Drucksache 18 / 13 851 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) vom 21. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. März 2018) zum Thema: Arabische Mafia-Clans in Berlin und Antwort vom 02. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Peter Trapp (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13851 vom 21. März 2018 über Arabische Mafia-Clans in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Bedeutung hat die arabisch organisierte Kriminalität (AOK) bzw. Mafiakriminalität nach Kenntnis des Senats in Berlin? 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Aktivitäten arabischer Mafiagruppen in Berlin (bitte nach Kriminalitätsfeld und Gruppe aufschlüsseln)? 3. In welchen Bezirken Berlins ist nach Kenntnis des Senats die AOK in welchem Kriminalitätsfeld aktiv? 4. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie viele Mitglieder den Gruppierungen der AOK in Berlin zugerechnet werden und wie hat sich deren Anzahl in den letzten zehn Jahren entwickelt? Wie viele Gruppierungen gibt es? Zu 1. bis 4.: Die in dieser Schriftlichen Anfrage verwendeten Begriffe „arabisch organisierte Kriminalität (AOK)“ und „Mafiakriminalität“ finden mangels bundesweit einheitlicher Kriterien für eine Definition polizeilich keine Verwendung. Grundsätzlich erfolgt die Zuordnung von registrierten Straftaten zur Organisierten Kriminalität (OK) bundeseinheitlich im Sinne der Definition der AG Justiz/ Polizei, in der keine Gruppenzugehörigkeit definiert ist. Erst durch die weitere Betrachtung der im Zusammenhang mit entsprechenden Straftaten ermittelten Tatverdächtigen kann gegebenenfalls eine Verflechtung mit bestimmten Phänomenen der OK vorgenommen werden. Für die Zuordnung zu bestimmten Gruppierungen der Organisierten Kriminalität werden zum Beispiel die dominierenden Staatsangehörigkeiten der OK-relevanten Tatverdächtigen erfasst. Angehörige arabischstämmiger Familien lassen sich dabei statistisch nicht eindeutig zuordnen, da die Tatverdächtigen aus diesem Bereich zu einem nicht unerheblichen Teil die deutsche Staatsbürgerschaft oder auch keine Staatsangehörigkeit („staatenlos“) besitzen. Daher werden unter dem Begriff „arabischstämmig“ Personen eingeordnet, deren ethnische Zugehörigkeit einem Staat der „Arabischen Liga“ zugeordnet werden kann bzw. deren Migrationshintergrund aus einem dieser Staaten bekannt geworden ist. Im Jahr 2016 wurden durch die Polizei Berlin 51 Ermittlungskomplexe geführt, die der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden. Dazu kommen zehn Komplexe, Seite 2 von 4 die durch Bundesbehörden in Berlin (Zoll, Bundespolizei, BKA) geführt wurden. Neun von den 51 OK-Komplexen waren durch arabischstämmige Straftäter dominiert. Die deliktischen Hauptschwerpunkte dieser OK-Komplexe liegen im Bereich der Eigentumskriminalität und im Rauschgifthandel und –schmuggel. Lokale Brennpunkte werden in diesem Kontext nicht statistisch erfasst. 5. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie hoch die durch AOK erzielten jährlichen Umsätze in Berlin geschätzt werden und wie haben sich diese in den letzten zehn Jahren entwickelt? 6. Hat der Senat darüber Kenntnis, wie hoch das Immobilienvermögen in Berlin geschätzt wird, das mit Gewinnen aus Aktivitäten der AOK erworben wurde, beziehungsweise der wirtschaftlichen Kontrolle der AOK unterliegt? Zu 5. und 6.: Nein. 7. Welche Fälle von Einschüchterungen und Bedrohungen durch Mitglieder der AOK gegenüber Presseorganen, Politik, Polizei, Rettungskräften oder Gewerbetreibenden sind dem Senat in den letzten zehn Jahren in Berlin bekannt? Zu 7.: Hierzu wird keine Statistik geführt. 8. Welche Fälle von Korruption in Berlin im Zusammenhang mit der AOK sind dem Senat in den letzten zehn Jahren bekannt? Zu 8.: Keine. 9. Wie viele Ermittlerinnen und Ermittler werden im Bereich der AOK aktuell eingesetzt (bitte nach Behörde aufschlüsseln) und wie hat sich deren Anzahl in den letzten 15 Jahren entwickelt? 10. Inwiefern wurden Ermittlerinnen und Ermittler des Landeskriminalamts oder anderer Dienststellen in den letzten 15 Jahren aus dem Bereich der AOK und für die Terrorismusbekämpfung eingesetzt? 