Drucksache 18 / 13 791 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tim-Christopher Zeelen (CDU) vom 14. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. März 2018) zum Thema: Grüne Welle – auch nicht für ÖPNV! und Antwort vom 23. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mrz. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Tim-Christopher Zeelen (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13791 vom 14.3.2018 über Grüne Welle - auch nicht für ÖPNV! Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) um Mitwirkung zu den Fragen 3 und 9 gebeten. Die dort in eigener Verantwortung erstellte und dem Senat übermittelte Stellungnahme ist nachfolgend in ihren maßgeblichen Teilen wiedergegeben. Frage 1: Trifft es zu, dass Fahrzeuge der BVG per Funk in die Signalabläufe der Lichtsignalanlagen eingreifen können? Antwort zu 1: Ja, das trifft zu. Frage 2: Welche verkehrlichen und technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein solcher Eingriff zulässig ist? Antwort zu 2: Die Lichtsignalanlage (LSA) muss mit einer Funkempfangsanlage (FEA) ausgestattet sein oder einen Kabelanschluss an benachbarte LSA besitzen, die entsprechende Funkmeldungen ersatzweise weiterleiten. Die über Funk aus den Fahrzeugen des ÖV (Öffentlicher Verkehr) abgesetzten Meldepunkte müssen an den dafür vorgesehenen 2 Positionen exakt ausgesendet werden; die betrieblichen Abläufe zwischen den (in der Regel zwei) Meldepunkten in der Annäherung auf die LSA-Kreuzung müssen den Planungsgrundlagen (z.B. Haltestellenaufenthaltszeiten, Fahrverhalten) der hinterlegten Eintreffprognose entsprechen. Die Signal-Steuerung muss mittels einer Steuerungslogik erfolgen, für die die hierfür notwendigen Komponenten hinterlegt sein müssen. Die Programm-Umlaufzeit(en) des koordinierten Betriebs muss/müssen Spielräume für eine Beeinflussung lassen, ohne dabei die Regelfreigaben (z.B. Mindestgrünzeiten) und Bedienungsstandards (z.B. Fußgänger-Querungszeiten) zu unterschreiten. Grundsätzlich ist dies an fast allen LSA möglich (zumindest in den längeren Programmen der Verkehrsspitzenzeiten); gravierend für die Umsetzungsentscheidung sind in der Regel jedoch die Prognosen hinsichtlich der zu erwartenden Reisezeitersparnisse für den ÖPNV. Die Vorstellung von behinderungsfreien Schaltmöglichkeiten der LSA für den ÖPNV scheitert hingegen in der Regel an dem Ausmaß der zumutbaren Freigabezeitmodifizierungen als auch an den Behinderungen des ÖPNV untereinander (konkurrierende Eingriffe). Frage 3: An welchen Lichtsignalanlagen sind derzeit diese Eingriffe möglich? Antwort zu 3: Seit Projektstart in den 1990er-Jahren wurden bisher insgesamt 1.023 Lichtsignalanlagen mit der Funkempfangstechnik ausgerüstet, die es den Fahrzeugen des ÖPNV ermöglicht, Eingriffe in die Steuerung vorzunehmen. Derzeit sind diese Eingriffe an rund 950 Lichtsignalanlagen in Betrieb. Frage 4: Welche Anforderungen werden in verkehrlicher Hinsicht gestellt, wenn eine solche Vorrangschaltung eingerichtet werden soll? Antwort zu 4: Für eine Vorrangschaltung müssen die vorstehend erläuterten Spielräume innerhalb eines Programms bestehen. Die Stauräume müssen die Verteilungsbreiten