Drucksache 18 / 13 845 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Stefan Taschner (GRÜNE) vom 20. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. März 2018) zum Thema: Fahrraddiebstahl in Berlin und Antwort vom 04. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 7 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Dr. Stefan Taschner (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 845 vom 20. März 2018 über Fahrraddiebstahl in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Wenn ein Rad in Berlin gestohlen wird, ist es statistisch nahezu aussichtslos es wieder zu bekommen. Die Bevölkerung traut der Polizei bei der Aufklärung von Fahrraddiebstählen immer weniger zu. Längst nicht jedes Diebstahlopfer erstattet Anzeige. Stattdessen suchen Tausende ihre verschwundenen Räder auf eigene Faust mit Steckbriefen auf Internetseiten wie fahrrad-gestohlen.de oder auf Facebook-Seiten wie „Stolen Bikes Berlin“. 1. Wie viele gestohlene Fahrräder wurden in Berlin in den letzten drei Jahren registriert? (Bitte Auflistung nach Bezirken) Zu 1.: Die Beantwortung der Frage erfolgt über eine verlaufsstatistische Recherche (Datawarehouse Führungsinformation), da eine Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik nach Tatorten nur alle zwei Jahre für den Kriminalitätsatlas vorgenommen wird und die entsprechenden Daten für die Jahre 2016 und 2017 noch nicht vorliegen. Die hier angegebenen Werte zu den Fallzahlen von Fahrraddiebstählen sind daher nicht identisch mit den in der Polizeilichen Kriminalstatistik aufgeführten Fallzahlen. Die Anzahl der bekannt gewordenen vollendeten Fälle von Fahrraddiebstahl ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen: Bezirke 2015 2016 2017 Charlottenburg-Wilmersdorf 3.557 3.140 3.075 Friedrichshain-Kreuzberg 4.043 4.095 3.877 Lichtenberg 1.640 1.721 1.455 Marzahn-Hellersdorf 759 810 781 Mitte 4.261 4.541 3.931 Seite 2 von 7 Neukölln 2.095 1.834 1.953 Pankow 4.145 4.236 3.666 Reinickendorf 1.006 1.084 939 Spandau 851 935 1.151 Steglitz-Zehlendorf 2.301 2.352 2.138 Tempelhof-Schöneberg 2.664 2.782 2.546 Treptow-Köpenick 1.851 2.471 1.764 unbekannt 239 258 231 Gesamtergebnis 29.412 30.259 27.507 Quelle: DWH-FI v. 23.03.2018 2. Welche „Hotspots“ sind dabei innerhalb der Bezirke bekannt? Zu 2.: Zur Darstellung der „Hotspots“ innerhalb der Bezirke wurde auf die Planungsraumebene zurückgegriffen. Im Jahre 2006 wurden zwischen den planenden Fachverwaltungen des Senats, den Bezirken und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg auf der Grundlage der von der Jugendhilfe bereits definierten Sozialräume die lebensweltlich orientierten Räume (LOR) und damit auch die Bezirksregionen und die Planungsräume als kleinste Planungsebene einheitlich abgestimmt (siehe auch http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/lor/). Für jeden einzelnen Bezirk wurden im Hinblick auf die Frage nach den „Hotspots“ in den nachfolgenden Übersichten die fünf am stärksten betroffenen Planungsräume jedes Bezirks dargestellt. Zur Visualisierung der Verteilung der Diebstahlshäufigkeit wird auf die beigefügte Karte Berlins verwiesen. Bezirk/Planungsraum 2015 2016 2017 Charlottenburg-Wilmersdorf 3.557 3.140 3.075 Karl-August-Platz 221 210 178 Ernst-Reuter-Platz 217 180 162 Amtsgerichtsplatz 141 126 133 Babelsberger Straße 134 87 119 Halensee 134 88 116 Friedrichshain-Kreuzberg 4.043 4.095 3.877 Graefekiez 449 384 407 Samariterviertel 350 353 288 Chamissokiez 208 231 270 Urbanstraße 251 211 243 Boxhagener