Drucksache 18 / 14 908 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) vom 16. April 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai 2018) zum Thema: Stellenbesetzung bei den Berliner Stadtwerken und Antwort vom 14. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Frau Abgeordnete Dr. Maren Jasper-Winter (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14908 vom 16. April 2018 über Stellenbesetzung bei den Berliner Stadtwerken ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist das Landesgleichstellungsgesetz (LGG) bei Einstellungen durch die Berliner Stadtwerke GmbH anwendbar? Zu 1.: Das LGG ist bei Einstellungen durch die Berliner Stadtwerke GmbH entsprechend anzuwenden. Dies ergibt sich aus § 1a Absatz 1 LGG, nach dem die Regelungen des LGG auf Unternehmen entsprechend anzuwenden sind, an denen das Land Berlin unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich beteiligt ist. 2. Welche Voraussetzungen sieht das LGG bei Einstellungen vor? Wann ist eine Ausschreibung notwendig ? Zu 2.: Da es sich bei der Berliner Stadtwerke GmbH um eine mittelbare Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin handelt, hat das Land Berlin sicherzustellen, dass die Regelungen des LGG dort entsprechend angewendet werden (vgl. § 1a LGG). Nach den Hinweisen zur Anwendung des Landesgleichstellungsgesetzes in den Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin, die gemeinsam von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie von der Senatsverwaltung für Finanzen erarbeitet wurden, bedeutet dies für Einstellungen folgendes: Entsprechend § 5 Abs. 1 LGG sind Stellen stets intern auszuschreiben. Eine Stelle ist zudem extern auszuschreiben, wenn eine Unterrepräsentanz von Frauen in dem betreffenden Bereich besteht und wenn die Einstellungsvoraussetzung für die Stelle mindestens eine erfolgreich abgeschlossene Diplom-Prüfung an einer Fachhochschule oder ein erfolgreich abgeschlossener, inhaltlich gleichwertiger, mindestens dreijähriger Bachelor-Studiengang an einer Universität oder Fachhochschule ist. Damit soll die Transparenz bei Stellenbesetzungsverfahren im Unternehmen erhöht werden. Wie die Unterrepräsentanz zu bestimmen ist, gibt das LGG in § 3 Abs. 2 vor. Danach sind Frauen unterrepräsentiert, wenn in Vorgesetzten- oder Leitungsfunktionen, in 2 einer Vergütungs-, Entgelt- oder Lohngruppe einer Berufsfachrichtung mehr Männer als Frauen beschäftigt sind. In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sind mindestens ebenso viele Frauen wie Männer zum Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern sie die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation für die Stelle oder Funktion besitzen und Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen (vgl. § 6 LGG). Dies gilt auch für die Besetzung von Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen bei juristischen Personen des privaten Rechts und Personengesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin. Die Berücksichtigung von Frauen im Auswahlverfahren ist in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, in geeigneter Form schriftlich zu dokumentieren. Soweit Dritte (z.B. Personaldienstleistungsunternehmen) mit der Personalfindung beauftragt werden, sollen diese vertraglich zur Einhaltung der Vorschriften des LGG verpflichtet werden. Dies gilt insbesondere für die Beachtung der Vorgaben zur Stellenausschreibung bzw. öffentlichen Bekanntmachung von Vorstands- oder Geschäftsleitungspositionen und für die Dokumentation entsprechend § 5 Abs. 3 LGG. Die Vorgaben der Regelung sind auch bei der Durchführung eines anonymisierten Auswahlverfahrens sicherzustellen. Die Frauenvertreterin soll am Auswahlverfahren entsprechend § 17 Abs. 2 und 4 LGG