Drucksache 18 / 14 940 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 01. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2018) zum Thema: Lagebild Organisierte Kriminalität und Antwort vom 18. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14940 vom 01. Mai 2018 über Lagebild Organisierte Kriminalität ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was ist ein Lagebild im polizeilichen Kontext? Ist dieser Begriff zum Beispiel in einer Polizeidienstvorschrift definiert? Zu 1.: Der Begriff „Lagebild“ ist in der bundeseinheitlich geltenden Polizeidienstvorschrift „PDV 100 - Führung und Einsatz der Polizei“ festgeschrieben. Die PDV 100 ist grundsätzlich als „Verschlusssache –Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft, wobei einzelne Inhalte der Vorschrift nicht dieser Einstufung unterliegen. Dazu gehören auch die Ausführungen zum Begriff „Lagebild“. Gemäß Anlage 20 zur PDV 100 (Ausgabe 2012, Stand 04/2017), in der polizeiliche Grundbegriffe in Kurzform verbindlich definiert sind, werden „zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammengeführte, polizeilich bedeutsame Erkenntnisse“ als „Lagebild“ bezeichnet. Unter Punkt 1.6.2.1 der PDV 100 wird zu Lagebildern zudem Folgendes ausgeführt: „Lagebilder sind Voraussetzung für zielgerichtetes polizeiliches Handeln. Sie dienen dem Erkennen, der Analyse und der Prognose polizeirelevanter Ereignisse und Entwicklungen sowie organisationsinternen Erfordernissen. Sie sind aufgabenbezogen und ebenenspezifisch zu erstellen, zu bewerten und fortzuschreiben. Dazu bedarf es: - kontinuierlicher Informationserhebung und Informationsverarbeitung - Auswertung von Erfahrungen und Erkenntnissen, insbesondere auch aus bisherigen Einsätzen - Zusammenführung relevanter Lagefelder - prägnanter und anschaulicher Lagedarstellung - zielgerichteter Steuerung“. Seite 2 von 3 2. Stimmt der Senat mir zu, dass Lagebilder Voraussetzung für zielgerichtetes polizeiliches Handeln sind, diese aufgabenbezogen zu erstellen und unter kontinuierlicher Informationserhebung und Informationsverarbeitung fortzuschreiben sind? Zu 2.: Grundsätzlich ja, siehe Antwort zu Frage 1. Gleichwohl ist die Erstellung von Lagebildern nur ein mögliches Instrument von vielen, welche für zielgerichtetes polizeiliches Handeln genutzt werden. Lagebilder haben sich aufgrund eines hohen Bearbeitungsaufwandes und des damit einhergehenden zeitlichen Verzuges nicht in jedem Phänomenbereich der Kriminalität als aussagekräftig erwiesen. Für den Bereich der organisierten Kriminalität (OK) hat sich gezeigt, dass vor allem die ständige Auswertung bedeutender Kriminalitätsphänomene im Hinblick auf OK- Relevanz zum Erkennen von aktuellen Entwicklungen der OK, Schwerpunkten und künftigen Brennpunkten dienlich ist und zielgerichtetes polizeiliches Handeln ermöglicht. Zur aktuellen Entwicklung der OK-Lage erfolgen durch die Landespolizeibehörden, den Zoll und die Bundespolizei gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) halbjährliche Erhebungen, welche sich, einhergehend mit dem damit verbundenen strukturierten Austausch über Landesgrenzen hinweg, als effizient und zielführend erwiesen haben. Für die Festlegung der OK-Relevanz von polizeilichen Ermittlungskomplexen wird die bundeseinheitliche Definition als Grundlage herangezogen. (Siehe dazu Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) vom 26. Februar 2018 über Italienische Mafiaclans in Berlin, Drucksache 18/13651) 3. Falls nein, weshalb entgegen der polizeilichen Praxis in allen anderen Bundesländern nicht? Falls ja, weshalb hat der Senat gegenüber dem Parlament behauptet: "Es existiert lediglich das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität, welches für die gesamte Bundesrepublik durch das Bundeskriminalamt erstellt wird. In diesem Lagebild werden die gesammelten Erkenntnisse der Länderpolizeien, der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes dezidiert nach Bundesländern aufbereitet. Aktuell liegt lediglich das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität für das Jahr 2016 vor."