Platz 281 237 221 Lichtenberg 1.640 1.721 1.455 Rüdigerstraße 229 209 171 Weitlingstraße 194 221 163 Karlshorst Süd 107 121 89 Frankfurter Allee Süd 107 135 88 Karlshorst West 46 66 87 Seite 3 von 7 Marzahn-Hellersdorf 759 810 781 Alt-Kaulsdorf 61 66 71 Adele-Sandrock-Straße 47 47 64 Biesdorf Süd 48 64 57 Alt-Mahlsdorf 76 71 56 Alt-Biesdorf 31 40 49 Mitte 4.261 4.541 3.931 Oranienburger Straße 200 302 216 Alexanderplatzviertel 290 315 215 Invalidenstraße 197 267 215 Arkonaplatz 200 232 179 Charitéviertel 205 237 158 Neukölln 2.095 1.834 1.953 Reuterkiez 337 302 288 Rixdorf 312 248 227 Flughafenstraße 116 145 137 Schillerpromenade 86 108 136 Donaustraße 129 114 103 Pankow 4.145 4.236 3.666 Pankow Zentrum 595 445 421 Pankow Süd 307 330 302 Humannplatz 360 374 294 Helmholtzplatz 309 303 274 Arnimplatz 230 227 218 Reinickendorf 1.006 1.084 939 Hermsdorf 100 131 96 Frohnau 80 108 94 Teichstraße 65 87 63 Hausotterplatz 51 43 61 Alt-Tegel 92 89 60 Spandau 851 935 1.151 Borkumer Straße 119 130 148 Carl-Schurz-Straße 116 158 131 Adamstraße 37 48 80 Rohrdamm 45 36 74 Ackerstraße 27 27 62 Steglitz-Zehlendorf 2.301 2.352 2.138 Zehlendorf Mitte 353 380 298 Schloßstraße 177 153 163 Markelstraße 129 129 122 Nikolassee 117 90 114 Fischerhüttenstraße 119 111 93 Tempelhof-Schöneberg 2.664 2.782 2.546 Friedenau 345 298 337 Seite 4 von 7 Nollendorfplatz 160 170 229 Kaiser-Wilhelm-Platz 222 205 210 Dennewitzplatz 143 176 183 Neu-Tempelhof 148 198 181 Treptow-Köpenick 1.851 2.471 1.764 Bölschestraße 203 227 162 Elsenstraße 181 200 150 Baumschulenstraße 95 141 131 Schnellerstraße 97 119 118 Adlershof West 95 126 106 unbekannt in Berlin 239 258 231 Gesamtergebnis 29.412 30.259 27.507 Quelle: Verlaufsstatistik DataWareHouse (DWH FI, Stand, 26.03.18) 3. Wird die Anzahl von gestohlenen E-Bikes bzw. Pedelecs sowie von Lastenrädern separat erfasst und wie hoch ist jeweils die Anzahl dieser gestohlenen Räder? Zu 3.: Eine Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. 4. Ist der verursachte Schaden pro Fahrrad in den letzten drei Jahren gestiegen, dadurch dass höherwertige Räder in Berlin zunehmen? Zu 4.: Der durchschnittliche Schaden pro vollendetem Diebstahl ist in den letzten drei Jahren gestiegen und aus der nachfolgenden Übersicht zu ersehen: Jahr Schaden 2015 571 EURO 2016 589 EURO 2017 629 EURO 5. Wie hat sich die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen in den letzten drei Jahren entwickelt? Zu 5.: Die Aufklärungsquote (AQ) der letzten drei Jahre ist aus der nachfolgenden Übersicht zu ersehen: Jahr AQ 2015 3,9 % 2016 3,5 % 2017 3,9 % 6. Welche Maßnahmen plant der Senat um die Aufklärungsquote zu erhöhen? Zu 6.: Im Januar 2016 hat die Polizei Berlin eine behördenweite Gesamtstrategie zur Bekämpfung des Fahrraddiebstahls umgesetzt. Sie enthält sowohl repressive, als auch präventive polizeiliche Maßnahmen und bildet somit die Grundlage für einen nachhaltigen Bekämpfungsansatz. Seite 5 von 7 Diese Gesamtstrategie wurde im letzten Jahr durch das LKA auf Aktualität und Wirkung geprüft. Dabei wurden weitere repressive und präventive Ansätze zur Bekämpfung des Phänomens zur Umsetzung vorbereitet. Bei der Bekämpfung des Phänomens spielen insbesondere präventive Bemühungen eine große Rolle. Ihr Ziel ist es, Tatgelegenheiten zu reduzieren sowie die Fahrradfahrenden hinsichtlich der Möglichkeiten der Eigentumssicherung zu sensibilisieren. Erstes Mittel ist nach wie vor eine qualitativ hochwertige mechanische Sicherung. Auch Ortungstechnik (z. B. per