Drucksache 18 / 14 929 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 03. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai 2018) zum Thema: Was bedeutet es, dass „Berlin 200.000 Ausländer vergessen hat“? – Teil 2 und Antwort vom 18. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Dr. Kristin Brinker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14929 vom 03. Mai 2018 über Was bedeutet es, dass „Berlin 200.000 Ausländer vergessen hat“? – Teil 2 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrageserie „Was bedeutet es, dass „Berlin 200.000 Ausländer vergessen hat“?“ bezieht sich auf den Artikel der Berliner Morgenpost vom 27.04.18 1 „Jetzt kommt heraus: Die Zahl der nichtdeutschen Berliner liegt erheblich höher als bisher gedacht. […] Zwischen 2016 und 2017 stieg die Ausländerzahl in Berlin von 627.000 auf 888.000. Das entspricht einem Plus von 261.000 beziehungsweise einem Zuwachs von mehr als 40 Prozent.“ Dazu stellen sich folgende weitere Fragen: In Drs. 18/13289 2 antwortete der Senat auf die Frage: „Wie viele Berliner ziehen jährlich nach offiziellen Zahlen um?“ wie folgt: „Die Frage kann anhand der Veröffentlichungen der amtlichen Statistik beantwortet werden (Amt für Statistik Berlin- Brandenburg, Einwohnermelderegister). Unterschieden wird dort einerseits nach Wanderungen/Umzügen über die Gemeindegrenzen und Wanderungen/Umzüge innerhalb Berlins (Binnenwanderungen). Die aktuelle Datengrundlage ist das Jahr 2016. Zuzüge: 216 526 Personen Fortzüge: 157 312 Personen Binnenwanderungen: 313 603 Personen“ 1. Sind in den „Wanderungen/Umzügen über die Gemeindegrenzen“ auch die Ausländer-Zuzüge und -Fortzüge erfasst? 2. Wie haben sich die Zuzüge/Fortzüge von Ausländern seit 1990 bis heute (tatsächlich) jährlich entwickelt ? 1 Berliner Morgenpost, 30.04.18, „Berliner Behörde vergisst 200.000 Ausländer - EU-Bürger wurden von den Berliner Behörden nicht ans Zentralregister gemeldet. In Berlin leben damit fast 900.000 Nicht-Deutsche.“; https://www.morgenpost.de/berlin/article214132485/Berlins- Auslaenderbehoerde-vergisst-200-000-EU-Buerger.html 2 Schriftliche Anfrage Dr. Kristin Brinker (AfD) vom 23.01.18, „Spree -Athen“ - Wie entwickelt sich die Inflation in Berlin tatsächlich? http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-13289.pdf#search=%22Kristin%20Brinker%22 Seite 2 von 5 Zu 1. und 2.: Die Zu- und Fortzüge von Ausländerinnen und Ausländern wurden von 1991-2011 in der Wanderungsstatistik und seit 2012 in der Einwohnerregisterstatistik erfasst. Die einzelnen Angaben können der nachfolgenden Statistik entnommen werden. Berichtsjahr Zuzüge Fortzüge Saldo 1991 56.474 30.527 25.947 1992 72.784 36.919 35.865 1993 75.345 44.666 30.679 1994 68.938 47.698 21.240 1995 72.793 46.591 26.202 1996 66.107 48.998 17.109 1997 57.181 54.639 2.542 1998 51.840 50.191 1.649 1999 52.018 44.470 7.548 2000 50.007 43.693 6.314 2001 49.433 37.815 11.618 2002 47.055 36.882 10.173 2003 44.539 36.027 8.512 2004 45.854 32.929 12.925 2005 46.336 28.595 17.741 2006 45.214 31.908 13.306 2007 48.073 38.019 10.054 2008 49.203 41.215 7.988 2009 56.028 59.083 -3.055 2010 61.462 59.091 2.371 2011 71.564 45.077 26.487 2012 80.344 49.540 30.804 2013 90.331 53.093 37.238 2014 99.411 63.481 35.930 2015 122.176 65.589 56.587 2016 132.873 73.721 59.152 2017 110.229 76.548 33.681 Wanderungen von Ausländerinnen und Ausländern über die Landesgrenze von Berlin ab 1991 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg; Ref. 41 B) Der Deutsche Bank Research berichtete in einer Analyse zur „Unterschätzten Inflation in Berlin“: „Laut der riwis Datenbank, einer Quelle, die auch die Bundesbank für ihre Finanzmarktstabilitätsberichte auswertet, stiegen die Berliner Marktmieten (Wiedervermietung) seit dem Jahr 2009 um mehr als 60% und alleine im Jahr 2017 um rund 10% an. [H.d.V.]