen nicht solchen Querungsvorgängen von links rechnet. Auch die schlechten Erfahrungen mit den früheren am linken Richtungsfahrbahnrand liegenden Radwegen der Ostseestraße und der Wisbyer Straße haben gegen Ende des letzten Jahrhunderts gezeigt, dass Radverkehrsanlagen dieser Art vom Radverkehr kaum angenommen werden und an städtischen Straßen mit starkem Kfz-Verkehr und zahlreichen Querungsstellen nicht sicher zu gestalten sind. Berlin, den 03.04.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-13785 S18-13785a