Drucksache 18 / 14 052 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 17. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2018) zum Thema: "Verfolgungsrückstellungen"/"Rückstellungen für Straftaten" in Berlin und Antwort vom 02. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14052 vom 17. April 2018 über „Verfolgungsrückstellungen“/“Rückstellungen für Straftaten“ in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Warum handelt es sich bei dem Begriff der "Verfolgungsrückstellungen" im polizeilichen und im staatsanwaltschaftlichen Zusammenhang genau? Zu 1.: Der Begriff „Verfolgungsrückstellung“ ist gesetzlich nicht bestimmt. Es handelt sich dabei um die vorläufige Zurückstellung von Maßnahmen der Strafverfolgung, wenn deren Durchführung das Erreichen des vorrangigen Ermittlungsziels gefährden würde. Zumeist ergeben sich derartige Situationen im Rahmen verdeckter Ermittlungen, insbesondere bei Observationen, wenn die Beobachtungen einen Anfangsverdacht für eine weitere (nachrangige) Straftat ergeben. Sofortige Maßnahmen können dennoch bei entsprechender Schwere der Tat oder aus Gründen der Gefahrenabwehr geboten sein. 2) Was ist die gesetzliche Grundlage dafür? Wer ordnet diese an? Zu 2.: Grundlage für die vorläufige Zurückstellung einzelner Ermittlungsmaßnahmen zu Gunsten eines vorrangigen Ermittlungsziels sind die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Hierbei handelt es sich um eine vom Bundesminister für Justiz und den Justizministern/-senatoren der Länder gemeinsam erlassene Verwaltungsvorschrift. Die RiStBV haben keinen Gesetzescharakter. Sie richten sich vornehmlich an die Staatsanwaltschaft, wirken sich dadurch jedoch auch auf das Verfahren bei der Polizei aus. Anlage 5 der RiStBV beinhaltet die Gemeinsamen Richtlinien über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaften und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität. Sie ist länderspezifisch geregelt. Seite 2 von 2 Ziffer 4.2.3 der für Berlin geltenden Anlage 5 regelt die unter Frage 1 dargestellte vorläufige Zurückstellung einzelner Ermittlungsmaßnahmen. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin erteilt das Einverständnis zur temporären Zurückstellung offener Ermittlungen ausschließlich die zuständige Hauptabteilungsleiterin beziehungsweise der zuständige Hauptabteilungsleiter. Die Entscheidung über eine Zurückstellung der Strafverfolgung im Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Berlin trifft die Leiterin/ der Leiter der Abteilung 17 oder die eingesetzte Vertretung. Die Zurückstellung stellt dabei keinen Verzicht auf Strafverfolgung dar; die Taten sind zu dokumentieren und nach Beendigung der Zurückstellung zu verfolgen. 3) In wie vielen Fällen - sowohl gezählt nach Personen als auch nach Straftaten - kam es in den Jahren 2011 bis 2017 zu "Verfolgungsrückstellungen" in Berlin? Zu 3.: Über „ Zurückstellungen“ wird weder bei der Polizei Berlin, der Staatsanwaltschaft Berlin noch der Generalstaatsanwaltschaft Berlin eine Statistik geführt. 4) Hat es im Bezug auf Anis Amri eine solche Verfolgungsrückstellung gegeben? Wann ist diese durch wen angeordnet worden? Zu 4.: Durch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wurde auf vorherige Anfrage durch die sachbearbeitende Dienststelle des Staatsschutzes beim LKA Berlin im Ermittlungsverfahren wegen des Versuchs der Beteiligung an einem Tötungsverbrechen gegen Anis Amri einer Verfolgungsrückstellung zugestimmt. Die vorläufige Zurückstellung offener Ermittlungsmaßnahmen bezog sich auf mögliche Verstöße gegen § 242 Strafgesetzbuch (Diebstahl) und ähnlich gelagerte Delikte im Bagatellbereich, welche im Rahmen von Observationsmaßnahmen möglicherweise festgestellt werden würden und war mit der Einschränkung versehen, dass keine Gefährdung anderer Personen oder erheblicher Sachwerte damit verbunden sein dürfe. Die Anordnung erfolgte durch den Leiter der Abteilung 17 der Generalstaatsanwaltschaft Berlin am 13. Mai 2016. Berlin, den 02. Mai. 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14052 S18-14052