Drucksache 18 / 15 016 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 15. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mai 2018) zum Thema: Zwischen Anspruch und Realität - Richterbesoldung im Land Berlin und Antwort vom 31. Mai 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1/4 Senatsverwaltung für Finanzen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 15 016 vom 15.05.2018 über „Zwischen Anspruch und Realität – Richterbesoldung im Land Berlin“ ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Konsequenzen hat das Land Berlin bislang aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. September 2017 sowie des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 11. Oktober 2017 für die Besoldung der Gruppen A7 bis A12 sowie R1 bis R3 gezogen? Zu 1.: Die Entscheidungsgründe der zwei Vorlagebeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.10.2017 -OVG 4 B 33.12 und OVG 4 B 34.12- an das Bundesverfassungsgericht zu Fragen zur amtsangemessenen Besoldung bezüglich der Besoldungsgruppen A 7 bis A 9 in den Kalenderjahren 2009-2016 werden derzeit ausgewertet. Die Vorlagebeschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.09.2017 zur amtsangemessenen Alimentation in Berlin liegen erst seit kurzem vollständig mit Begründungen vor. Sie betreffen einerseits die Richterbesoldung in den Besoldungsgruppen R 1 bis R 3 in den Jahren 2009 bis 2015 und andererseits die Beamtenbesoldung in den Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 für die Jahre 2010 bis 2015. Die Senatsverwaltung für Finanzen wertet auch diese Beschlüsse derzeit umfassend aus. Es muss jedoch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden , ob dieses der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg beziehungsweise des Bundesverwaltungsgerichts folgt und eine Verfassungswidrigkeit der Alimentation in den genannten Verfahren feststellt. Davon geht die Senatsverwaltung für Finanzen nicht aus. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen richtungsweisenden Entscheidungen vom 05.05.2015 und 17.11.2015 ein Prüfungsschema aufgestellt, dem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und das Bundesverwaltungsgericht möglicherweise nicht in allen Teilen gefolgt sind. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat sich aber für ein Ruhen der Verfahren sowie für einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich auf amtsangemessene Besoldung gerichteter Anträge, Widersprüche und Klageverfahren, soweit die Verjährung auf der Ruhendstellung basiert, ausgesprochen. Dementsprechend wird durch 2/4 die Senatsverwaltung für Finanzen nun eine Vorlage zur Beschlussfassung an den Senat vorbereitet. Der Rat der Bürgermeister wird dabei ebenfalls beteiligt werden. 2. Wie bewertet der Senat bzw. die zuständige Justizverwaltung diese beiden Urteile? Zu 2.: Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen und ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Das Bundesverwaltungsgericht bezieht sich in den Vorlagebeschlüssen vom 22.09.2017 zur Amtsangemessenheit der Richterbesoldung im Land Berlin zunächst auf das vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 05.05.2015 - 2 BvL 17/09 u. a. - entwickelte zahlenbasierte Prüfschema, um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Beamten- und Richterbesoldung einer Kontrolle zugänglich machen zu können. Danach ist auf einer ersten Prüfungsstufe die Besoldungsentwicklung anhand von fünf volkswirtschaftlich nachvollziehbaren Parametern daraufhin zu untersuchen, ob angesichts der Überschreitung von zur Orientierung entwickelten Schwellenwerten die Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation besteht . Das Bundesverfassungsgericht hat hierfür auf die der ständigen Alimentationsrechtsprechung zugrunde liegenden Kriterien zurückgegriffen und ein indizielles Prüfraster für die Betrachtung der Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst (1. Parameter), der Entwicklung des Nominallohnindex (2. Parameter) und des Verbraucherpreisindex in dem jeweils betroffenen Land (3. Parameter), einem systeminternen Entwicklungsvergleich zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen (4. Parameter) und einem Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und/oder anderer Länder (5. Parameter ) entwickelt. Ist die Mehrheit dieser Parameter erfüllt, besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in seinem Vorlagebeschluss jedoch schon bei besonders deutlicher Überschreitung von nur zwei wesentlichen Parametern (Vergleich der Besoldungsentwicklung zu den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst und zum Verbraucherpreisindex) das Vorliegen ausreichender Indizien an, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen. Auch weitere Ausführungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinen Vorlagebeschlüssen gemacht hat, erschließen sich zumindest nicht ohne Weiteres und werden letztlich näherer Betrachtung sowie schließlich einer Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht bedürfen. Dieser Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich im Wesentlichen auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit seinen