Drucksache 18 / 14 764 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 17. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2018) zum Thema: Faktencheck – Debatte in 21. Plenarsitzung zum AfD-Antrag „Änderung der Hinweise für Beteiligungen des Landes Berlin an Unternehmen“ (Drs. 18/0765 Neu) – Redebeitrag FDP und Antwort vom 03. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/3 Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Dr. Kristin Brinker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 14 764 vom 17. April 2018 über Faktencheck – Debatte in 21. Plenarsitzung zum AfD-Antrag „Änderung der Hinweise für Beteiligungen des Landes Berlin an Unternehmen“ (Drs. 18/0765 Neu) – Redebeitrag FDP ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Die AfD wollte mit dem Antrag eine „Änderung der Hinweise für Beteiligungen des Landes Berlin an Unternehmen (Drs. 18/0765 Neu)“ dahingehend erreichen, dass den Beteiligungsunternehmens vorgeschrieben wird, prinzipiell eine Prüfungsvereinbarung mit dem Rechnungshof zu vereinbaren. Bislang „können“ die Beteiligungsunternehmen dies tun, wenn sie es wollen („freiwillige Prüfungsvereinbarung “). 1 Daher bestand der AfD-Antrag schlicht darin aus der KANN-Bestimmung in den „Hinweisen für Beteiligungen des Landes Berlin an Unternehmen“ soll SOLL-Bestimmung zu machen („die Gesellschaft kann soll mit dem Rechnungshof eine Vereinbarung nach § 104 Abs. 1 Nr. 3 LHO treffen“). 2 Am 25.01.18 wurde der Antrag im Plenum diskutiert. 3 Marcel Luthe von der FDP führte in seiner Rede aus: „Zunächst ist die grundsätzliche Stoßrichtung des Antrags sicherlich richtig: Mehr Kontrolle kann nicht schaden! […] Die Frage ist allerdings – und das, liebe Kollegin Frau Dr. Brinker, kann ich nicht nachvollziehen –, warum Sie das mit diesem Antrag in dieser Form versuchen, denn das, was Sie damit erreichen wollen, haben wir längst. […] In § 104 Abs. 1 Nr. 2 Landeshaushaltsordnung haben wir […] bereits die Regelung, dass der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Person des privaten Rechts prüft, wenn sie von Berlin oder einer von Berlin bestellten Person allein oder überwiegend verwaltet werden. 1 Insbesondere die Wohnungsbaugesellschaften lehnen seit Jahrzehnten Betriebsprüfungen durch den Berliner Rechnungshof ab bzw. gehen keine freiwilligen Prüfungsvereinbarungen ein. 2 https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-0765%20Neu.pdf 3 Plenarprotokoll der 21. Sitzung, S. 2376f; https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/protokoll/plen18-021-pp.pdf 2/3 Was heißt das? – Von einer von Berlin bestellten Person werden sie jedenfalls immer dann überwiegend verwaltet, wenn die Geschäftsführung durch Mehrheitsbeschluss, nämlich der Berliner Mehrheit, eingesetzt wird, was wiederum heißt: Alle unmittelbaren Mehrheitsbeteiligungen des Landes Berlin fallen bereits unter die Regelung des § 104 Abs. 1 Nr. 2 Landeshaushaltsordnung und sind durch den Rechnungshof bereits jetzt zu prüfen.“ 4 Dazu stellen sich folgende Fragen: 1. Folgt der Senat der Rechtsauffassung des Dipl.-Kfm. Marcel Luthe, dass der Landesrechnungshof bereits jetzt (ohne es zu wissen 5 ) Beteiligungsunternehmen in der Gesellschaftsform „juristische Person des privaten Rechts“ – also beispielsweise die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH – auch gegen den Willen der entsprechenden Gesellschaft – also ohne freiwillige Prüfungsvereinbarung – prüfen darf? Zu 1.: Es steht dem Senat von Berlin nicht zu, Aussagen von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses von Berlin in dessen Sitzungen zu kommentieren. Dies obliegt der parlamentarischen Diskussion. Das Prüfungsrecht des Rechnungshofes in Bezug auf privatrechtliche Beteiligungen ergibt sich aus § 92 Landeshaushaltsordnung (LHO), der wie folgt lautet: „Der Rechnungshof prüft die Betätigung Berlins bei Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an denen Berlin unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze.“ Ziel der Prüfung des Rechnungshofes ist in der Regel die Betätigung Berlins bei Unternehmen der privaten Rechtsform (§ 92 LHO), also letztlich die Beteiligungsführung und nicht die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Unternehmens selbst. Dem Rechnungshof stehen umfangreiche Prüfungsbefugnisse zur Verfügung, so erhält er nach § 69 LHO von der Beteiligungsverwaltung - alle Unterlagen, die dem Land als Aktionär/ Gesellschafter zugänglich sind, - Aufsichtsratsunterlagen sowie Berichte der Aufsichtsratsmitglieder, - Sitzungsprotokolle, - Berichte des Abschlussprüfers, einschließlich der - Berichte über die erweiterte Abschlussprüfung nach § 53 Haushaltsgrundsätzegesetz (Fragenkatalog zur Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung für Mehrheitsbeteiligungen von Gebietskörperschaften) und - vertrauliche Bezügeberichte. Der Rechnungshof ist regelmäßig nach den Satzungsbestimmungen der Beteiligungsgesellschaften befugt, sich - im Hinblick auf die Prüfung der staatlichen Betätigung - bei privatrechtlichen Unternehmen nach § 54 Haushaltsgrundsätzegesetz unmittelbar zu unterrichten und zu diesem Zweck den Betrieb, die Bücher und die Schriften eines Unternehmens einzusehen. Gesetzliche Prüfungsbefugnisse des Rechnungshofs zur gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung eines Unternehmens bestehen nach § 91 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 4 LHO nur gegenüber solchen juristischen Personen des Privatrechts, die u.a. nicht im Wettbewerb stehen. 4 Ebenda. 5 Vgl. Tagesspiegel, 24.01.18, Berliner Schulbau Vor Schattenhaushalten wird gewarnt; https://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/berlinerschulbau -vor-schattenhaushalten-wird-gewarnt/20874644.html 3/3 Gem. § 104 Abs. 1 Nr. 2 LHO prüft der Rechnungshof „die Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Personen des privaten Rechts“, wenn sie von Berlin oder einer von Berlin bestellten Person allein oder überwiegend verwaltet werden“. Dafür ist eine Bestellung im gesellschaftsrechtlichen Sinne nicht ausreichend. Ohne Zustimmung des Beteiligungsunternehmens kann eine Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung nur in den in § 104 Abs. 1 Nrn. 1,2 und 4 LHO genannten Tatbeständen erfolgen. 2. Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Die Auslegung des Senats entspricht Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie wird in der Fachliteratur geteilt, vergleiche dazu etwa von Lewinski/ Burbat in Bundeshaushaltsordnung § 104 Rn. 1-8 mit weiteren Nachweisen. 3. Wenn ja, wie verhält sich diese Senatsmeinung mit der herrschenden Rechtsauffassung gemäß Schwarz in Gröpl, Kommentar BHO/LHO Staatliches Haushaltsrecht 6 , § 104 Abs. 1 Nr. 2, Rn. 5? Dort heißt es: „Die an § 88 I Nr. 4 RHO angelehnte Regelung verlangt eine Verwalterbestellung unmittelbar durch den Bund [respektive das Land]; nicht ausreichend – weil nicht unmittelbar […] erfolgt – ist dagegen , dass der Vorstand einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH durch den Aufsichtsrat bzw. eine Gesellschafterversammlung bestellt werden, in der der Bund [respektive das Land] einen beherrschenden Einfluss hat […].“ Zu 3.: Siehe Antwort zu 2. Berlin, den 03.05.2018 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen 6 Gröpl (2011): „Kommentar BHO/LHO Staatliches Haushaltsrecht“, Verlag C.H. Beck München. S18-14764 S18-14764a