möglichst frühzeitig und umfassend beteiligt werden. Über Verträge mit Personaldienstleistungsunternehmen ist sie zu informieren; dies kann bzw. sollte durch Vorlage zur Einsichtnahme erfolgen. Zur Beteiligung der Frauenvertreterin an Auswahl- und Einstellungsverfahren für Vorstands- und Geschäftsführungspositionen sind ergänzend die Vorgaben des § 17 Abs. 4 LGG entsprechend zu beachten: Demnach prüft die Frauenvertreterin bei der Besetzung von Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen, ob die Vorgaben des LGG in Bezug auf das Erfordernis sowie die Art und den Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung (§ 5 Abs. 3 bis 5 LGG), die Anzahl der zu einem Vorstellungsgespräch einzuladenden Bewerberinnen (§ 6 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 LGG), die Dokumentation des Verfahrens (§ 6 Abs. 3 LGG) sowie die Einbeziehung von Dritten in das Personalfindungsverfahren (§ 6 Abs. 4 LGG) eingehalten wurden. Dazu sollen ihr alle hierfür wesentlichen, anonymisierten Informationen rechtzeitig in geeigneter Form zur Verfügung gestellt werden. Frauen, die eine zur Ausfüllung der Stelle oder Funktion gleichwertige Qualifikation besitzen wie männliche Mitbewerber, sind diesen gegenüber unter Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit solange bevorzugt einzustellen oder zu übernehmen, bis in dem betreffenden Bereich (der jeweiligen Berufsfachrichtung, Vorgesetzten- oder Leitungsebene und Funktionsstelle) keine Unterrepräsentanz von Frauen (s.o.) mehr besteht (vgl. § 8 LGG). Die Qualifikation wird ausschließlich an den Anforderungen des Berufs und der zu besetzenden Stelle oder Funktion gemessen. Spezifische, zum Beispiel durch Familienarbeit , durch soziales Engagement oder ehrenamtliche Tätigkeit erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten sind ebenfalls Teil der Qualifikation im Sinne von § 8 Abs. 1 und 2 LGG. 3 3. Kennt das LGG Ausnahmeregelungen für die Gründungsphase eines landeseignen Unternehmens ? Zu 3.: Das LGG kennt keine Ausnahmen für Gründungsphasen von landeseigenen Unternehmen. Zu berücksichtigen ist, dass in der Gründungsphase die Unternehmen vor besonderen Herausforderungen im Hinblick auf das Verhältnis der Geschlechter stehen. So setzen z.B. die Beteiligungs- und Beanstandungsrechte der Frauenvertreterin eine gewählte oder ernannte Frauenvertreterin voraus. Die Wahl einer Frauenvertreterin ist ab fünf weiblichen Beschäftigten möglich (vgl. § 16 Abs. 1 LGG i.V.m. § 2 WOBFrau). Eine Ernennung setzt dabei drei weibliche Beschäftigte voraus (vgl. § 16 Abs. 1 LGG i.V.m. § 13 WOBFrau). 4. Wurden bei den Einstellungen der Geschäftsführung der Berliner Stadtwerke GmbH die Vorgaben des LGG erfüllt? a) Hätte insbesondere ein Ausschreibungsverfahren stattfinden müssen? b) Fand ein Ausschreibungsverfahren statt? Zu 4. a) und b): Der derzeitige Geschäftsführer der Berliner Stadtwerke GmbH hat als Beschäftigter der BWB die Gesellschaft von Beginn an mitaufgebaut und ist dadurch in die Gründer-Geschäftsführerposition hineingewachsen. Er wurde mit Gründung der Gesellschaft im Jahr 2014 zum Geschäftsführer bestellt, ohne dass eine Ausschreibung erfolgt ist. Die Einbindung einer Frauenvertreterin der Berliner Stadtwerke GmbH war zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft nicht möglich, da eine Wahl oder Ernennung noch nicht erfolgt war. Die Besetzung der zweiten Geschäftsführungsposition findet derzeit durch ein Ausschreibungsverfahren statt und wird durch eine Personalberatung begleitet. Die Ausschreibung wurde online inseriert sowie als Printversion in diversen Zeitungen veröffentlicht . Bei der Besetzung der Stelle als Geschäftsführerin/Geschäftsführer für den kaufmännischen und vertrieblichen Bereich wird das LGG