Drucksache 18 / 14 797 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sebastian Walter und Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 18. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. April 2018) zum Thema: Stand der Rehabilitierung und Entschädigung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexuellen Handlungen verurteilten Personen im Land Berlin und Antwort vom 03. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (Bündnis 90/Die Grünen) und Frau Abgeordnete Anja Kofbinger (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14797 vom 18. April 2018 über Stand der Rehabilitierung und Entschädigung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexuellen Handlungen verurteilten Personen im Land Berlin -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Am 22. Juli 2017 ist das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) in Kraft getreten. Wie viele Anträge, ob und gegebenenfalls inwieweit ein konkretes Urteil aufgehoben wurde, sind bei der Generalstaatsanwaltschaft bzw. Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich gestellt worden? Zu 1.: Bei der Staatsanwaltschaft Berlin sind bis zum 24. April 2018 seit Inkrafttreten des Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen vom 17. Juli 2017 (StrRehaHomG) zwölf Anträge auf Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung nach § 3 Abs. 1 StrRehaHomG eingegangen. In einem Fall betraf der Antrag zwei Verurteilungen . Von den eingegangen Vorgängen wurde jeweils ein Vorgang nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StrRehaHomG an die Staatsanwaltschaften Rostock und Bochum zur weiteren Bearbeitung abgegeben. 2. Durch wen wurde die Feststellung der Aufhebung der Urteile beantragt? Bitte aufschlüsseln nach Antragsberechtigten: - durch die verurteilte Person - nach deren Tod durch: ihren Ehegatten oder ihre/-n Lebenspartner/-in; die Person, mit der sie ein Verlöbnis oder ein Versprechen eingegangen war, eine Lebenspartnerschaft zu begründen; ihre Eltern, Kinder oder Geschwister. Zu 2.: Die Anträge wurden ausnahmslos von verurteilten Personen gestellt. 3. Wie viele Anträge erreichten die Generalstaatsanwaltschaft bzw. Staatsanwaltschaft Berlin… - aufgrund örtlicher Zuständigkeit, weil das aufgehobene Urteil im ersten Rechtszug von einem Berliner Gericht erlassen wurde? - weil sich die zuständige Staatsanwaltschaft nicht bestimmen lässt und die antragsstellende Person ihren Wohnsitz in Berlin hat? - weil die antragstellende Person ihren Wohnsitz im Ausland hat und sich nicht mehr sagen lässt, welches Gericht das Urteil ausgesprochen hat? 2 Zu 3.: Soweit die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Berlin gegeben war, war dies ausschließlich der Fall, weil das aufgehobene Urteil von einem Berliner Gericht erlassen worden war. 4. Wie viele der eingereichten Anträge führten zur Ausstellung einer Rehabilitierungsbescheinigung? Zu 4.: Von den verbleibenden zehn Anträgen wurden neun beschieden; in einem Fall erfolgte eine erbetene Glaubhaftmachung der Verurteilung nicht mehr, weil der Antragsteller zwischenzeitlich verstorben war. In acht der neun beschiedenen Vorgänge wurden Rehabilitierungsbescheinigungen gemäß § 3 Abs. 1 StrRehaHomG erteilt. 5. Wie viele der eingereichten Anträge führten zur Feststellung einer teilweisen Rehabilitierung? Welche Gründe lagen vor, wenn keine vollständige Rehabilitierung anerkannt wurde? Bitte nach Gründen aufschlüsseln . Zu 5.: In zwei Fällen erfolgte die Feststellung einer teilweisen Rehabilitierung, weil in dem zugrundeliegenden Urteil neben § 175 des Strafgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung eine Verurteilung auch wegen weiterer Delikte erfolgt ist. 6. Wie viele der eingereichten Anträge wurden abgelehnt? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Gründen der Ablehnung. Zu 6.: In einem Fall wurde die Erteilung abgelehnt, nachdem auch auf wiederholte Nachfrage und Mitteilung von Hilfsangeboten keine Glaubhaftmachung oder sonstige Reaktion erfolgte. 7. Welche konkreten Kriterien werden bei der Antragsprüfung berücksichtigt? Bitte aufschlüsseln. Zu 7.: Die Prüfung der Anträge erfolgt ausschließlich im Hinblick darauf, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung glaubhaft gemacht werden , namentlich ob eine Verurteilung wegen einer der in § 1 Abs. 1 StrRehaHomG genannten Norm erfolgt ist. 8. Wie lange dauert im Schnitt die Bearbeitung eines Antrags zur Ausstellung einer Rehabilitierungsbescheinigung ? Zu 8.: Statistische Erhebungen liegen dazu nicht vor. Durchschnittlich wird ein Antrag innerhalb von drei bis vier Monaten beschieden. 9. Welche Kosten entstehen für die antragsstellende Person zur Erlangung einer Rehabilitierungsbescheinigung ? Zu 9.: Entsprechend § 3 Abs. 6 StrRehaHomG werden keine Kosten von der Staatsanwaltschaft Berlin erhoben. 10. Hat der Senat Kenntnis, wie viele Berliner*innen seit dem Inkrafttreten des StrRehaHomG beim Bundesamt für Justiz eine Entschädigung beantragt haben? Wie viele dieser Anträge wurden positiv beschieden ? Wie viele der eingereichten Anträge wurden abgelehnt? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Gründen der Ablehnung. Zu 10.: Insoweit liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 3 11. Sieht der Senat nach den vorliegenden Erfahrungen Handlungsbedarf für eine Reformierung oder Erweiterung des StrRehaHomG - insbesondere im Hinblick auf die eng gefassten Entschädigungsregelungen und im Hinblick auf Personengruppen, die allein aufgrund von Ermittlungsverfahren der Strafverfolgungsbehörden oder trotz eines Freispruchs eine Vernichtung ihrer sozialen Existenz erfuhren? Zu 11.: Der Senat von Berlin sieht Nachbesserungs- und Ergänzungsbedarf beim StrRehaHomG. Der konkrete Umfang wird derzeit ermittelt und abgestimmt. Berlin, den 3. Mai 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-14797 S18-14797