Vorlagebeschlüssen vom 11.10.2017 angeschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung entsprechend ändern oder fortentwickeln wird. 3. Welche Notwendigkeit zur Angleichung der Gehälter ans Bundesniveau sieht der Senat bzw. die zuständige Justizverwaltung für die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Verwaltung? Zu 3.: Entsprechend den Festlegungen in den Richtlinien der Regierungspolitik für die Legislaturperiode 2016 bis 2021 hat es sich das Land Berlin zum Ziel gesetzt, die 3/4 Attraktivität der öffentlichen Verwaltung zu steigern und qualifiziertes Personal zu gewinnen. Mit Beschluss vom 15.05.2018 hat der Senat daher beschlossen, dass bis zum Jahr 2021 jährliche Erhöhungen der Besoldung jeweils um 1,1 Prozentpunkte über den durchschnittlichen Erhöhungen der übrigen Bundesländer erfolgen und die Anpassungszeitpunkte wie folgt vorzusehen sind: 2019 -Anpassung zum 01.04.2019 2020 -Anpassung zum 01.02.2020 2021 -Anpassung zum 01.01.2021. Aktuell liegt der durchschnittliche Anpassungszeitpunkt der Länder im März. Darüber hinaus wurde mit Senatsbeschluss vom 15.05.2018 beschlossen, neben der bereits mit dem Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2017 und 2018, zur Änderung des Sonderzahlungsgesetzes und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften (BerlBVAnpG 2017/2018) erfolgten Erhöhung der Sonderzahlung diese nochmals für die Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppen A 4 bis A 9 um weitere 250 Euro jährlich zu erhöhen. Das Vorziehen der Besoldungsanpassung im Jahr 2018, die weitere Erhöhung der Sonderzahlung sowie die Festlegung der Anpassungshöhe und Anpassungszeitpunkte der Besoldung im Senatsbeschluss vom 15.05.2018 sehen als langfristige Maßnahmen vor, den Besoldungsabstand zu den anderen Bundesländern zu verringern und bis zum Jahr 2021 die Berliner Besoldung auf das Niveau des Bundesdurchschnitts der Länder anzuheben. Überdies sei angemerkt, dass die durchschnittlichen Besoldungsanpassungen der übrigen Bundesländer im Jahr 2018 in Höhe von rund 2,34 % erfolgen. Das Land Berlin passt seine Besoldung um 3,2 % an und liegt damit 0,86 Prozentpunkte über dem Besoldungsdurchschnitt der übrigen Bundesländer. Im Sinne einer Feinsteuerung unterschiedlicher Abstände in den einzelnen Besoldungsgruppen werden im Jahr 2021 im Rahmen der 1,1 Prozentpunkte neben der vorgesehenen zusätzlichen Erhöhung der Sonderzahlung für die Besoldungsgruppen A 4 bis A 9 und der linearen Anpassung darüber hinaus die Instrumente der allgemeinen Stellenzulage sowie der Sonderzahlung herangezogen. 4. A) In welchem Austausch steht der Senat diesbezüglich derzeit mit dem Hauptpersonalrat (HPR) und B) welche Vereinbarungen wurden bislang getroffen? Zu 4.: Der Senat beziehungsweise die für das Besoldungsrecht zuständige Senatsverwaltung für Finanzen steht diesbezüglich in einem fortlaufenden Austausch mit dem Hauptpersonalrat. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung hat in seinem Jahresgespräch mit dem Hauptpersonalrat darauf hingewiesen , dass der Senat an seinem Ziel des Gleichziehens der Berliner Besoldung mit dem Durchschnitt aller Bundesländer festhält und er sich im Senat weiterhin für das Erreichen dieses Ziels einsetzen wird. 5. Wie viele Anträge von Berliner Beamten und Richtern zur Anpassung der Vergütung nach den beiden Urteilen wurden registriert? 4/4 Zu 5.: Hierzu wird auf die Antwort zu der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/ 13 930 vom 28.03.2018 zu der dortigen Frage 1 verwiesen. 6. Wie viele davon wurden dabei a) positiv und b) negativ beschieden? 7. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden dabei negative Bescheide erlassen? (bitte auflisten die Gründe nach Bescheid) Zu 6. und 7: Eine landesweite Statistik hierzu wird nicht geführt. Jedoch dürfte die weit überwiegende Anzahl der Anträge im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht beschieden worden sein. Soweit Bescheidungen dennoch erfolgt sind, dürften diese wegen des strengen Gesetzesvorbehalts der Besoldung nur negativen Inhalts gewesen sein. Nach § 2 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG ÜF Bln) wird die Besoldung der Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter durch Gesetz geregelt. Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche , die der Beamtin bzw. dem Beamten und der Richterin bzw. dem Richter eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verschaffen sollen, sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BBesG ÜF Bln unwirksam. Eine Änderung der gesetzlichen Grundlage für die streitgegenständlichen Jahre ist bisher nicht erfolgt. 8. Welche Ersuchen an die Staatsanwaltschaft Berlin wurden herangetragen, dass negative Bescheide strafrechtliche Relevanz hätten? Zu 8.: Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung kann vor dem Hintergrund der Antwort zu den Fragen zu 6. und 7. keine strafrechtliche Relevanz negativer Bescheide erkennen. Entsprechende Ersuchen an die Staatsanwaltschaft Berlin sind ihr nach Rückfrage beim nachgeordneten Geschäftsbereich nicht bekannt. Berlin, den 31.05.2018 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen S18-15016 S18-15016