GPS-Satellitenlokalisation) kann eine sinnvolle Ergänzung sein, zumal der Markt sehr dynamisch ist und verschiedene Lösungen in allen Preiskategorien anbietet. Fahrradfahrende sollten zudem vorsorglich die Rahmennummer sowie die wichtigsten Daten ihres Fahrrades im Fahrradpass festhalten, um diese ggf. für Fahndungszwecke griffbereit zu haben. Der Fahrradpass ist auch als kostenlose Smartphone - App mit erweitertem Funktionsumfang verfügbar. Empfohlen wird auch, Fahrräder kennzeichnen und registrieren zu lassen. Die Polizei Berlin bietet dies kostenfrei an. Hierdurch sollen mögliche Täterinnen und Täter abgeschreckt, Fahrradfahrende sensibilisiert und beraten, und die spätere Identifizierung von entwendeten Fahrrädern erleichtert werden. Die Maßnahme wird von den Dienstkräften der Polizeiabschnitte unter anderem auch an Brennpunkten des Fahrraddiebstahls durchgeführt. Fahrräder werden besonders häufig im Bereich großer Abstellplätze entwendet, z. B. an Bahnhöfen, vor Schulen, Sport- und Freizeitstätten oder vor Einkaufszentren. An diesen Stellen weist die Polizei u. a. mit gesprühten Piktogrammen auf die richtige Sicherung der Räder hin. Außerdem setzt dort die städtebauliche Kriminalprävention mit ortsbezogenen Konzepten an und berät öffentliche Verwaltungen, Verkehrs- und Wohnungsbauunternehmen sowie weitere Netzwerkpartner bei der Um- oder Neugestaltung im Zusammenhang mit der Schaffung ausreichender und sicherer Fahrradabstellplätze. Teil der polizeilichen Beratungsleistung ist seit einigen Jahren auch der Hinweis auf am Markt erhältliche GPS-Technik zur Ortung gestohlener Räder. Einschlägige Erfahrungen zeigen, dass diese Technik – als Ergänzung zu einer guten mechanischen Sicherung mittels Fahrradschloss – gute Möglichkeiten bietet, Diebstähle schnell und effizient aufzuklären und die Räder für die Geschädigten zurück zu gewinnen. Ganz aktuell wird bereits GPS-Technik als Hilfsmittel im Rahmen der repressiven Bekämpfung des Fahrraddiebstahls (sog. Lockfahrräder, die von der Polizei an Brennpunkten aufgestellt und nach unbefugter Wegnahme geortet werden können) eingesetzt. Ein Probelauf hierzu ist bereits schon in einer Polizeidirektion erfolgt. Es wurde ein gemeinsames Projekt der Polizei Berlin und weiteren Berliner Hochschulen initiiert. Ziel des Projekts „FindMyBike“ ist es, auf den Fahrradbereich zugeschnittene, standardisierte Hard- und Software zu entwickeln, die im Diebstahlsfall der Polizei den Zugriff auf sich stets aktualisierende, GPS-gestützte Positionsdaten des entwendeten Fahrrades ermöglichen. In den örtlichen Polizeidirektionen werden lageabhängig an erkannten Brennpunkten Polizeikräfte im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen zur Feststellung von Fahrraddiebstahlstaten eingesetzt. Seite 6 von 7 7. Wie schätzt die Polizei die Anzahl der Fälle, die nicht zur Anzeige kommen? Zu 7.: Hierzu kann keine verlässliche Aussage getroffen werden. 8. Wie können die Betroffenen motiviert werden den Raddiebstahl zu melden, wenn sie sich aufgrund der geringen Aufklärungsquote von einer Anzeige nichts erhoffen? Zu 8.: Durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit soll das Anzeigenverhalten beim Phänomen Fahrraddiebstahl verändert werden. Betroffenen wird nachvollziehbar vermittelt, dass die Polizei Berlin nur dann an Orten eine erhöhte Polizeipräsenz zeigen oder Präventionsmaßnahmen durchführen wird, wenn sie Kenntnis von erhöhten Entwendungsfällen erhält. Auch wird verstärkt auf das polizeiliche Serviceangebot der Fahrradbildersammlung im Internet verwiesen. In dieser Onlinebildersammlung sind hauptsächlich Fahrräder enthalten, die aus Diebstählen stammen, bislang jedoch niemandem zugeordnet werden konnten, weil die Tat offenkundig nicht angezeigt wurde. Daraus lässt sich erkennen, dass Ermittlungserfolge der Polizei in diesem Bereich tatsächlich größer sind, als die Aufklärungsquote indiziert. 