Drucksache 18 / 14 991 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 07. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2018) zum Thema: Was bewegt sich im Modellversuch Tempo-30-Zone in der Leipziger Straße? und Antwort vom 28. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Jun. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/14991 vom 07. Mai 2018 über Was bewegt sich im Modellversuch Tempo-30-Zone in der Leipziger Straße? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Monat: April 2018 (sämtliche Fragestellungen beziehen sich auf den Monat 04/2018 soweit nichts anderes angegeben) Frage 1: Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des ersten Monats des Modellversuchs Tempo-30-Zone in der Leipziger Straße? a) generell? b) auf die Verringerung von Schadstoffen und Feinstaub? c) die Akzeptanz in der Bevölkerung bzw. der Verkehrsteilnehmer? Antwort zu 1: a) Eine belastbare generelle Bewertung des Modellversuchs für einen Zeitraum von einem Monat ist nicht möglich. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung der generellen Wirkung von Tempo 30 in der Leipziger Straße von vornherein ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt ist, weil der Grenzwert für die Luftqualität als Mittelwert über ein Jahr festgelegt ist. Außerdem ist nur bei einer ausreichenden Dauer des Versuchs eine statistisch und rechtlich belastbare Auswertung von Einflüssen der Meteorologie und der Verkehrsentwicklung möglich. Eine Bewertung nach einem Monat ist deshalb auch nicht Bestandteil des Untersuchungskonzepts. b) Eine belastbare Bewertung der Veränderung der Luftqualität ist für einen Zeitraum von einem Monat nicht möglich. Dafür schwanken die unter a) beschriebenen Einflüsse der Meteorologie und der verkehrlichen Parameter zu stark. An der Leipziger Straße wird der Luftqualitätsgrenzwert für Stickstoffdioxid hinsichtlich des Grenzwertes für das 2 Jahresmittel von 40 µg/m³ (Mikrometer pro Kubikmeter pro Jahr) überschritten. Da der Einfluss von Tempo 30 auf den Jahresmittelwert bewertet werden muss, läuft das Untersuchungskonzept entsprechend über ein Jahr. Monatsweise Auswertungen sind daher nicht zielführend. c) Aus der Einführung von Tempo 30 für 16 Hauptverkehrsstraßen in Berlin Ende 2005 ist bekannt, dass es in der Regel ohne eine stationäre Geschwindigkeitskontrolle etwa ein halbes Jahr dauert, bis sich die durchschnittliche Geschwindigkeit auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert hat. Seit dem 14. Mai 2018 wird von der Polizei unterstützend die Fahrtgeschwindigkeit in beiden Fahrtrichtungen überwacht, um die Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen. Zwei aufgestellte Dialog-Displays in der Leipziger Straße ermahnen zusätzlich zur Einhaltung der zulässigen Fahrgeschwindigkeit. Frage 2: Ist eine Verdrängung des Verkehrs in die umliegenden Straßen spürbar? Antwort zu 2: Eine belastbare Aussage über die Verdrängung des Verkehrs in die umliegenden Straßen kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Vorläufig kann festgehalten werden: In Fahrtrichtung Ost (Alexanderplatz) ist auf Basis der bisherigen Daten keine Verlagerung des Kfz-Verkehrs auf potenzielle Netzalternativen sichtbar. In Fahrtrichtung West (Potsdamer Platz) ist seit 09. April 2018 eine geringfügige Verlagerung auf die Französische Straße und die Straße Unter den Linden sichtbar. Für eine ursächliche Zuordnung ist jedoch ein längerer Zeitraum (sechs Monate) erforderlich. Zu beachten sind insbesondere die gleichzeitigen Einflüsse von Baumaßnahmen (u. a. Baumaßnahme der Berliner Verkehrsbetriebe Mollstraße/Otto- Braun-Straße) sowie Feier- und „Brückentage“. a) Wenn ja, welche Straßen sind das? Antwort zu 2 a): Untersucht wurden nördlich der Leipziger Straße die Französische Straße und die Straße Unter den Linden, im südlichen Bereich die Kochstraße und die Lindenstraße. b) Wenn ja, was macht der Senat, dass der Schleichverkehr auf diesen Straßen verringert wird? Antwort zu 2 b): Der Betrachtungszeitraum für die Messungen über Verdrängungseffekte zu diesem Zeitpunkt ist zu kurz, um belastbare Aussagen treffen zu können. Frage 3: Wie viele Verkehrsteilnehmer wurden in der Tempo-30-Zone a) vom 9. – 30. April gezählt? b) was waren die Spitzenwerte (Tage)? c) gibt es einen Rückgang der Verkehrsteilnehmer? 