Drucksache 18 / 13 943 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 04. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. April 2018) zum Thema: Weiterbildungsmöglichkeiten in Berlin I und Antwort vom 19. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Apr. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/13943 vom 04. April 2018 über Weiterbildungsmöglichkeiten in Berlin I ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner gehen aktuell einer beruflichen Weiterbildung (öffentlich gefördert) nach? Liegen dem Senat auch Informationen vor, von privat finanzierten Weiterbildungen? a. Neben einem sozialversicherungs- pflichtigen Arbeitsverhältnisses - in Teilzeit - in Vollzeit b. als Maßnahme durch das Jobcenter c. als Maßnahme durch die Agentur für Arbeit d. Person bezieht eine Rente Zu 1: Berufliche Weiterbildung dient einerseits dem Ziel, aufbauend auf der Ausbildung, einer Erwerbsperson neue Qualifikationen zu vermitteln oder alte zu erhalten und aufzufrischen, um so nachhaltig die Beschäftigungschancen sicherzustellen und ein selbständiges Agieren auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Andererseits zielt sie auf die Sicherstellung des qualitativen und quantitativen Arbeitskräftebedarfs der Betriebe oder der gesamten Volkswirtschaft. Das Lernen in der beruflichen Weiterbildung kann entweder formal in Weiterbildungseinrichtungen, nicht-formal, etwa am Arbeitsplatz, oder informell (Alltags- und Erfahrungslernen) erfolgen. Zur beruflichen Weiterbildung liegen dem Senat folgende Daten von der Bundesagentur für Arbeit vor, die im Rahmen des der SGB III-Förderung beitragsfinanziert oder im Falle der Förderung über das SGB II steuerfinanziert sind. Durch Teilnehmende selbstfinanzierte Förderungen und Förderungen durch andere Träger sind darin nicht 2 enthalten. Eine Auswertung nach Teilzeit/Vollzeit-Weiterbildung kann in dieser Statistik nicht ausgewiesen werden. Förderungen über die Agenturen sind im Rechtskreis SGB III abgebildet, Förderungen über die Jobcenter im Rechtskreis SGB II. Daten zu Personen, die während der Teilnahme an einer Beruflichen Weiterbildung eine Rente beziehen, liegen nicht vor. Bestand von Teilnehmenden in Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung Dezember 2017, Datenstand: März 2018 Die regionale Zuordnung des Teilnehmenden erfolgt nach dem Wohnortprinzip. Berücksichtigt werden die Maßnahmearten: Förderung der beruflichen Weiterbildung, Arbeitsentgeltzuschuss zur Weiterbildung Beschäftigter, Qualifizierung aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) während Kurzarbeit und Besondere Maßnahmen zur Weiterbildung von Rehabilitanden. Beschäftigungsstatus am Stichtag Insgesamt davon im Rechtskreis… SGB III SGB II 1 2 3 Insgesamt 13.305 4.842 8.463 daraus sozialversicherungspflichtig beschäftigt 1.879 1.323 556 Erstellungsdatum: 10.04.2018, Statistik-Service Ost, Auftragsnummer 263847 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Des Weiteren liegen dem Senat Statistiken zum Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), zur Inanspruchnahme der Bildungsprämie und zum Bildungsurlaub vor. Bei diesen Förderungen beteiligen sich die Teilnehmenden an der Finanzierung der Weiterbildungen mit privaten Mitteln. Das AFBG verfolgt die Ziele, Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung finanziell zu unterstützen und sie zu Existenzgründungen zu ermuntern. Das Gesetz regelt einen individuellen Rechtsanspruch auf Förderung von beruflichen Aufstiegsfortbildungen, das heißt von Meisterkursen oder anderen auf einen vergleichbaren Fortbildungsabschluss vorbereitenden Lehrgängen. Es ist ein umfassendes Förderinstrument für die berufliche Fortbildung in grundsätzlich allen Berufsbereichen und zwar unabhängig davon, in welcher Form die Fortbildung durchgeführt wird (Vollzeit, Teilzeit, schulisch, außerschulisch, mediengestützt, Fernunterricht). Die Förderung ist an bestimmte persönliche, qualitative und zeitliche Anforderungen geknüpft. 