9. Welche Maßnahmen unternehmen Polizei und Senat zur Vorbeugung von Fahrraddiebstählen? Zu 9.: Zu den präventiven Maßnahmen zählen insbesondere: gezielte Beratung von Fahrradbesitzerinnen und Fahrradbesitzern zur besseren Sicherung der Fahrräder gegen Diebstahl, kostenlose Kennzeichnung und Registrierung von Rädern durch die Polizei Berlin, Hinweise auf die richtige Sicherung von Fahrrädern an besonders diebstahlbelasteten Abstellplätzen z.B. durch Aufsprühen von Piktogrammen, Netzwerkarbeit im Rahmen der städtebaulichen Kriminalprävention, Schwerpunkteinsätze an erkannten Brennpunkten. 10. Gibt es Überlegungen eine eigene Sonderermittlungsgruppe der Polizei einzurichten, die sich speziell um Fahrradangelegenheiten kümmert? Zu 10.: Aktuell wird die Einrichtung einer solchen, stadtweit zuständigen, Ermittlungsgruppe geprüft. 11. Wie schätzt die Polizei die Möglichkeit ein, Lockvogel-Räder mit versteckten GPS-Sensoren einzusetzen? Zu 11.: Grundsätzlich wird der aktuell praktizierte Einsatz von so genannten GPS- Lockfahrrädern als geeignete Maßnahme betrachtet, Diebstahlstaten schnell und durch flankierende Pressearbeit öffentlichkeitswirksam aufzuklären. Dies kann auch zu einer nicht unerheblichen Verunsicherung der Täterinnen und Täter führen. 12. Wie können Abstellplätze und Anschließmöglichkeiten sicherer gestaltet werden? Seite 7 von 7 Zu 12.: Die Polizei Berlin empfiehlt, Fahrräder an festen Gegenständen anzuschließen. Hierzu sollten hochwertige Fahrradschlösser verwendet werden, nach Möglichkeit mehrere Schlösser mit verschiedener Bauart. Der Abstellort sollte bewusst gewählt werden und gut beleuchtet sowie gut einsehbar sein. Orte, die ein geringes Entdeckungsrisiko für Täterinnen und Täter bieten, sollten vermieden werden. Werden Fahrräder in Hinterhöfen, Hausfluren oder in Kellerräumen abgestellt, sind die gängigen Verhaltenstipps zur Einbruchsprävention sowie den Ratschlägen zur technischen Sicherung zu beachten. 13. An welchen Standorten sind in Berlin Fahrradparkhäuser und abschließbare Boxen geplant? Zu 13.: Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz stimmt derzeit mit allen Bezirken und der neu gegründeten GB infraVelo GmbH Maßnahmen zum Bau von Fahrradparkhäusern und abschließbaren Fahrradboxen ab und prüft Möglichkeiten der raschen Umsetzung. Erste konkrete Maßnahmen für gesicherte Fahrradparkplätze sind entlang des geplanten PEDELEC-Korridors an folgenden Bahnhöfen vorgesehen: S- Bahnhof Wannsee (Fahrradboxen), S-Bahnhof Mexikoplatz (Fahrradboxen), S- Bahnhof Zehlendorf (vollautomatisches Fahrradparkhaus), U-Bahnhof Krumme Lanke (Ostseite: Fahrradboxen, Westseite: Einhausung der Fahrradabstellanlagen mit Schließsystem). Darüber hinaus sollen an den vorgenannten Bahnhöfen auch frei zugängliche Fahrradabstellanlagen (Fahrradbügel und Doppelstockparker) errichtet werden. Berlin, den 03. April 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport Fahrraddiebstahl nach Planungsräumen (LOR) - Gesamtjahr 2017 Quelle: Verlaufsstatistik Data-Warehouse (DWH-FI, Stand: 26.03.2018, 08:00 Uhr) Anlage 1: S18-13845 S18-13845a S1813845 Anlage