Drucksache 18 / 14 907 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Karsten Woldeit (AfD) vom 02. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2018) zum Thema: Wieder eine unangemeldete Versammlung? und Antwort vom 18. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Karsten Woldeit (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14907 vom 02. Mai 2018 über Wieder eine unangemeldete Versammlung? ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Der Presse war am 02.05.2018 zur Revolutionären 1. Mai Demonstration zu entnehmen: „Die Demo startete um kurz nach 18 Uhr mit rund 1500 Teilnehmern am Oranienplatz in Berlin- Kreuzberg. In dem Protestzug linker und linksextremer Gruppen waren zahlreiche in Schwarz gekleidete und vermummte Demonstranten mitgelaufen. Wie im Vorjahr war die Demonstration nicht angemeldet worden.“ 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im Zeitraum 2013 bis einschließlich 2017 aufgrund unangemeldeter Versammlungen eingeleitet? Bitte getrennt nach Jahren beantworten. Zu 1.: Die Durchführung einer unangemeldeten öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel stellt nach § 26 Nr. 2 Versammlungsgesetz (VersammlG) eine Straftat dar. Eine Differenzierung der Antwort zwischen § 26 Nr. 1 (Fortsetzen oder Durchführen einer öffentlichen Versammlung trotz vollziehbaren Verbots, Auflösung oder Unterbrechung durch die Polizei) und § 26 Nr. 2 VersammlG ist nicht möglich. Ausweislich der Auswertungen des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden sind folgende Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen § 26 VersammlG bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingegangen: Jahr Js- Verfahren UJs- Verfahren 2013 71 24 2014 104 71 2015 114 48 2016 68 36 2017 77 82 Erläuterungen: Js-Verfahren = Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte UJs-Verfahren = Verfahren gegen Unbekannte Seite 2 von 4 2. Können die eingeleiteten Ermittlungsverfahren bestimmten Motivgruppen (z.B. links- oder rechtsmotivierte Versammlung) zugeordnet werden? Bitte nach Motivgruppen und Jahren beantworten. Zu 2.: Die eingeleiteten Ermittlungsverfahren können anhand des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden keinen bestimmten Motivgruppen zugeordnet werden. Zur Beantwortung wurden daher die polizeilichen Ermittlungsverfahren auf Grundlage des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) ausgewertet. Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren eingeleitet oder an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fallzahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Die Fälle der PMK unterliegen bis zum Abschluss der Ermittlungen - gegebenenfalls bis zum rechtskräftigen Gerichtsurteil - einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Es werden nur die Fälle gezählt, die gemäß den bundesweit verbindlichen Verfahrensregeln zur Erhebung von Fallzahlen im Rahmen des KPMD-PMK für Berlin statistisch zu zählen sind. Das Aktenverwaltungssystem der Strafverfolgungsbehörden und der KPMD-PMK unterscheiden sich in der Zählweise, so dass sich auch die jeweiligen Gesamtzahlen unterscheiden. In den Jahren 2013 bis 2017 wurden im Rahmen des KPMD-PMK insgesamt 585 Verstöße gegen § 26 VersammlG registriert. Diese verteilen sich auf die einzelnen Jahre und Phänomenbereiche wie folgt: 2013 2014 2015 2016 2017 PMK - rechts 6 7 7 6 10 PMK - links 44 49 31 32 106 PMK - AI 17 21 12 20 16 PMK - NZ 48 44 47 28 34 Gesamt 115 121 97 86 166 Erläuterungen: PMK - rechts Politisch motivierte Kriminalität - rechts PMK - links Politisch motivierte Kriminalität - links PMK - AI Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie PMK - NZ Politisch motivierte Kriminalität - nicht zuzuordnen 3. Wie viele dieser Verfahren führten zu einer Verurteilung? Bitte getrennt nach Jahren beantworten. Seite 3 von 4 Zu 3.: Ausweislich der Auswertungen des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden führten die Ermittlungsverfahren betreffend § 26 VersammlG zu folgenden Verurteilungen: Verurteilungen 2013 2014 2015 2016 2017 Erziehungsmaßregel (§ 9 JGG) 0 0 1 0 0 Strafvorbehalt (§ 59 StGB) 0 0 0 1 0 Geldstrafe 2 6 21 8 10 Erläuterungen: JGG = Jugendgerichtsgesetz StGB = Strafgesetzbuch 4. Wie viele dieser Verfahren wurden eingestellt? Was waren die Einstellungsgründe? Bitte getrennt nach Jahren und Einstellungsgrund beantworten. Zu 4.: Ausweislich der Auswertungen des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden wurden Ermittlungsverfahren betreffend § 26 VersammlG wie folgt eingestellt: Verfahrenseinstellung Js-Verfahren 2013 2014 2015 2016 2017 Endgültige Einstellung gemäß § 153 a StPO 1 1 0 0 1 Einstellungen gemäß § 153 Abs. 1 StPO 18 43 49 21 18 Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO 25 34 25 28 29 Einstellungen gemäß § 45 Abs. 1 JGG, § 153 StPO 0 1 2 0 0 Einstellung gemäß § 154 StPO 1 7 3 0 1 Erläuterung: StPO = Strafprozessordnung Verfahrenseinstellung UJs-Verfahren 2013 2014 2015 2016 2017 Einstellung 20 70 40 36 39 5. In Fällen einer Verurteilung, wie hoch war das durchschnittliche Strafmaß? Bitte getrennt nach Jahren beantworten. Zu 5.: Ausweislich der Auswertungen des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden stellt sich das Strafmaß wie folgt dar: Jahr Strafmaß betreffend § 26 VersammlG 2013 2 x Geldstrafe 2014 6 x Geldstrafe 2015 21 x Geldstrafe, 1 x Erziehungsmaßregel (§ 9 JGG) 2016 8 x Geldstrafe, 1 x Strafvorbehalt (§ 59 StGB) 2017 10 x Geldstrafe 6. Wie wird der Senat zukünftig mit unangemeldeten Versammlungen umgehen? Seite 4 von 4 Zu 6.: Die Anmeldung nach § 14 VersammlG soll sicherstellen, dass Versammlungen störungsfrei verlaufen können. Eine fehlende Anmeldung einer Versammlung führt dabei nicht automatisch zu einem Verbot oder einer Auflösung der Versammlung (vgl. BVerfGE 69, 315 „Brokdorf-Beschluss“). Vielmehr ist auch hier jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit ein behördliches Eingreifen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Ein Verbot oder eine Auflösung der Versammlung darf dabei nur letztes Mittel zur Abwehr eines drohenden Schadenseintritts sein. Die Durchführung einer unangemeldeten öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel stellt nach § 26 VersammlG eine Straftat dar. Die Polizei wird in diesen Fällen auch weiterhin konsequent ermitteln. Berlin, den 18. Mai 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14907 S18-14907