Drucksache 18 / 13 861 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) vom 21. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. März 2018) zum Thema: Elektrifizierung der S Bahn Berlin durch Oberleitung und Antwort vom 04. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13 861 vom 21. März 2018 über Elektrifizierung der S Bahn Berlin durch Oberleitung Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die Deutsche Bahn AG (DB AG) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend entsprechend gekennzeichnet wiedergegeben. Frage 1: Ist es technisch möglich, das gesamte Schienennetz der S Bahn Berlin mittels Oberleitung zu elektrifizieren? Falls nein, welche Streckenabschnitte sind nicht möglich, mit einer Oberleitung auszustatten und warum nicht. Welche technischen Gründe sprechen ggf. dagegen? Antwort zu 1: Die DB AG teilt mit: „Nein, das gesamte S-Bahnnetz kann nicht mit einer Oberleitung ausgestattet werden. Es gibt Streckenabschnitte bei dem die zur Verfügung stehende Höhe über den S- Bahngleisen nicht für die Errichtung einer Oberleitung ausreicht. Als größter Streckenabschnitt sei hier beispielhaft der Nord-Süd-S-Bahntunnel zwischen Anhalter Bahnhof und Nordbahnhof genannt.“ Frage 2: Wie hoch sind die Gesamtkosten für eine Ausstattung des gesamten Netzes der S Bahn Berlin mit einer Oberleitung? 2 Frage 3: Wie hoch ist der Aufwand? Wie lange würde es dauern, das gesamte Streckennetz der S Bahn Berlin mit einer Oberleitung auszustatten? Frage 4: Wäre es technisch möglich, für eine Übergangszeit beide Stromsysteme, Oberleitung und derzeitige seitliche Stromschiene zeitgleich durch verschiedene Zugtypen zu nutzen? Frage 5: Wie hoch wären die Kosten für eine Demontage der derzeitigen seitlichen Stromschiene? Wie hoch wäre der zeitliche Aufwand? Antwort zu 2 bis 5: Die DB AG teilt mit: „Der Neubau von 1000 m Oberleitung für eine zweigleisige Strecke kostet ca. 1 Mio. Euro. Nicht betrachtet sind dabei die Kosten anderer Gewerke, wie zum Beispiel die notwendige Anpassung der Gleisanlagen zur Aufstellung der Fahrleitungsmasten, die für die Energieversorgung (Neubau von Unterwerken) und resultierende Lärmschutzmaßnahmen. Die Rückbaukosten für 1000 m Stromschiene für eine zweigleisige Strecke betragen ca. 0,2 Mio. Euro. Dazu kommen die Kosten für die Außerbetriebnahme und den Rückbau der Gleichrichterunterwerke. Die Sperrzeit für den Rückbau von 1000 m für eine zweigleisige Strecke wird auf 54 Stunden eingeschätzt. Die Umrüstung stellt einen sehr hohen Aufwand dar. Sollte die Umrüstung unter Aufrechterhaltung des S-Bahnbetriebes mindestens während der Hauptverkehrszeit stattfinden, schätzen wir eine reine Bauzeit von 20 bis 25 Jahren ein. Der notwendige Planungsvorlauf wird mit 10 bis 15 Jahren eingeschätzt.“ Eine parallele Nutzung beider Stromsysteme ist technisch nicht möglich. Aufgrund der insbesondere in den Tunnelabschnitten für die Ausrüstung mit einer Oberleitung nicht ausreichenden Platzverhältnisse wäre eine vollständige Umrüstung auf Oberleitung mit einem kompletten Neubau der Tunnel in geänderter Lage sowie einem sehr umfangreichen Umbau der restlichen Anlagen verbunden. Der dafür notwendige Aufwand stünde in keinem angemessenem Verhältnis zum erzielbaren Nutzen. Frage 6: Wie teuer ist ein neuer S Bahn Viertelzug mit dem derzeitigen seitlichen Stromsystem in der Neuanschaffung? Welche alternativen Zugtypen mit dem derzeitigen seitlichen Stromsystem gibt es und was kosten diese pro Zug? Frage 7: Wie teuer ist ein normaler S-Bahn-Zug der Baureihe 422 mit Pantograph? Welche alternativen Baureihen gibt es zu welchen Anschaffungskosten pro Stück? Antwort zu 6 und 7: Für das Wechselstromnetz der Deutschen Bahn gibt es eine Reihe verschiedener, verfügbarer Fahrzeugtypen. Ein Vergleich mit den S-Bahn-Fahrzeugen für die Berliner S- Bahn ist aber nicht zielführend, da diese Fahrzeuge nicht dem eingeschränkten 3 Lichtraumprofil der S-Bahn Berlin entsprechen, nicht für das Gleichstromsystem ausgerüstet