vollumfänglich angewandt. Dies wurde im Vorfeld mit der Beauftragung des Personalberaters vom 12.01.2018 vertraglich fest vereinbart. Aus allen eingegangenen Bewerbungen sowie einem durch den Personaldienstleister zur Verfügung gestellten Kandidatenpool wählte der Gesellschafter eine gleiche Anzahl aus weiblichen sowie männlichen qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern für die Vorstellungsgespräche aus. Die Vorstellungsgespräche werden derzeit durchgeführt und erfolgen unter der Beteiligung der am 31.01.2018 bestellten Frauenvertreterin der Berliner Stadtwerke GmbH. 5. Welche Rechtfolgen treten laut LGG ein, wenn eine Einstellung nicht entsprechend des LGG vorgenommen wurde? Zu 5.: Kernstück des LGG ist das Beteiligungs- und Beanstandungsrecht der Frauenvertreterin . Das Beteiligungsrecht der Frauenvertreterin soll verhindern, dass es zu nicht LGG-konformen Entscheidungen kommt. Der Ablauf der Einbeziehung und Beteiligung der Frauenvertreterinnen in Beteiligungsunternehmen soll sich - entsprechend § 17 LGG - wie folgt gestalten: Wenn eine üblicherweise beteiligungspflichtige soziale, organisatorische oder personelle Maßnahme eine über das Planungsstadium hinausgehende Verbindlichkeit erfahren hat, soll die Frauenvertreterin hierüber frühzeitig und umfassend unterrichtet 4 werden. Dies geschieht in der Regel in schriftlicher Form. Diese Unterrichtung soll der Frauenvertreterin die Gelegenheit geben, sich mit der anstehenden Maßnahme vertraut zu machen. Daraufhin kann die Frauenvertreterin zu dieser Maßnahme Stellung nehmen. Das Unternehmen kann die Stellungnahme der Frauenvertreterin in die geplante Maßnahme einfließen lassen. Es legt diese anschließend der Frauenvertreterin zur Beteiligung vor. Ist die Frauenvertreterin der Auffassung, dass die Maßnahme mit einer entsprechenden Anwendung des LGG nicht vereinbar ist, so kann sie sich innerhalb von 14 Tagen nach ihrer Unterrichtung über die Maßnahme entsprechend § 18 Abs. 1 LGG an die Geschäftsleitung mit dem Ziel wenden, dass sich diese erneut mit dem Vorgang befasst (Beanstandung). Bei der Besetzung von Vorstands- und Geschäftsführungspositionen sieht das LGG kein Beanstandungsrecht vor. 6. Welche Rechtsfolgen traten bei den Einstellungen der Geschäftsführung der Berliner Stadtwerke GmbH ein? Welche Konsequenzen zieht der Senat aus diesen Abläufen? Zu 6.: Das LGG sieht keine Rechtsfolgen vor, wenn die Besetzung von Vorstandsund Geschäftsführungsposten nicht den Vorgaben des LGG entspricht. Das Land Berlin wirkt grundsätzlich darauf hin, dass das LGG in den Satzungen von landeseigenen Unternehmen bzw. in den Gesellschaftsverträgen entsprechender Tochterunternehmen verankert wird. Dies ist bei der Berliner Stadtwerke GmbH geschehen . Durch die Verankerung sind die Unternehmensorgane, insbesondere die Geschäftsführung verpflichtet, das LGG zu beachten. Im Übrigen fällt die Einhaltung der Vorgaben des LGG in die Zuständigkeit der für das jeweilige Beteiligungsunternehmen zuständigen Fachverwaltung. Von dort wurde die Berliner Stadtwerke GmbH darauf hingewiesen, für den weiteren Aufbau des Unternehmens einen LGGkonformen Stellenaufbau sicherzustellen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und die Senatsverwaltung für Finanzen haben zudem Hinweise zur Anwendung des LGG in den Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin erarbeitet. Diese sollen sowohl den Beteiligungsunternehmen als auch den aufsichtführenden Stellen zur Information dienen und sie bei der korrekten Umsetzung der Vorgaben des LGG unterstützen. Berlin, den 14. Mai 2018 In Vertretung Henner B u n d e ........................................................ Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe S18-14908 S18-14908