Drucksache 18 / 14 863 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 26. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. April 2018) zum Thema: Rechtsextreme Strukturen in der Berliner Sportszene und Antwort vom 09. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hakan Taş (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 14863 vom 26. April 2018 über Rechtsextreme Strukturen in der Berliner Sportszene ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Berliner Sportvereinen sind dem Senat rechtsextreme Strukturen in der Fanszene bekannt (bitte nach Verein und Sportart aufschlüsseln)? Zu 1.: Dem Senat sind Rechtsextremisten bekannt, die regelmäßig als Angehörige von Fangruppen Sportveranstaltungen besuchen. Allerdings liegen keine Erkenntnisse über Fan-Gruppierungen vor, die ausschließlich aus Rechtsextremisten bestehen oder durch diese gesteuert werden. Zu Mitgliedern Berliner Sportvereine werden grundsätzlich keine Daten erhoben und gespeichert. Mit der Datei „Szenekunde Sport“ hat die Polizei Berlin jedoch die Möglichkeit Personen zu erfassen, die als Beschuldigte von Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen in Erscheinung getreten oder solch einer Straftat verdächtig sind. Des Weiteren werden dort Personen erfasst, die als Gefahrverursacherinnen und Gefahrverursacher gemäß § 13 des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Berlin (ASOG) gelten. In dieser Datei erfolgt jedoch keine Erfassung von Informationen zur politischen Orientierung sowie über die Zugehörigkeit zu Parteien und Organisationen, so dass sich hieraus keine Aussagen zu Strukturen im Sinne der Anfrage ableiten lassen. Insgesamt ist die aktive Berliner Fanszene vereinsübergreifend überwiegend unpolitisch. In den zurückliegenden Jahren sind keine Hinweise zu rechtsextremistischen Bestrebungen in den Berliner Sport- und Fußballszenen bekannt geworden. Im Rahmen eines Mediationsprojekts der Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit dem Fußballclub BFC Dynamo, der Stadionverwaltung im Sportforum Berlin, der örtlich zuständigen Polizei und dem Fanprojekt Berlin kam es zwischen 2012 und 2014 zu mehreren Spielbeobachtungen, insbesondere bei sogenannten Seite 2 von 3 Risikospielen. Dabei wurden immer wieder auch Personen aus der Fanszene des Vereins beobachtet, die aufgrund ihrer (nicht verbotenen) Kleidung und körperlichen Erscheinungsbilder (wie einschlägige Tattoos) der rechten Szene zuzuordnen waren. Feste rechtsextreme Strukturen innerhalb der Fanszene waren jedoch nicht erkennbar. Es ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich im Bereich der gewaltgeneigten und gewaltsuchenden Fußball-Fans Überschneidungen zur rechtsextremen Szene gibt, ohne dass damit eine strukturelle Bindung einhergeht. In wie fern sich der begrenzte Anteil an rechtsorientierten Fans des BFC Dynamo seit 2014 verändert hat oder überhaupt noch besteht, ist hier nicht bekannt. Andere durch rechte Szenen belastete Berliner Fußballvereine oder Vereine in anderen Sportarten sind dem Senat nicht bekannt. 2. Was unternimmt der Senat, Berliner Sportvereine im Profi- und Freizeitbereich gegen rechtsextreme Strukturen in ihren Fanszenen zu unterstützen? Zu 2.: Mit dem Projekt Diversity und Vielfalt im Amateurfußball des Berliner Fußball- Verbandes (BFV), das von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt seit mehreren Jahren gefördert wird, sollen Respekt, Wertschätzung und Fairplay, unabhängig von Geschlecht, Religion, Rasse, Nationalität, ethnischer Herkunft, Weltanschauung, sexueller Orientierung, Alter und Behinderung vermittelt werden. Den Amateurvereinen werden durch den BFV Kurse, Seminare und Workshops angeboten, in denen diese Themen behandelt werden. Hierdurch werden Spieler, Trainer, aber auch Fans sensibilisiert. Der Lesben- und Schwulenverband Berlin (LSVD) erhält Fördermittel der Landeskommission Berlin gegen Gewalt für das Projekt Fußball und sexuelle Vielfalt. Ziel dieses Projekts ist die Sensibilisierung von Spielern, Multiplikatoren und Fußballbegeisterten. Beim jährlich stattfindenden Fachtag „Vereine stark machen für Vielfalt im Fußball“ werden Workshops durchgeführt, in denen aktuelle Themen behandelt werden. Am diesjährigen Fachtag im November 2018 soll ein Workshop zum Thema Radikalisierung (links, rechts, islamistisch) angeboten werden. Das Projekt „Seitenwechsel“ des Fanprojekts der Sportjugend Berlin thematisiert Gewaltfaszination, Gewalterfahrung und Gewaltprävention in jugendlichen Lebenswelten. Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll ein Perspektivwechsel ermöglicht werden. Es finden politische Bildungsangebote statt. Der Senat unterstützt zudem seit Jahren, in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Institutionen, insbesondere dem Berliner Fußball-Verband Projekte und Kampagnen der Berliner Fußballvereine gegen rechtsextreme Strukturen in ihren Fanszenen. Beispielhaft dafür stehen Die Unterstützung der vereins- und länderübergreifende Fan-Initiative "FUSSBALL-FANS GEGEN RECHTS", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen Zusammenschluss von Fans, allen Vereinen und der gesamten Öffentlichkeit gegen den aktuell wachsenden Rechtsextremismus zu erwirken. Die Kampagne der Initiative "FUSSBALL-FANS GEGEN RECHTS - Kampf um die Kurve – Rechtsextremismus und Fußball“. Lokale Aktionspläne für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Seite 3 von 3 Qualifizierung von Multiplikatoren aus relevanten Fanorganisationen, Verbänden und Vereinen durch Schulungen in den Vereinen und durch die Fanbeauftragten in den Fan-Projekten. In den regelmäßigen Sitzungen des in Berlin seit 2007 tätigen Örtlichen Ausschuss Sport und Sicherheit (ÖASS) bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird neben dem Hauptthema Gewalt im Fußball auch das Thema Rechtsextremismus behandelt. Generelles Ziel der Arbeit des ÖASS ist es, Gewaltentwicklungen im Zusammenhang mit Fußballspielen, zu denen auch rechtsradikales Agieren einzelner Fanszenen gehören kann, frühzeitig durch nachhaltige, auf langfristige Wirkung gerichtete, gesamtgesellschaftliche, vernetzte Präventionsmaßnahmen konsequent entgegenzuwirken. Die Zusammenarbeit aller im ÖASS vertretenen Behörden und betroffenen Institutionen erfolgt dabei durch Institutionalisierung und Koordinierung auf lokaler Ebene. In Berlin bestehen zwei Fanprojekte, die im Rahmen ihrer Jugendsozialarbeit auch Präventionsmaßnahmen und Projekte gegen Rechtsextremismus behandeln, u. a. bei jährlichen Fahrten zu Gedenkstätten im In- und Ausland. Die Finanzierung des „Fanprojekts Berlin“ und des Fanprojekts „Fanprojekt Streetwork Alte Försterei“ erfolgt über die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Das „Fanprojekt Berlin“ der Sportjugend Berlin hat für das laufende Haushaltsjahr eine Zuwendung in Höhe von 209.438 € beantragt. Die Zuwendungsförderung für das Fanprojekt „Streetwork Alte Försterei“ beläuft sich auf 120.000 €. Der Berliner Verfassungsschutz bietet mit Publikation und Vortragsveranstaltungen allgemeine Aufklärung zum Thema Rechtsextremismus an. Berlin, den 09. Mai 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14863 S18-14863