Drucksache 18 / 14 772 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fadime Topaç (GRÜNE) vom 16. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. April 2018) zum Thema: Nach der Schule weiterhin automatisch in die Werkstatt? Umsetzung des Landeskonzepts Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Antwort vom 27. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Fadime Topaç (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14772 vom 16. April 2018 über Nach der Schule weiterhin automatisch in die Werkstatt? Umsetzung des Landeskonzepts Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Im Jahr 2015 vom Berliner Senat beschlossenen „Landeskonzept Berufs- und Studienorientierung Berlin“ heißt es: „Bei der Berufs- und Studienorientierung ist insgesamt sowohl auf eine geschlechterreflektierte als auch auf eine interkulturelle Ausgestaltung der Prozesse zu achten. Dabei werden auch die besonderen Bedürfnisse behinderter oder von Behinderung bedrohter Schülerinnen und Schüler berücksichtigt.“ (S. 5) „In der Jugendberufsagentur werden die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter sowie die Berater der Jugendberufshilfe und der beruflichen Schulen alle Jugendlichen bei ihrem Übergang ins Berufsleben unterstützen… Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie die Beachtung der UN-Behindertenrechtskonvention sind grundsätzliche Leitprinzipien des Landeskonzepts.“ (S. 8) „Es ist erforderlich, auch nach einer Beendigung der Förderung… (der Initiative Inklusion – die Verfasserin)… durch die Bundesregierung, schwerbehinderten Schülerinnen und Schülern eine auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Berufsorientierung anzubieten.“ (S. 10) „Dem Lernort Betrieb in den Unternehmen kommt ein besonderes Gewicht zu, so dass Betriebspraktika im Rahmen einer systematischen Berufs- und Studienorientierung besonders zu berücksichtigen sind, die sich an den betrieblichen Bedarfen orientieren. Auf eine geschlechterreflektierende, interkulturelle und diskriminierungsfreie Gestaltung der Praktika und Betriebskontakte ist hinzuwirken.“ (S. 12) 1. Durch welche Maßnahmen innerhalb der Berufs- und Studienorientierung werden die besonderen Bedürfnisse behinderter und von Behinderung bedrohter Schülerinnen und Schüler berücksichtigt? Welche Maßnahmen und Angebote nutzen die Schülerinnen und Schüler mit Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne Behinderung? (Bitte nach Schulklassen aufschlüsseln.) 2 Zu 1.: Schulische Angebote zur Berufs- und Studienorientierung gelten grundsätzlich für alle Schülerinnen und Schüler mit oder ohne Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf und werden gegebenenfalls von den verantwortlichen Lehrkräften individuell an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst. Für die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden darüber hinaus von den Lehrkräften individuelle Förderpläne erstellt, die gegebenenfalls Hinweise zur Berufs- und Studienorientierung enthalten. Es werden keine entsprechenden Daten über diese individuellen Maßnahmen erhoben. 2. Gibt es Unterschiede in den Angeboten der Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf in Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt, Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien? Zu 2.: Die Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung obliegt den einzelnen Schulen. Dadurch ergeben sich Unterschiede, die jedoch nicht schulartbezogen sind. An Gymnasien beginnt die Berufs- und Studienorientierung ab Jahrgangsstufe 8. Weitere grundsätzliche Unterschiede zwischen den Schularten bestehen nicht. 3. Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote erhalten Schülerinnen und Schüler mit drohender) Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf von den Jugendberufsagenturen? (Bitte nach Förderschwerpunkten getrennt aufschlüsseln.) Zu 3.: Zielgruppe der Jugendberufsagentur Berlin (JBA) sind alle jungen Menschen, die in der Regel das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, am Übergang von der Schule in das Berufsleben stehen und ihren Wohnsitz in Berlin haben. Diese Phase des Übergangs ist mit Erzielen eines erfolgreichen Berufsabschlusses beendet. Bei jungen Menschen mit Behinderung gilt insbesondere der Inklusionsgedanke im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention. Somit ergeben sich für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung Zugänge zur Jugendberufsagentur Berlin, auch über die im Landeskonzept für Berufs- und Studienorientierung vorgesehenen Verfahren der Berufs- und Studienorientierung, die explizit alle Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf einschließen. Dabei ergeben sich äußerst vielfältige Förderschnittstellen, die berücksichtigt werden müssen. In der Arbeit der Standorte der Jugendberufsagentur Berlin ist gewährleistet, dass alle Jugendlichen, die mit besonderen Förderbedarfen die allgemeinbildende Schule verlassen oder verlassen werden, Beratung und Unterstützung erhalten. Schwerbehinderte Jugendliche ohne festgestellten Bedarf an rehaspezifischen Leistungen werden in der JBA beim Übergang von der Schule in den Beruf betreut. Die Betreuung jugendlicher Rehabilitanden wird voll umfänglich bei festgestelltem rehaspezifischem Teilhabebedarf in den Reha-Teams in den Agenturen für Arbeit sichergestellt. Dieses gilt auch für Jugendliche, bei denen im Rahmen der Beratung 3 in der JBA oder durch das BSO-Team (Team für Berufs- und Studienorientierung) ein Teilhabebedarf festgestellt wird. Eine statistische Aufschlüsselung nach sonderpädagogischen Förderschwerpunkten ist nicht möglich, da entsprechende Daten nicht erhoben werden. 4. Wie hoch war der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt im Schuljahr 2016/2017, die den Lernort Betrieb für ein oder mehrere Betriebspraktika nutzten? (Bitte nach sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und Jahrgangsstufen getrennt aufschlüsseln.) 5. Wie hoch war der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf aus Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien im Schuljahr 2016/2017, die den Lernort Betrieb für ein oder mehrere Betriebspraktika nutzten? (Bitte nach sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und Jahrgangsstufen getrennt auflisten.) Zu 4. und 5.: Dazu werden keine Daten erhoben. 6. Werden die Eltern bzw. Sorgeberechtigten der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf anders in die Berufs- und Studienorientierung eingebunden als bei Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf? Wenn ja, welche Unterschiede gibt es? Zu 6.: Die sogenannte Elternbeteiligung an der Berufs- und Studienorientierung ist für die Sorgeberechtigten freiwillig und unterliegt damit individuellen Schwankungen, die im Grundsatz nicht von einem sonderpädagogischen Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler abhängig sind. Die konkrete Ausgestaltung der Elternarbeit obliegt den einzelnen Schulen. Dazu werden keine Daten erhoben. 7. Integrationsfachdienste werden im Landeskonzept Berufs- und Studienorientierung als Unterstützungsangebote für Schulen benannt. Welche Rolle spielten im Schuljahr 2016/17 und spielen im Schuljahr 2017/2018 die Integrationsfachdienste konkret innerhalb der Berufs- und Studienorientierung an Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt, Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien? (Bitte mögliche Unterstützungsangebote und Kooperationen getrennt nach Schularten auflisten.) Zu 7.: Im Rahmen der durch Bundesmittel finanzierten Initiative Inklusion waren im Schuljahr 2016/2017 Integrationsfachdienste an allgemeinbildenden Schulen mit einer Sekundarstufe I für Schülerinnen und Schüler mit Schwerbehinderungen tätig. Die Aufgabenbereiche der Integrationsfachdienste umfassten vorwiegend die Beteiligungen an Kompetenzanalysen, Teilnahme an Berufswegekonferenzen, der Akquise von Praktikumsplätzen sowie dem Aufzeigen beruflicher Perspektiven. 160 Schülerinnen und Schüler an Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt und 70 Schülerinnen und Schüler in integrativer Beschulung wurden auf diese Art im Schuljahr 2016/2017 betreut. 4 Die Integrationsfachdienste sind seit dem Auslaufen der Initiative Inklusion zum Schuljahr 2017/2018 nicht mehr an den allgemeinbildenden Schulen tätig. Berlin, den 27. April 2018 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie S18-14772 S18-14772