11. Welche Schwerpunktsetzung erfolgt beim Landeskriminalamt oder anderen Dienststellen hinsichtlich der Strafverfolgung von AOK? Zu 9. bis 11.: Im Bereich der Abteilung LKA 4 liegt der Schwerpunkt in der ganzheitlichen, dezernatsübergreifenden Bearbeitung von qualifizierten Bandendelikten und Straftaten mit Bezug zur Organisierten Kriminalität im Sinne der bundeseinheitlichen Definition. Die Zuweisung zur weiteren Bearbeitung entsprechender Verfahrenskomplexe in ein sachbearbeitendes Kommissariat des LKA 4 erfolgt je nach deliktischem Schwerpunkt, der Intensität der Straftaten oder sonstigen kriminaltaktischen Erwägungen. Dementsprechend sind neben dem Fachkommissariat LKA 411 unterschiedliche Organisationseinheiten des LKA 4 immer wieder und in wechselnden Konstellationen mit der Bearbeitung von Sachverhalten befasst, die dem Umfeld arabischstämmiger, intensiv agierender Tatverdächtiger zuzurechnen sind. Darüber hinaus werden auch Dienststellen der Abteilungen LKA 3 (Finanzermittlungen, Gewinnabschöpfung) und LKA 6 (Operative Dienste) regelmäßig mit der eigenständigen oder unterstützenden Bearbeitung von Sachverhalten betraut. Eine statistische Erhebung von über die letzten 15 Jahre ganz oder überwiegend zur Bekämpfung von Straftätern aus arabischstämmigen Strukturen eingesetzten Ermittlerinnen und Ermittlern ist somit nicht möglich. Dies betrifft insbesondere auch Angaben über die behördenweite personelle Fluktuation von Beschäftigten im Sinne der Fragestellung. Seite 3 von 4 12. Wie viele Ermittlungsverfahren gab es in den vergangenen zehn Jahren gegen Mitglieder der AOK in Berlin (bitte nach Strafbeständen aufschlüsseln)? 13. Bei wie vielen Ermittlungsverfahren in den letzten zehn Jahren wurden Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der AOK in Berlin erlassen? 14. Liegen nicht vollstreckte Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der AOK in Berlin vor? Wenn ja, wie viele und was sind die Gründe dafür? Zu 12. bis 14.: Unter Hinweis auf die Antwort zur Frage 1 erfolgt keine derartige statistische Erfassung . Grundsätzlich werden vollstreckbare Haftbefehle im Bereich der Organisierten Kriminalität unverzüglich umgesetzt. 15. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Tätigkeiten und Investitionen in legale Wirtschaftsbereiche (insbesondere Baugewerbe, Dienstleistung, Gastronomie und Hotellerie, Handel und Tourismus) durch die AOK? 16. Welche Fälle von öffentlichen Auftragsvergaben an Unternehmen in Berlin, die der AOK zugerechnet werden können, sind dem Senat bekannt? 17. Welche Kenntnisse hat der Senat über Geldwäschetätigkeiten der AOK in Berlin? 18. In welcher Höhe wurden nach Kenntnis des Senats Vermögenswerte der AOK in Berlin in den letzten zehn Jahren beschlagnahmt (bitte nach Jahr aufschlüsseln)? Zu 15. und 18.: Hierzu werden keine Statistiken geführt. 19. Welche Rolle nimmt die AOK im Bereich des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln nach Erkenntnissen des Senats in Berlin ein (bitte nach Betäubungsmitteln gesondert darstellen)? Zu 19.: Von den neun OK-Ermittlungskomplexen im Jahr 2016, die arabischstämmigen Tatverdächtigen zugeordnet werden konnten, betrafen zwei Ermittlungskomplexe Rauschgifthandel (Heroinhandel im Öffentlichen Personennahverkehr sowie Handel mit Amphetamin und Kokain) und Ermittlungskomplex Rauschgiftschmuggel (Einfuhrschmuggel von Kokain). Insgesamt treten sie im Vergleich mit anderen Staatsangehörigkeiten in diesem Phänomenbereich nicht dominierend hervor. 20. Für wie hoch schätzt der Senat die durch den illegalen Rauschgifthandel erzielten jährlichen Umsätze der AOK in Berlin und wie haben sich diese in den letzten zehn Jahren entwickelt? Zu 20.: Dem Senat liegen dazu keine statistischen oder anderweitig erlangten Erkenntnisse vor. 21. Welche Erkenntnisse hat der Senat über wirtschaftliche Aktivitäten der AOK in Berlin wie z.B. aus den Panama Papers und weiteren Offshore Leaks gewonnen? Zu 21.: Es konnten keine Erkenntnisse im Sinne der Anfrage aus Quellen dieser Art gewonnen werden. 22. Gibt es gemeinsame Ermittlungsgruppen von arabischen und deutschen Strafverfolgungsbehörden, die die Bekämpfung der AOK zum Ziel haben und inwiefern arbeiten diese zusammen? 23. Wie viele Personen arbeiten in den gemeinsamen deutsch-arabischen Ermittlungsgruppen zusammen? Seite 4 von 4 Zu 22. und 23.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird hingewiesen. Weder bei der Polizei Berlin noch - soweit bekannt - bei anderen Polizeiorganisationen des Bundes und der Länder gibt es „Gemeinsame Ermittlungsgruppen“ mit „arabischen“ Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität durch arabischstämmige Straftäter. 24. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der AOK zugerechnet werden und anderen OK-Gruppierungen? 25. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der AOK zugerechnet werden und der russisch-eurasischen organisierten Kriminalität? 26. Welche Erkenntnisse hat der Senat über mutmaßliche Kontakte und gemeinsame Aktivitäten von Organisationen, die der AOK zugerechnet werden und sogenannten Rockerclubs/Motorradclubs? Zu 24. bis 26.: Der Polizei Berlin liegen Erkenntnisse vor, dass in Einzelfällen intensiv agierende, arabischstämmige Straftäter Kontakte zu Personen und Gruppierungen haben, die dem Bereich der Russisch-Eurasischen OK (REOK) bzw. der so genannten „Rockerszene“ zuzurechnen sind. Berlin, den 02. April 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-13851 S18-13851