der Freigabezeitverschiebungen kompensieren können, d.h. die Aufstauungen aufgrund der Abweichungen von einer idealen Koordinierung aufnehmen können. Die Anzahl der Freigaben für jede Signalgruppe pro Stunde darf nicht reduziert und maximale Wartezeiten nicht überschritten werden, womit ausgeschlossen wird, dass einzelne Signale zugunsten der Flexibilität der ÖV-Beeinflussung trotz Bedarfs unterdrückt werden. Hinsichtlich der Koordinierung („Grüne Welle“) sollen die ÖV-Beeinflussungen die Kern-Koordinierung grundsätzlich aufrechterhalten und deren Konstruktion Grundlage der Beeinflussungsspielräume sein. Frage 5: Welche Auswirkungen hat die Vorrangschaltung auf alle anderen Verkehrsteilnehmer? 3 Antwort zu 5: Die Koordinierung wird im Vergleich zu unbeeinflussten Umläufen eingeschränkt, was sich durch frühzeitiges Beenden der koordinierten Fahrtrichtung, in deutlichem Überschreiten des Koordinierungskorridors durch eine entsprechend verlängerte Freigabe oder durch einen frühzeitigen Start der Freigabe mit anschließendem Auflaufen an der nächsten Anlage auswirken kann. Die Wartezeiten von während der ÖV-Beeinflussung nicht freigegebenen Signalgruppen erhöhen sich. Bei umfangreichen Freigabezeitverlängerungen, die deutlich über den Bedarf des parallelen Verkehrsaufkommens hinausgeht, entsteht dabei subjektiv der Eindruck, es passiere nichts mehr am Knoten bzw. das LSA-Programm stehe. Zudem können durch ÖV- Beeinflussungen insbesondere an großräumigen Kreuzungen die Möglichkeiten, ein Durchlaufgrün für Fußgänger über Mittelinseln hinweg zum Queren einer Straße in einem Zug zu schalten, eingeschränkt sein. Frage 6: Werden dadurch Stausituationen für den sonstigen Verkehr ausgelöst? Antwort zu 6: Um Stau handelt es sich, wenn der während der Rotzeit auflaufende Verkehr dauerhaft nicht innerhalb der folgenden Grünzeit abgebaut werden kann, es sich also um das Resultat einer anhaltenden Überlastung handelt. Ob Stausituationen für den sonstigen Verkehr ausgelöst werden, hängt vom Maß der Beeinflussung ab. Wenn die Beeinflussungsmöglichkeiten sich an einem zumutbaren Umfang für die vorhergehenden oder nachfolgenden Verkehrsabläufe orientieren, kann die Beeinträchtigung auf den Komfortverlust einer (temporär) schlechteren Koordinierung beschränkt werden. D.h., es kommt für einen Fahrzeugpulk zwar möglicher Weise zu ungewohnten zusätzlichen Halten, deren Auswirkungen werden aber nicht über den nächsten Umlauf hinaus weitergetragen. Bei rein fachlich motivierter Abwägung und Festlegung dieser Größenordnungen können Stau-Phänomene in der Regel vermieden werden. Frage 7: Wie lange dauert es in der Regel, bis sich der Verkehrsfluss wieder normalisiert? Antwort zu 7: Es hängt vom jeweils individuellen Maß der Beeinflussungsbreite als auch von der Verkehrsbelastung ab, wie lange es dauert, bis sich ein Verkehrsfluss wieder normalisiert hat. Grundsätzlich soll sich die Einflussnahme des ÖV aber nicht bis in den zweiten Umlauf nach Beeinflussungsende hinein auswirken. Im Fall von Straßenbahnanlagen, an denen die Bahnen zwischendurch auch in Sonderfenstern geschaltet werden können, fallen die Beeinflussungen in der Regel geringer aus, da