sind und nicht mit der notwendigen, speziellen Leit- und Sicherungstechnik ausgestattet sind. Die eingesetzten S-Bahn-Fahrzeuge wurden speziell für das Berliner S-Bahn-Netz entwickelt. Es gibt bundes- oder europaweit keinen Fahrzeugmarkt mit verfügbaren, für das Berliner S-Bahn-Netz nutzbaren Fahrzeugen. Daher sind gegenwärtig auch keine alternativen Zugtypen verfügbar. Auch alternative Fahrzeuge anderer Hersteller müssten erst auf die besonderen Anforderungen des Berliner Netzes hin entwickelt werden. Die DB AG teilt mit: „Angaben zu den Anschaffungskosten von Wagen der Baureihe (BR) 483/484 des Konsortiums Siemens/Stadler unterliegen dem Geschäftsgeheimnis der S-Bahn Berlin GmbH. Alternativ einsetzbare Fahrzeuge sind die der BR 481 des Herstellers Bombardier, der BR 480 des Herstellers AEG, Siemens, WU bzw. der BR 485 des Herstellers LEW. Preisanfragen bitten wir an die jeweiligen Fahrzeughersteller zu richten.“ Frage 8: Wie hoch sind die Unterhaltskosten pro Kilometer Strecke bei dem derzeitigen Stromsystem und wie hoch sind die Kosten bei einem Kilometer Oberleitung? Antwort zu 8: Die DB AG teilt mit: „Die Unterhaltskosten (Betriebskosten) unterliegen dem Betriebsgeheimnis der DB Netz AG und werden somit nicht veröffentlicht. Im Vergleich der beiden Systeme können aber keine signifikanten Unterschiede ausgewiesen werden.“ Frage 9: Gibt es derzeit Überlegungen bei der S Bahn Berlin für ein autonomes Fahren der Züge? Falls ja, welche Pläne existieren konkret? Falls nein, warum nicht? Frage 10: Ist es derzeit technisch möglich, die S Bahn Berlin mit autonomen Zügen zu betreiben? Falls nein, warum nicht? Falls ja, warum wird das nicht getestet? Antwort zu 9 und 10: Nein, derartige Pläne existieren derzeit beim Senat nicht, da eine Automatisierung angesichts etwa der vielfältigen Herausforderungen eines Betriebs mit hohen Fahrgastzahlen, kurzen Stationsabständen, häufigen Fahrgastwechseln, fehlenden Sicherungseinrichtungen an Bahnsteigen oder nicht linienreinem Betrieb technisch noch nicht darstellbar ist. Die DB AG teilt mit: „Ein führerloses Fahren von Zügen ist im S-Bahnnetz derzeit technisch nicht möglich. Das Zugbeeinflussungssystem ZBS, welches derzeit im gesamten S-Bahnnetz installiert wird, überwacht die Geschwindigkeit der Züge und bremst diese automatisch ab, wenn der Lokführer zu schnell fährt oder Halt gebietende Signale missachtet. Daten für das 4 Beschleunigen, Abfahren oder auch das Türenschließen eines S-Bahnzuges können mit der ZBS-Technik nicht gesendet werden.“ Frage 11: Wird die S-Bahn Berlin derzeit mit ökologisch sauberen Strom betrieben, ggf. zu wieviel Prozent? Falls nein, warum nicht und ist es geplant, die S Bahn Berlin zukünftig mit sogenannten „Grünen Strom“ zu betreiben? Frage 12: Wo und wie wird der Strom für die S Bahn Berlin derzeit produziert? Antwort zu 11 und 12: In den Verkehrsverträgen für das Teilnetz Ring (Interimsvertrag I von Ende 2017 bis 2023 und Wettbewerbsvertrag von 2021 bis 2035) wurde vorgegeben, dass der elektrische Strom, der für die Auftragsdurchführung benötigt wird, überwiegend aus erneuerbaren Energien stammt und kein Anteil dieses Stroms aus atomarer Erzeugung stammen darf. Beim Interimsvertrag II für die Teilnetze Stadtbahn und Nord-Süd (von Ende 2017 bis 2027) ist aufgrund der Zielsetzung der Richtlinien der Regierungspolitik als Vorgabe enthalten, dass der elektrische Strom, der für die Auftragsdurchführung benötigt wird, vollständig aus erneuerbaren Energien stammt. Dieses ist über Herkunftsnachweise, die im Herkunftsnachweisregister des Umweltbundesamtes gelistet sind, nachzuweisen. Die DB AG teilt mit: „Die S-Bahn Berlin fährt mit 100 % erneuerbarer Energie. Der Strom und die Herkunftsnachweise werden über die Handelsmärkte in Europa beschafft. In 2018 kommt der überwiegende Anteil der beschafften und entwerteten Herkunftsnachweise aus Wasserkraft in Deutschland.“ Berlin, den 04.04.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-13861 S18-13861a