Drucksache 18 / 14 761 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 18. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. April 2018) zum Thema: Organisierte Kriminalität in Berlin - Schutzgelderpressungen (II) und Antwort vom 03. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14761 vom 18. April 2018 über Organisierte Kriminalität in Berlin – Schutzgelderpressungen (II) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Mitarbeiter/innen (Personalstellen und Vollzeitäquivalente (VZÄ)) waren in der Zeit von 2010 bis 2018 im Fachbereich des Landeskriminalamts Berlin (LKA) tätig? (Aufstellung nach Beamt/innen und Angestellten für genannten Zeitraum erbeten.) Zu 1.: Die Bearbeitung von Straftaten aus dem Deliktsfeld Schutzgelderpressung ist gemäß Zuständigkeitsregelung in der Polizei Berlin keinem bestimmten Bereich des Landeskriminalamtes (LKA) zugeordnet. Die Bearbeitung erfolgt im Einzelfall und bei entsprechendem Phänomenbezug täterorientiert in unterschiedlichen Dienststellen des Landeskriminalamtes, aber auch in den örtlichen Kriminalreferaten. Daher ist eine zahlenmäßige Zuordnung von Mitarbeitenden nicht möglich. 2. Wie viele Strafanzeigen und Hinweise gingen in den letzten acht Jahren bei der Polizei Berlin sowie dem LKA Berlin in Bezug auf Straftatbestände ein, die Rückschlüsse auf mögliche Schutzgelderpressungen zuließen? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 2.: Die „Schutzgelderpressung“ ist kein eigenständiger Straftatbestand im Strafgesetzbuch (StGB). Hinter einer „Schutzgelderpressung“ stehen Straftaten wie Erpressung, räuberische Erpressung, Sachbeschädigung, Nötigung oder Körperverletzung. Grundsätzlich handelt es sich bei der „Schutzgelderpressung“ um die Drohung mit einem empfindlichen Übel gegen eine Person oder Sache, um eine Person zu einer regelmäßigen Zahlung einer Geldsumme zu veranlassen. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind Fälle von Schutzgelderpressung in den Jahren von 2010 bis 2017 wie folgt erfasst worden: Seite 2 von 3 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 19 23 13 17 7 11 13 9 Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2010-2017 3. Welche konkreten Maßnahmen wurden seitens Polizei und Justiz in der Zeit von 2010 bis 2018 ergriffen, um gegen die hohe Dunkelziffer im Bereich der Schutzgelderpressung vorzugehen? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 3.: Das Anzeige- und Aussageverhalten der Betroffenen einer „Schutzgelderpressung“ ist deliktsfeldspezifisch gering ausgeprägt. Beim Landeskriminalamt wurde daher eine zentrale Ansprechstelle für Opfer von Schutzgelderpressungen im LKA 41 eingerichtet, an die sich Betroffene, auch ggf. im Vorfeld einer Anzeigenerstattung, wenden können. Darüber hinaus wurde die Koordinierungsstelle Italienische Organisierte Kriminalität (KoSt IOK) angegliedert, die als polizeilicher Ansprechpartner speziell im Zusammenhang mit italienischer OK, auch zu Schutzgelderpressungen, eine Beratungsfunktion einnimmt. In diesem Zusammenhang besteht schon seit dem Jahr 2007 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Verein „Mafia? Nein Danke! e.V.“, der sich international gegen die Bekämpfung der italienischen OK und insbesondere der Schutzgelderpressung engagiert. Dieser Austausch hat bislang nicht zur Einleitung von entsprechenden Ermittlungsverfahren geführt. In geeigneten Fällen kommt zur Aufklärung von Sachverhalten die Führung von Informanten oder Vertrauenspersonen (VP) in Betracht. 4. Fanden im o.g. Zeitraum konkrete Observationsmaßnahmen des LKA Berlin statt, um dieses "Dunkelfeld" auszuleuchten? Zu 4.: Observationsmaßnahmen werden im Rahmen von Strafermittlungsverfahren durchgeführt, soweit die entsprechenden rechtlichen und taktischen Voraussetzungen erfüllt sind. Observationen zur Aufhellung des Dunkelfeldes sind rechtlich nicht zulässig. 5. Wie viele Einsatzkräftestunden wurden diesbezüglich im Zeitraum von 2010 bis 2018 geleistet? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 5.: Valide Daten für die im Phänomenbereich Schutzgelderpressung in der Polizei Berlin geleisteten Einsatzkräftestunden liegen nicht vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Auf welche Weise wird sich das Land Berlin dafür einsetzen, dass "Schutzgelderpressung" bundesweit als eigenständiger Straftatbestand geregelt wird und einen eigenen Bereich im Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes (BKA) sowie im Lagebild zur Organisierten Kriminalität des LKA Berlin erhält? Zu 6.: Das Kriminalitätsfeld „Schutzgelderpressung“ wird derzeit nicht als ein eigenständiges Phänomen Organisierter Kriminalität betrachtet. Vielmehr handelt es sich um eine Begleiterscheinung organisiert-krimineller Strukturen in übergreifenden Kriminalitätsfeldern. Eine erfolgreiche Bekämpfung von Schutzgelderpressungen in Seite 3 von 3 Berlin ist grundsätzlich nur über eine nachhaltige und effektive Bekämpfung organisiert-krimineller Strukturen und eine Vernetzung aller beteiligten Dienststellen zu erreichen. Die phänomenologische Zuordnung von Ermittlungskomplexen im Rahmen der Organisierten Kriminalität im Bundeslagebild des Bundeskriminalamtes erfolgt in insgesamt 15 Kriminalitätsbereichen. Eine weitere Aufteilung dieser Betrachtungsebene – insbesondere vor dem Hintergrund der bundesweit niedrigen Fallzahlen im Phänomenbereich „Schutzgelderpressung“ – liegt nicht im Interesse der mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität befassten Dienststellen. Durch den Senat wird daher keine gesonderte Darstellung des Phänomens Schutzgelderpressung im Bundeslagebild Organisierte Kriminalität angestrebt. Darüber hinaus wird die bestehende Rechtslage im Zusammenhang mit dem § 253 Abs. 4 StGB – insbesondere der dort geregelte Strafrahmen –als ausreichend angesehen. 7. Wie viele Personen haben sich in der Zeit von 2010 bis 2018 an die Polizei Berlin und deren Fachdienststellen gewandt, um auf Fälle von Schutzgelderpressung aufmerksam zu machen? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 7.: Die Ansprechstelle für Opfer von Schutzgelderpressungen im LKA 413 wurde seit ihrer organisatorischen Anbindung in diesem Kommissariat im Jahr 2014 noch nicht in Anspruch genommen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung zu Frage 3 verwiesen. 8. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden in der Zeit von 2010 bis 2018 aufgrund von Verdachtsfällen im Bereich der Schutzgelderpressung in Berlin durchgeführt? (Aufstellung erbeten.) Zu 8.: Auf die Daten der PKS für die Jahre 2010 bis 2017 (Antwort zu Frage 2) wird verwiesen. Die Daten für 2018 werden mit der Veröffentlichung der PKS in 2019 bekanntgegeben. 9. Wie viele Verurteilungen gab es in der Zeit von 2010 bis 2018 in Zusammenhang mit Schutzgelderpressung im Land Berlin? Zu 9.: Durch die Staatsanwaltschaft Berlin erfolgt keine gesonderte statistische Erfassung der Ermittlungsverfahren, die eine der Frage entsprechende Eingrenzung ermöglichen würde. Berlin, den 03. Mai 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14761 S18-14761a