3 Förderzahlen AFBG 2016 nach Geschlecht Jahr Frauen Männer Gesamt 2016 797 1.445 2.242 Anteil von Frauen und Männern nach Fortbildungszielen Fortbildungsziel nach Frauen Prozent Männer Prozent Berufsbildungsgesetz 530 41 % 761 59 % Handwerksordnung 116 17 % 585 83 % vgl. Bundesrecht 20 44 % 26 56 % vgl. Landesrecht 44 51 % 42 49 % Ergänzungsschulen 0 0 % 1 100 % Gesundheit/Pflege 87 90 % 10 10 % Bildungsprämie im Land Berlin Seit 2008 unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Erwerbstätige, die durch Weiterbildung ihre Chancen im Beruf verbessern möchten – vor allem diejenigen, die aufgrund ihres Einkommens bislang die Kosten einer Weiterbildung nicht ohne Weiteres tragen konnten. Die Bildungsprämie besteht aus zwei Komponenten – dem Prämiengutschein und dem Spargutschein. Prämiengutschein Einen Prämiengutschein erhalten Weiterbildungsinteressierte, die erwerbstätig sind und deren zu versteuerndes Jahreseinkommen 20.000 beziehungsweise 40.000 Euro nicht übersteigt. Auch Mütter und Väter in Elternzeit oder Personen in Pflegezeit können einen Prämiengutschein bekommen. Der Bund fördert Personen, die mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und die über ein zu versteuerndes Einkommen von höchsten 20.000 Euro (40.000 Euro bei gemeinsamer Veranlagung) verfügen. Er übernimmt die Hälfte der Veranstaltungsgebühr, bis maximal 500 Euro. 4 In einer Prämienberatung klären geschulte Beraterinnen und Berater die individuellen Voraussetzungen der Interessierten und geben den Prämiengutschein aus. Interessierte können sich in einer der über das ganze Bundesgebiet verteilten Beratungsstellen zum Prämiengutschein beraten lassen. Prämiengutscheine können in den meisten Bundesländern für Weiterbildungen mit Kosten über 1.000 Euro eingesetzt werden. Ausnahmen gelten für Maßnahmen, die in den Bundesländern Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein stattfinden. Hier können Prämiengutscheine nur genutzt werden, wenn die Gebühren 1.000 Euro nicht übersteigen. Für in diesen Ländern lebende Menschen gibt es Landesprogramme, die teurere Weiterbildungen unterstützen. Spargutschein Mit dem "Weiterbildungssparen" wird im Vermögensbildungsgesetz (VermBG) eine Entnahme aus dem angesparten Guthaben erlaubt, um Weiterbildung zu finanzieren – auch wenn die Sperrfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Arbeitnehmersparzulage geht dabei nicht verloren. Damit können an Weiterbildung Interessierte aufwändigere und oftmals langfristigere Weiterbildungen leichter finanzieren. Mit den Beraterinnen und Beratern überlegen sie, welche Weiterbildung ihren Fähigkeiten und beruflichen Wünschen am ehesten entspricht und erhalten einen Spargutschein. Mit dem Finanzdienstleister (Bausparkasse, Bank oder Versicherung) werden die finanziellen Details besprochen. Beide Komponenten können miteinander kombiniert werden, das heißt Erwerbstätige können, wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen, einen Prämiengutschein erhalten und die verbleibenden Kosten beispielsweise über das Weiterbildungssparen finanzieren. Nach den von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales erhobenen Zahlen wurden in Berlin 2016 pro Beratungsstelle monatlich durchschnittlich 15 Beratungen zur Bildungsprämie durchgeführt und auch Prämiengutscheine ausgereicht. Die 8 zugelassenen Beratungsstellen Berlins haben damit 1320 Prämiengutscheine ausgereicht. Nach der Statistik des BMBF wurden zum Stichtag 10.10.2017 in der 3. Förderphase für das Land Berlin ca. 55 % aller erhaltenen Gutscheine zur Abrechnung eingereicht. Bei 1320 ausgereichten Prämiengutscheinen, sind das 726 durchgeführte berufliche Weiterbildungen. Bildungsurlaub Bildungsurlaub bezeichnet den Rechtsanspruch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber ihrem Arbeitgeber auf bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten oder als anerkannt geltenden Veranstaltungen, die der politischen Bildung und/oder beruflichen Weiterbildung dienen. Rechtsgrundlage ist das Berliner Bildungsurlaubsgesetz (BiUrlG) in der Fassung vom 24.10.1990 (GVBl. S. 2209), zuletzt geändert durch Artikel X des Gesetzes vom 17.05.1999 (GVBl. S. 178). Einen Rechtsanspruch haben alle Berliner Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildende unabhängig vom Lebensalter. 