3 Antwort zu 3: a) In Fahrtrichtung Ost (Alexanderplatz): 469.836 Kfz. In Fahrtrichtung West (Potsdamer Platz): 445.406 Kfz. Beide Messquerschnitte befinden sich in der Leipziger Straße zwischen Charlotten- und Markgrafenstraße. Alle Daten ohne die Fahrzeuge vom 26. und 27. April (Systemausfall infolge des Ausfalls der Internetleitung zur Verkehrsinformationszentrale -VIZ-: Technisches Problem des Internet-Providers). b) In Fahrtrichtung Ost (Alexanderplatz): 27.232 Kfz am Freitag, 13.04.2018. In Fahrtrichtung West (Potsdamer Platz): 24.660 Kfz am Dienstag, 24.04.2018. c) Aus den vorliegenden Daten kann kein Rückgang der Kfz-Verkehrsstärke abgeleitet werden. Frage 4: Wie hoch war die Schadstoffbelastung a) vor dem Modellversuch Tempo-30-Zone in der Leipziger Straße im jährlichen Durchschnitt b) vor dem Modellversuch Tempo-30-Zone in der Leipziger Straße in den Monaten 03/17 – 03/18 (Durchschnittswerte pro Monate) Antwort zu 4: a) In der Leipziger Straße befindet sich zwischen Friedrichstraße und Charlottenstraße (Leipziger Straße Nr. 32) ein Passivsammler für die Messung von Stickstoffdioxid (NO2). Der Standort ist durch die enge Straßenschlucht deutlich höher belastet als der Standort des Messbusses. Eine Aufstellung des Messbusses neben dem Passivsammler war aus Platzgründen nicht möglich. In Tabelle 1 sind die NO2-Jahresmittelwerte für den Passivsammler für die Jahre 2010 bis 2017 zusammengestellt. Tabelle 1: NO2-Jahresmittelwerte des Passivsammlers am Standort Leipziger Straße 32 in µg/m³ Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 NO2 67 77 77 79 69 73 66 63 b) Monatsmittelwerte liegen für die Passivsammler nicht vor. Der Messbus ist seit Anfang Dezember 2017 am Standort Leipziger Straße Nr. 20 vor der bulgarischen Botschaft stationiert. An diesem Standort ist die Luftbelastung aufgrund der weniger dichten Bebauung und einer dadurch besseren Durchlüftung der Straße niedriger als am Standort des Passivsammlers. In Tabelle 2 sind die Monatsmittelwerte von Dezember 2017 bis März 2018 für Messkomponenten des Messbusses zusammengestellt. 4 Tabelle 2: Monatsmittelwerte der Messungen des Messbusses am Standort Leipziger Straße Nr. 20 in µg/m³ (außer Kohenmonoxid -CO-) Stickstoffmonoxid (NO) Stickstoffdioxid (NO2) Stickstoffoxide * (NOx) Ozon (O3) Feinstaub PM10 Kohlenmonoxid (CO) in mg/m³ Dezember 2017 40 42 103 25 18 0,3 Januar 2018 53 46 127 22 24 0,4 Februar 2018 59 61 151 23 37 0,4 März 2018 48 56 130 31 36 0,4 *Anmerkung: NOx = NO*1,533 + NO2, d.h. NO wird auf die Masse von NO2 umgerechnet (Konvention) Frage 5: Wie hoch war die Verringerung der Schadstoffbelastung? a) im Monatsdurchschnitt ab 9. April? b) In den Tagen 9. – 30. April 2018 (pro Tag) c) Welche Schadstoffe wurden wie hoch gemessen? Antwort zu 5: a) Für den Zeitraum 9. bis 30. April 2018 lässt sich noch kein Monatsdurchschnitt berechnen, weil nicht über einen gesamten Monat gemessen wurde. Der Mittelwert über den Zeitraum ist für die am Messbus am Standort Leipziger Straße Nr. 20 gemessenen Luftschadstoffe in Tabelle 3 zusammengestellt. Tabelle 3: Mittelwert der Messungen des Messbusses vom 9. bis 30. April 2018 in µg/m³ (außer CO) Stickstoffmonoxid (NO) Stickstoffdioxid (NO2) Stickstoffoxide (NOx) Ozon (O3) Feinstaub PM10 Kohlenmonoxid (CO) 29 52 96 53 31 0,3 mg/m³ Anmerkung: NOx = NO*1,533 + NO2, d.h. NO wird auf das Gewicht von NO2 umgerechnet (Konvention) b) Die Tagesmittelwerte für den Zeitraum 9. bis 30. April 2018 sind in Tabelle 4 zusammengestellt. Tabelle 4 : Tagesmittelwerte des Messbusses vom 9. bis 30. April 2018 in µg/m³ (außer CO) Stickstoffmonoxid (NO) Stickstoffdioxid (NO2) Stickstoffoxide (NOx) Ozon (O3) Feinstaub PM10 Kohlenmonoxid (CO) in mg/m³ 09.04. 56 93 178 36 42 0,5 10.04. 33 65 116 53 47 0,4 11.04. 27 49 90 41 49 0,3 12.04. 47 59 130 41 51 0,4 13.04. 50 63 138 37 47 0,4 14.04. 20 37 68 51 39 0,4 15.04. 19 45 73 55 29 0,4 16.04. 17 44 70 30 36 0,3 5 17.04. 20 43 73 48 34 0,3 18.04. 44 73 140 46 36 0,4 19.04. 43 81 146 42 34 0,4 20.04. 49 71 146 50 30 0,4 21.04. 6 31 40 83 28 0,3 22.04. 19 46 76 68 24 0,3 23.04. 25 46 84 65 28 0,3 24.04. 41 51 114 41 26 0,3 25.04. 38 43 100 42 23 0,3 26.04. 43 45 112 45 14 0,3 27.04. 60 61 153 41 21 0,4 28.04. 28 50 93 58 25 0,3 29.04. 11 43 60 68 26 0,3 30.04. 31 45 92 59 31 0,3 c) Der Probeneinlass des Messbusses befindet sich bedingt durch die Bauhöhe des Messbusses für alle Schadstoffe in einer Höhe von 3,1 Metern. Frage 6: Gibt es der Beantwortung der Anfrage zu dem Thema der Anfrage aus Sicht des Senats noch etwas hinzuzufügen? Antwort zu 6: Nein. Berlin, den 28.05.2018 In Vertretung Jens-Holger Kirchner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-14991 S18-14991a