Drucksache 18 / 14 805 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Taschner (GRÜNE) vom 23. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. April 2018) zum Thema: Nachfragen zum Forschungsvorhaben einer Berliner Wissenschaftsgruppe zum Gesangsverhalten von Nachtigallen und Antwort vom 09. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Dr. Stefan Taschner (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14 805 vom 23. April 2018 über Nachfragen zum Forschungsvorhaben einer Berliner Wissenschaftsgruppe zum Gesangsverhalten von Nachtigallen ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann wurde der Antrag zur EU-Förderung für den Tierversuch an Nachtigallen gestellt? Zu 1.: Der Antrag zur EU-Förderung wurde am 18. Oktober 2016 gestellt. 2. Wann wurden die EU-Fördergelder für den Nachtigallen-Versuch ausgereicht? Zu 2.: Nach Kenntnis des Senats wurde eine Förderung des Projekts im Juli 2017 in Aussicht gestellt und Ende August 2017 formal bewilligt. 3. Treffen Informationen zu, dass vor Ausreichung der EU-Fördermittel die Genehmigungen für den Tierversuch vorgelegt werden müssen? Zu 3.: Bei Beantragung und für die formale Bewilligung muss ein Plan vorgelegt werden, der diverse „Ethics“-Fragen adressiert. Die ERCEA (Exekutivagentur, die die Mittel bewilligt ) erstellt daraufhin einen Ethics Summary Report mit „Deliverables“ (Ergebnissen, die zu bestimmten Zeitpunkten vorgelegt werden müssen). Kopien der Genehmigung der Tierversuche müssen danach zwölf Monate nach Projektbeginn vorgelegt werden. 4. Treffen Informationen zu, dass die Entnahme von Nachtigallen aus der Natur in der tierversuchsrechtlichen Genehmigung durch das LaGeSo abgelehnt wurde und es nicht möglich ist, alle für den Tierversuch benötigten Nachtigallen von Vogelzüchtern zu erwerben? Wenn dem so ist, welche Genehmigungen wurden für die Bewilligung der EU-Fördergelder vorgelegt? Zu 4.: Im Rahmen eines tierschutzrechtlichen Verfahrens zur Genehmigung eines Tierversuchs prüft und entscheidet das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) auf Antrag darüber, ob für den beabsichtigten Versuchszweck die Verwendung von Tieren erforderlich ist. Im vorliegenden Fall hatte das LAGeSo eine tierschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Verwendung von Tieren, die aus der Natur entnommen wurden, nicht erteilt, da eine solche Ausnahmegenehmigung nicht beantragt wurde. Für die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung der Entnahme von Tieren aus der Natur ist das LAGeSo nicht zuständig und kann eine solche Genehmigung nicht er- 2 teilen. Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen ist es nicht möglich, alle für den Tierversuch benötigten Nachtigallen von Vogelzüchtern zu erwerben. Für die Bewilligung der EU-Fördergelder wurde lediglich ein Plan zur Erfüllung der „Ethics“-Anforderungen sowie der Nachweis der Beantragung der relevanten Genehmigungen angefordert. Da zu diesem Zeitpunkt bereits eine Genehmigung zur Vornahme von Tierversuchen vom LAGeSo vorlag, wurde diese der ERCEA zur Kenntnis gegeben. 5. Treffen Informationen zu, dass es sich um einen Versuch in der Grundlagenforschung handelt und wenn ja, welche Begründung gibt es dafür, dass dieser Tierversuch an Nachtigallen zu einem Erkenntnisgewinn über den Autismus führen soll, obwohl das menschliche Hirn sowohl in seiner Struktur als auch Funktion keine Gemeinsamkeiten mit einem Vogelhirn hat? Zu 5.: Gemäß den Angaben der antragstellenden Person im Genehmigungsantrag dient das Tierversuchsvorhaben der Grundlagenforschung. Grundlagenforschung ist gemäß § 7a Abs. 1 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) ein legitimer Versuchszweck. Laut antragstellender Person sollen grundlegende neurobiologische Koordinationsprozesse im Gehirn untersucht werden und die neuronalen Mechanismen aufgedeckt werden, die es dem Gehirn erlauben, Vokalisation aufzunehmen, zu imitieren und auf diese zu reagieren . Bei autistischen Kindern ist die Fähigkeit, interaktive Gespräche zu führen, eingeschränkt bzw. bis hin zu nicht existent (Literatur: Prizant, 1996). Die Gehirnstrukturen von Singvögeln und Säugetieren weisen laut der antragstellenden Person mehr Ähnlichkeiten auf als früher angenommen (Literatur: Brainard & Doupe, 2002; Jarvis et al., 2005). 6. Treffen Informationen zu, dass die Tierversuchskommission eine Ablehnung des Antrages empfohlen hat, und wenn ja, mit welcher Begründung hat sich die Genehmigungsbehörde über diese Ablehnung hinweggesetzt ? Zu 6.: Nein. 7. Vor dem Hintergrund der presseöffentlichen Äußerungen einer der Forscher*innen, dass die Nachtigallen durch ihren Versuch keine Schmerzen erleiden würden, frage ich: hat sich etwas geändert an der Einschätzung der Genehmigungsbehörde, wonach es sich um einen Versuch mit einer mittleren Belastung handelt, also um einen Versuch bei dem per Definition Eingriffe und Handlungen durchgeführt werden, die eine mittelgradige, kurzfristige oder eine leichte, mittel- bis langfristige Belastung bewirken (Schmerzen, Leiden, Schäden, schwere Angst oder erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens)? Zu 7.: Die antragstellende Person hat das Versuchsvorhaben aufgrund der für die Vögel entstehenden Schmerzen, Leiden bzw. Schäden bei der Antragstellung im Jahr 2017 selbst als mittel belastend eingestuft. Diese Einschätzung wurde vom LAGeSo geteilt und hat sich seitdem auch nicht geändert. Berlin, den 9. Mai 2018 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-14805 S18-14805