5 Für Beamtinnen und Beamte gelten die entsprechenden Sonderurlaubsregelungen des Bundes bzw. des Landes Berlin. Der Bildungsurlaub beträgt bei Vollzeitbeschäftigung 10 Arbeitstage innerhalb von zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren. Die Zweijahresfrist beginnt mit der erstmaligen Inanspruchnahme von Bildungsurlaub (erster Tag der anerkannten Veranstaltung). Nicht in Anspruch genommener Bildungsurlaub aus vergangenen Jahren verfällt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres haben einen Anspruch von 10 Arbeitstagen im Kalenderjahr. Bei Teilzeitbeschäftigung reduziert sich der Anspruch. Für 2016 liegen folgende Angaben zur Inanspruchnahme von Bildungsurlaub vor: Teilnehmerinnen/Teilnehmer aus Berliner Betrieben und Verwaltungen absolut % 1. Teilnehmerinnen/Teilnehmer insgesamt 14.825 davon Frauen 8.725 58,9 % 2. Art der Weiterbildung berufliche Weiterbildung 11.935 80,5 % politische Bildung 1.875 12,6 % beide Bereiche 1.015 6,8 % Bei den Zahlen handelt es sich um von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales bewilligte Anträge nach BiUrlG. Darüber hinaus gilt § 11 (1) BiUrlG, wonach alle beruflichen Veranstaltungen von öffentlichen und anerkannten Schulen, Volkshochschulen (VHS), Universitäten und Hochschulen perse anerkannt sind. Dafür sind keine Anträge zu stellen. Es liegen somit auch keine Teilnahmezahlen vor. 2. Welche durch den Senat geförderten Weiterbildungsangebote gibt es aktuell für Personen, die in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen? Zu 2.: In der aktuellen Förderfibel Ausgabe 2017/18 sind unter den Kapiteln Förderprogramme zur Arbeitsmarktpoltischen Förderung und Beratung und Betriebliche Weiterbildung alle durch den Senat geförderten Weiterbildungsprogramme aufgeführt. 6 3. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) bietet regionale Weiterbildungsförderung an. Sowohl in Brandenburg wohnende Beschäftigte als auch Unternehmen mit einer Betriebsstätte im Land Brandenburg (im Sinne von §12 der Abgabeordnung), darüber hinaus rechtsfähige Vereine bzw. Träger der Kinder- und Jugendhilfe können dort i.S. der beruflichen Qualifizierung Zuschüsse bei der ILB beantragen. Wie steht der Senat zu diesem Modell der Fördermöglichkeiten? Zu 3.: Ziel der Förderung im Rahmen des Förderprogramms „Bildungsscheck Brandenburg“ ist der Erhalt und die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im Land Brandenburg sowie die Stabilisierung und der perspektivische Aufbau von Arbeitsplätzen. Die kontinuierliche Beteiligung an beruflicher Weiterbildung von Beschäftigten, insbesondere von Geringqualifizierten, Älteren, atypisch Beschäftigten, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund soll erhöht werden. Förderfähig sind Ausgaben für arbeitsplatzunabhängige berufliche Weiterbildungsmaßnahmen auf Grundlage eines individuellen Bildungsziels. Die Weiterbildungskosten inklusive Prüfungsgebühren müssen mehr als 1.000 Euro betragen. Eine Weiterbildungsmaßnahme kann mit bis zu 50 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, jedoch maximal 3.000 Euro pro Antrag bezuschusst werden. Der Eigenanteil beträgt mindestens 50 %. Eine Förderung durch den Bildungsscheck Brandenburg ist einmal im Kalenderjahr möglich, entscheidend ist der Beginn der Weiterbildungsmaßnahme. Die Beantragung des Bildungsschecks erfolgt online über das Kundenportal der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Die Förderung der beruflichen Weiterbildung für Beschäftigte und Unternehmen des Landes Brandenburg im Rahmen der Förderrichtlinie „Bildungscheck Brandenburg“ kann von allen Unternehmen und weiterbildungsinteressierten Personen in Anspruch genommen werden, wenn sie die genannten Förderbedingungen erfüllen. Da die Förderung immer an eine Eigenbeteiligung in Höhe von 50 % der Weiterbildungskosten geknüpft ist, erreicht die Brandenburger Förderung nicht in ausreichendem Maße geringqualifizierte und atypische Beschäftigte deren Weiterbildungsbeteiligung am geringsten ist. Der Brandenburger „Bildungsscheck“ wird aus ESF- und Landesmitteln gefördert. Eine vergleichbare Umsetzung in Berlin ist auf Grund der großen Anzahl von Begünstigten (alle weiterbildungsinteressierten Personen in Beschäftigung sowie kleine und mittlere Unternehmen/KMU) nicht möglich, da hierfür keine entsprechenden Haushaltsmittel im Doppelhaushalt 2018/19 zur Verfügung stehen. 7 4. Wie fördert der Berliner Senat aktuell Weiterbildungsmaßnahmen? Zu 4.: Die Förderung erfolgt vorwiegend über Landesmittel und teilweise aus ESF- Mitteln (siehe dazu auch Antwort zu 2). Berlin, den 19. April 2018 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-13943 S18-13943a