? Zu 3.: Die Aussage des Senats ist nach wie vor zutreffend. Es existiert zur OK-Lage des Landes Berlin ausschließlich das jährlich durch das BKA erstellte „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“. Durch die Polizei Berlin wird darüber hinaus kein auf Berlin bezogenes jährliches Lagebild zur Organisierten Kriminalität erstellt. Gleichwohl erfolgt eine kontinuierliche, aktuelle und länderübergreifende Lageauswertung (siehe hierzu auch Antwort auf Frage 2). 4. Weshalb war die Senatsverwaltung für Inneres nicht in der Lage, dem Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung auf einstimmige Übereinkunft aller Fraktionen in der Sprecherrunde ein Lagebild Organisierte Kriminalität in Berlin trotz Ankündigung mehr als sechs Wochen vor der Sitzung in Textform zu übermitteln? Zu 4.: Für die Beantwortung der Frage wird zunächst auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die Erstellung des Bundeslagebildes „Organisierte Kriminalität“ erfolgt auf Grundlage der bundesweit gültigen Definition der AG Justiz/ Polizei in Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern, dem Zollkriminalamt und dem Bundespolizeipräsidium. Dafür erhebt das BKA jährlich die aktuellen Erkenntnisse zur Lage und Entwicklung der Organisierten Kriminalität in Deutschland. Diese Erhebung erfolgt nach einem bundeseinheitlichen Raster und bildet die polizeilich bekannt gewordene Kriminalität, also die Beschreibung des Hellfeldes ab. Dafür liefert die Polizei Berlin dem BKA die Seite 3 von 3 Daten zu den durch sie im jeweiligen Jahr geführten Verfahren zu. Das BKA prüft und bestätigt die Zahlen und ergänzt sie um die durch die Bundesbehörden in Berlin geführten Ermittlungskomplexe. Da diese Erhebungsmodalitäten (dezentrale Erfassung in den Bundesländern und zentrale Qualitätskontrolle im BKA) sehr zeitaufwändig sind, ist mit der Erstellung des Bundeslagebildes „Organisierte Kriminalität“ in der Regel nicht vor der 27. Kalenderwoche des jeweiligen Folgejahres zu rechnen. Derzeit liegt das Bundeslagebild Organisierte Kriminalität noch mit Stand 2016 vor. Das Erstellungsprocedere und die voraussichtliche Fertigstellung des Bundeslagebildes 2017 im Sommer 2018 wurden dem Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung (ISOA) durch den Senat zur Kenntnis gegeben. Die von der Polizei Berlin im Rahmen des jährlichen Zulieferungsverfahrens an das BKA gemeldeten Daten zu den OK-Verfahren des Jahres 2017 wurden am 27. März 2018 durch das BKA nach abschließender Prüfung und Ergänzung um die Zahlen der Bundesbehörden in Tabellenform an die Polizei Berlin zurückgesandt. Da der Tabelleninhalt keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf die OK-Lage in Berlin zuließ, war zunächst eine Aufbereitung und Bewertung der Daten in der OK- Abteilung des Landeskriminalamtes der Polizei Berlin erforderlich. Das Ergebnis dieser Lageaufbereitung wurde in der 23. Sitzung des ISOA am 23. April 2018 unter TOP 1a -Besprechung des aktuellen Lagebildes „Organisierte Kriminalität“ in Berlin- durch den Leiter des für die Bekämpfung der OK in Berlin zuständigen Dezernates 41 des Landeskriminalamtes Berlin vorgetragen. Da zu diesem Vortrag durch den ISOA einstimmig die Fertigung eines Wortprotokolls beschlossen wurde, wird mit dem Beschlussprotokoll zur 23. Sitzung ein OK- Lagebild für Berlin in Textform vorliegen. Berlin, den 18. Mai 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-14940 S18-14940