“ 3 3. Ist die Annahme richtig, dass insbesondere die zuziehenden Ausländer der Inflation der „Berliner 3 Deutsche Bank Research, 21.12.2017, „Unterschätzte Inflation: Ein Berliner oder doch ein bundesweites Problem?“, S.1; https://www.dbresearch.de/PROD/RPS_DE-PROD/PROD0000000000458412.pdf Seite 3 von 5 Marktmieten (Wiedervermietung)“ ausgesetzt sind? Zu 3.: Nein. 4. Wie hoch ist der Teil der Ausländer, die kein Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen? (Bitte Auflistung in Absolut- und Relativzahlen seit 1990 bis heute, Gesamt und separiert nach Nationalität!) 5. Wie hoch ist der Teil der Ausländer, die Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen? (Bitte Auflistung in Absolut- und Relativzahlen seit 1990 bis heute, Gesamt und separiert nach Nationalität!) 6. Wie hoch ist der Teil der EU-Ausländer, die kein Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen? (Bitte Auflistung in Absolut- und Relativzahlen seit 1990 bis heute, Gesamt und separiert nach Nationalität!) 7. Wie hoch ist der Teil der EU-Ausländer, die Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen? (Bitte Auflistung in Absolut- und Relativzahlen seit 1990 bis heute, Gesamt und separiert nach Nationalität!) Zu 4. - 7.: Für Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten, wurde die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg um Zuarbeit gebeten. Die dort in eigener Verantwortung erstellten Daten sind der unten stehenden Tabelle zu entnehmen. Zur Darstellbarkeit und Vergleichbarkeit wird auf Folgendes hingewiesen: Im Hinblick auf leistungsberechtigte Personen nach dem SGB II wird darauf hingewiesen , dass das Arbeitslosengeld II zum 1. Januar 2005 durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingeführt wurde. Dementsprechend wurden erst ab 1. Januar 2005 Daten zur Anzahl der leistungsberechtigten Personen und deren Herkunft erhoben. Hinsichtlich der Leistungsberechtigten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe ) wird darauf hingewiesen, dass im Jahr 2007 in Berlin eine neue Software zur Zahlbarmachung von sozialen Leistungen eingeführt wurde. Durch diesen Systemwechsel sind die Daten mit den vorangehenden Jahren nicht vergleichbar. Darüber hinaus ist für beide Rechtskreise zu berücksichtigen, dass durch bundesgesetzliche Änderungen die erhobenen Daten zu den leistungsberechtigten Personen im SGB II und SGB XII nur eingeschränkt vergleichbar sind. Dies betrifft insbesondere Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und deren Familienangehörige sowie aufenthaltsrechtlich gleichgestellte Personen aus der Schweiz und aus den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Norwegen, Liechtenstein und Island. Dieser Personenkreis ist unter bestimmten Voraussetzungen von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen. Die entsprechenden Vorschriften (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II n.F., § 23 Abs. 3 SGB XII n.F.) sind in den vergangenen Jahren durch den Bundesgesetzgeber mehrfach verändert worden. Es ist rechtlich nicht unumstritten, ob die Vorschriften mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar sind. Angaben zur Anzahl derjenigen Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben und keine Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII beziehen, können mangels statistischer Erhebung nicht getätigt werden. Eine rechnerische Herleitung dieser Datengröße ist nicht möglich. Die Anzahl der in Berlin melderechtlich erfassten Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit kann nicht der Anzahl der nach dem SGB II bzw. SGB XII leistungsbeziehenden Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gegenübergestellt werden. Die Erfassungspraxis der Staatsangehörigkeit in den Leistungsstellen ist nicht identisch mit der Erfassungspraxis zur Einwohnerstatis- Seite 4 von 5 tik. Die übermittelten Daten ermöglichen keine Aussagen zu Umfang und Dauer der Leistungsgewährung sowie zur Aufenthaltsdauer der leistungsberechtigten Personen . Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse der amtlichen Statistik grundsätzlich unmittelbare Entscheidungshilfen für den Senat sind, deren gesetzliche Aufgabe es ist, laufend Daten über Massenerscheinungen zu erheben, zu Leistungsberechtigte nach dem SGB II Leistungsberechtigte nach dem SGB XII 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2007 Bundesrepublik Deutschland 412.995 458.621 464.196 453.468 444.958 442.540 433.571 422.562 416.095 406.031 395.253 375.905 351.736 77.018 EU-Mitglieds- und EWR- Staaten 18.821 20.896 21.467 21.576 22.351 24.201 26.640 29.241 33.019 38.599 43.537 46.617 47.265 1.515 weitere Staaten Europas 21.036 24.000 24.739 23.521 22.223 21.609 21.176 20.683 20.541 20.572 22.556 22.221 21.756 2.650 Asien 76.594 83.996 86.202 85.958 85.081 84.571 83.113 81.218 79.887 78.880 77.584 80.485 94.061 4.580 Afrika 5.253 6.200 6.724 6.904 7.063 7.217 7.380 7.391 7.550 7.704 7.701 7.622 8.270 267 Amerika 2.181 2.530 2.631 2.644 2.758 2.805 2.803 2.833 2.868 2.842 2.717 2.591 2.505 137 Australien / Ozeanien 73 79 84 86 93 92 96 93 90 87 73 62 59 3 ungeklärte Nationalität / staatenlos 54 421 787 1.851 3.017 3.878 4.134 4.400 4.621 4.842 6.741 8.242 13.004 334 Gesamt 537.007 596.743 606.830 596.008 587.544 586.913 578.912 568.422 564.671 559.556 556.161 543.745 538.655 86.504 Anteil an Gesamtsumme Bundesrepublik Deutschland 412.995 458.621 464.196 453.468 444.958 442.540 433.571 422.562 416.095 406.031 395.253 375.905 351.736 77.018 in % 76,91% 76,85% 76,50% 76,08% 75,73% 75,40% 74,89% 74,34% 73,69% 72,56% 71,07% 69,13% 65,30% 89,03% Anteil an Gesamtsumme ausländische Nationalitäten 124.012 138.122 142.635 142.541 142.586 144.372 145.341 145.860 148.577 153.525 160.909 167.841 186.919 9.486 in % 23,09% 23,15% 23,50% 23,92% 24,27% 24,60% 25,11% 25,66% 26,31% 27,44% 28,93% 30,87% 34,70% 10,97% Staatsangehörigkeit / Nationalitäte Staatsangehörigkeit / Nationalitäte Leistungsberechtigte nach dem SGB XII 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bundesrepublik Deutschland 77.018 81.876 81.554 84.281 88.021 91.341 95.275 98.640 101.294 100.318 101.012 EU-Mitglieds- und EWR- Staaten 1.515 1.692 1.878 2.056 2.291 2.504 2.758 3.121 3.427 3.689 3.931 weitere Staaten Europas 2.650 2.904 3.494 3.740 4.003 4.164 4.420 4.748 4.973 5.151 5.361 Asien 4.580 4.941 5.449 5.970 6.329 6.625 7.032 7.355 7.824 7.881 8.430 Afrika 267 297 326 383 438 481 494 549 557 589 654 Amerika 137 144 163 187 208 215 239 274 284 301 322 Australien / Ozeanien 3 3 4 8 7 11 10 9 7 4 6 ungeklärte Nationalität / staatenlos 334 333 315 376 455 444 459 487 481 497 556 Gesamt 86.504 92.190 93.183 97.001 101.752 105.785 110.687 115.183 118.847 118.430 120.272 Anteil an Gesamtsumme Bundesrepublik Deutschland 77.018 81.876 81.554 84.281 88.021 91.341 95.275 98.640 101.294 100.318 101.012 in % 89,03% 88,81% 87,52% 86,89% 86,51% 86,35% 86,08% 85,64% 85,23% 84,71% 83,99% Anteil an Gesamtsumme ausländische Nationalitäten 9.486 10.314 11.629 12.720 13.731 14.444 15.412 16.543 17.553 18.112 19.260 in % 10,97% 11,19% 12,48% 13,11% 13,49% 13,65% 13,92% 14,36% 14,77% 15,29% 16,01% Seite 5 von 5 sammeln, aufzubereiten, darzustellen und zu analysieren. Nur die amtliche Statistik ist durch bundesgesetzliche Regelung den Grundsätzen der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit verpflichtet. Aus diesem Grund analysiert und bewertet der Senat nicht die Aussagen der zahlreichen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen , wie zum Beispiel die der Deutschen Bank Research (DB Research ). Berlin, den 18. Mai 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14929 S18-14929