die umlaufdeckende Flexibilität durch diese Zusatzfreigaben ergänzt werden und diese damit nicht nur aus dem Verlängern oder Vorziehen der Regel-Freigabezeiten besteht, wie es meistens bei der Busbeschleunigung der Fall ist. 4 Frage 8: Für welche Lichtsignalanlagen je Bezirk gibt es derzeit die Anordnung zur Umstellung auf Vorrangschaltung (noch nicht umgesetzt)? Antwort zu 8: Derzeit sind in der Verkehrslenkung Berlin 138 LSA-Maßnahmen in der Bearbeitung, die mit einer Kostenbeteiligung der BVG zur Priorisierung umgesetzt werden. Die Maßnahmen verteilen sich auf die Bezirke wie folgt: Charlottenburg-Wilmersdorf 14 Friedrichshain-Kreuzberg 3 Lichtenberg / Hohenschönhausen 15 Marzahn-Hellersdorf 3 Mitte 16 Neukölln 15 Pankow 10 Reinickendorf 4 Spandau 31 Steglitz-Zehlendorf 9 Tempelhof-Schöneberg 10 Treptow-Köpenick 8 Frage 9: Für welche Lichtsignalanlagen in Reinickendorf ist eine derartige Vorrangschaltung heute schon vorhanden? Antwort zu 9: Eine Vorrangschaltung ist aktuell an 39 Lichtsignalanlagen in Reinickendorf vorhanden. Anwahlnummer Knotenpunkt 01061 Drontheimer Straße - Provinzstraße / Ritterlandweg - Soldiner Straße 01161 Provinzstraße / Pankower Allee – Papierstraße 01188 Gotthardstraße / Holländerstraße 01990 Emmentaler Straße / Reginhardstraße 08004 Oranienburger Straße / Tessenowstraße 08005 Oranienburger Straße / Jansenstraße 08006 Oranienburger Straße / Am Nordgraben 08007 Oranienburger Straße / Alt-Wittenau 08008 Oranienburger Straße / Roedernallee 08009 Oranienburger Straße / Eichborndamm - Wilhelmsruher Damm 08013 Oraniendamm / Waidmannsluster Damm - Zabel-Krüger-Damm 08025 Berliner Straße - Seidelstraße / Bernauer Straße - Holzhauser Straße 08028 Berliner Straße / Veitstraße 08033 Karolinenstraße / An der Mühle - Waidmannsluster Damm 08034 Heiligenseestraße / Konradshöher Straße 08051 Wilhelmsruher Damm (U-Bhf. Wilhemsruher Damm) 08052 Wilhelmsruher Damm / Dannenwalder Weg - Finsterwalder Straße 5 08053 Wilhelmsruher Damm / Eichhorster Weg - Schorfheidestraße 08054 Wilhelmsruher Damm / Königshorster Straße 08055 Wilhelmsruher Damm (Märkisches Zentrum) 08056 Wilhelmsruher Damm / Senftenberger Ring 08057 Wilhelmsruher Damm / Dannenwalder Weg - Treuenbrietzener Straße 08107 Buddestraße / Gorkistraße 08X60 Bernauer Straße (Straße R) 14051 Scharnweberstraße / Gotthardstraße - Kapweg 14052 Kurt-Schumacher-Platz: Scharnweberstraße / Kurt-Schumacher- Damm - Ollenhauerstraße 14063 Bernauer Straße / Bocholter Weg - Neheimer Straße 14076 Ollenhauerstraße / Auguste-Viktoria-Straße - Humboldtstraße 14077 Ollenhauerstraße / Kienhorststraße 14078 Ollenhauerstraße / Lindauer Allee - Waldstraße 14079 Kurt-Schumacher-Damm / Kapweg 14080 Kurt-Schumacher-Damm / Charles-Corcelle-Ring - Straße 442 14081 Kurt-Schumacher-Damm / BAB 111 14082 Kurt-Schumacher-Damm (U-Bhf. Kurt-Schumacher-Platz) 14083 Kurt-Schumacher-Damm / Rue Charles Calmette 14084 Kurz-Schumacher-Damm / Charles-Corcelle-Ring (West) 14085 Kurt-Schumacher-Damm / Charles-Corcelle-Ring (Ost) 21934 Kopenhagener Straße / Lengeder Straße 21935 Provinzstraße (S-Bhf. Schönholz) Berlin, den 23. März 2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-13791 S18-13791