Drucksache 18 / 13 890 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) vom 23. März 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. März 2018) zum Thema: Stromversorgung der U Bahn Berlin und Antwort vom 05. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13890 vom 23. März 2018 über Stromversorgung der U Bahn Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die BVG zu den Fragen 6 bis 12 um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Frage 1: Ist es technisch möglich, das gesamte Schienennetz der U Bahn Berlin mittels Oberleitung zu elektrifizieren? Oder sind zumindest Teilnetze (Großprofil bzw. Kleinprofil) möglich umzustellen? Falls nein, welche Streckenabschnitte sind nicht möglich, mit einer Oberleitung auszustatten und warum nicht? Antwort zu 1: Nein. Allenfalls auf den oberirdischen Abschnitten wäre es rein theoretisch aus den räumlichen Gegebenheiten möglich teilweise Oberleitungsanlagen zu errichten; betrieblich schließt sich diese Lösung aber von vornherein aus. Die bautechnische (Lichtraumprofil) und elektrotechnische Infrastruktur (Netzstruktur und Bahnspeisebezirke) der U-Bahn sind für einen Oberleitungsbetrieb grundsätzlich nicht ausgelegt. Darüber hinaus ist die Übertragung der für einen U-Bahn Betrieb erforderlichen hohen elektrischen Traktionsleistung bei einer Systemspannung von 750V DC über eine Oberleitung mit einem gegenüber einer Stromschiene deutlich geringeren Leiterquerschnitt nicht möglich. 2 Frage 2: Wie hoch sind die Gesamtkosten für eine Ausstattung des gesamten Netzes der U Bahn Berlin mit einer Oberleitung? Frage 3: Wie hoch ist der Aufwand? Wie lange würde es dauern, das gesamte Streckennetz der U Bahn Berlin mit einer Oberleitung auszustatten? Frage 4: Wäre es technisch möglich, für eine Übergangszeit beide Stromsysteme, Oberleitung und derzeitige seitliche Stromschiene zeitgleich durch verschiedene Zugtypen zu nutzen? Frage 5: Wie hoch wären die Kosten für eine Demontage der derzeitigen seitlichen Stromschiene? Wie hoch wäre der zeitliche Aufwand? Antwort zu 2 bis 5: Aufgrund der nicht gegebenen technischen Realisierbarkeit einer Umstellung der Energieversorgung der U-Bahn auf Oberleitungsbetrieb (vgl. Antwort zu 1) ist eine Ermittlung nicht sinnvoll möglich. Eine Einschätzung des zeitlichen Aufwands und der Kosten für derartige Systemeingriffe ist bislang auch nicht vorgenommen worden und würde umfassendere Untersuchungen erfordern. Frage 6: Wie teuer ist ein neuer U Bahn Zug mit dem derzeitigen seitlichen Stromsystem in der Neuanschaffung? Welche alternativen Zugtypen mit dem derzeitigen seitlichen Stromsystem gibt es und was kosten diese pro Zug? Antwort zu 6: Ein aktueller Vier-Wagen-Zug der Baureihe IK, die im Klein- und Großprofil an der seitlichen Stromschiene einsetzbar ist, kostet inklusive der Entwicklungskosten ca. 5,5 Mio EUR (1,38 Mio EUR pro Wagen). Es gibt keine alternativen Zugtypen, die im U-Bahn-Netz der BVG einsetzbar sind. Jeder neue U-Bahn-Zug für Berlin muss extra für das U-Bahn- Netz konstruiert und gefertigt werden. Frage 7: Wie teuer ist ein U Bahn Zug mit Pantograph? Welche alternativen Baureihen gibt es zu welchen Anschaffungskosten pro Stück? Antwort zu 7: Genaue Preise von U-Bahn-Zügen mit Pantographen liegen uns aufgrund des fehlenden Bedarfs und entsprechend fehlender Anfragen nicht vor. 3 Frage 8: Wie hoch sind die Unterhaltskosten pro Kilometer Strecke bei dem derzeitigen Stromsystem und wie hoch sind die Kosten bei einem Kilometer Strecke mit Oberleitung? Antwort zu 8: Siehe Antwort zu 2 bis 5. Es gibt bei der BVG keine Kostenaufschlüsselung zur Unterhaltung des Stromschienensystems pro Kilometer. Die Kosten des gesamten Fahrstromsystems werden pro Jahr erfasst. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Kosten für Betrieb und Instandhaltung von Oberleitungssystemen im Vergleich zu Stromschienensystemen um ein Vielfaches höher liegen. Frage 9: Gibt es derzeit Überlegungen bei der U Bahn Berlin (BVG) für ein autonomes Fahren der U Bahn Züge? Falls ja, welche Pläne existieren konkret? Falls nein, warum nicht? Antwort zu 9: Es gibt derzeit bei der BVG keine Überlegungen für einen automatischen U-Bahnbetrieb. Neben der technischen Machbarkeit (siehe Antwort zu Frage 10) hat die BVG keine umfassenden Untersuchungen zur Automatisierung des U-Bahnbetriebes vorgenommen. Frage 10: Wurde autonomes Fahren bei der U bahn Berlin bereits getestet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Antwort zu 10: Ja, in der Vergangenheit wurde der automatisierte Fahrbetrieb bereits erprobt. Im Rahmen der Forschungsvorhaben STAR und STAR II (Systemtechnik für den automatischen Regelbetrieb) wurde von 1996 bis 2002 die betriebliche und wirtschaftliche Machbarkeit der Einführung eines automatischen, fahrerlosen U-Bahnbetriebes bei vorhandener Infrastruktur und vorhandenen Fahrzeugen am Beispiel einer Referenzstrecke der Berliner U-Bahn untersucht. Schwerpunkt des Forschungsvorhabens war die Überführung eines bestehenden konventionellen Betriebes in einen automatischen Betrieb, ohne dass größere betriebliche Beeinträchtigungen, z. B. zeitweise Streckenstilllegungen, auftreten durften. Die technische Machbarkeit konnte im Rahmen des Forschungsvorhabens nachgewiesen werden. Bereits zuvor gab es eine Reihe von Forschungs- und Realisierungsvorhaben, die die Einführung automatisch betriebener U-Bahnlinien und vergleichbarer Systeme thematisierten. Dazu gehörten z. B.: 1976 bis 1999 Fahrgastbetrieb auf der Linie U9 mit der Linienzugbeeinflussung LZB 501. Die Züge waren jedoch durchgehend mit Zugpersonal besetzt. Der Betrieb erfolgte halbautomatisch. 1977 bis 1995 Aufbau und Betrieb einer SELTRAC-Referenzanlage auf der Linie U4. Auch in diesem Fall waren die Züge durchgehend mit Zugpersonal besetzt. Der Betrieb erfolgte halbautomatisch. 4 1983 bis1990 Aufbau und Betrieb des vollautomatischen M-Bahn-Systems. Aufgrund der teilweisen Lage der M-Bahnstrecke auf der Trasse der heutigen U2 und der Wiedervereinigung Berlins wurde die M-Bahn in den Folgejahren stillgelegt und abgebaut. Frage 11: Ist es derzeit technisch möglich, die U Bahn Berlin mit autonomen Zügen zu betreiben? Falls nein, warum nicht? Antwort zu 11: Die vorhandenen Fahrzeuge sind nicht für den automatischen Betrieb ausgerüstet. Auch die vorhandene Infrastruktur und die bestehenden Zugsicherungs-, Leit- und Kommunikationssysteme lassen einen automatischen Zugbetrieb nicht zu. Zusätzlich fehlen auch die für einen automatischen Betrieb erforderlichen Überwachungssysteme für die Bahnsteiggleise. Das Berliner U-Bahnsystem ist in seiner Form einzigartig. Automatische Züge, die in anderen Städten bereits fahren, können aufgrund ihrer abweichenden Abmessungen - (Breite und Höhe der Fahrzeuge) Stromversorgung und Zugsicherungs- und Leitsysteme - nicht in Berlin eingesetzt werden. Frage 12: Wird die U Bahn Berlin derzeit mit ökologisch sauberen Strom betrieben, ggf. zu wieviel Prozent? Falls nein, warum nicht und ist es geplant, die U Bahn Berlin zukünftig mit sogenannten „Grünen Strom“ zu betreiben? Wo und wie wird der Strom für die U Bahn Berlin derzeit produziert? Antwort zu 12: Die Beschaffung der Energie erfolgt über einen externen Dienstleister an der Strombörse. Seit dem Lieferjahr 2014 setzt sich die bezogene Energiemenge für die BVG einschließlich des Energiebedarfes der U-Bahn aus 100 % „Grünem Strom“ zusammen. Berlin, den 05.04.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-13890 S18-13890a